Start nach Ref: Viele Schüler mit Minderleistungen

Was tue ich, wenn ....?
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Rubics_Cube
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Registriert: 14.05.2011, 16:23:46
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Start nach Ref: Viele Schüler mit Minderleistungen

Beitrag von Rubics_Cube »

Hallo liebe Gemeinde,

ich bin frisch verbeamtet und stehe vor einem Problem, das vielleicht (?) auch andere treffen könnte. Ich schildere es mal so allgemein wie es mir möglich ist, um Anonymität und Vergleichbarkeit so gut es geht zu gewährleisten.

Mein Ref habe ich in einem anderen Bundesland absolviert als in dem ich nun beschäftigt bin. Ich war an einer Gesamtschule.

Angestellt bin ich an einem Gymnasium. (Das erste Mal als volle Kraft, zuvor im Rahmen einer Vertretungsstelle an einer Realschule und im Ref an einer Gesamtschule)
Anfangs waren nahezu alle Schüler extrem bemüht und hatten eine gute mündliche Beiteiligung. Das lies relativ schnell nach, mal mehr, mal weniger.
In der ersten Klassenarbeit (Klasse 8) erzielten knapp 30% eine Minderleistung (knapp unter dem, was genemigungspflichtig ist). In meiner siebten Klasse erzielten (nach Anforderungskorrektur, die durchaus legitim war) 6% eine Minderleistung. In meiner fünften Klasse (Klassenleitung) bekam ein Schüler eine 5 (die einzige, verglichen mit Englisch und Deutsch).
Nun steht der erste Elternsprechtag an. Ich habe extreme Bedenken in Bezug auf den achten Jahrgang, den ich seit diesem Schuljahr übernommen habe. Obwohl die meisten gut angefangen hatten, stehen ungefähr ein Drittel schlechter als 4-. Zwar sind mir die vorherigen Noten (bewusst) nicht bekannt, trotzdem erweckt diese Tatsache doch stark den Anschein, dass da was in Bezug auf die Lehrkraft falsch läuft. :| Oder doch eine normale Erscheinung bei pubertierenden Teenagern? :?

Ich will eigentlich gar nicht zu viel vorweg nehmen in Bezug auf meine Theorien, woran das liegen könnte (ich habe mir durchaus schon einige Gedanken gemacht ;) ): Ich würde mich einfach freuen, wenn ihr eure Ideen und Ratschläge hier posten könntet. ich gebe zu, im Moment dadurch echt etwas verunsichert zu sein...

Sonst hatte ich eher mit problematischen Schülern zu tun, inzwischen mit problematischen Eltern! :mrgreen:

Danke für eure Hilfe!

Illi-Noize
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Re: Start nach Ref: Viele Schüler mit Minderleistungen

Beitrag von Illi-Noize »

Geht es um Mathe? Gerade hier kann man doch wunderbar "beweisen", dass die Schüler zu wenig üben. Ich lasse es mir bei der Korrektur nicht nehmen, bei bestimmten Aufgaben ein "Diese Aufgabe haben wir bereits am 02.11. in der Schule gerechnet - hast Du etwa nicht aufgepasst?" zu kritzeln.

Solange Du Dich an den Lehrplan hältst und Du der Meinung bist, dass die Qualität Deines Unterrichts ausreichend ist (in Mathe muss man üben, üben, üben ... und zwar in Einzelarbeit mit einem aktiven Lehrer, der in den Übungsphasen laufend neben einem der Schüler sitzt und nicht - wie ich gestern in einem anderen Thread lesen musste - korrigiert), dann ist doch alles ok.

