Boom der Privatschulen - staatliches Schulsystem am Ende?

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Jumper82
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Registriert: 09.02.2009, 10:25:34
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Beitrag von Jumper82 »

Rittersport hat geschrieben: Nun, wenn die Gesamtschule automatisch zu besseren Lernergebnissen führen würde, wäre das überlegenswert.
Um aber nochmal auf PISA zurückzukommen: Gerade auch dort waren unter den "Guten" Länder mit gegliedertem System und zugleich fanden sich am "Ende" Länder mit Gesamtschulen. Mich persönlich stört diese ganze Strukturdebatte, weil sie meiner Meinung nach vom eigentlichen Problem ablenkt. Solange die Gesellschaft nicht mehr Geld in Bildung investiert, wird nichts daraus. Und damit meine ich vor allem Maßnahmen, die auf die jeweilige Schule zugeschnitten sind. Warum gibt es nicht an jeder Schule Sozialarbeiter, die sich um Problemfälle kümmern? Oder Lehrerassistenten, die z. B. bei der inneren Differenzierung unterstützend eingreifen?
Natürlich ändert das allein noch nichts, es muss am System, am Unterricht und an der Evaluation angesetzt werden. Sicherlich hast du Recht, dass das Argument Gesamtschule von anderen Problemen ablenkt. Es müssen zugleich weitere Maßnahmen vorgenommen werden. Einen Einsatz von Sozialarbeitern und Schulpsychologen halte ich ebenfalls für sehr wichtig, ich finde sogar ein "team-teaching" überlebenswert. Es muss also deutlich mehr in Personal investiert werden!
Es muss auch daran gearbeitet werden, dass Schüler wieder Spaß an der Schule haben, dass heißt, dass sie gerne zur Schule gehen. Wichtige Veränderungen müssen also den Unterricht betreffen. Mehr Schülerorientierung, mehr Schülerselbstständigkeit bzw. -selbsttätigkeit, mehr Lebensweltbezug und mehr Erfolge auch für weniger begabte Schüler. Und damit das alles gemacht werden kann, muss den Schulen viel mehr Freiheit zugesprochen werden. Und damit das ganze dann aber nicht zur Willkür wird, müssen bundeseinheitliche Bildungsziele erarbeitet werden, die als einzige Vorgabe und Orientierung für die Schulen bindend sind. Ob die Bildungsziele erfüllt werden muss in einem ebenfalls bundeseinheitlichen Evaluationssystem überprüft werden. Diese Evaluation darf aber nicht auf Ziel erreicht oder nicht erreicht beschränkt werden, sondern muss konkrete Aussagen zu den Gründen und zu Verbesserungsmöglichkeiten geben.
Was denkst du, was für einen Bezug ich zu einer meiner Klassen habe, die gerade mal 17 Nasen zählt?
Du müsstest eigentlich einen besseren Bezug zu der Klasse haben, als zu größeren Klassen. Sicherlich kommt es aber darauf an, wie viele "besondere" Schüler in der Klasse sind, denn wenn die Klasse aus 17 Schülern besteht und fünf davon ständig den Unterricht auf irgendeine Weise behindern, dann ändert sich natürlich nicht viel. In so einem Fall würde eine zweite Lehrkraft doch sehr hilfreich sein. Außerdem behaupte ich mal, dass auf Gesamtschulen eine gleichmäßige Verteilung dieser Problemschüler auf die Lerngruppen besser möglich ist.

Die Schule? Eher die Politik! Wenn es für einen Teil unserer Gesellschaft wesentlich angenehmer ist, Hartz4 zu beziehen (andernfalls müsste ja Unterhalt für diverse Kinder bezahlt werden), als zu arbeiten, dann haben wir genau diese Probleme. Du kannst dich als Lehrer natürlich jeden Tag hinstellen und vorleben, dass Arbeit auch glücklich macht. Dann geht Chantalle um 1 (oder eben auch 4) nach Hause und trifft dort ihre Mutter, die gerade aus dem Bett kriecht.
Klar, auch die Politik steuert erheblich dazu bei, aber meiner Meinung nach steht am Anfang immer die Bildung. Irgendwann muss in einer solchen "HartzIV-Familie" doch einmal die Bildung bei den Eltern bzw. bei den Eltern der Eltern versagt haben. Okay, aber das kann man jetzt nicht mehr rückgängig machen. Ist nicht deshalb eine engere Zusammenarbeit von Schule und Jugendamt sinnvoll? (leider ist die Personalsituation auf den Jugendämter ja auch nicht besser, als in den Schulen)
Für das Unterrichten sind wir Lehrer die Fachleute. Wenn es dagegen um Bewerbertraining geht, können die meisten Lehrer nicht mitreden und somit ist eine Veranstaltung eines externen Partners, der selbst ausbildet, wesentlich sinnvoller.
Richtig, die Wirtschaft kann sich im Rahmen der Öffnung der Schule am Unterricht sinnvoll durch Experten beteiligen, aber kann sie nicht auch finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, dass die Lehrer bessere Unterrichtsmöglichkeiten haben bzw. dass überhaupt erst einmal mehr Lehrer zur Verfügung stehen und eingestellt werden können. Die Wirtschaft kann doch auch gezielt Schulabgänger mit der Hochschulreife durch den finanziellen Anreiz von Stipendien motivieren, ein Lehramtsstudium in entsprechenden Fächern (gerade die Mangelfächer Physik, Chemie etc. stehen ja im besonders engen Zusammenhang zur Wirtschaft) aufzunehmen.

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