Schülerin mit epileptischem Anfall

Was tue ich, wenn ....?
Gast

Schülerin mit epileptischem Anfall

Beitrag von Gast »

Hatte heute mal richtig action im Unterricht *ironie

Schülerin fängt das Zucken an, fällt vom Stuhl, ist total verkrampft, schlägt mit dem Arm auf den Boden
Ich total erschrocken, ne Freundin von ihr sagt: Sie hat nen Epi-Anfall. Sie müssen sie festhalten.
Alle anderen in der Klasse total entsetzt. Ich hab überlegt, was ich jetzt machen soll. Ich hab gedacht die müssen die ja nicht alle anstarren. Also hab ich sie rausgeschickt. (Toll: Aufsichtspflichtverletzung!) Die Freundin ist Gott sei Dank dageblieben, sie hat die Beine gehalten, ich die Schultern und den Kopf. Einen von den anderen hab ich zurückgebrüllt und ihm gesagt, er soll sofort ins Seki und Hilfe holen.
Sekretärin kommt und sagt, der Arzt wäre in 5 Minuten da.
Es war echt der Horror!
Irgendwann kam er, kurze Spritze, alles wieder ok. Nur nicht bei mir. Ich war mit den Nerven total fertig und bin dann heim.
Als ich den Arzt fragte, was man da machen muss, sagt der vorwurfsvoll: Naja, war schon gut so, aber sie sollte halt nicht zu lange im Epi-Zustand bleiben.
Hey, alles klar: Ich bin schuld? Ich glaub es geht los!

Ad 1: Hätten die Eltern nicht die Pflicht mich zu unterrichten?
Ad 2: Müssten die ihr nicht ein Medikament mitgeben, das auch ich verabreichen kann?
Ad 3: Was hättet ihr gemacht?
Ad 4: Was mach ich in Zukunft?

Grüße, Simon

lolle

Beitrag von lolle »

Keine Sorge, du hast alles richtig gemacht.

Der Fehler liegt definitv bei Eltern, Schulleitung und Schülerin, weil die dich nicht informiert haben.

Ich weiß von Kollegen, dass sie in solchen Fällen von den Eltern unterrichtet wurden, was im Notfall zu tun ist, d.h. wo Medikamente sind, wie man das Kind festhalten muss etc.

Denn: woher soll man das wissen, wenn man solche Fälle nicht in der Familie oder im Freundeskreis hat. Und nicht mal im Erste-Hilfe-Kurs lernt man sowas, also kann mans auch nicht vom Ottonormallehrer verlangen.

Beschwer dich bei den Eltern, sowas geht nämlich auch an die Nerven, erst recht, wenn man sich dann auch noch anpfaumen lassen muss.

Ich kann mich nur immer wieder über Eltern wundern: da schicken sie ihre Kinder, denen morgens schon nicht gut ist, in die Schule und uns müssen sie dann erst vor die Füße speien, bevor die Alten einsehen, dass die Kids krank sind. Und am nächsten Tag liegt die ganze Klasse darnieder - inklusive mir... Bingo.

Grüße
Lolle

Antonia

Beitrag von Antonia »

Hallo,

meine frühere Praktikumslehrerin hatte auch einen Epi-Schüler. Sie sagte, dass sie in solchen Momenten den Schüler festhält, mit ihm redet und sich ruhig verhält, bis es vorbeigeht. Die Schüler bleiben währenddessen in der Klasse, es wurde mit ihnen darüber gesprochen. Ganz wichtig ist, dass du dich ruhig verhältst, keinen Schüler anbrüllst, dass er ins Sekretariat rennen sollst, denn Panik überträgt sich, vielleicht auch auf die Epi-Schülerin. Epi-Anfälle sehen meist schlimmer aus als sie sind, und wenn du Ruhe ausstrahlst (zumindest nach außen), ist das für die Psyche der Epi-Schülerin besser.

