1.Klasse - Ständig unruhig...

[Ike4388]

Hallo!

Mir liegt etwas auf dem Herzen... Und das nun schon seit Beginn des Schuljahres. Ich habe nach dem Ref. eine feste Stelle an einer Grundschule angenommen und dort ein 1. Schuljahr als Klassenlehrerin bekommen, was mich total gefreut hat. Es sind 24 Schüler/innen, davon 11 Jungs und 13 Mädels. Die Kinder waren von Anfang an etwas unruhig, aber am Anfang denkt man ja noch "Das ist ja ganz normal, die kommen ja gerade erst aus dem Kindergarten", aber irgendwann habe ich dann doch auch den Unterschied zu den anderen beiden ersten Schuljahren gemerkt.

Ich könnte fast zu jedem Kind eine Baustelle nennen: Da sind Kinder, die einen Riesenaufstand machen, wenn sie im Sportunterricht mal verlieren; Kinder, die einfach nicht lernen sich zu melden und wirklich so lange nach mir rufen, bis ich einfach reagieren muss (ignorieren fällt also leider raus); Kinder, die mitten im Unterricht einfach ihre Sachen wegpacken mit dem Argument "Ich hab gerade keine Lust auf die Aufgabe" (und diese Kinder sind garantiert nicht hochbegabt!); Kinder, die immer und immer wieder mit dem Nachbarn quatschen; Kinder, die nichts, aber auch wirklich gaaar nichts mitkriegen (manche können mir bis heute noch nicht beantworten, wofür der blaue Punkt bei den Hausaufgaben steht)...

Ich zweifel gerade total an mir, ich rede viel mit den Kollegen, die mir immer wieder Mut machen und bestätigen, dass ich das gut mache. Aber trotzdem hab ich natürlich Angst, dass es an mir liegt, dass eine ständige Unruhe in der Klasse herrscht. Ich hab ein Belohnungssystem eingeführt (die Kinder sammeln in 4er-Gruppen Sternchen, wer zuerst 10 Sterne hat darf dann für 10 Minuten mal der Lehrer sein und ein Spiel aussuchen), wir haben die Klassenregeln ausführlich besprochen und unterschrieben, die Kinder haben selbst Konsequenzen bei Nichteinhalten der Regeln genannt (dann muss man an einem Einzeltisch weiterarbeiten), ich ändere ständig die Sitzordnung... Mittlerweile schaffen wir es schon relativ gut, leise zu arbeiten, ich sehe also immerhin kleine Fortschritte und eigentlich möchte ich meinen Optimismus auch noch nicht aufgeben. Aber sowas wie Hausaufgaben aufschreiben, Hefte nach vorne bringen etc, alles was Organisationskram angeht braucht unheimlich lange und geht nicht ohne Krach. Und es macht mich einfach traurig, wenn ich immer mal wieder von den Fachlehrern höre "Deine Klasse war heut wieder sehr unruhig"....

Jetzt war ich drei Tage lang krank und eine Kollegin, die die Kinder erst seit einer Woche kennen, hat mich vertreten und mir schon berichtet, dass es wohl gar nicht gut lief und einige ständig gestört haben und frech waren... Bei einigen Kindern werde ich den Eltern am Elternsprechtag ein individuelles Belohnungssystem vorschlagen (das hat meiner Meinung nach am Telefon keinen Sinn, weil die Eltern kaum Deutsch verstehen), das ist noch eine Möglichkeit, die ich sehe.

Gibt es sonst noch etwas, das ich tun kann oder mache ich mir vielleicht zu viele Gedanken und das, was ich schildere, ist noch im Rahmen des Üblichen?

Ich bin dankbar für wirklich jeden Rat!
Ike

[Tanja Gmeiner]

Mein Tipp an dich: Gaaaaaaaanz viel Arbeit und richtig beschäftigen...wenn nötig Frontal U und AB auf AB.Sie dürfen gar keine Zeit haben zum Blödsinn machen schaue das Du keinen Lehrlauf rein bringst.

Das klingt jetzt alles ganz furchtbar gemein "fies" aber glaube mir...wenn sie wissen wie der Hase läuft solltest Du es in den Griff bekommen!

Ich wünsche dir viel Glück und halte durch!!

[krabappel]

1. Wohl kaum eine Kollegen-Beschwerde über die Nervzwerge ist eine Beschwerde über deinen Unterricht. Im Gegenteil: siehs als Hinweis an, dass die Kollegen auch Probleme haben.

2. Da du schon Erfahrung mit ersten Klassen gemacht hast, hast du sicher ganz gut im Gefühl, was deine jetzigen Kiddies noch nicht so gut drauf haben, was also "nicht normal" ist. Offensichtlich hast du sehr viele schwierige Kinder, die im Lernen, Verhalten (und mit der Sprache?) überdurchschnittlich viele Probleme haben. Dafür bist du natürlich nicht "verantwortlich"!

Trotzdem bist du Berufsanfänger und vieles muss man ein paar Jahre üben, bevor es rund läuft. Gerade mit schwierigen Gruppen und ersten Klassen sowieso. Normalerweise bekommen Berufseinsteiger keine Erste. Nicht aufgeben, sieh`s als Härtetest für den Beruf

3. Wenn du konkrete Ideen hören möchtest, für den Umgang mit den genannten Problemen, fallen mir spontan ein:
- Aufstand im Sportunterricht: Arbeit mit gelben und roten Karten/ Auszeit mit Sanduhr auf der Bank -> keine Diskussionen

- Lautstärke: jede Minute "präsent" sein, jede Phase muss angeleitet sein mit all deiner Konzentration. ("jetzt bringt die Fenster-Bankreihe leise das HA-Heft nach vorne, mal sehen, wer so leise wie ein Mäuschen schleichen kann").
Mach in der Hinsicht wieder Stundenplanungen wie im Ref. Je genauer du weißt, was du vorhast, desto genauer kannst dus erklären und dich auf die Kinder konzentrieren. Auch Anweisungen ab und an für dich vorher aufschreiben, so formuliert, dass es jedes Fritzchen versteht. Am besten in Du-Form.

