Schülerklientel Gesamtschule

Was tue ich, wenn ....?
Finchen
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Registriert: 05.07.2005, 21:12:56

Beitrag von Finchen »

neffets hat geschrieben:die meisten gesamtschulen müsste man-wenn mn das dreigliedrige schulsystem beibehält-schließen.
Nein, genau umgekehrt wird ein Schuh draus. Das dreigliedrige Schulsystem gehört gegen ein flächendeckendes Gesamtschulangebot ausgetauscht!
Ist Dir entgangen, daß Deutschland das Land ist, in dem der Schulerfolg der Kinder am stärksten von der sozialen Herkunft der Familie abhängig ist? Warum ist das in anderen Ländern nicht so? Eben weil es bis zur 10. Klasse eine Gesamtschule gibt. Es ist doch mittlerweile erwiesen, daß der Lernerfolg beider Gruppen, der Lernstarken- und lernschwachen Schüler, dort höher ist als im gegliederten Schulsystem.

Um zum Thema bzw. der eigentlichen Frage zurück zu kommen: Niemand braucht Angst vor der Gesamtschule bzw. deren Schülern zu haben. Bei uns im Stadteil ist eine Gesamtschule, deren Schüler einen relativ schlechten Ruf haben.
Im letzten Sommer mußte ich ein Praktikum machen und alle Freunde haben mir abgeraten, an diese Schule zu gehen. Ich habe mir gedacht, wenn es dort wirklich so schlimm ist, kann es ja nicht schaden für vier Wochen den "worst case" - Fall auszuprobieren und bin an diese verrufene Gesamtschule gegangen.

Im Nachhinein wäre ich dort am liebsten sofort geblieben, denn es hat viel Spaß gemacht mit den Schülern zu arbeiten.
Gerade der Umgang der Kinder untereinander (vor allem auch mit Kindern, die durch eine Behinderung oder durch ihre Herkunft leicht Außenseiter sein könnten) hat mich beeindruckt. Die Lehrer an dieser Schule haben sehr hart an dem Sozialverhalten der Kinder gearbeitet und das zählt mehr als bloßes Fachwissen. Auch die Atmosphäre im Kollegium war sehr angenehm.
Ganz genau diese Erfahrungen kann ich bestätigen. Außerdem gab es Kinder aus sehr unterschiedlichen sozialen Schichten: vom Kind, das von Sozialhilfe lebt und dessen Eltern unfähig sind, es ohne Hilfe zu erziehen, bis hin zum Kind vom Großverdiener, der mit der neusten E-Klasse vorfährt und dessen Sohn nurteure Markenklamotten trägt.
Ob man´s glauben will oder nicht, es funktioniert. Und zwar richtig gut. Wahrscheinlich eben weil die Lehrer so viel Wert auf das soziale Miteinander legen.

neffets
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Beitrag von neffets »

fine
ich akzeptiere deine sichtweise. und wenn es dir so gut gefällt, ist das vielleicht das richtige für dich. anscheinend unterscheiden wir uns nicht in der analyse als vielmehr in der wahrnehmung. meine wahrnehmung ist eben, dass mich diese schülerklientel eher nervt.
wenn du gerne mit diesen zusammenarbeitest, kannst du das ja machen. verstehe mich nicht falsch: ich habe das auch 2 jahre gemacht, mit vorzeigbarem erfolg. aber mir gefällt das nicht. ich bin wohl zu wissenschaftlich ausgerichtet als, dass mir das spaß machen könnte.

Gandalf
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Beitrag von Gandalf »

Hätte ich gewusst, was mich als Referendar auf einer (immerhin recht ländlichen) Gesamtschule erwartet, hätte ich mir das vielleicht nochmal überlegt ...

Die SuS Klientel dort ist wirklich sehr heterogen zusammengestellt, eine kleine Spitzengruppe, ein kleines Mittelfeld und eine große Menge an verhaltensgestörten und leistungsschwachen SuS, die sowohl den Lehren als auch den anderen SuS das Lernen und Lehren schwer machen.

Man muss es halt deutlich sagen : auf die Gesamtschule kommt alles, was es auf der Realschule oder Gymnasium nicht schafft, aber nicht auf die Hauptschule will.
Dadurch entsteht eine riesiges Leistungsspektrum in der Klasse, gepaart mit unendlich vielen sozialen Problemen.

Man kann wirklich sagen : wer sich als Referendar/Lehrer auf der Gesamtschule durchsetzen kann, der wird es überall können.
Andersherum wird ein Referendar, der auf dem Gymn. ausgebildert wurde und dann auf eine Gesamtschule kommt ins eiskalte Wasser geschmissen.
Ich habe inzwischen an beiden Schulformen unterrichtet und weiss wovon ich rede.
Ich muss neffets daher in gewissen Weise zustimmen.

