Hallo krabappel,
krabappel hat geschrieben:
Aber aus deinem zu hohen Redeanteil zu schließen, ...
der Begriff "Redeanteil" suggeriert schon, dass es im Grunde unwichtig ist, ob nun Lehrer oder Schüler redet, so lange das Rederecht nur möglichst demokratisch verteilt ist - ein qualitativer Unterschied zwischen Lehrer- und Schülerrede scheint nicht zu bestehen.
Was wurde mir nicht alles gesagt: Ich würde dozieren, würde die Schüler mit Worten überschütten, sei viel zu anspruchsvoll etc.
Fakt ist, dass im Regelfall alle Schüler bei mir aktiv zuhören (das stelle ich sicher) und mein "Redeanteil" (der je nach Situation und Thema stark variiert) eben kein unmotivierter und einschläfernder Vortrag ist, sondern vielmehr ein lebhaftes und leidenschaftliches Präsentieren von Lernstoff/Wissen mit ständigem (!) Rückbezug zu den Zuhörern, so dass sichergestellt ist, dass jene kognitiven Prozesse mit ins Boot geholt werden, die letztlich eben das auslösen, was man auch schlicht und kurz "Lernen" nennt.
Und das fällt mir - wie wohl auch dem Ersteller dieses Threads - nicht allzu schwer, da wir dies offenbar können. Andere können dafür andere Dinge besser (z.B. kreative Arbeitsaufträge und Lernmaterialien konzipieren); es gibt bekanntlich viele Wege, Lernprozesse effektiv zu gestalten, wie die neuere Forschung glasklar bestätigt. Wir sollten also künftige Lehrende darin unterstützen, ihre je individuelle Lehrbegabung zu entdecken und zu fördern, um diese dann gezielt anhand aktueller Ergebnisse aus der Lehr-Lern-Forschung auszubilden. Jeder kann und muss zeitlebens an sich feilen, das schließlich steht außer Frage!
Aber verabschieden wir uns doch einfach und endlich von diesen öden und langweilig pauschalen Denkweisen, die alles ewig durcheinander werfen und am Ende selbst nicht mehr wissen, wovon sie eigentlich sprechen - wenn sie es denn je wirklich wussten. Wer weiß denn heute schon noch, was "Frontalunterricht" überhaupt ist (bzw. jemals war)? Je mehr man ins Detail geht, desto schwammiger wird die Sache und am Ende stellt man fest, dass der martialisch klingende "Frontalunterricht" nicht mehr als ein begrifflicher Abstellraum schlechter Lehrergewohnheiten und fragwürdiger Verhaltensweisen ist. Er ist ein Phantom.
Ich erinnere mich sehr gut an diejenigen meiner ehemaligen Lehrer, die den Unterricht auf ihre Weise jeweils irgendwie interessant machten und die "kognitiv" etwas bei mir bewirkt haben. An Teile ihrer Lehrervorträge kann ich mich sogar wortwörtlich erinnern - was in meinen Heften stand, das habe ich hingegen restlos und gründlich vergessen. Kann natürlich z.T. auch mit meinem individuellen Lerntyp zu tun haben.
P.S.: Das war jetzt nicht gegen dich gerichtet, sondern gegen die immer noch weit verbreitete Idee, eine sprechende Lehrperson sei irgendwie selbstherrlich und würde den Schülern etwas (z.B. ihren Redeanteil) wegnehmen. Wir dürfen nicht vergessen: Reformpädagogik war in erster Linie politisch motiviert.
Lieben Gruß
Irrwitz