Eltern mischen sich ein

Was tue ich, wenn ....?
Freigeist
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Eltern mischen sich ein

Beitrag von Freigeist »

Hallo Leute,

ich hab momentan viel "Ärger" mit Eltern. Angefangen hat das Ganze mit Beschwerden über die Hausaufgaben (zu viel, dann zu schwer). Habe es dann so gemacht, dass starke Schüler das komplette Arbeitsblatt als Hausaufgabe machen, die schwachen eben nach 15 min. abbrechen sollen, egal wie viel sie nicht geschafft haben. Das fanden einige Eltern wieder nicht toll, ich hab es bis jetzt so gelassen aus Mangel an alternativen Lösungen.
Dann kamen von 2 Eltern Beschwerden über meine disziplinarischen Maßnahmen. Einmal habe ich einen Störenfried in die Parallelklasse verbannt (für 1 Schulstunde), einmal mussten alle Kinder als Hausaufgabe unsere Klassenzimmerregeln aufschreiben (stupide, ja, aber da wollte ich nach 4 Ermahnungen konsequent sein und es nicht einfach so abtun). Daraufhin kam eine Mutter "Mein Sohn hat gar nichts gemacht, er ist immer leise" usw usf.

Mittlerweile denke ich, ich lass es einfach. Andere Lehrer haben mir geraten, einfach gar nichts zu machen - wenn es laut ist, einfach hinsetzen und warten bis es ruhig wird (ist auf Dauer aber auch nervig, wenn man ständig 5 min warten muss). Aber um den Ärger mit den Eltern loszuwerden, würde ich es tun und keine diszplinarischen Maßnahmen mehr verhängen.
Auch die Hausaufgaben lasse ich so, dann kommen die aber im Unterrichtsstoff nicht mit, wenn sie nur die "einfachen" Aufgaben machen oder in 15 min eben nur 2 Aufgaben schaffen.
Aber dann beschweren sich die Eltern wahrscheinlich wieder, warum ihr Tom nur 10 von 40 Punkten in Mathe hat.

Mischen sich bei euch auch die Eltern so ein? Wird es an weiterführenden Schulen besser oder noch schlimmer (bin momentan an einer GS)?

kecks
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Re: Eltern mischen sich ein

Beitrag von kecks »

beide sanktionen wären in bayern zumindest am gym rechtlich nicht in ordnung. versetzung in die parallelklasse kann nur die schulleitung anordnen (und da muss schon einiges passiert sein), kollektivstrafen sind eh verboten, zudem war die von dir gewählte pädagogisch extrem sinnlos und von vorvorgestern. das mit der parallelklasse kann bei euch rechtlich anders sein, aber du sagst nicht, von wo du bist.

also ja, die eltern beschweren sich zurecht. ich würde dir raten, dir bei erfahrenen kollegen abzuschauen, wie gute elternarbeit ausschaut und/oder dich in sachen classroom-management weiterzubilden. ein sinnvolles hausaufgabenkonzept scheint es auch nicht zu geben. hospitieren hilft, dein mentor/betreuungslehrer (oder wie der heißt) hilft, dein ausbildungsseminar huilft, lektüre von fachliteratur hilft... viel raum fürs entwickeln :)!

grundlage von allem: beziehung. und noch mehr beziehung. zu jedem einzelnen schüler, zu den eltern, zu den kollegen. klare struktur im unterricht. gekonntes /automatisiertes classroom-management, je jünger die schüler, umso eher in form von ritualisierung. dazu differenzierung - an der gs ein muss - und ein passendes konzept. da gibt es doch im gs-bereich endlos viel kram.

wirklich: hol dir hilfe.

Freigeist
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Re: Eltern mischen sich ein

Beitrag von Freigeist »

Danke für die Antwort.

Das mit der Parallelklasse wurde mir von den anderen Lehrern gesagt. Die machen das manchmal, wenn jemand permanent stört (also zum Abreagieren in eine andere Klasse schicken, Aufgaben mitgeben usw). An einer anderen Schule, an der ich war, gab es das Trainingsraumkonzept. Die SuS werden da auch kurrzeitig aus dem Unterricht ausgeschlossen.
Das Abschreiben war keine gute Lösung, das weiß ich auch. Eine Kollektivstrafe war es nicht, da alle geredet haben (ich stand auch erstmal 1 Minute nur da und habe mir die Kinder angeschaut, dem ging eine lange Verwarnungskette voraus, dachte "irgendwann sehen die doch, dasss sie beobachtet werden?!"). Aus Fehlern lernt man ja, das wird mir nicht mehr passieren.

Das Problem ist, dass ich frisch aus dem Studium komme und noch kein Ref hab. Ich bin nur Vertretung und könnte bald wieder woanders sein. Eine wirkliche Beziehung kann ich überhaupt nicht aufbauen, daher bleibt mir leider nur die "pragmatische" Ebene.

