"Erpressungen" seitens der Schüler (Unterrichtsende)

Was tue ich, wenn ....?
Antworten
Edna K.
Beiträge: 12
Registriert: 19.06.2009, 14:54:45

"Erpressungen" seitens der Schüler (Unterrichtsende)

Beitrag von Edna K. »

Hallo zusammen,

ich hatte vor kurzem ein Erlebnis, das mich doch beschäftigt.
Ich unterrichte an einer berufsbildenden Schule, u.a. auch im dualen System. Vor ein paar Wochen habe ich meine "erste" Lerngruppe (neue Unterstufe) des dualen Systems im selbständigen Unterricht bekommen (Bundesland: NRW). Mein Fach (eine Fremdsprache) ist bei den Azubis zum Teil sehr unbeliebt, es gibt einige leistungsschwache Schüler mit negativen Vorerfahrungen bzw. einer negativen Einstellung zum Fach. Diese Schüler halten sich sehr zurück und sich auch in kooperativen Phasen sehr passiv, eher desinteressiert. Ich gebe mir Mühe, sie immer wieder zu ermutigen (Fehlerfreundlichkeit etc.) und immer wieder einen Berufsbezug herzustellen. Manchmal "schiebe" ich sie auch durch einen ernsteren Ton an (wenn z.B. nach einer Gruppenarbeit niemand präsentieren möchte) und sage, dass dieses Fach - so doof sie es finden - eben einfach dazugehört (und das aus gutem Grund).
Insgesamt erscheint mir die Lerngruppe als sehr ruhig (sie kennen sich auch erst seit wenigen Wochen). Aber manchmal kommt mir das schon sehr seltsam vor: Wenn ich z.B. etwas anschreibe und es dann mucksmäuschenstill in der Klasse ist. Es kann sein, dass sie dann auch nur, nach einem Vormittag in der Praxiseinrichtung, müde sind (ich unterrichte nachmittags in den Randstunden). Mich irritiert das, vor allem weil ich eher der lebhafte Typ bin (in dieser Klasse bin ich schon sehr "Animator", um sie anzutreiben).
In der letzten Unterrichtsstunde gab es dann eine Diskussion mit einigen Schülern, dass sie doch bitte zur Uhrzeit X gehen möchten. Da ich meinen Unterricht aufgrund eines Krankheitsausfalles eines Kollegen kurzfristig nach vorne gezogen hatte, kam ich erst zehn Minuten später in die Klasse (ich bin an zwei Schulen eingesetzt, hatte vorher in der anderen Schule unterrichtet). Ich hatte mit den Schülern vereinbart, dass wir auf jeden Fall unsere volle Unterrichtszeit brauchen, obwohl ich zu spät gekommen bin (wie es so kommt findet in der kommenden Stunde ein UB statt, für den ich den Unterrichtsinhalt auf jeden Fall durcharbeiten wollte, das habe ich auch so kommuniziert), aber das wurde wohl seitens einiger Schüler "missverstanden" und es kam zu einer kleinen Diskussion im Verlauf des Unterrichts. Dabei äußerten zwei eher schwache, demotivierte Schülerinnen, dass sie sich im anstehenden UB nicht anstrengen würden, wenn ich sie dann nicht gehen ließe. Natürlich habe ich dann ganz deutlich gesagt, dass solche "Pseudo-Epressereien" gar nicht gehen. Am Unterrichtsende gab es dann wieder eine Diskussion und dann habe ich mich auch auf die Vorschläge seitens der Schüler eingelassen (den letzten Teil des Arbeitsauftrages als Hausaufgabe fortführen). Aber im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich mich an dieser Stelle nicht konsequenter durchsetzten konnte (ich wollte kurz vor dem UB keinen großen Konflikt lostreten), denn Schulzeit bedeutet auch Arbeitszeit! Jedenfalls hatte ich auch noch eine Hausaufgabe angekündigt, die dich dann in der Eile in einen anderen Ordner gesteckt hatte und nicht finden konnte. Also habe ich die Schüler so entlassen, was natürlich blöd war. Ich bin seeeeeeehr unzufrieden aus dem Unterricht gegangen :/