Mein Standardspruch am Elternsprechtag wäre wohl: "Wir sind hier auf einem Gymnasium und müssen gewisse Mindeststandards erfüllen - immerhin will Ihr Kind ja Abitur machen. Wer aktuell eine Minderleistung hat, der erfüllt diese Ansprüche nicht." Schade, dass Du die Kids erst so kurz kennst, ich bin nun im 4. Jahr an der gleichen Schule und kann hier den Eltern natürlich einiges mehr über die Entwicklung, den aktuellen Stand und wo es klemmt ("Der aktuelle Stoff sitzt gar nicht so schlecht, die meisten Fehler sind durch Lücken aus dem letzten Schuljahr im Test entstanden, hier muss Justin dringend die Lücken schließen.") sagen. Aber ich glaube, dass Du nach so kurzer Zeit auch schon eine kleine Analyse machen kannst, wie und wo die Fehler entstanden sind.

Bei besonders schlechten Tests habe ich die Tests dann beim Elternsprechtag auch dabei, dann ist in der kurzen Zeit einzig die Fehleranalyse des Tests ("Aufgabe 1: Definition aus dem Heft nicht gelernt. Aufgabe 2: Falsch ausgeklammert, das ist Stoff der 8. Klasse. Aufgabe 3: Aufgabenstellung nicht komplett gelesen. Aufgabe 4: Das ist die gleiche Aufgabe wie bei der Hausaufgabe letzten Mittwoch, die wir am Donnerstag verbessert haben .... ") das Thema. Dabei zeige ich den Eltern auch auf, dass eine 4 ganz locker ("Schauen Sie, für die 4 hätte Ihr Sohn 11 Punkte gebraucht, das ist schon mit Aufgabe 1 (lernen), 2 (Grundwissen) und 4 (steht genau so bereits im Heft) möglich gewesen, der Test war also in diesem Bezug locker machbar...") möglich gewesen wäre.

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Um den Ablauf des Referendariats geht es hier allerdings nicht, daher geht der Thread nun auf einen Flug quer durch's Forum! *schwupps*

kecks
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Re: Start nach Ref: Viele Schüler mit Minderleistungen

Beitrag von kecks »

plus: das ist eine achte. die pubertieren volle kanne. das ist den schulleistungen meist mehr als abträglich, weil jetzt alles, wirklich alles x-mal interessanter und spannender für die sus ist als dein unterricht. acht stunden am tag in klassenzimmern mit theoretischem lernen zu verbringen ist für die allermeisten achtklässler schlicht nicht artgerecht. die müssen raus, sich erproben, sich verausgaben, dinge selbst versuchen, den kurs alleine vorgeben (und grandios scheitern, auch das.) das ist aber in unserem system leider nur schwer möglich. das gute an dieser phase im betshenden system: sie geht vorbei. es liegt nicht an dir. straff führen, sehr viel struktur im unterricht, aber auch sehr viel verantwortung schritt für schritt (!) an die kinder abgeben, beziehungsarbeit und nochmal beziehungsarbeit. was die erzeuger betrifft: siehe post über mir. du machst guten unterricht und faire prüfungen, mehr ist nicht dein job, und mehr kannst du auch gar nicht tun.

krabappel
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Registriert: 21.08.2011, 20:08:49

Re: Start nach Ref: Viele Schüler mit Minderleistungen

Beitrag von krabappel »

Rubics_Cube hat geschrieben: ich bin frisch verbeamtet
Herzlichen Glückwunsch : - )

Wenn du dich so hervorragend auf das Elterngespräch vorbereitest, wie Illinoize das beschreibt, fühlst du dich auf jeden Fall sicherer!

Zum Umgang mit Eltern kann ich persönlich 2 Sachen empfehlen.
1. Behalte das Kind bzw. die Sache (Schulleistung) im Auge. Wie können wir gemeinsam (Lehrer, Kind und Eltern) erreichen, dass Kind seinen Schulabschluss schafft? Dabei helfen

2. Gesprächstechniken, die man üben kann. Z.B. "Aktives Zuhören". Verbale Angriffe mit Nachfragen beantworten.

Ich denke mir mal ein paar böse Szenarien aus, muss ja nicht so kommen ; - )

