Lärmpegel + schwieriger Schüler

Was tue ich, wenn ....?
keesegger
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Lärmpegel + schwieriger Schüler

Beitrag von keesegger »

Hallo,
zunächst kurz zu meiner Person:
ich bin Ausländer, beherrsche die deutsche Sprache relativ gut, aber eben nicht perfekt wie ein Muttersprachler, d.h. ich mache hier und da mal Fehler. Allerdings unterrichte ich am Gymnasium Fächer, in denen die Sprache nicht so wesentlich ist (Mathe + Info). Verschiedene Leute (Fachleiter, Praktikumsbetreuer etc.), die meinen Unterricht gesehen hatten, meinten, dass ich über Autorität verfügen würde und meinen auch, dass ich für den Beruf geeignet sei. Mir gefällt prinzipiell der Lehrerberuf. Ich denke mein grösstes Problem ist es, dass ich Probleme habe, mal etwas Witziges zu erzählen. In meiner Muttersprache ist das kein Problem. Aber in deutsch mache ich dann eben mitunter Fehler, und die werden von Schülern eben nicht so gut aufgenommen. Daher unterlasse ich das weitgehend mit witzigen Bemerkungen, ausser wenn ich mir recht sicher bin, dass mein Satz so richtig ist.
Ich sehe das Problem ein wenig darin, meine Autorität im Deutschen rüberzubringen.
Konkret habe ich jetzt 2 Probleme:
1.
In der einer Klasse von mir entstand heute eine ziemliche Grundunruhe, es stach keiner besonders hervor, die meisten murmelten mit dem Nachbar (wobei ich den Eindruck hatte, dass da auch vieles (sicher nicht alles) fachlich besprochen wurde. Ich sagte dann allgemein in die Klasse, dass es zu laut wäre. Darauf war völlige Ruhe, nur 5 min später wars wieder so wie zuvor, ich wiederholte das dann noch 3mal, immer wieder mit dem selben Schema, etwas Ruhe und dann gings wieder los.
Was kann man da konkret machen ? Einen einzelnen rauspicken hat da wenig Sinn, denn dann heissts, die anderen machen es ja auch so. Es ist jetzt nicht so, dass ein völliges Chaos ausgebrochen ist, doch befürchte ich, dass dieses eintritt, wenn ich da nicht sofort was unternehme. Nur frage ich mich, was ich konkret tun sollte ?

2.
In der anderen Klasse ist es so, dass die meisten Schüler ruhig sind, allerdings sind 1-2, aber vor allem einer dabei, der offenbar probiert, systematisch den Unterricht zu stören. Allerdings schwetzt er jetzt nicht mit dem Nachbar, sondern er ruft meist ganz laut in die Klasse "ich verstehs nicht!" und dazu ruft er immer noch "Herr ..." meldet sich dabei bzw. fuchtelt dabei wild mit dem Arm rum. Oder wenn ich ihn drannehme, gibt er bewusst falsche Antworten, um den Fortgang zu verzögern etc. Natürlich macht er das so, dass wenn ich ihm das sage, er meint, er hätte es nicht besser gewusst.
Was sollte man hier konkret machen ?
Das Problem ist ja, eine Strafe zu verteilen, ist nicht ganz einfach. Mit welcher Begründung ?

Danke für Ratschläge

krabappel
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Re: Lärmpegel + schwieriger Schüler

Beitrag von krabappel »

Du machst dir zu viele Sorgen, wie du wirkst. Schüler spiegeln uns immer unsere Unsicherheit wider.
Wenn du dir Sorgen über deine Fehler machst, wissen die Kinder auch nicht genau, wie sie reagieren sollen. Aber nicht, weil deine Fehler blöd sind, sondern weil du unsicher bist, ob sie blöd sein könnten.

Wenn du Witze machen willst, mache Witze! Wenn du sie lustig findest, ist das die Hauptsache :mrgreen: Und auch die Kinder findens dann witzig. Und wenn nicht, ist es auch egal. Sie akzeptieren dich dann, wenn du du bist.


Zu 1.) Wenn sie zu viel quatschen, brauchen sie vielleicht mehr zu tun? Nicht zögern, weiter im Text. Zur Not arbeitet ihr mal die Pause durch, weil zu viel gestört wurde.