Dadurch, dass es sich um eine duale Klasse handelt, bin ich fast schon gezwungen, sie in meine UPP zu nehmen. Aber so richtig werde ich mit dem Gedanken nicht warm (obwohl es auch sehr freundliche, motivierte Schüler in der Klasse gibt). Sie arbeiten sonst ganz gut mit (eben sehr ruhig und etwas "träge") und auch zu frühes Einpacken bzw. Diskussionen ums früher Gehen sind sonst kein Thema, bzw. ziemlich schnell beendet (kam wohl nur durch die Sondersituation durch das "Vorziehen" so zu Stande).

Habt ihr vllt. einen Rat für mich, wie ich in Zukunft zu der Klasse bzw. zu den schwierigeren Schülern einen besseren Draht aufbauen könnte? Sodass ich mich doch eher mit dem Gedanken anfreunden kann, sie mit in die UPP zu nehmen? Noch ist nichts entschieden ;)

Puhh, nun habe ich einen halben Roman geschrieben ;) Freue mich vor allem über einen Austausch, gerne auch zum Thema "Stundenende - Der Lehrer beendet den Unterricht" (durch meine Randstunden ist das immer wieder meine Baustelle, an der ich gerne arbeiten möchte).

Beste Grüße,

Edna :D

Stark
Beiträge: 925
Registriert: 30.05.2013, 1:23:20

Re: "Erpressungen" seitens der Schüler (Unterrichtsende)

Beitrag von Stark »

Wenn ich dich richtig verstanden habe, wolltest du die 10 Minuten, die du zu spät gekommen bist, hinten an die Unterrichtszeit anhängen? Deine Schüler wären also später als der Stundenplan vorsieht aus dem Unterricht gekommen? Das halte ich nicht für angemessen. Die Schüler können ja nichts dafür, dass du diese Wege zurücklegen musst. Wie ist das denn mit öffentlichen Verkehrsmitteln - kann es sein, dass einzelne Schüler darauf angwiesen sind, bestimmte Busse oder Züge zu erwischen?
Außerdem schreibst du, dass die Stunde kurzfristig nach vorne verlegt wurde. Du weißt ja nicht, ob einzelne Schüler nicht vielleicht einen Termin haben?

Davon abgesehen ist es durchaus wichtig, in seinen Entscheidungen konsequent zu bleiben. Nicht unbedingt um jeden Preis, aber du musst so souverän bleiben, dass es wirklich DEINE Entscheidung ist, wenn du eine vorher gemachte Ansage änderst. Und so muss das auch bei den Schülern ankommen. Das lernt man aber mehr und mehr.

Was die mangelnde Mitarbeit angeht, würde ich verschiedene Methoden durchprobieren - vom Lehrervortrag bis hin zur absoluten Freiarbeit, oft sind es Methoden, die man in einer bestimmten Klasse für völlig untauglich gehalten hätte, die plötzlich zünden. Wenn das alles nichts hilft, muss man einfach auch mal hinnehmen, dass es langweilige und ruhige Lerngruppen gibt. Dann musst du sie zwar immer noch zur (Mit-)Arbeit auffordern, kannst aber wohl nicht viel mehr machen. Das sollte sich dann aber auch in den mündlichen Noten zeigen.

Edna K.
Beiträge: 12
Registriert: 19.06.2009, 14:54:45

Re: "Erpressungen" seitens der Schüler (Unterrichtsende)

Beitrag von Edna K. »

Hallo Stark,

vielen Dank für die schnelle Antwort.