Ich an deiner Stelle würde die Eltern und die Schülerin (vor versammelter Klasse) darauf ansprechen, wie du dich in Zukunft verhalten sollst, denn Epi-Anfälle sind je nach Mensch total unterschiedlich. Die Klasse schien das schon zu kennen, also würde ich sie beim nächsten Mal nicht rausschicken, lieber würde ich einen Verhaltensplan aufsetzen, z.B. wenn ein Anfall beginnt, soll der Klassensprecher ins Sekretariat oder Medikamente holen o.ä. Frag doch mal deine Kollegen, ob sie Bescheid wissen und wie sie sich in dem Fall verhalten. Übrigens, nicht jeder braucht Medikamente. Manchmal reicht es zu warten, bis der Anfall vorbei ist, aber das kommt auch darauf an, wie lange ein Anfall durchschnittlich dauert. Die Infos solltest du dir von den Eltern holen, vierlleicht wissen deine Kollegen auch Bescheid.

Ach ja, du hast ganz bestimmt keine Schuld, und es ist unglaublich, dass man dich nicht informiert hat!

Antonia

Sunrise1408

Beitrag von Sunrise1408 »

Hallöchen!

Hab da mal ein paar Anmerkungen zu machen, die ich noch aus der Uni und so weiß, habe selber keine Schüler mit Epilepsie!

1. Festhalten ist so ne Sache, damit kann man auch ne ganz Menge verkehrt machen, wenn du gegen die Muskelaktion des Krampfenden arbeitest. Am besten ist es, du schaffts alles weg woran er/sie sich verletzen könnte und lässt ihn/sie dann geschützt auskrampfen. Du kannst den Kopf z.B. in deinen Schoß legen, damit sie sich nrigens anschlägt, aber halt nur locker und nicht festhalten.

2. Toller Arzt den ihr da hattet, ehrlich! Du bist kein Mediziner sondern Lehrer. Vorwürfe sind nicht angebracht, woher sollst du es wissen?

3. Nur keine Panik, auch wenn sie anscheinend einen Grand Mall (Großen Anfall) hatte. Die sind eher selten und nur bei sehr schweren Epileptikern die Regel. So ein Anfall an sich ist für das Kind extrem anstrengend, aber nicht unbedingt bedrohlich. Erst bei einem sog. Status Epilepticus wirds haarig, weil da kommen die allein nicht mehr raus. Da muss ein arzt ran.

4. Zu den Medikamenten. Eigentlich darfst du gar keine Medikamente verabreichen, da kann man dir nen Strick draus drehen. (Wurde uns sogar im 1. Hilfe Kurs gesagt. Ich dürfte noch nicht mal Asthma Spray geben. Eigentlich)

5. Vor versammelter Klasse ansprechen wär ich vorsichtig. Ich würd erstmal mit den eltern und der Schülerin alleine reden und dich aufklären lassen. Dann würde ich fragen, ob sie das auch vor der Klasse noch einmal machen würden, damit die Mitschüler eventuell auch helfen können, wenn es nochmal passiert!

6. Boah, ich könnt mich aufregen. :x Anscheinend war ja bekannt, dass die Schülerin Epilepsie hat, zumindest wusste die Sekretärin anscheinend sofort bescheid. Wie kann man dir nur so ne Information vorenthalten. Was wenn du total panisch geworden wärst?? Das kann doch nicht der Ernst der Schule sein. Ich denke die Eltern trifft nicht wirklich die Schuld. Da hat mal wieder der Informationsfluss in der Schule nicht funktioniert! Traurig traurig!

So, ich hoffe ich konnt dir ein wenig helfen.
Noch ein kleiner Tip: Setz dich mit deinem Hausarzt zusammen und lass dich umfassend über alles aufklären, sobald du die genaue Epilepsieform kennst. Du willst ja auch abgesichert sein, wenn so was nochmal vorkommt.

LG sunrise!

Gast

Beitrag von Gast »

Sunrise1408 hat geschrieben: 1. Festhalten ist so ne Sache, damit kann man auch ne ganz Menge verkehrt machen, wenn du gegen die Muskelaktion des Krampfenden arbeitest. Am besten ist es, du schaffts alles weg woran er/sie sich verletzen könnte und lässt ihn/sie dann geschützt auskrampfen. Du kannst den Kopf z.B. in deinen Schoß legen, damit sie sich nrigens anschlägt, aber halt nur locker und nicht festhalten.
"Festhalten" ist nicht nur "so ne Sache", sondern faktisch einfach falsch.
Ich habe ein Jahr lang in einem Heim mit Epileptikern gearbeitet. In der Zeit gab es insgesamt drei Fälle, bei denen unwissende Menschen die Epileptiker bei ihren Anfällen festgehalten haben und ihnen damit Knochen gebrochen haben.
Also wie schon geschrieben wurde: nicht festhalten, sondern einfach aufpassen, dass er/sie sich nirgendwo stösst. Falls möglich, eventuell die Hand ein wenig halten, mit demjenigen sprechen, einfach versuchen Ruhe zu verbreiten.

