Lehrer wird als beim vorbeigehen als schwul bezeichnet

Was tue ich, wenn ....?
hanse
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Re: Lehrer wird als beim vorbeigehen als schwul bezeichnet

Beitrag von hanse »

Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun. Schwul sein ist sicherlich nichts negatives. Aber genauso wie sich Schwarze auch voller Respekt als Nigga ansprechen, ist Neger im Alltagssprachgebrauch meist negativ konnotiert. Traurig, dass man erklären muss, dass es auf den Gesamtkontext ankommt, in welchem eine Aussage gemacht wird und in diesem Fall ist eindeutig eine Beleidigung gemeint. Das zu verniedlichen halte ich für fahrlässig.

chilipaprika
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Re: Lehrer wird als beim vorbeigehen als schwul bezeichnet

Beitrag von chilipaprika »

Nein, dein Beispiel hängt. Das wäre eher bei "Schwuchtel" oder ähnlichen Wörtern der Fall.

Als Pädagogen sind wir eher in der Pflicht, den Schüler darauf anzusprechen, warum er glaubt, dieses Wort ("schwul", "behindert", in einzelnen Gegenden "Jude") als Schimpfwort benutzen zu dürfen und was er denn damit verbindet.

Chili

Winya
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Re: Lehrer wird als beim vorbeigehen als schwul bezeichnet

Beitrag von Winya »

chilipaprika hat geschrieben:
Als Pädagogen sind wir eher in der Pflicht, den Schüler darauf anzusprechen, warum er glaubt, dieses Wort ("schwul", "behindert", in einzelnen Gegenden "Jude") als Schimpfwort benutzen zu dürfen und was er denn damit verbindet.

Chili
Somit sagst du doch selbst, dass es von SuS häufig als Schimpfwort genutzt wird, obwohl es eigentlich kein Schimpfwort sein sollte.

Das eigentliche Problem ist doch folgendes: Natürlich ist nichts dabei homosexuell zu sein und die Gesellschaft ist auf dem erfreulichen Weg, das immer stärker zu akzeptieren. (Wobei allein die Debatte über das Adoptionsrecht wieviele Vorurteile noch in den Köpfen mancher Menschen steckt.) Und um den großen Bogen zu schlagen: Auch die Akzeptanz anderer Religionen oder körperlicher und geistiger Behinderungen nimmt dankenswerterweise zu. Dennoch ist es einfach Fakt, dass all diese Begrifflichkeiten auch im beleidigenden Kontext genutzt werden. Und auch wenn es nicht "schlimm" ist, schwul zu sein, ist jedem halbwegs intelligentem Menschen klar, dass die Bezeichnung beleidigend gemeint ist. Zudem geht damit ja auch eine Missachtung der eigenen Persönlichkeit einher, die unabhängig vom Wortlaut verletzend sein kann. Wir hatten z.B. auch eine sehr sportliche Kollegin mit Kurzhaarschnitt an der Schule, weshalb ihr einige Schüler auch nachgesagt haben, sie sei lesbisch. Wenn sich solche Aussagen jahrelang halten, dann kann das einem durchaus an die Nieren gehen und ich finde, dass es eine Frechheit ist, das so ins Lächerliche zu ziehen, wie einige Foristen das hier tun. Immerhin sind sie hier um Hilfe gebeten worden. Natürlich kann jetzt darüber gestritten werden, wie dick das Fell eines Lehrer diesbezüglich sein sollte. Aber gerade bei dieser Art von Beleidigungen darf nicht weggeschaut werden, sondern muss, wie Chili richtig sagt, sowohl Aufklärung wie auch eine Null-Toleranz-Politik betrieben werden, nicht nur wenn es einen selbst betrifft.
Man soll den Tag nicht vor dem letzten Klingeln loben :-P

kecks
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Re: Lehrer wird als beim vorbeigehen als schwul bezeichnet

