tiger hat geschrieben:Zwischen meiner Rechtschreibung und Zeichensetzung von damals und dem, was meine Schüler in der 5.–8. Klasse heutzutage abliefern, liegen Welten.
Nicht nur da! Wenn ich mich noch an meine Grundschulzeit erinnere, wurde da in Klasse 3 oder 4 gelehrt, wie man Briefe zu schreiben hat mit groß geschriebener Anrede und allem, was so dazu gehört. Das machen wir heute mit unseren 17 Jährigen Berufsschülern.
Was bei mir aus der Grundschulzeit Mitte der 1980er da z.B. hängengeblieben ist: Wenn man als Mann einen Brief schreibt, gehört in die Anrede "Sehr geehrte Damen und Herren", schreibt man jedoch als Frau einen Brief, muß da "Sehr geehrte Herren und Damen" rein, halt immer das andere Geschlecht zuerst.
So, jetzt zeig mir mal einen Akademiker, der diese Feinheiten heute noch drauf hat. An Schüler wage ich da gar nicht mehr zu denken. Hier mal ein Beispiel dafür, daß es Manche heute noch können:
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http://edelgard-bulmahn.de/imperia/md/c ... reform.pdf
Was die Inklusion und das selbstentdeckende Lernen angeht, muß ich zugeben, daß ich damit gehörig auf Kriegsfuß stehe. Es gibt halt manche Dinge, gerade in einem technischen Berufskolleg, die einfach zu gefährlich sind, als das man die Schüler bzw. Azubis da Fehler machen lassen könnte. Wenn jemand mit Handschuhen eine Drehmaschine (im Volksmund "Drehbank") bedient und sich der Handschuh in der Maschine verfängt, reißt die nicht nur den Handschuh weg sondern auch gleich noch die ganze Hand darin mit ab. Im Elektrolabor sieht es nicht viel anders aus. Da programmieren die Schüler Steuerungen für die Hausautomation. Da das Zeug normalerweise in Sicherungskästen verbaut wird und man an manchen Stellen Spannungen (230/400V) messen muß, gibt es da offene Kontakte, die auch stromführend sind. Als ich im letzten Schuljahr zwei Inklusionskinder da mit betreuen sollte, habe ich das aus Sicherheitsgründen abgelehnt, solange keine in die speziellen Gefahren eingewiesene Fachkraft wirklich in jeder Minute dabei ist.
Denken die etwa, daß das alles Spielzeug ist, mit dem wir da im Unterricht hantieren?
Ähnlich sieht es mit den Abschlußprüfungen aus. Da hat unser unser Chef auch schon gefragt, warum so viele Azubis durchfallen. Wir haben nur noch die Gegenfrage gestellt, ob er die Azubis bei seinem Auto an die Radbolzen und an die Bremsanlage lassen würde, oder daheim an die Elektro- und Gasinstallation. Weil nach bestandener Gesellenprüfung dürften sie das nämlich ganz offiziell. So leid es mir in dem Moment auch tut, aber da sehe ich mich eher als Gatekeeper, um die Gesellschaft vor fatalen Folgen der verfehlten Noteninflation zu schützen.
Was sich bei den Azubis orthographisch aber noch viel schlimmer auswirkt als die lasche Grundschulpädagogik, ist meiner Meinung nach die Political Correctness in den Aufgabenstellungen. Früher hieß es "Meister und Lehrling", dann kam "Ausbilder und Auszubildender" und heute steht da "Ausbildende und Auszubildende", auch wenn nur von einer Person die Rede ist. Die Worte klingen alle viel zu gleich, als das die Azubis da in der Streßsituation einer Prüfung noch unterscheiden würden. Dementsprechend sind die Ergebnisse von Multiple-Choice-Prüfungen, wo ale wissen, daß es nur eine richtige Antwort gibt, heute durchweg schlechter als bei offenen Fragestellungen.