Depressionen bei Schülerin

Was tue ich, wenn ....?
GoetheGenius
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Depressionen bei Schülerin

Beitrag von GoetheGenius »

Hallo geschätzte Kollegen,

Ich würde mir gern von Euch eine Meinung einholen.

Also, folgende Situation hat sich in den letzten Wochen/ Monaten ereignet:

Ich bin die Klassenleitung einer Klasse des 12. Jahrgangs. Viele der Schüler kenne ich schon seit der 5. Klasse und kenne viele von ihnen daher auch ganz gut, zumindest so, wie man Schüler halt über die Jahre kennen lernt.

Jetzt ist mir vor ein paar Monaten, es müsste September gewesen sein, eine jener Schülerinnen aufgefallen, die ich schon seit Jahren kenne. Ich habe sie immer als fröhliche, offene und optimistische Person erlebt.
Im September auf einmal änderte sich alles, sie wirkte traurig, weinte im Unterricht, sagte kein Wort mehr und wich meinen Gesprächsversuchen aus. Irgendwann habe ich sie in einem ruhigen Moment zur Seite genommen und ihr gesagt, dass sie sich bei Problemen an die Vertrauenslehrerin oder Schulpsychologin, notfalls bei Gesprächsbedarf auch an mich wenden könne. Sie bedankte sich und ging. Dann waren Herbstferien.
Und meine Schülerin war wieder ganz die alte, auch wenn ihre Leistungen ein wenig nachgelassen haben, aber immerhin konnte sie wieder lächeln. Ich war beruhigt und habe das Ganze dann als schlechte Phase abgetan.

Sie hat neulich im Unterricht eine Präsentation gehalten, und nach dem Klingeln haben wir die Notenbesprechung gemacht. Ich habe sie ganz beiläufig gefragt, ob es ihr wieder besser ginge, und sie meinte daraufhin: Ja, die Tabletten machen's.
Sie hat mir dann ganz kurz gesagt, dass sie in letzter Zeit Probleme hatte und eine depressive Störung hat, was auch immer diese ausgelöst hat. Jedenfalls nimmt sie Antidepressiva.

Damit scheint es ihr auch einigermaßen gut zu gehen, wie gesagt, sie ist wieder ein Stück die Alte, aber dennoch beschäftigt mich der Gedanke, dass sie nur durch Medikamente so sein kann und mir graut davor, wie es ohne Medikamente wäre.
Außerdem bin ich mir nicht sicher, wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll. 'Normal' werden viele sagen. Ja klar. Aber ich habe Angst, dass ich etwas Falsches sagen/tun könnte, gerade da ich nicht weiß (und auch nicht wissen will), was die depressive Störung hervorgerufen haben könnte.
Es ist selbsterklärend, dass ich sie in keinster Weise bevorzugen will/kann/werde, ich bin keiner dieser Lehrer, die sagen: Mhm, geleistet hat er/sie zwar nichts, aber ich weiß, dass er/sie alles kann, daher gebe ich ihm/ihr trotzdem eine Eins.
Alles muss im Rahmen der Fairness bleiben, selbstverständlich.

Dennoch gehe ich jedes Mal mit Bauchschmerzen in die Klasse, weil ich nie wirklich weiß, wie ich mich der Schülerin gegenüber verhalten soll.

Daher: tobt Euch aus und sagt mir, was Ihr denkt!
Vielen Dank im Voraus und liebe Grüße :-)
Der Feige droht nur, wo er sicher ist. -J.W. Goethe

Illi-Noize
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Re: Depressionen bei Schülerin

Beitrag von Illi-Noize »

Sie ist in Behandlung und - da muss ich aber raten - da sie Dir gesagt hat, was sie hat, dürfest Du nicht der Grund dafür sein. Ich würde ganz normal weitermachen.

kecks
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Re: Depressionen bei Schülerin

Beitrag von kecks »

sehe das wie illi - normal weiter. sie wird behandelt, die profis kümmern sich drum, du hast dich verständnisvoll und ansprechbar gezeigt - mehr kannst du nicht tun.

LatinaTeacharin
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Re: Depressionen bei Schülerin

Beitrag von LatinaTeacharin »

Völlig richtig. Wir sind Lehrer und keine Therapeuten. Also machst du deinen Job so weiter wie bisher auch. Und selbst wenn du/dein Unterricht/die Schule/... (Mit-)Auslöser für ihre Krankheit wärt - selbst dann müsstet ihr/müsstest du zunächst nichts verändern.

lapal
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Re: Depressionen bei Schülerin

Beitrag von lapal »

Sei froh, dass sich Experten darum kümmern. Offensichtlich hast du das richtige Fingerspitzengefühl bewiesen und das ist doch auch gut.

Hubselzwerg
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Re: Depressionen bei Schülerin

Beitrag von Hubselzwerg »

aber dennoch beschäftigt mich der Gedanke, dass sie nur durch Medikamente so sein kann und mir graut davor, wie es ohne Medikamente wäre.
Das ist doch bei vielen Krankheiten so, dass es einem durch Medikamente besser geht.

Ich glaube, du hast da einfach falsche Vorstellungen im Hinterkopf. Depression = traurig sein. Und Tabletten gegen Trauer fänd ich auch tragisch.
Aber Depressionen sind eine Erkrankung. Die kann, muss aber nicht durch etwas ausgelöst werden.
Dieser Beitrag wurde 666 mal editiert, zum letzten Mal von Gott: Morgen, 23:06

kecks
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Re: Depressionen bei Schülerin

Beitrag von kecks »

weißt nicht, aber vielleicht hilft's dir, das ganze zu rationalisieren: depression ist eine veränderung der vorgänge im hirn. diese veränderungen lösen kausal einen emotionalen zustand aus, der bei den betroffenen massiven leidensdruck erzeugt (keine freude oder gar keine emotionen mehr, extreme antriebslosigkeit bis hin zu suizidgedanken usw.). die bekannten medikamente verbessern die physiologischen prozesse im hirn der betroffenen (auch wenn wir nicht genau wissen, wie das funktioniert) und ermöglichen es ihnen wieder, im alltag zu funktionieren *und* gezielt bei den therapeutischen interventionen mitzuarbeiten. beides reduziert den leidensdruck extrem *und* dient der arbeit an einer besserung des zustandes ("heilung"). die medikamente werden normalerweise noch während der therapie wieder ausgeschlichen - es nicht das ziel, lebenslang happypills einzuwerfen. als lehrer einer betroffenen kannst du wirklich nicht mehr tun, als du schon tust.

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