Mama a): "erst seit Sie da sind, hat Mäxchen lauter 5en".
Lehrer neutral: "mhm, Sie denken, dass Mäxchen 5en hat, weil ich hier unterrichte?"
Mama: "Naja, er íst schon nicht so der Mathematiker. Auf jeden Fall versteht er Ihre Erklärungen nicht".
Lehrer: "okay, er versteht nicht, was im Unterricht erklärt wird, verstehe ich Sie da richtig?...Mein Vorschlag wäre, dass er sofort nachfragt/ ich ihn regelmäßig aufrufe/ er weniger mit seinem Sitznachbarn tratscht/ Sie kontrollieren, dass er seine Hausaufgaben macht etc.pp. oder haben Sie noch eine andere Idee? ...bla... Lassen Sie uns festhalten, was bis zu den Weihnachtsferien konkret passieren soll"
...
Oder Papa b): "...das sehe nicht nur ich so. Auch die anderen Eltern beschweren sich schon alle, dass die Kinder bei Ihnen nichts mehr kapieren. Wenn das so weiter geht, beschweren wir uns beim Schulleiter".
Lehrer: "Sie haben sich schon mit allen anderen Eltern besprochen und festgestellt, dass die Schüler plötzlich alle nichts mehr verstehen?"
Papa: "naja, was heißt alle, jedenfalls machen wir uns große Sorgen".
Lehrer "Sie machen sich große Sorgen, um Jennifers Noten. Das verstehe ich gut, es geht ja auch straff aufs Abitur zu. Aber Jennifer kann mehr, als sie selbst denkt, neulich hat sie... Mein Vorschlag wäre, dass Ihre Tochter ... Oder was meinen Sie?"



Klingt nach viel blabla aber nachgefragt, worüber sich die Eltern eigentlich Sorgen machen, lenkt von den pauschalisierten Anschuldigungen weg.

Illi-Noize
Moderator
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Re: Start nach Ref: Viele Schüler mit Minderleistungen

Beitrag von Illi-Noize »

krabappel hat geschrieben: Mama a): "erst seit Sie da sind, hat Mäxchen lauter 5en".
Lehrer neutral: "mhm, Sie denken, dass Mäxchen 5en hat, weil ich hier unterrichte?"
Mama: "Naja, er íst schon nicht so der Mathematiker. Auf jeden Fall versteht er Ihre Erklärungen nicht".
Lehrer: "okay, er versteht nicht, was im Unterricht erklärt wird, verstehe ich Sie da richtig?...Mein Vorschlag wäre, dass er sofort nachfragt/ ich ihn regelmäßig aufrufe/ er weniger mit seinem Sitznachbarn tratscht/ Sie kontrollieren, dass er seine Hausaufgaben macht etc.pp. oder haben Sie noch eine andere Idee? ...bla... Lassen Sie uns festhalten, was bis zu den Weihnachtsferien konkret passieren soll"
...
Oder Papa b): "...das sehe nicht nur ich so. Auch die anderen Eltern beschweren sich schon alle, dass die Kinder bei Ihnen nichts mehr kapieren. Wenn das so weiter geht, beschweren wir uns beim Schulleiter".
Lehrer: "Sie haben sich schon mit allen anderen Eltern besprochen und festgestellt, dass die Schüler plötzlich alle nichts mehr verstehen?"
Papa: "naja, was heißt alle, jedenfalls machen wir uns große Sorgen".
Lehrer "Sie machen sich große Sorgen, um Jennifers Noten. Das verstehe ich gut, es geht ja auch straff aufs Abitur zu. Aber Jennifer kann mehr, als sie selbst denkt, neulich hat sie... Mein Vorschlag wäre, dass Ihre Tochter ... Oder was meinen Sie?"

So haben wir das auch gelernt, das nimmt sofort mit der ersten Antwort den Eltern den Wind aus den Segeln, obwohl man eigentlich nur die Aussagen der Eltern wiederholt. Sehr gut!

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