Mary_NbK
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Beitrag von Mary_NbK »

Hallo,

meine Tochter ist derzeit noch im Kindergarten. Ich kann aus Elternsicht mal Folgendes dazu beitragen:

Eigentlich sollte es üblich sein, daß die Eltern sich mit der Schulleitung und den Lehrern in Verbindung setzen und in einem Gespräch auf mögliche Epi-Anfälle hinweisen.

Der Kindergarten, in dem sich meine Tochter befindet, wurde entsprechend informiert und es wurde auch ein Notfallmedikament, sowie eine Erklärung von uns unterschrieben, in welchen Fällen dieses Medikament zu verabreichen ist.

Die meisten Epileptiker spüren den nahenden Anfall. Es sollte mit den betroffenen Kindern daher im Gespräch vielleicht auch geklärt werden, ob sie z. B. die Klasse (in Begleitung) verlassen möchten, denn viele Kinder haben auch die Angst vor der "Blamage" in der Öffentlichkeit.

Im Kindergarten wird übrigens - so ist deren gesetzliche Verpflichtung - bei jedem Epi-Anfall der Krankenwagen gerufen. Gleichzeitig werden die Eltern informiert.

Ich habe aufgrund der Behinderung unserer Tochter ein kostenloses Webangebot für Alle, die behinderte Kinder auf ihrem Weg durchs Leben begleiten.

Vielleicht sollte man Ihren erlebten Vorfall zum Anlaß nehmen und eine Art Checkliste für Eltern, Schüler, und Lehrer zusammenzustellen. Ich denke auch, es wäre wichtig, einmal eine kurze Erwähnung über weniger bekannte Epi-Anfälle darin einfließen zu lassen.

Denn so können verträumte Gesichter auch ein Hinweis auf Absancen sein - eine sehr leichte Form der Epilepsie. Aus der Entfernung zum Schüler werden Sie dann vermutlich den Unterschied nicht feststellen. Das Problem, daß sich hieraus ergeben kann ist klar: mit solchen Anfällen kann der Schüler dem Unterricht nicht folgen und der Lehrer in Unkenntnis denkt, der Schüler wäre desinteressiert - das führt unweigerlich zu Konflikten.

Leider werden ja auch nicht alle Kinder "wohl behütet" und so kann es für deren weiteren Lebensweg wichtig sein, wenn einem anderen Menschen im Umfeld so etwas auffällt. Denn die Schüler selbst würden es nicht bemerken - es ist dann wohl eher wie ein "Filmriß".

Bei speziellen Fragen zur Epilepsie kann unsere Moderatorin Moni im Forum (zu finden im Modulbereich "Community") von Netzwerk behindertes Kind.de sicherlich weiterhelfen, da sie hauptberuflich mit dieser Thematik zu tun hat.

Viele Grüße

Mary
Webmaster von
http://www.netzwerk-behindertes-kind.de

(Aufgenommen als Onlineresource im Deutschen Bildungsserver)

emsige Biene
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Beitrag von emsige Biene »

Sunrise1408 hat geschrieben: 6. Boah, ich könnt mich aufregen. :x Anscheinend war ja bekannt, dass die Schülerin Epilepsie hat, zumindest wusste die Sekretärin anscheinend sofort bescheid. Wie kann man dir nur so ne Information vorenthalten. Ich denke die Eltern trifft nicht wirklich die Schuld. Da hat mal wieder der Informationsfluss in der Schule nicht funktioniert! Traurig traurig!
nun, uns wurde zu beginn des refs immerhin gesagt, wir sollten uns eigenständig in den schülerbögen über krankheiten etc informieren.
so kann man es natürlich auch umgehen, dass der informationsfluss dann hinterher nicht gelaufen sein soll
Lehrer sind liebe Menschen, die uns dabei helfen, Probleme zu bewältigen, die wir ohne sie gar nicht haben würden.

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