Elternclique hetzt gegen mich

Was tue ich, wenn ....?
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Wombat1985
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Elternclique hetzt gegen mich

Beitrag von Wombat1985 »

Hallo zusammen,

Beim Elternsprechtag dieser Woche hatte ich ein Gespräch, das mir sehr nachhängt. Ich unterrichte in der Parallelklasse zu meiner seit Klasse 5 Englisch. Die Parallelklasse ist recht schwach, was vor allem an einer gewissen Abneigung gegen Anstrengungen liegt. Im Moment geht es bei den Noten vor allem darum festzulegen, wer nach Ende dieses Jahres in welches Kursniveau eingestuft wird.

Die Stimmung in der Klasse war in den ersten Wochen des Schuljahrs ziemlich mau - ich am Verzweifeln, weil ich nicht wusste, wie ich die Kinder zum Arbeiten bekommen soll, die Klasse gefrustet, weil ich aufgrund der parallelen Arbeitsstruktur (alle Klassen arbeiten parallel und schreiben oft Arbeiten etc. parallel) darauf bestehen muss, dass sie am Ball bleiben.

Nach den Herbstferien habe ich mit den Kindern eine Art "Krisengespräch" geführt, mit der Frage, was kann ich ändern? Was könnt ihr ändern? usw. Ebenso habe ich damals das Gespräch mit Fachleitung und Jahrgangsleitung gesucht und meine Arbeit und die Leistungserwartungen mit ihnen gemeinsam reflektiert.

Das ist jetzt sechs Wochen her. Die Stimmung hat sich seither m.E. erheblich gebessert, die Kinder sind entspannter, weil sie die Vorgaben besser einschätzen können, und fangen langsam auch wieder an, etwas fleißiger zu arbeiten - was wiederum mir den Druck nimmt.

Beim Elternsprechtag diese Woche hatte ich ein rundes Dutzend Eltern dieser Klasse da, die alle sehr freundlich und zugänglich waren und das übliche Elternsprechtagsblabla wollten: Wie steht mein Kind, benimmt es sich anständig etc.

Dann kam als letzter Termin der Elternsprecher der Klasse. Ihm sei das ziemlich unangenehm, aber in der Elterngruppe der Klasse formiere sich heftiger Unmut gegen mich, weil ich einzelne Kinder gezielt mobben, bedrohen und terrorisieren würde und bewusst und absichtlich schlechte Noten verteilen würde und es den Kindern unmöglich machen würde, auch mal eine Eins zu bekommen. (For the record: Im letzten Kurztest gab es sechs Einsen.)

Ich bin aus allen Wolken gefallen. Der Elternvertreter wollte mir keine Namen nennen. Auch bei der Klassenleitung, der Förderlehrerin und der Jahrgangsleitung sind keinerlei Kritikpunkte gegen mich vorgebracht worden. Die Förderlehrerin ist in meinem Unterricht anwesend und stärkt mir den Rücken. Der Elternvertreter sprach allerdings nicht von ein oder zwei Eltern, sondern ausdrücklich von einem Drittel der Klasse (das wären sieben oder acht) - von denen aber offenbar keiner den Mumm hatte, das persönliche Gespräch mit mir zu suchen. (Letzterer Umstand war ihm sichtlich peinlich.) Dass ich mit den Kindern gesprochen hätte, sei ihm positiv aufgefallen, das ändere aber nichts an der heftigen Kritik der Eltern an meiner Arbeit.

Ich habe da jetzt eine ganze Weile drüber nachgedacht. Ich bin noch nicht wirklich weiter. Wie geht man mit so etwas um? Muss ich damit überhaupt umgehen oder soll ich das ignorieren? Mit einem guten Bauchgefühl gehe ich jedenfalls vorläufig nicht mehr in die Klasse.

dreistein
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Re: Elternclique hetzt gegen mich

Beitrag von dreistein »

In Klasse 5 haben die Eltern oft nur eines im Kopf: "Abiturabiturabiturabiturabitur ..." (Du hast zwar die Schulart nicht genannt, aber etwas über die Einordnung in Leistungsniveaus geschrieben ... die meisten Eltern wollen ihr Kind natürlich bei den "besten" Schülern sehen.)

Dass das eigene Kind dumm oder faul (oder beides) sein könnte und deswegen auch mal Noten abseits von "sehr gut" und "gut" herauskommen, können die sich gar nicht vorstellen. Hat Söhnchen oder Töchterchen zweimal hintereinander nur die Note "ausreichend" oder gar schlechter, muss es der Lehrer auf das arme Kind abgesehen haben, gerne auch mit absurden Begründungen (Kind wird benachteiligt, weil es ein Mädchen/ein Junge/ein Migrantenkind/unerkannt hochbegabt/zugezogen/ein Arbeiterkind usw. ist).

Dass in einer Klasse ein Drittel der Kinder gute, ein Drittel durchschnittliche und das verbleibende Drittel unterdurchschnittliche Leistungen liefert, ist doch eigentlich zu erwarten. Genau dieses Drittel der Eltern macht dann gegen dich Front, hat aber nicht die "Eier", persönlich zum Elternsprechtag zu erscheinen, sondern schickt den Elternsprecher vor. (Dem es vor allem deswegen unangenehm ist, weil sein eigenes Kind gute Leistungen liefert.)

