Umgang mit Schwangeren

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André aus E.
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Umgang mit Schwangeren

Beitrag von André aus E. »

Hallo liebe Mitforisten!

Aktueller Fall: Im Halbjahr haben wir eine neue Kollegin bekommen. Nun ist sie schwanger und geht ins Beschäftigungsverbot. Für mich (angesichts der Risikofaktoren in der GS) nachvollziebar und vernünftig.

Einige meiner Kolleginnen sehen das (hinter vorgehaltenen Hand) anders und wir hatten nach Bekanntgabe des Ausfalls ein ziemliches "Herumgehacke" auf der neuen Kollegin. Nach dem Motto: "Schwanger ist nicht krank."

Zur Info: Hier in Thüringen gibt es KEINE feste Vertretungsreserve (!), die in solchen Fällen einspringt. Der schwangerschaftsbedingte Ausfall lastet dann auch auf den Schultern der Kollegen.

Wie wird an eurer Schule mit schwangeren Kolleginnen umgegangen? Wird Rücksicht auf ihren Zustand genommen? Werden ausreichend Maßnahmen ergriffen, damit sie weiter ihrer Tätigkeit nachgehen können? Wie sieht es im Fall von Beschäftigungsverboten aus?

Viele Grüße,
André

krabappel
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Re: Umgang mit Schwangeren

Beitrag von krabappel »

Ich hab das noch nie als Problem wahrgenommen. Ich kenne es aber, dass darüber diskutiert wird, ob jemand tatsächlich krank ist, der "schon wieder" krankgeschrieben ist. Und dass es bestimmte Krankheiten gibt, die als ernster wahrgenommen werden (die, vor denen die meisten selber Angst haben, Krebs zum Beispiel) und andere (v.a. psychische Erkrankungen oder welche, von denen man nichts weiß) nicht "zählen".

Ich kann über sowas nur den Kopf schütteln. Wer meint, seine Arbeit nicht zu schaffen, weil jemand anderer fehlt, soll eine Überlastungsanzeige schreiben. Wer durch die zusätzliche Belastung selber erkrankt, muss sich selbst krankschreiben lassen. Für die Probleme im "System" eine einzelne Person verantwortlich zu machen macht sichs zu einfach und zerstört mehr, als ihm in diesem Moment klar ist. Und warum diese Frau ein Beschäftigungsverbot hat, weiß kein Kollege. Dies ist eine Entscheidung des Arztes, mehr geht niemanden was an.

Stark
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Re: Umgang mit Schwangeren

Beitrag von Stark »

Ich sehe das wie Krabappel. Meine Erfahrung ist auch die, dass das Kollegium häufig sogar positiver gestimmt ist, wenn irgendwann öffentlich ist, dass die Kollegin schwanger ist. Schwierige Schwangerschaften sind ja nun keine Seltenheit und bis jetzt haben die meisten Kollegen das besser nachvollziehen können als "unbegründetes" häufiges Fehlen.
(Dass man natürlich nicht verpflichtet ist, die Kollegen über die Gründe des eigenen Fehlens zu informieren, spielt natürlich für die Wahrnehmung der Kollgen und für die Stimmung im Kollegium keine Rolle).

Wichtig ist aber natürlich, dass die Schulleitung geschickt mit der Situation umgeht und die anfallende Arbeit so verteilt, dass keiner überlastet ist. Dazu gehört es auch, dass an anderer Stelle entsprechende Entlastungsmöglichkeiten geschaffen werden. Der PR kann dabei mitwirken.

ranii
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Re: Umgang mit Schwangeren

Beitrag von ranii »

Als ehemalige Schwanger musste ich mir in der Schwangerschaft auch die Sprüche anhören "Du bist ja nicht krank!". Das war mir auch klar und trotzdem habe ich bis zur ca. 16. SSW mit Übelkeit und Erbrechen gekämpft. Ich habe an manchen Tagen nur meinen Regelunterricht geschafft und bin bei jeder Mehrbelastung innerlich zusammengebrochen. Einmal hatte ich nach meinem Plan eine Freistunde und freute mich schon drauf, gleich erstmal was essen zu können und dann komme ich ins Lehrerzimmer und sehe -> Vertretung. Ich bin emotional zusammengebrochen und hab zum ersten Mal geweint. Meine Kollegen haben aber super reagiert und eine Vertretung für mich organisiert. Darauf bekam ich deutlich weniger Vertretungsstunden zugeteilt, weil ich auch im Gespräch mit dem Konrektor angedeutet habe, dass ich mit solcher Mehrbelastung ausfallen könnte.

Ich habe in der SS mich insgesamt nur 2 Tage wegen Schwangerschaftsbeschwerden krankschreiben lassen. Das war aber kein Problem. Dazu habe ich mich von Konferenzen und anderen Treffen, die nach meinem Regelunterricht stattfanden, von der Schulleitung entschuldigen lassen.