- melden und rufen: führe irgendein System zum Hilfe-holen ein. (nach vorne schleichen, Namensklammer an dafür vorgesehene Schnur hängen, du gehst dann der Reihe nach die Namen an den Klammern ab/ rot-grüne Scheibe am Platz: wer was will, dreht das Ding um). Und ja, du musst aufs Reinrufen reagieren aber nicht, indem das Kind dann Hilfe bekommt!

- noch-nicht-kapierte-blaue-Punkte-in-Ha-Heften o.ä.: "Blau steht für Mathe. Wofür steht blau, Justin?" "für Mathe". "jawoll. Warum ein blauer Punkt, Mustafa?" "weil Mathe blau ist". "prima. Und welche Farbe hat nochmal Sachkunde, Penelope?"...

- wenige Regeln, ritualisierte Abläufe und lieber darauf zeigen, als viel reden.


Punktepläne würde ich mir für Spezialfälle aufheben. Wenn du für mehr als 3-5 Kinder ernsthaft Punkte veteilst (die sie dann auch einlösen können etc.), wirst du verrückt!

[Freidenker]

Die Schüler spüren, mit wem sie es machen können !

[Ike4388]

Was für eine unqualifizierte Antwort, Herr Freidenker. Ich wollte Ratschläge hören, und nicht irgendeinen hämischen Müll. Ich bin gerne bereit Kritik anzunehmen, aber dann doch bitte von Leuten, die meinen Unterricht auch kennen und das wirklich beurteilen können.

Erstmal danke für die anderen beiden Antworten!
Das mit der Wäscheleine ist mir glaube ich zu wuselig, dann rennen die Kinder ja ständig in der Klasse herum, das gibt nur Chaos, aber das mit den grünen und roten Kärtchen überlege ich mir mal.

Hefte nach der Reihe nach vorne bringen, die Kinder immer wieder loben und Aufgaben wiederholen lassen mache ich ja sowieso immer. Und trotzdem kommt es bei manchen Kindern nicht an. Beispiel von heute: Ich sage: "Nimm bitte das blaue Buch und das blaue Heft und packe es hinten in deinen Stehordner. Was sollst du jetzt machen?" Dann wiederholen das Kinder, und trotzdem sitzt einer auf seinem Platz, ein anderes Mädchen packt ein ganz anderes Buch weg und sowas.... Das ist noch nicht mal unbedingt ein böswilliges Verhalten von denen, da sind wirklich einige, bei denen auch noch eine Förderkonferenz stattfindet, die also wirklich einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Aber muss ich das wirklich einfach so akzeptieren, kann man da nichts machen, dass auch diese Kinder begreifen, was zu tun ist, ohne dass ich es zehnmal sagen muss?

[krabappel]

Ich bin gerne bereit Kritik anzunehmen, aber dann doch bitte von Leuten, die meinen Unterricht auch kennen und das wirklich beurteilen können.

Das kann hier natürlich niemand. Man kann nur anhand dessen, was du schreibst, Vermutungen aufstellen. Prima Methode, um neue Ideen zu sammeln ist übrigens, sich selbst im Unterricht zu filmen. Ich hab das mal im Ref gemacht und hab Stärken von mir wahrgenommen und auch Fehler, die ich mache 100 mal besser sehen können, als nach Rückmeldungen durch andere.

"Nimm bitte das blaue Buch und das blaue Heft und packe es hinten in deinen Stehordner. Was sollst du jetzt machen?"

Hört dich jeder, wenn du das sagst?
Vielleicht noch kleinschrittiger. Selbst das blaue Buch hochhalten: "Nimm das blaue Buch in die Hand: jetzt." Warten, bis jeder bereit ist. Dann reihenweise nach hinten bringen lassen, auf dein Kommando: "jetzt".

da sind wirklich einige, bei denen auch noch eine Förderkonferenz stattfindet, die also wirklich einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben.

Auch Förderschüler können das blaue Buch in den Ordner stellen.

Aber muss ich das wirklich einfach so akzeptieren, kann man da nichts machen, dass auch diese Kinder begreifen, was zu tun ist, ohne dass ich es zehnmal sagen muss?

Es geht ja weniger ums Begreifen, als um die Aufmerksamkeit. Vielleicht kannst du sie mit einem Glöckchen wieder "zu dir holen"?

Ich habe aber gar nicht den Eindruck, dass dir Methoden fehlen. Methoden brauchen halt Zeit, bis sie eingeschliffen sind und müssen konzentriert umgesetzt werden. Mit Wäscheklammern wird z.B. nicht "gewuselt".

Ansonsten hilft wohl nur Augen zu und durch, Veränderungen passieren nur in kleinen Schritten.

[LatinaTeacharin]

Der Tipp von Freidenker war hervorragend: du MUSST dich durchsetzen und Autorität demonstieren. Gegenüber Schülern und Eltern. Und sei konsequent. Dein Wort IST Gesetz.