Zu 2.) du brauchst hier keine konkreten "Strafen", du musst ihn nur an die Regeln erinnern. Wenn einer dich provoziert, indem er permanent reinruft, dann erinnere ihn daran, dass auch er sich zu melden und zu warten hat, bis du ihn drannimmst. Und anschließend nimmst du einen anderen dran, der sich ruhig meldet. Die Führung muss immer von dir ausgehen. Wenn er frech wird, dann verbiete ihm den Mund oder schick ihn vor die Tür.

Lass dich nicht auf Diskussionen ein à la "ich hab ja bloß.../ ich wollte ja nur.../ immer ich.../ bei Herrn sowieso wars aber immer so, dass.../ die anderen haben ja auch..."
Nein, dieses Kind hat JETZT die Klappe zu halten, weil DU etwas erklärst. Du bist der Boss 8)

katie-cr
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Re: Lärmpegel + schwieriger Schüler

Beitrag von katie-cr »

wieso gibt es bei nummer 2 schwierigkeiten, eine begründung für eine strafe zu finden? ständige unterrichtsstörung durch reinrufen? ablenken der anderen schülerInnen?

wenn der mir blöd kommen würde, gibts für die bewusst falschen antworten eine 6 für einen mangelhaften unterrichtsbeitrag. :twisted:

Blumenstrauß
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Re: Lärmpegel + schwieriger Schüler

Beitrag von Blumenstrauß »

Problem 1 habe ich auch in einer Klasse. Noch habe ich keine Lösung, aber ich kann dir ja mal schreiben, was ich nun getan und vorhabe:

Vor den Ferien habe ich mir ein (anonymes, schriftliches) Feedback der Klasse geben lassen - was finden sie gut, was schlecht, etc. Ich ging davon aus, dass sie den Unterricht langweilig finden und deswegen quatschen - das ist aber sehr eindeutig nicht der Fall. Woran es dann liegt - tja, O-Ton auf einer Rückmeldung: "Sie müssen schneller und härter bestrafen" :lol: Haben sie sicher Recht mit, auch wenn es nicht sehr pädagogisch klingt.

Ich würde dir auch raten, dir so ein Feedback geben zu lassen - überlege dir, woran die Unruhe liegen könnte und Frage die SuS (anonym) danach. So kannst du ausloten, was du verändern könntest/ solltest. Und frage auch, ob es ihnen zu unruhig ist. Bei mir kam da ein klares "ja" raus, daher habe ich jetzt die Rückendeckung der ganzen Klasse bzw. kann auf ihren eigenen Wunsch verweisen, wenn ich härter durchgreife (oder dies wenigstens versuche).

Als neues System zur "harten und schnellen Bestrafung" habe ich mir zweierlei Maßnahmen überlegt:
1. werde ich, wenn ich um Ruhe gebeten habe, erstmal laut ansagen, wer schon ruhig ist (statt zu meckern, wer still sein soll). Die Methode kenne ich aus der Grundschule, da hat's gut funktioniert. Mal schauen, wie das bei pubertierenden SuS läuft!
2. werde ich die Namen quatschender SuS an die Tafel schreiben ("Moritz-Arnold quatscht auch" werde ich ablehnen: Gerade bist du mir aufgefallen, deswegen stehst du zu Recht an der Tafel. Wenn Moritz-Arnold mir auffällt, werde ich auch ihn anschreiben."). Wer 3 Striche hat (3 mal merklich gestört) schreibt mir eine halbe Seite Zusammenfassung zur Unterrichtsstunde. Abgabe in der nächsten Stunde, ansonsten Hausaufgabenstrich, keine Nachreichmöglichkeit (die gebe ich bei normalen Hausaufgaben). Bei 3 Hausaufgabenstrichen: Wie bislang Mitteilung an die Eltern. Ich fürchte, dass es am Anfang viele Namen sein könnten - na, dann ist das so. Wenn ich den Eindruck habe, dass eine halbe Seite nicht abschreckt, erhöhe ich.

Vielleicht ist das ja auch für dich ein gutes Vorgehen - und vielleicht haben die erfahrenen User hier auch Verbesserungsvorschläge/ Anmerkungen zu meinem Plan!

krabappel
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Re: Lärmpegel + schwieriger Schüler

Beitrag von krabappel »

Blumenstrauß hat geschrieben: Ich würde dir auch raten, dir so ein Feedback geben zu lassen - überlege dir, woran die Unruhe liegen könnte und Frage die SuS (anonym) danach. So kannst du ausloten, was du verändern könntest/ solltest. Und frage auch, ob es ihnen zu unruhig ist.
Davon würde ich nun gerade abraten. Wenn es in der Klasse so unruhig ist, dass es den Lehrer stört, reicht das. Und was hättest du denn gemacht, wenn die Kinder geschrieben hätten, dass sie die Unruhe nicht stört?

