In einem Land ohne Referendariat...

Grundsätzliche Fragen zum Referendariat können hier gestellt werden
Antworten
kecks
Beiträge: 1628
Registriert: 01.04.2009, 6:09:18

Re: In einem Land ohne Referendariat...

Beitrag von kecks »

wie das bei sozialen phänomenen so ist: multikausale wechselwirkungen. das hier ist doch kein physik-experiment. wenn derart hohe jugendselbstmordraten dabei rauskommen, dann ist was nicht okay, und zwar ganz gewaltig nicht. oder meint hier ernsthaft jemand, dass es in ordnung ist, wenn kinder außer ab und an körperhygiene und essen und lernen gar kein leben mehr haben? hell, sogar der schlaf kommt zu kurz (kann jeder bestätigen, der schon mal in japan oder singapur oder südkorea in einem echte klassenzimmer war: die schlafen. nicht, weil sie keine lust haben, sondern weil sie nicht mehr können). oder man besuche mal als tourist das prüfungsvorbereitungsviertel in südkorea (appartments an appartments, wo junge leute, oft im zweitversuch, für die uniaufnahmeprüfung sehr, sehr viel auswendig lernen, sonst nichts tun; dienstleister übernehmen alles, was es sonst noch zu tun gibt, von wäsche waschen bis essen anreichen). dito entsprechende internate. oder man schaue sich mal den aufnahmemarathon für kindergärten in japan an. oder man betrachte die tatsache, dass in asien vielerorts die alpahebetisierung in der gs gar nicht mehr angeboten wird. lesen und schreiben und rechnen wird einfach schon mal vorausgesetzt, weil's ja eh fast jeder schon kann, dank extremen leistungsdruck, dem sich die eltern kaum entziehen können.

oder auch gut: mal einen asiaten (biete selber: 2x japan, 1x südkorea) greifen, der jetzt erwachsen ist und nun in deutschland lebt, und die leute über ihre schulzeit in der heimat befragen. das ist sehr, sehr deutlich, um es jetzt mal milde auszudrücken. die eine hat ihr kind hier sofort in einen waldkindergarten und dann in eine montessorieinrichtung geschickt (mit deutschem verheiratet, gar nicht esoterisch unterwegs). zitat: "das wichtigste ist, dass sie glücklich sein kann." ...

Jméno
Beiträge: 986
Registriert: 14.06.2008, 16:41:33
Wohnort: Nds – Gym. LA|GE

Re: In einem Land ohne Referendariat...

Beitrag von Jméno »

Vielleicht lesen wir, du und ich, ja unterschiedliche Beiträge von dir, rissig21? Zum Thema Asien gibt es nämlich exakt einen Link – den zum Tagesspiegel – und dann, deutlich nach deinem Beteuern von „Links“ im Plural, das PDF vom Heidelberger Konfuzius-Institut. Macht maximal zwei. Einen, wenn man voraussetzt, dass ich lesen und selber auf Verlinkungen klicken kann. Zählst du den Finnland-Artikel aus der ZEIT zu Asien? Oder gibt es Beiträge, die ich nicht sehe?
rissig21 hat geschrieben:Also lieber etwas langsam mit dem Auslandsvergleich... das führt oft auf den Holzweg, wenn man nur einseitig mit dem eigenen Land vergleicht. Nutz doch die Zeit, um mal etwas differenzierter zu beobachten!
Vielleicht liest du hier einen netten Rat an einen irgendwie bedauerlich minderbemittelten Mitforisten, der gerade so ein bisschen durch die Weltgeschichte träumt und mal 'n ausländisches Klassenzimmer von innen gesehen hat – ich lese ihn hingegen als echte Klatsche von jemandem, den ich nicht kenne und der mich ebenso wenig kennt, der aber keinerlei Hemmungen hat, mich in eine Reihe mit Finnland-Fans zu stellen, die mit ideologischen Scheuklappen und extrem monokausal ein PISA-Ergebnis zu untersuchen vorgaben, und dabei doch nur ihre bereits existenten (Vor-)Urteile bestätigt sahen. Plus die Anmerkungen zu Asien, wo niemand anderes als du selbst nicht nur undifferenziert („die Schüler“ gehen „gern“ in ihre Paukschulen!), sondern auch schlicht und ergreifend falsch („weniger Stress“) argumentiert.

