Schulrecht

Grundsätzliche Fragen zum Referendariat können hier gestellt werden
Kiggie
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Re: Schulrecht

Beitrag von Kiggie »

Löwenherz hat geschrieben: Ein Uniseminar ist eine Variante, an die ich noch nicht gedacht hatte. Hat insofern was für sich, dass man das Ref dadurch vorentlasten kann. Ein Nachteil den ich sehe ist, dass man im Studium noch nicht die Fragen aus der Praxis einbringen kann, die sich erst im Laufe des Refs (oder weiteren Berufsleben) stellen. Das ist nicht nur bereichernd für den Schulrechtskurs, sondern hilft auch ganz praktische Situationen zu lösen und zu verstehen, nach welcher Systematik man diese prüfen und schulrechtlich sauber Lösungen erarbeiten kann.
Bei mir wurde der Kurs zum Glück von einem Schulleiter gehalten. Somit war es auf jeden Fall sehr praxisnah. War auch nur auf das BK bezogen (meine Schulform). Ich fand das zum Beispiel völlig ausreichend. Wir haben viele Beispiele genannt und da schon gelernt, wie wichtig die Dokumentation ist.
Wir haben gelernt, was im Schulrecht und was in der APO-BK lernt. Daher habe ich im Ref so gesehen nichts vermisst. Allerdings weiß ich nicht wie an anderen Unis die Fachdidaktik aufgebaut (Schulrecht gehörte in den Block rein).

Eine Sitzung hatte ich auch an der Schule mit dem Schulleiter.

cobalt8
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Re: Schulrecht

Beitrag von cobalt8 »

Ich habe in NRW das Ref. gemacht. Wir hatten bei uns 10 Themen, auf die sich die Hauptseminare (neuerdings Kernseminare) und die Fachseminare bezogen haben. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Schulrecht eines der Themen war, falls es so gewesen sein sollte, hat es auf jedenfall keinen großen Stellenwert eingenommen.
Bei Fragen waren unsere Seminarleiter und auch alle Schulleitungen, die ich bisher hatte aber immer ansprechbar. In der Regel ist es aber so, dass eine Frage häufig darin endet, dass die Schulleitung zunächst selbst nach entsprechenden Gesetzen, Erlassen und Regeln suchen muss. Das Ganze ist leider sehr undurchsichtig in vielerlei Hinsicht.

Tatsächlich gehöre ich zu den (vermutlich wenigen), die sich die wichtigsten Gesetzestexte (Schulgesetz, ADO, Beamtengesetz, BVO, APO-S1 usw.) selbst durchgelesen haben und auch immerwieder durchlesen. Viele Dinge sind dann irgendwie auch Learning-by-Doing. Den Paragraph 53 des Schulgesetztes NRW mit seinen Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen kann vermutlich fast jeder nach ein paar Jahren fast auswendig herunterbeten. ADO usw. musste ich regelmäßig für meine Revisionen lesen und lernen (meine Schulleitung hat es immer sehr genau mit den Revisionen und dem Kolloqium genommen).
Andere Dinge liest man dann auch schon selbst, um sich nicht an der Nase herumführen zu lassen. Die Beihilfeverordnung BVO zum Beispiel, benötigt man spätestens beim ersten Widerspruch gegen die Beihilfestelle.
Die APO-S1 liest man zwangläufig, wenn man mal Klassenlehrer einer 9. und 10. Klasse war oder sich über bestimmte Versetzungsbestimmungen informieren muss.

Für rechtliche Dinge, die mich als Person und meinen Dienst betreffen, da fand ich es bisher immer ganz hilfreich, dass ich von Anfang an Gewerkschaftsmitglied war und dann auch mal auf deren Rechtsberatung zurückgreifen konnte, auch wenn ich die Beratung bisher zum Glück nur ein einziges Mal wegen Stalking eines Schülers in Anspruch nehmen musste.

Max_Cohen
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Re: Schulrecht

Beitrag von Max_Cohen »

In NRW ist die Beschäftigung mit dem Schulrecht nicht explizit in der OVP 2016 geregelt, wird in Seminaren aber zumeist innerhalb der Handlungsfelder E und L gestreift. Im Kolloquium wird z.T. nach Platitüden wie den Richtlinien für Schulfahrten (BASS 14-12 Nr. 2) gefragt.