Das ist zwar unangenehm, aber letztlich kannst du ja nicht einfach deine Leistungsanforderungen senken, nur damit du keine Auseinandersetzungen mit den Eltern hast.

Sorge penibel dafür, dass alles genau "nach Vorschrift" abläuft, und dokumentiere alles. Wenn die Eltern eines bestimmten Kindes irgendwann mal aus der Deckung kommen und dich persönlich konfrontieren sollten (oder zur Schulleitung oder gar zum Anwalt gehen), solltest du deine Noten lückenlos begründen können. Das kann zum Beispiel heißen, dass du bei schwachen Schülern Kopien von Tests und Klassenarbeiten anfertigst und bei Bedarf aus der Schublade ziehen kannst und dass du genau notierst, wann und wie du die Schüler über die Leistungsanforderungen informiert hast. Die Leistungsanforderungen hast schließlich nicht du dir ausgedacht, sondern sie ergeben sich aus den Curricula für die jeweilige Schulart.

Zu "bedrohen" und "terrorisieren" noch eins: Vergiss über all dem nicht, dass die Schüler zu Hause ein Informationsmonopol haben. Was dort über die Abläufe im Unterricht ankommt, hat oft mehr mit "stiller Post" als mit der wahrheitsgetreuen Weitergabe von Informationen zu tun. Schüler können nämlich ganz schlecht zuhören und kompensieren das durch das kreative Ergänzen und Verändern der Bruchstücke, die sie mitbekommen haben. Ich war als Berufsanfänger immer wieder entsetzt, was ich angeblich alles zu Schülern gesagt habe und was über mehrere Ecken (Eltern, Kollegen) in völlig anderer Form wieder bei mir angekommen ist. Auch hier hilft m. E. nur, wichtige Dinge schriftlich mitzuteilen (Liste des benötigten Arbeitsmaterials, Bemerkungen zur Notentransparenz, Sicherheitsbelehrung, Klassenarbeitstermine, angedrohte Sanktionen).

krabappel
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Re: Elternclique hetzt gegen mich

Beitrag von krabappel »

Hallo, wie alt sind denn die Schüler?
Dreistein fasst die Situation sehr plausibel zusammen. Ich finde die Vorwürfe allerdings echt heftig. Vielleicht würde ich sogar in die Offensive gehen, einen Elternabend samt Schulleiter oder Klassenlehrer einberufen zu genau diesem Anlass: Elternbeschwerden. Ich vermute, dass kein Mensch erscheinen wird und dann Ruhe einkehrt. Und wenn doch, kann man reden. Mit der Klasse, je nach Alter, würde ich auch reden. Wer sich sowas aus den Fingern saugt, der möge das bitte jetzt kundtun oder für immer schweigen ;-)

Wäre schade, wenn du nur noch mit Magenschmerzen in die Klasse gehst.

Revisor
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Re: Elternclique hetzt gegen mich

Beitrag von Revisor »

Ich schließe mich meinen Vorpostern. Vielleicht noch eine Ergänzung:
Anonyme Anschuldigungen und Beschwerden ohne Nennung der konkreten Umstände oder Urheber sind mir im Ref, später in der Schule und auch anderswo immer wieder mal begegnet. Mittlerweile ignoriere ich soetwas, weil es eine miese, unfaire, unprofessionelle Strategie ist, die entweder der Einschüchterung dienen oder verschleiern soll, das hinter den Vorwürfen nichts substantielles steckt.

Wombat1985
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Re: Elternclique hetzt gegen mich

Beitrag von Wombat1985 »

Danke für eure Antworten. Ich habe mich erstmal mit meinem Schulleiter zusammengesetzt und ihm das Problem geschildert. Auch dort liegen keine Beschwerden über mich vor.

Der Elternsprecher soll morgen zum Gespräch erscheinen, dann will mein Schulleiter ihm nochmal auf den Zahn fühlen, was da jetzt eigentlich angeblich vorgefallen sein soll.

Mich lässt das jedenfalls nicht los, ich hab das Wochenende über echt wenig geschlafen (und beginne mich zu fragen, ob das möglicherweise Ziel der Aktion war).

krabappel
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Re: Elternclique hetzt gegen mich

Beitrag von krabappel »

Es ist gut, dass du zuerst zum SL bist. Bevor seltsame Beschwerden bei ihm eintrudeln. Vielleicht haben auch nicht mehrere Eltern ein Problem, sondern nur sehr Vereinzelte? Nur der Elternsprecher selbst?...
Überlege dir für dich in Ruhe, was dich daran konkret so stresst. Du kennst die Wahrheit.

*Sissy*
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Re: Elternclique hetzt gegen mich

Beitrag von *Sissy* »

Zu dem bereits gesagten ist nichts hinzuzufügen. Das Beste war es sicherlich, den SL dazuzuholen!
Ich kann so gut verstehen, dass Dich das belastet: würde mich auch!

Um Dich ein bißchen zu beruhigen: Schau Dir den Film "Frau Müller muss weg" an.

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