Was kannst du im Bereich classroom-managment empfehlen? Da gibt es ja unzählige Bücher.

kecks
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Re: Eltern mischen sich ein

Beitrag von kecks »

mja, verstehe das problem. das wird eine harte zeit für dich; unterrichten lernen ist hart, mit ref oder ohne. der unterschied ist, dass im ref (meist) entsprechende unterstützungsstrukturen da sind, die es einem halbwegs talentierten und vor allem arbeitswilligen ref, der/die sich führen lässt, recht schmerzlos ermöglichen, das ganze zu lernen. auf sich alleine gestellt ist es viel schwieriger. (been there, done that.) das gefühl der überforderung und hilflosigkeit ist bei den meisten anfängern normal, auch wenn das viele nicht zugeben. das gibt sich, aber bis es richtig rund läuft braucht man laut forschung ca. sieben jahre in vollzeit. ist vom multitasking her wie autofahren lernen, nur viel, viel, viel komplexer.

beziehungsaufbau geht auch nach fünf minuten schon los. beziehungsaufbau ist eigentlich immer möglich, wenn du mit jemandem zu tun hast. nimm die kinder als menschen an, ganz egal, wie sie sich verhalten, sanktioniere und lobe verhalten, nie die person. die muss man ganz und gar akzeptieren, und zwar alle; auch die, die man eigentlich nervig/doof/unmöglich findet. geht am einfachsten, wenn man ein bisschen lebenserfahrung hat und vor allem sich selbst auch mag.

tipps für dich in kurzform: arbeiten, nicht aufgeben. hospitieren bei erfahrenen kollegen, soviel du kannst, mitschreiben, nachmachen (strukturen, rituale, noch mehr strukturen; die handwerklichen sachen kann man abschauen). du merkst schnell, wer zu dir passt oder nicht; nimm jemanden, wenn du es dir aussuchen kannst, der/die du persönlich magst.

literatur: bewährt ist lohmann: mit schülern klarkommen und nolting: störungen in der schulklasse. wirklich, geh hospitieren. das erleichtert dein leben, trotz des erhöhten zeitaufwands.

Plattypus
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Re: Eltern mischen sich ein

Beitrag von Plattypus »

Freigeist hat geschrieben:Daraufhin kam eine Mutter "Mein Sohn hat gar nichts gemacht, er ist immer leise" usw usf.
...
Aber dann beschweren sich die Eltern wahrscheinlich wieder, warum ihr Tom nur 10 von 40 Punkten in Mathe hat.
Ok,
ich bin dann im Berufskolleg am anderen Ende, aber auch bei uns komen z.T. noch die Eltern mit "Mein Sohn hat gar nichts gemacht". Zuletzt ging es da um eine abgebrochene Klassenfahrt, wo manche Eltrn von der Schule das Geld für die letzten, nicht durchgeführten, 1,5 Tage zurück haben wollten.
Antwort der Schule: Holen Sie sich das Geld von denen, die für den Abbruch verantwortlich sind und vorab beweisen sie erstmal, daß ihr Sohn nicht doch mit involviert war.

Ich bin inzw. dazu übergegangen mich mit Erziehungsmaßnahmen sehr zurückzuhalten, gibt ja doch nur Ärger und zusätzliche Arbeit, sondern setze da ganz auf die schlechten Noten als Folge des persönlichen Handelns. Nicht umsonst wurde der Drittelerlaß ja wieder abgeschafft. Und wenn der Tom dann halt 0 von 40 Punkten bekommt und unten eine 6 drunter steht, dann ist das eben so. In den Extremfällen kann ich die 6 auch begründen, weil die dann zumeist bei den Klausuren eh leere Zettel abgeben.
Und ja, bei uns an der Schule kann man auch in Religion und/oder Sport eine 5 oder gar eine 6 auf dem Zeugnis kassieren. Leider glauben einem das die Schüler erst ab dem zweiten Ausbildungsjahr und nicht bereits im ersten. Die kommen jetzt am Ende des Schuljahrs zu mir als Klassenlehrer, weil ihnen die Augen aufgehen. Blaue Briefe in Religion und Sport. Wobei das mit "Klassenlehrer" auch ein Witz ist, wenn man nur 2 Stunden in der Klasse hat.

@kecks: Und das mit den Beziehungen hört sich toll an, aber mach das mal bei 18 Klassen (bei mir) bzw. 22 Klassen (bei meiner Kollegin) mit 450-500 Schülern insgesamt. Da hast schon genug damit zutun die ganzen Krankmeldungen und Nachschreiber zu verarzten.

kecks
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Re: Eltern mischen sich ein

Beitrag von kecks »

du bist an der berufsschule. der threadstarter ist an der grundschule. das ist *ganz was anderes*.

ich selber war auch schon an der berufsschule, nur nebenfächer. hatte ca. 350 schüler. aktuell habe ich um die 275, gymnasium. ja, man kann mit denen eine beziehung haben. dazu braucht man nun wirklich kein waldorf-achtjahrederselbe-klassenlehrer-prinzip.

Plattypus
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Re: Eltern mischen sich ein

Beitrag von Plattypus »

Ok,
ich hatte GS jetzt als Gesamt- und nicht als Grundschule interpretiert. :roll:

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