Für die Praxis ist dies gleichwohl viel zu wenig, und ich würde mir wünschen, dass man sich in allen Bundesländern an Bayern orientiert und Staatsbürgerkunde und Schulrecht deutlich betont und auch abprüft. Am Ende ist Schule eben auch staatliches Verwaltungshandeln, das juristisch klar geregelt ist und das Personal hat die Verpflichtung, Schüler im Sinne der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erziehen. Dazu müsste man aber erst einmal wissen, was das überhaupt bedeutet.

Nicht nur die juristische Naivität vieler Kollegen ist erschreckend, sondern auch eine Neigung zu bewussten Rechtsbrüchen gerade im Zusammenhang mit Bewertungen tritt leider häufig auf, etwa durch explizites Einbeziehen des Sozialverhaltens in die Bewertung, Automatismen à la 1x pro Stunde melden ist befriedigend ...
Rechtliche Prinzipien wie Verhältnismäßigkeit, Ermessen etc. sind praktisch unbekannt, woraus dann u.a. ulkige Fehlvorstellungen zum Thema Ordnungsmaßnahmen resultieren.
Richtig spaßig wird es übrigens, wenn man "Meinungen" zur Definition von "Meinungsfreiheit" hört...

tiger
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Re: Schulrecht

Beitrag von tiger »

Ich fand das früher auch unbefriedigend: Die Liste der Gesetze, Erlasse, Durchführungsbestimmungen etc. ist sehr lang, und man muss sich an alles halten, obwohl man kaum alles lesen, geschweige denn mit allen Details behalten kann.

Mit der Zeit hat sich herausgestellt, dass man nur wenige Regelungen ständig benötigt, wie cobalt8 schon geschrieben hat, und man in den Fällen, in denen man die Rechtslage nicht kennt, genügend Zeit hat, nachzulesen oder erfahrene Kollegen bzw. Vorgesetzte oder die Behörde um Rat zu fragen, damit man keinen Fehler macht.

Bedauerlich finde ich, dass viele Kollegen eher auf schwammige Erinnerungen und Hörensagen setzen als nochmal nachzulesen, was denn wirklich da geschrieben steht. Ein bisschen mehr Professionalität wäre manchmal eine Erleichterung für alle Beteiligten ...

MarlboroMan84
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Re: Schulrecht

Beitrag von MarlboroMan84 »

In NRW hatte ich das etwas im Kernseminar sowie in der wöchentlichen Refi-Stunde.


Unabhängig davon: Ich bin der Meinung, dass man sich mit Besoldungsgruppe A12 aufwärts schon durchaus selbst Sachen anlesen kann.

Löwenherz
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Re: Schulrecht

Beitrag von Löwenherz »

Sicher kann man sich Sachen selbst anlesen, aber es hat ja seinen Grund, dass die Schulrechtler an den RPs oder im KuMi von Haus aus Juristen sind, weil es eben nicht selbstverständlich ist, sich im DIY-Verfahren ein ausreichendes Verständnis zu erarbeiten. Das wird bestimmt einigen Lehrern möglich sein, aber eben nicht allen und erfordert in jedem Fall halt die Motivation, sich damit ausreichend auseinanderzusetzen. Den Beiträgen von Max_Cohen, tiger und Cobalt8 entnehme ich, dass das nicht unbedingt funktionieren muss.

Max_Cohen
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Re: Schulrecht

Beitrag von Max_Cohen »

MarlboroMan84 hat geschrieben: Unabhängig davon: Ich bin der Meinung, dass man sich mit Besoldungsgruppe A12 aufwärts schon durchaus selbst Sachen anlesen kann.
Es gibt da allerdings noch ein Zeit-, Motivations- und Lesekompetenzproblem. Wie Wellenreuther so schön bemerkt, ist es eine Fehlvorstellung, dass Experten aus Büchern kaum etwas lernen können - sie lernen daraus sehr viel schneller und effektiver als Novizen. Im Umkehrschluss benötigt man als Novize sehr viel Zeit, um sich einzuarbeiten, und das dürfte auf die große Mehrheit an Lehrkräften zutreffen.

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