Außerdem stärkt es nicht gerade deine Position, wenn du die Kinder fragst "mensch, ich möchte es doch allen Recht machen, was kann ich noch verändern? habt ihr mich lieb? findet ihr Physik vielleicht doof? würdet ihr gerne mehr Filme gucken?..." Es klingt, wie ein Echo, das irgendwo verhallt. Hallo Hallo Hallo? Hört ihr mich mich mich? Frau Blumenstrauß möchte bitte unterrichten unterrichten unterrichten.

Durch deine Befragung hast du immerhin rausgefunden, dass du strenger sein sollst, auch wenn es dazu keiner Befragung bedurft hätte. Dein geplantes Vorgehen ist aber nicht streng, sondern wieder Konfliktvermeidung im geplanten Stil. Wenn du ehrlich bist, hast du eigentlich Angst vor Sanktionen, richtig? ("ich versuche härter durchzugreifen", "ich rechtfertige mich beim durchgreifen damit, dass ich die Schüler erst gefragt habe, ob ihnen das Recht ist", "erst mal lobe ich die leisen Kinder", "dann gebe ich 3 Verwarnungen, bevor ein Kind eine Miniaufgabe erledigen muss", "wenn ein Kind diskutiert dann diskutiere ich mit, warum er und kein anderer gerade einen Strich bekommen hat"). Das klingt nach einem großen Singsang, während dem sich der Rest der Klasse weiter entspannt unterhalten kann.
Blumenstrauß hat geschrieben: "Sie müssen schneller und härter bestrafen" :lol: Haben sie sicher Recht mit, auch wenn es nicht sehr pädagogisch klingt.
Was ist daran nicht pädagogisch? Schaun wir mal bei Wikipedia: "...Das Wort Pädagogik entspricht dem altgriechischen παιδαγωγία paidagogía, „Erziehung, Unterweisung“, das auf παῖς pais, „Kind“, und ἄγειν ágein, „führen, leiten“, zurückgeht.

Du führst und leitest deine Kinder nicht. Sie führen und leiten das Geschehen in der Klasse, du versuchst bestenfalls, auf sie zu re-agieren. Sie brauchen aber jemanden, der auf beiden Beinen vorne steht, präsent ist, dafür sorgt, dass alle Kinder hören können, was du wichtiges zu sagen hast. Du bist nämlich wichtig und was du zu sagen hast auch!
Da du normal sozialisierte Schüler hast, würde ein deutlicher Tonfall und Anziehen im Unterrichtsstoff reichen. Wenn du unbedingt Striche und Strafarbeiten haben möchtest, dann reicht jedenfalls eine einzige Verwarnung beim ersten Flüstern und anschließend eine ganze Seite schreiben. Du musst nicht "bitte bitte" sagen und abwarten, du darfst im Gegenteil erwarten, dass jedes Kind still ist und deinem Unterricht folgt.

Das ist sehr anstrengend, aber unser Beruf.

Blumenstrauß
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Re: Lärmpegel + schwieriger Schüler

Beitrag von Blumenstrauß »

In einem Punkt hast du sicherlich Recht: Ich habe Angst vor Sanktionen - als ich an meiner Schule ankam, wurde uns in der Einführungsveranstaltung gleich der Begriff "Sanktionen" ausgetrieben - er sei nicht zeitgemäß, "Strafen" und "Sanktionen" hätte es in Schulen früher gegeben, solche Konnotationen seien unerwünscht. Schüler dürften nicht des Raumes verwiesen werden (Verweis auf Aufsichtspflicht und die Pflicht, allen Schülern zu ermöglichen am Unterricht teilzunehmen), und Aufgaben wie Besinnungsaufsätze wären nicht zulässig (keine Erläuterung, von uns auch keine Nachfragen - Himmel, wir waren gerade 15 Minuten dort, da nickt man stumm). Von daher, ja, ich fürchte mir Ärger einzuhandeln, wenn ich unerwünschtes Verhalten sanktioniere und schiebe das daher (zu) weit auf - wie gesagt, ich stimme besagter Schülerrückmeldung vollkommen zu und fasse mir da an meine eigene Nase.