Beitrag von kecks »

die meisten jungs in dem alter verwenden "schwul" pejorativ, das ist also sicherlich beleidigend gemeint. sie geben damit aber meiner erfahrung nach nicht primär einen (abwertenden) kommentar zu deiner (vermuteten) sexuellen orientierung ab, sondern die semantik geht eher in die richtung "weichei", "kann sich nicht durchsetzen", "wenig dominant", "schwach", "mädchenhaft", "unmännlich". "schwul" sagen die pubertierenden (und leider auch manche erwachsene), wenn sie von einem kerl reden, der im verein beim krafttraining nach zwei wiederholungen mit "uff, ich kann nicht mehr" aussetzt. "schwul" ist, wer wegen einer zu ende gegangenen beziehung (mit einem mädchen!) durchhängt und nicht mit feiern gehen will ("bist du schwul oder was? ach komm, alter, geh doch mit, auf jetzt..."). "schwul" ist, wer als männlicher lehrer einen schüler auf dessen niedergeschlagenheit anspricht oder überhaupt andere gefühle als aggression expliziert thematisiert. es gibt "schwule" themen im ethikunterricht (liebe, partnerschaft...). es gibt "schwule" schuhe (alles, was kein sneaker ist). es gibt "schwule" filme (vor allem highschool-liebesschinken-mitvampiren a la "twilight") usw. es geht also wirklich weniger um sexuelle dinge, eher um bestimmte geschlechterstereotypen (wie hat ein mann zu sein, was ist männlich, was nicht...). und freilich spielt auch die gelegenheit, über lehrer gemeinsam zu lästern, eine wichtige rolle, wie auch das austesten, was wohl passiert, wenn du das ganze im vorbeigehen 'zufällig' mithörst. ich würde es komplett ignorieren oder einen passenden spruch zurückdrücken, wenn du schlagfertig sein solltest.

nichtsdestotrotz wäre wohl ein bisschen unterrichtsarbeit zur bedeutung vs. gebrauch von begriffen wie "jude", "behindert", "mongo", "schwul" und zu stereotypen allgemein sicherlich angebracht.

Freidenker
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Re: Lehrer wird als beim vorbeigehen als schwul bezeichnet

Beitrag von Freidenker »

chilipaprika sprach :
Als Pädagogen sind wir eher in der Pflicht, den Schüler darauf anzusprechen, warum er glaubt, dieses Wort "schwul", "behindert", in einzelnen Gegenden "Jude") als Schimpfwort benutzen zu dürfen und was er denn damit verbindet.
Falls der Begriff "schwul" hier als Beleidigung gemeint war, macht es keinen Sinn, das wie o.g. zu thematisieren. Das Problem liegt weniger in den verwendeten Begriffen als in der Tatsache, dass sich Schüler in puncto Lehrer generell beleidigend und respektlos äußern. Falls diese Begriffe durch pädagogische Aufarbeitung aus dem Beleidigungswortschatz der Schüler ellimiert würden, wovon ich aber nicht ausgehe, was folgt dann ? Begriffe wie Pädophiler, Eierlusche, Schlappschwanz, Mamas Liebling...?

Ich will hier niemanden die Illusion rauben, aber Schüler tun das immer und über jeden (!) Lehrer, aber in der Regel (klugerweise) verdeckt.

Nun war es im Fall des TE's nicht ganz so verdeckt, aber auch schwierig zu ermitteln, wer im einzelnen sich so geäußert hat.

Meine Empfehlung lautet hier : 1. Ruhe bewahren und es belassen, wenn kein einziger Schüler konkret benannt werden kann. 2. Falls auch nur ein Schüler benannt werden kann, Zugriff, Durchgriff (knallharte Bestrafung)und aus die Maus (Es werden keine Lehrer beleidigt und basta!)
3. Für die Zukunft präventiv härteres und machtvolleres Auftreten. Ab und zu mal präventiv im Flur herumbrüllen kann nicht schaden. Die Schüler müssen einfach spüren, wo der Hammer hängt und wer das Sagen hat.