Gesamtschule
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Rückmeldung

Beitrag von Gesamtschule »

Nachdem ich nun seit dem 1.2. an "meiner " Gesamtschule bin, habe ich einige Eindrücke gesammelt, die ich euch gern mitteilen möchte: Meine erste Bilanz ist sehr positiv: Die Schüler sind nicht anders als die, die ich auf Gymnasien angetroffen habe, auch was ihr Sozialverhalten angeht. Teils ist dieses sogar besser bei den Gesamtschülern, da dieser Aspekt eine besondere Bedeutung im Schulkonzept erfährt. Die Schüler sind freundlích untereinander und auch zu mir :-) Die Leistungsunterschiede sind merkbar - so wie es ja auch gewollt ist. Ich kenne sehr schwache Klassen, die halt einen Hauptschulabschluss anstreben - aber auch Oberstufenkurse, die sich von denen am Gymi kein Stück unterscheiden. Allerdings sind die Gesamtschüler in der Oberstufe oftwegs fleißiger, da sie sich bewusst fürs Abi entscheiden und nicht "einfach" von der 10 automatisch in die 11 gegangen sind, wie es am Gymi meist der Fall ist. Einschränkend möchte ich noch sagen, dass ich an einer sehr ländlichen Schule gelandet bin - aber nichts desto trotz kann ich ich jedem nur empfehlen, mal Gesamtschulluft zu schnuppern! Liebe Grüße!

Helli
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Beitrag von Helli »

@neffets
Wie kann man nur von "ausräuchern" sprechen. was hat das denn für ein Niveau? Und später ist es dir dann zu warm geworden und du hast alles relativiert indem du gesagt hast, dass die Gesamtschule halt nicht das Richtige für dich ist?

Habe absolut kein Verständnis für deine ersten Beiträge.

Bin ebenfalls der Meinung, dass Gesamtschule nur dann funktionieren kann, wenn sie die einzige Wahl ist. Viele erfolgreiche Länder haben es vorgemacht.Ein
gutes Beispiel ist auch die Helene-Lange-Schule in Wiesbaden.Man sehe und staune eine Gesamtschule!

Das dreigliedrige Schulsystem hat ja auch in den letzten 100 Jahren keine Wunder vollbracht und muss deswegen nicht bestehen bleiben!!!!!

Aber da darf von mir aus jeder seine Meinung vertreten, aber in einer konstruktiven und sinnvollen Art und Weise.

Ich jedenfalls denke, dass eine grundlegende Reform her muss, anstatt in einem nicht funktionierenden System an allen kleinen Rädern zu drehen, in der Hoffnung, dass eins der Räder das Richtige ist.

karink532

Beitrag von karink532 »

"Ausräuchern" ist vielleicht das falsche Wort, aber was das Grundsätzliche angeht, stimme ich neffets hier in jeder Hinsicht zu.

Wie hier schon richtig bemerkt worden ist, ich glaube es war Lysander, ist die Gesamtschule in keiner Weise mit den Gymnasien zu vergleichen- das ist einfach ein anderes Niveau. Nennt man das nicht Creaming- Effekt? Die Schüler, die eine Empfehlung fürs Gym haben, gehen auch dahin, und auf der GeS finden sich dann eher Hauptschüler wieder, deren Eltern den Gang zur HS gescheut haben. Seien wir doch mal ehrlich, das ist so und nicht anders. Hier bei uns - kein Zentralabi- gibt´s auch ne GeS und was bzw. wer da alles zum Abi durchgeschleppt ist, ist echt ein schlechter Scherz.
Ich glaube, wenn Deutschland meint, die Bildungsmisere lösen zu können, indem wir möglichst viele warum-auch-immer-ungeeignete Schüler zum Abitur bringen, haben wir was falsch verstanden. Natürlich mag es sein, dass man auf der GeS das Abi leichter kriegt- aber das ist doch nur dadurch bedingt, dass man dort das Leistungsniveau in vielen Fällen eben entsprechend abgesenkt hat, an den tatsächlichen Problemen der "bildungsfernen Schichten" haben wir doch dadurch überhaupt nichts geändert! Es muss uns doch eher darum gehen, wieder Disziplin und ein gewisses Leistungsniveau in die Hauptschulen zu bringen, so dass diese Schulform und ihr Abschluss wieder gesellschaftsfähig wird und dieses Geseier, dass möglichst alle alle alle Abi machen müssen, mal aufhört!

Freidenker
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Beitrag von Freidenker »

Guten Tag !
Selbst Hartmut v. Hentig hat eingesehen, dass die Gesamtschule mit Pauken und Trompeten gescheitert ist.

Viele Schüler dort habe ich bis jetzt als schwierig erlebt, wenn ich die Gesamtschule meiner Frau als Maßstab nehme.-Dabei handelt es sich um eine relativ gut funktionierende Gesamtschule. Bei anderen Gesamtschulen in unserem Kreis höre ich von Klassenlehrern immer wieder, dass sie sich mehr mit kriminellen Delikten befassen müssen als mit Unterrichtsvorbereitungen.

Über die Disziplin an unserer Realschule sind meine Frau und ihre Kollegen positiv beeindruckt.
Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

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