Ich bin allerdings absolut der Meinung, dass das Feedback meine Position gestärkt hat. Deine Überspitzung ("mensch, ich möchte es doch allen Recht machen, was kann ich noch verändern? habt ihr mich lieb? findet ihr Physik vielleicht doof? würdet ihr gerne mehr Filme gucken?...") läuft an dem, was ich getan habe, vorbei. Ich habe mir in allen meinen Klassen Feedback geholt, nicht nur in der unruhigen Klasse, ich finde da nichts Falsches dran. Die Schüler haben (fast) ausnahmslos sehr konstruktiv geantwortet. Den Feedbackbogen für diese spezielle Klasse habe ich angepasst an das, was ich vor allem wissen wollte. Wenn es unruhig ist in der Klasse, dann überlege ich mir natürlich, woran das liegen könnte. Es gibt Stellschrauben, an denen ich nicht drehen kann (z.B. Uhrzeit der Unterrichtsstunden) und welche an denen ich drehen kann (Unterrichtstempo - zu schnell, zu langsam? Qualität der Aufgaben - zu schwer, zu leicht? Sozialformen - zu eintönig? Art der Übungsaufgaben - hilfreich, zu eintönig, ...?). Ich habe natürlich überlegt, an welchen Schrauben ich wohl drehen sollte, basierend auf meinen Beobachtungen. Im Fragebogen habe ich nach diesen Schrauben gefragt und so auch noch die Perspektive der Schüler dazu, und teilweise gingen meine Erwartungen und die Rückmeldung auseinander. Nun weiß ich, was sie an meinem Unterricht kritisieren und gut finden, und wo ich die Kritik berechtigt finde, kann ich daran arbeiten. Ich verspreche mir also, dass ich meinen Unterricht weiter verbessern kann. Und ich hoffe, dass meine Prämisse, dass guter Unterricht zu weniger Störungen führt als schlechter Unterricht, sich bewahrheitet.

Darüber hinaus habe ich die Rückmeldung, dass auch die Schüler es in dieser Klasse zu laut finden und sie tatsächlich die von meiner Schulleitung so gehassten Sanktionen wünschen. Daher habe ich weniger Angst, dass sie sich darüber beschweren werden, wenn ich tatsächlich welche erlasse. Das macht mir das Leben wesentlich leichter. Zudem finde ich es sinnvoll, wenn nicht nur ich Regeln erlasse "weil isso", sondern wenn die SuS selbst auch dahinter stehen (ähnlich wie bei Klassenregeln bei den Fünfern, die die Klasse unterschreibt).
Und was hätte ich gemacht, wenn sie das Untergrundgemurmel nicht gestört hätte? Na, wohl dieselben Maßnahmen, nur dass ich eben nicht auch auf ihr eigenes Interesse hätte verweisen können.

Was ich aber nach deinem Post tatsächlich abändern werde an meinem Vorhaben: 1x stören -> Name an die Tafel (Warnung), zweites Mal stören -> 1/2 Seite Protokoll. Drittes Mal stören -> 1 Seite Protokoll. Du hast Recht, eine Warnung reicht.

krabappel
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Re: Lärmpegel + schwieriger Schüler

Beitrag von krabappel »

Blumenstrauß hat geschrieben: Ich bin allerdings absolut der Meinung, dass das Feedback meine Position gestärkt hat. Deine Überspitzung ("mensch, ich möchte es doch allen Recht machen, was kann ich noch verändern? habt ihr mich lieb? findet ihr Physik vielleicht doof? würdet ihr gerne mehr Filme gucken?...") läuft an dem, was ich getan habe, vorbei.
Ja, das war überspitzt. Ich wollte auch nur dich zum ehrlich sein mit dir selbst anregen, du musst schließlich mit deinen Kiddies jeden Tag klarkommen ; - )

Abgesehen davon halte ich es für wenig hilfreich, wenn euch zu Beginn gesagt wird, was ihr alles nicht machen sollt. Dein Schulleiter könnte sich ja zur Hospitation zur Verfügung stellen, sodass du sehen kannst, wie er für Ruhe sorgt :P

Aber Schüler rausschmeißen ist bei euch ja gar nicht nötig. Nur das Selbstverständnis entwickeln/ darauf vertrauen, dass du ein Anrecht darauf hast, ungestört zu unterrichten. Diverse Sozialformen etc. sind ja auch erst möglich, wenn sie in Kontakt mit dir sind, zuhören, "folgen" eben.

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