Moin Lukas,Lukas1981 hat geschrieben: Wenn ich mich an die maßlos selbstverliebten, aber zum Teil recht weltfremden und menschlich unangenehmen Didaktiker aus meiner Universitätsbildung zurück erinnere, denke ich mir auch heute noch meinen Teil.
das Problem in den Geisteswissenschaften ist (ich habe selbst einst Philosophie studiert), dass man im Vergleich zu den "echten" Wissenschaften keinen Gegenstand hat, aber mit seinem gegenstandslosen Handwerk dennoch echtes Geld verdienen muss und das geht meist nur über ein gesundes (in der Regel "sehr" gesundes) Ego und die Überzeugung, dass man irgendwie besser/wahrer denkt als viele andere. Das ist die Paradoxie der (modernen) Philosophie (und Geisteswissenschaft überhaupt).
Speziell in der Didaktik kommt erschwerend hinzu, dass man zwar einen solchen Gegenstand hat, dieser jedoch als soziales Phänomen vorliegt ("Unterricht", "Sozialisation", "Bildung", "Erziehung" wären als Begriffe zu benennen). Da - aus Gründen, die hier den Rahmen sprengen würden - speziell in der hiesigen Geisteswissenschaft aber enorme Vorbehalte hinsichtlich der sogenannten Welt der Erfahrung herrschen (man glaubt meist ohne jeglichen Zweifel daran, dass es eine natürlich gegebene Trennung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften geben MÜSSE), kommt es zu aberwitzigen theoretischen Praxis-Konstruktionen, die einen bisweilen am gesunden Menschenverstand der Mitmenschen zweifeln lassen; ich nenne nur die sogen. "objektive Hermeneutik" als besonders perfides Beispiel, welche in der Erziehungswissenschaft einen festen Platz beansprucht.
Vor diesem Hintergrund ist es also kein Wunder, dass Didaktik ein schwieriges Thema ist (in England gibt es das Fach gar nicht und der Begriff "didactics" steht dort schlicht für schlechten, altbackenen Unterricht). Ich gehe inzwischen sogar so weit zu behaupten, dass dieses Fach (die geisteswissenschaftliche Domäne desselbigen) die Entwicklung des Unterrichts nicht fördert, sondern ihr regelrecht schadet.
Dieser eklatante Mangel an Fachwissen, das in einschlägiger Literatur prominent einsehbar ist, fällt mir häufig auf und musste ich (siehe oben) ja selbst schmerzhaft erleben. Ich war dermaßen überrascht, dass man "direkte Instruktion" nicht kennt, dass ich vor lauter Entsetzen richtig und also falsch (d.h. sozial inadäquat) reagierte. Freundlich war ich übrigens zu jedem Zeitpunkt, darum geht es gar nicht, sondern um sachlich-fachlichen Austausch und an dem hapert es in der deutschen Lehrerausbildung gewaltig. Ein Student oder Referendar kann problemfrei über ein bestimmtes Thema mehr wissen oder aktuellere Forschungsergebnisse kennen als der/die Ausbilder/in, so dass man sich wechselseitig (und zwar ohne Gesichtsverlust) bereichernd austauschen könnte. Das gilt fürs Klassenzimmer übrigens genauso - ich sage es z.B. frei heraus, wenn ich etwas nicht weiß. Da ich aber viel mehr weiß als meine Klienten, verliere ich deshalb nicht meine Autorität, sondern fördere eine produktive Fehlerkultur.Lukas1981 hat geschrieben: Mein Seminarleiter hielt mich zB für frech, weil ich im Lehrprobenentwurf angab, einen autoritativen Führungsstil als Zielsetzung für meine Lehrerpersönlichkeit zu haben. Ich Nachhinein nehme ich an, er wusste vielleicht gar nicht, was das ist, oder hielt es für so "komisches Zeugs aus der Uni" oder was weiß ich.
Dafür ist jedoch sowohl Professionalität als auch Selbstreflexivität vonnöten und dies sind Themen, die bislang nur in Form großspurig vorgetragener Lippenbekenntnisse durch die deutschen Universitäten und Schulflure geistern.
Einen schönen Tag wünscht dir
Irrwitz