Darüber hinaus sind die Informationen aus dem Eingangsposting schlicht und ergreifend korrekt: Man studiert hier ein Fach, es wird an der Universität nicht zwischen Lehramt oder anderen Abschlüssen unterschieden, mit dem Abschluss in z.B. Deutsch kann man also von Übersetzer über Lehrer an Grund-, Mittel- oder Berufsschulen bis zu Gymnasien oder Gerichtsdolmetscher alles werden. Es gibt keine verpflichtende Ausbildung in Pädagogik, Didaktik, Fachdidaktik – weder in der Universität, noch in einem irgendwie gearteten Einführungskurs in die Lehramtspraxis. Daraus habe ich geschlossen, dass die pädagogischen, didaktischen und fachdidaktischen Kenntnisse davon abhängigen, ob jemand freiwillig derlei Kurse besucht (oder meinetwegen auch Bücher gelesen) hat. In der Praxis differenziert es sich dann weiterhin dahingehend auf, ob jemand Talent für den Umgang mit Kindern oder Jugendlichen hat oder nicht. Der „handwerkliche“ Teil findet ja nirgends verpflichtend statt. – Wie differenziert hättest du es denn noch gerne?

Ich kann auch von Fortbildungen berichten, wo neben uns Deutschen lediglich einheimische Lehrer anwesend waren. Begrifflichkeiten wie „Einstieg“ und „Sicherungsphase“ (oder allgemein die Phasierung von Unterricht) sind da etlichen Menschen neu gewesen. Sie haben es halt nie lernen und reflektieren müssen und reproduzieren daher, nach eigener Aussage, im Wesentlichen den Unterricht, den sie selbst erlebt haben. (Was sich im übrigen mit Forschungsergebnissen deckt.)

Auch die Erstellung von Klassenarbeiten und Klausuren ist schwierig. Einerseits dürfen sie nicht umfangreich sein, weil viele Schulen keinen Kopierer haben, d.h. endlose Papierwüsten wie in Deutschland sind unmöglich; andererseits dürfen auch die Ergebnisse nicht zu umfangreich sein, weil Korrekturzeit Geld ist, in einem Land, das seinen Lehrern weniger als 400 € zahlt, was auch hier zum Leben nicht reicht. So gibt es in den Fremdsprachen bis zum Abitur Lückentexte und vereinzelt Besinnungsaufsätze (vom Typ: „Was ist Glück?“); letztere werden aber als Abschrift in Schönschrift verlangt, sodass letztlich eine effektive Bearbeitungszeit von 20 Minuten allzu lange Texte verunmöglicht.

Mein Zwischenfazit an dieser Stelle ist und bleibt: Vieles in unserem Lehreralltag ist handwerkliches Wissen: Wie erstelle ich eine Klausur? Was sind die Anforderungsbereiche dabei? Wie korrigiere ich Leistungsüberprüfungen? Positiv oder negativ? Wie baue ich eine ganz klassische Unterrichtsstunde auf? – All das hat nichts mit Talent zu tun, sondern mit erlerntem Können. Wir Deutschen lernen das in der Universität, weil wir den Abschluss fürs Lehramt anstreben, und danach noch einmal konzertiert im Referendariat. Und bei allen Mängeln, die man diesem Aufbau oder System zweifelsohne attestieren kann, halte ich das für besser, als zu hoffen, dass sich solch elementare Aspekte schon irgendwie von selbst regeln. Kannst du, kann jede und jeder ja meinetwegen anders sehen, aber dann möchte ich das gerne auch begründet und ausgeführt haben.
…он је метафора, начин живота, угао гледања на ствари!

rissig21
Beiträge: 33
Registriert: 12.04.2017, 10:56:40

Re: In einem Land ohne Referendariat...