Und sowieso bin ich der Meinung, dass in den heutigen Schulen bei Schülerverfehlungen zu viel gelabert und zu kuschelig reagiert wird. Man findet seitens der immer mehr einflussnehmenden Kuschelpädagogikdiktatoren irgendwie immer eine Erklärung, Entschuldigung und zu viel Verständnis für die bösartigsten Schüler.8)
Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

Kristek85
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Re: Lehrer wird als beim vorbeigehen als schwul bezeichnet

Beitrag von Kristek85 »

Wow, sehr ergieb das Ganze hier!
Ich muss schon sagen, dass uns allen kalr sein sollte, dass das Wort schwul pejorativ verwendet werden kann. Als ich noch in der Pubertät steckte, war es gerade Mode dieses Wort als Adkjektive für jeden Blödsinn zu verwenden. Allerdings fasse ich das, was mir wiederfahren ist, als Beleidigung auf und gebe Freidenker in puncto entsprechender Sanktionen Recht. Solch ein respektloses Verhalten darf nicht toleriert werden, schließlich bin ich an einer konfessionellen Schule, die ständig von Würde, Achtung, Wärme usw. spricht. Trotzdem gibt es einige SuS, die über die Stränge schlagen und glauben, sie könnten Lehrer beleidigen.

An Freidenker hätte ich noch ene Frage: Wie würdest du sanktionieren, wenn ein fremder Schüler dich aus sicherer Distanz beleidigt!

Ach ja, eines habe ich noch vergessen zu schreiben. Ich glaube nicht, dass Beleidigungen solcher Art auf die Dauer zu ignorieren sind. Es geht nämlich nicht ausschließlich um die Beleidigung, sondern um die Tatsache, dass SuS sich ggü. Erwachsenen respektvoll zu verhalten haben!

kecks
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Re: Lehrer wird als beim vorbeigehen als schwul bezeichnet

Beitrag von kecks »

meistens hat man nicht wirklich respekt vor den leuten, die einen möglichst hart sanktionieren. vor denen hat man angst und beleidigt sie nicht mehr offen, sondern heimlich, das mag sicherlich sein. respekt ist aber wirklich was anderes.

du kannst einen schüler, den du nicht kennst, der dir im vollen gang u.u. "schwul" hinterher gerufen hat, schwer "sanktionieren". wie willst du das machen? "name, klasse?" hinterherbrüllen? detektiv spielen ("ich war das nicht, da haben sie sich verhört...")? ehrlich, in der situation tust du gut daran, das zu ignorieren. wenn du dem ganzen durch das öffentliche thematisieren eine bühne bietest, dann bestärkst du nur die gockelei und aufmerksamkeitsgesuche ("schaut her, was ich mich alles trau...") der jungen und machst dich zudem bei der hektischen tätersuche lächerlich. ich würde statt dessen mal ausführlich im unterricht auf stereotypen, männlichkeitsklischees, unpassende schimpfwörter (schwul, mongo, behindert...) eingehen und ansonsten durch entsprechendes auftreten deinerseits (klar, deutlich, streng, zugewandt, wohlwollend) den schülern gegenüber dafür sorgen, dass das nicht mehr vorkommt.

falls du wirklich jemanden auf frischer tat beim beleidigen von wem auch immer ertappst, kannst und sollst du freilich sanktionieren: brief nach hause (dürfte ja an einer eher bürgerlichen schule vll. wirken), sozialdienst, wenn du magst auch ein verweis ("unangemessene ausdrucksweise"), alles zusammen mit einem klärenden gespräch (lass dir vom schüler erklären, warum du sanktionierst und lass ihn die sanktion auch selbst auswählen und mach ihm klar, dass du ihm nicht persönlich böse und auch nicht persönlich beleidigt bist, aber ein solches verhalten aus gründen xyz nicht zu dulden ist).

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