Genau, ich hätte die zehn Minuten gerne angehängt. Ja, das Argument mit den Bussen kam auch und es kann natürlich auch so sein - ABER - wäre die Kollegin nicht so kurzfristig ausgefallen, und hätte ich mich nicht bereit erklärt, früher als üblich zur anderen Schule zu fahren (das ist auch ein Fahrtweg von gut 30 Minuten ), hätten die Schüler sowieso auf meinen Unterricht "warten" müssen (normalerweise beginnt mein Unterricht zwei Schulstunden später) und wären dann noch später entlassen worden. Aber es kann natürlich schon sein, dass gewisse Busse/Züge nur zu bestimmen Uhrzeiten fahren und bei Verlängerung meines Unterrichts, die Schüler auch länger auf den nächsten Bus etc. hätten warten müssen.

Ja, im Rahmen von Methoden probiere ich gerade auch alles aus. Bislang - so mein Eindruck - arbeiten sie am Besten im klassischen Unterrichtsgespräch mit Einzel- und Partnerarbeitsphasen mit.

Mit deinem Punkt "Akzeptanz" hast du wohl recht... ich glaube ich werde mich mit ihrer "Art" anfreunden. Dann fühle ich mich auch nicht mehr so in der Pflicht den "Anpeitscher/Animator" zu spielen und bin dann auch gelassener.

Ich fand eben auch die "Erpressung" ganz schön unangenehm.

Stark
Beiträge: 925
Registriert: 30.05.2013, 1:23:20

Re: "Erpressungen" seitens der Schüler (Unterrichtsende)

Beitrag von Stark »

Okay, das hatte ich falsch verstanden. Wenn die Abmachung war, dass sie früher nach Hause kommen, weil du deine Stunde vorziehst, dafür aber die Verspätung aber noch angehängt wird, wäre ich hier hart geblieben. Vorausgesetzt ich wäre mir persönlich sicher gewesen, diese Bedingung deutlich kommuniziert zu haben.

Man lernt recht schnell, welche Dinge von Schülern gerne "missverstanden" werden. Deshalb habe ich mir angewöhnt, gewisse Ansagen sehr deutlich zu machen und auch schon mögliche Gegenargumente im Vorfeld zu entkräften ("Ich will dann auch nichts von XYZ hören, wenn wir das jetzt so vereinbaren.")

Mach dir nichts draus, das ist ein typischer Anfängerfehler, aus dem du lernen wirst. Und diese Erpressungsversuche gibt es immer wieder. Darauf würde ich nichts geben. Es ist mehr als fraglich, ob sie es im UB durchziehen.

katie-cr
Beiträge: 134
Registriert: 03.01.2011, 18:00:58
Wohnort: BY Gym D/E

Re: "Erpressungen" seitens der Schüler (Unterrichtsende)

Beitrag von katie-cr »

Musst du zum UB ein Skript abgeben? Beschreibung der Lerngruppe oder so?
Bei schwierigen Klassen ist DAS der ideale Ort, um auf solche Sachen hinzuweisen. So kann im Falle eines Falles darauf eingegangen werden, dass die Klasse absichtlich nicht mitgearbeitet / Ergebnisse verfälscht / Was auch immer sie dir angedroht haben, hat.

Edna K.
Beiträge: 12
Registriert: 19.06.2009, 14:54:45

Re: "Erpressungen" seitens der Schüler (Unterrichtsende)

Beitrag von Edna K. »

Der UB war von einigen Wochen und alles lief gut. Die "Drohungen" der beiden Schülerinnen wurden nicht umgesetzt. Sie waren wie die Lämmchen.

Also nicht davon einschüchtern lassen!

Korrekturenmuffel
Beiträge: 8
Registriert: 30.12.2013, 0:40:49
Wohnort: NRW, GYM, Englisch/Mathe

Re: "Erpressungen" seitens der Schüler (Unterrichtsende)

Beitrag von Korrekturenmuffel »

Zeig den verhaltensauffälligen Schülern, wer der Boss im Klassenraum ist

Antworten