Beitrag von rissig21 »

Jméno hat geschrieben:Vielleicht lesen wir, du und ich, ja unterschiedliche Beiträge von dir, rissig21? Zum Thema Asien gibt es nämlich exakt einen Link – den zum Tagesspiegel – und dann, deutlich nach deinem Beteuern von „Links“ im Plural, das PDF vom Heidelberger Konfuzius-Institut. Macht maximal zwei. Einen, wenn man voraussetzt, dass ich lesen und selber auf Verlinkungen klicken kann. Zählst du den Finnland-Artikel aus der ZEIT zu Asien? Oder gibt es Beiträge, die ich nicht sehe?
Na ja, wenn du den Artikel (Tagesspiegel) gelesen hättest, wüsstest du, warum ich von Mehrzahl spreche. Und das mit Finnland war schon auch ein Beleg für meinen Hinweis, dass eben viele Vorurteile und Äußerlichkeiten beim näheren Hinblick in Sachen Vergleich von Bildungssystemen zwischen verschiedenen Ländern gerne mal zerbröseln.

Anstatt jetzt weiter auf schwer beleidigt zu machen und rhetorisch herumzufuchteln, könntest du ja mal zur Abwechslung klarstellen, weshalb das deutsche Referendariat von einem Land ausgehend verteidigt werden muss, in dem die Lehrer ca. 400 Euro verdienen und es im Grunde gar keine Lehrerausbildung in dem Sinne gibt (geben kann). Ich kapiers nämlich nicht wirklich. Der Vergleich hat doch weder Hand noch Fuß...

Außerdem ist alles, was du an Vorteilen des Refs aufzählst (Einstieg, Unterrichtsphasen, Klassenarbeiten etc.) auch hierzulande weder geprüft noch besiegelt, für ein Land, in dem Lehrer seit Langem schon echt gutes Geld verdienen (inkl. die ganzen Wissenschaftler, die sich mit Didaktik beschäftigen), ist das Ergebnis - finde ich - nicht unbedingt so toll, dass man damit auf ein offensichtlich wirtschaftlich sehr schlecht gestelltes Land losgehen muss. Das wir übrigens nicht kennen - oder hast du es irgendwo erwähnt? Ich sehe nix.

Das "Land ohne Referendariat" ist ein Land ohne grundlegende Strukturen und der Vergleich aus meiner Sicht nicht nur sinnfrei, sondern ziemlich unfair. Mit "differenziert" meine ich übrigens nicht, dass man (jetzt im Nachhinein) die örtlichen Verhältnisse nachschiebt, sondern dass man die verschiedenen Voraussetzungen schon im Vergleich entsprechend berücksichtigt. Das hast du bisher nicht getan.
Jméno hat geschrieben: Und bei allen Mängeln, die man diesem Aufbau oder System zweifelsohne attestieren kann, halte ich das für besser, als zu hoffen, dass sich solch elementare Aspekte schon irgendwie von selbst regeln. Kannst du, kann jede und jeder ja meinetwegen anders sehen, aber dann möchte ich das gerne auch begründet und ausgeführt haben.
Das zeigt genau das, was ich meine. Wir sind toll (wir habens ja) und die andern schauen dumm aus der Wäsche, denen ist es mehr oder weniger egal - so könnte man es jedenfalls sehr leicht verstehen.

kecks
Beiträge: 1628
Registriert: 01.04.2009, 6:09:18

Re: In einem Land ohne Referendariat...

Beitrag von kecks »

rissig, sei mir nicht böse, aber ich habe den eindruck, du liest da irgendwas, aber sicher nicht die texte von jmeno. bist du wirklich lehrer?

aus interesse: wie alt bist du? was sind deine fächer? wie lange liegt dein ref zurück? wie defnierst du "wissenschaft"? wie kommst du im alltag mit kollegen deren meinung nach klar?

tiger
Beiträge: 424
Registriert: 12.02.2017, 2:21:44

Re: In einem Land ohne Referendariat...

Beitrag von tiger »

Meine Vermutung: kein Lehrer. 20 bis 22 Jahre alt, Kellerkind, abgebrochenes Lehramtsstudium, mäßiger Frust, pöbelt daher in diesem Forum herum.

rissig21
Beiträge: 33
Registriert: 12.04.2017, 10:56:40

Re: In einem Land ohne Referendariat...

Beitrag von rissig21 »

tiger hat geschrieben:Meine Vermutung: kein Lehrer. 20 bis 22 Jahre alt, Kellerkind, abgebrochenes Lehramtsstudium, mäßiger Frust, pöbelt daher in diesem Forum herum.
Auf die Gefahr hin, dass ich wieder wegen persönlichen Angriffs (mangels Argumenten) abgemahnt werde: Was mir hier im Forum an heißer Luft um die Ohren bläst, ist schon einigermaßen beeindruckend.

Vielleicht sollte man sich im trauten Kreis darauf einigen, die Mindestanforderungen entsprechend auf das gewünschte Maß anzuheben, damit man sich in der Lage sieht, mit den dann Anwesenden geistreich zu kommunizieren. Sagen wir mal: Mindestens fertiger Lehrer (Sonderschule mit 5 Jahren Berufserfahrung, Grund u. Hauptschule 3 Jahre, Realschule 1,5 Jahre und Gymnasium selbstredend ohne Zusatzbeschränkung).

Möglicherweise ist dann Kommunikation und Argumentation möglich... möglicher- u. wahrscheinlicherweise aber auch eher nicht. Ich bin jedenfalls raus, ist mir hier doch zu primitiv irgendwie. Ihr könnt also aufatmen und weiter euren üblichen Stiefel (wenn ich mich hier so umsehe) durchziehen.

krabappel
Beiträge: 2329
Registriert: 21.08.2011, 20:08:49

Re: In einem Land ohne Referendariat...

Beitrag von krabappel »

rissig21 hat geschrieben:...
Möglicherweise ist dann Kommunikation und Argumentation möglich... möglicher- u. wahrscheinlicherweise aber auch eher nicht. Ich bin jedenfalls raus, ist mir hier doch zu primitiv irgendwie. Ihr könnt also aufatmen und weiter euren üblichen Stiefel (wenn ich mich hier so umsehe) durchziehen.
Ganz schlechter Stil. Noch mal rummeckern, dann "ich bin jedenfalls raus!" rufen.

Vielleicht lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, aber mein Eindruck ist, dass du das Ref nicht bestanden hast und daher das Referendariat als solches verteufelst. Dem TE nun zu unterstellen, er würde herablassend auf die Bedingungen vor Ort herabsehen, ist schon einigermaßen eklig.

Es geht hier nicht um nicht vorhandene Unterrichtseinstiege oder die unterschiedlichen Sichtweisen auf Bildung, sondern dass es darauf überhaupt eine Sicht gibt. Dass Didaktik und Pädagogik in Deutschland an Universitäten gelehrt und dazu geforscht wird. Danke dafür, auch wenn ein Fachleiter in der Gesamtschule Castrop-Rauxel schlecht gewesen sein mag, oder es vorkommt, dass jemand ungerechtfertigterweise wegen Lappalien ihr/sein Ref nicht geschafft hat.

Und um im Anekdotenmodus zu bleiben: aus Lehrermangelgründen müssen wir oft mit Vertretungskräften vorlieb nehmen. Ich sags mal so: Es sind nette und mehr oder weniger engagierte oder talentierte Leute darunter. Aber es ist selten ein Vergnügen, ihre Arbeit mitmachen zu müssen. Denn sei sicher, dass alles was mit Unterrichtsvorbereitung, Zielstellung, Materialerstellung/ -auswahl UND Disziplin im Klassenzimmer zu tun hat eine Mischung aus Handwerkszeug und fundiertem Wissen ist, die mühsam in Ref und Lehramtsstudium erarbeitet werden muss. Wenn du Berufserfahrung hättest und ab und an Praktikanten zuschauen würdest, wüsstest du das.

Antworten