Im Kollegium habe ich die Schwangerschaft aber nicht als großes Problem wahrgenommen. Nach mir sind noch mehrere weitere Kolleginnen nun schwanger geworden, die im nächsten Schuljahr in Mutterschutz wechseln werden. Das wird freudig aufgenommen, denn wir brauchen ja die neue Generation und Kinder sind was wunderbares. Die Schulleitung sieht das natürlich mit einem gemischten Gefühl, denn sie muss die Stunden verteilen und Ausfälle kompensieren. In SH kann man zwar für Schwangere eine Vertretungsstelle ausschreiben, jedoch finden sich da nicht immer passende Leute gerade bei bestimmten Kombinationen. Der Markt hier oben ist leider sehr begrenzt! Beim der jetziegen Ausschreibung wurde zum Beispiel schon darauf geachtet entweder Männer oder ältere Frauen auszuwählen, deren Familienplanung bereits abgeschlossen ist. Wir haben halt ein sehr junges und schwangerschaftslastiges Kollegium.

Positiv empfand ich, dass nach Bekanntgabe der SS sofort keine Pausenaufsichten mehr geleistet werden musste. Ich bin jetzt sehr gespannt, wie es mit der Stillzeit wird. Ab geburt stehen ein gesetzlich 2 mal 30 Minuten Stillzeit am Arbeitsplatz zur Verfügung und das muss in irgendeiner Form von den Stunden abgezogen werden. Nach spätestens 3 gehaltenen Stunden muss mir eine Pause eingerichtet werden, damit ich abpumpen kann. Bin sehr gespannt, wie sie das hinbekommen!

MarlboroMan84
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Re: Umgang mit Schwangeren

Beitrag von MarlboroMan84 »

ranii hat geschrieben:Beim der jetziegen Ausschreibung wurde zum Beispiel schon darauf geachtet entweder Männer oder ältere Frauen auszuwählen, deren Familienplanung bereits abgeschlossen ist.
Verrätst du noch, welche Schule das ist?

Das ist ja interessant, wie offen und selbstbewusst hier massivste Diskriminierung und Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz kommuniziert werden.

Zusätzlich gegen das Beamtenstatusgesetz:

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

http://www.gesetze-im-internet.de/beamtstg/__9.html



Was kommt beim nächsten Mal? Werden dann keine Türkisch-Muttersprachler eingestellt, weil ihr habt ja schon zwei?

MarlboroMan84
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Re: Umgang mit Schwangeren

Beitrag von MarlboroMan84 »

ranii hat geschrieben: Darauf bekam ich deutlich weniger Vertretungsstunden zugeteilt, weil ich auch im Gespräch mit dem Konrektor angedeutet habe, dass ich mit solcher Mehrbelastung ausfallen könnte.
Das ist ja "nett", dass du immerhin weniger bekommen hast. Es ist widerrechtlich, dass du überhaupt Mehrarbeit machst.
ranii hat geschrieben:
Ich bin jetzt sehr gespannt, wie es mit der Stillzeit wird. Ab geburt stehen ein gesetzlich 2 mal 30 Minuten Stillzeit am Arbeitsplatz zur Verfügung und das muss in irgendeiner Form von den Stunden abgezogen werden. Nach spätestens 3 gehaltenen Stunden muss mir eine Pause eingerichtet werden, damit ich abpumpen kann. Bin sehr gespannt, wie sie das hinbekommen!

Wieso muss das von den Stunden abgezogen werden? Du wirst für die Zeit ausgeplant & vertreten, es dürfen dir dadurch keine Minusstunden entstehen. Auch das ist festgelegt.

nrw31
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Re: Umgang mit Schwangeren

Beitrag von nrw31 »

André aus E. hat geschrieben:Nun ist sie schwanger und geht ins Beschäftigungsverbot. Für mich (angesichts der Risikofaktoren in der GS) nachvollziebar und vernünftig.

Einige meiner Kolleginnen sehen das (hinter vorgehaltenen Hand) anders und wir hatten nach Bekanntgabe des Ausfalls ein ziemliches "Herumgehacke" auf der neuen Kollegin. Nach dem Motto: "Schwanger ist nicht krank."
Hier wird oft etwas missverstanden:

Das Beschäftigungsverbot ist gar keine Krankschreibung, sondern zum Schutz von Mutter und ungeborenem Kind wird das Beschäftigungsverbot erlassen, hierdurch soll Erkrankungen/Komplikationen vorgebeugt werden, indem z.B. der Kontakt mit potentiell infektiösen Personen, gefährlichen Stoffen, psychisch belastenden Situationen etc. vermieden wird. Der Arzt hat hier einen Ermessensspielraum, darf aber nicht willkürlich handeln. Im Schuldienst wird es aber in der Regel immer auch einer externen Überprüfung standhaltende medizinische Argumente für ein länger- und langfristiges Beschäftigungsverbot im individuellen Fall geben.

Eine Schwangere im Beschäftigungsverbot ist also keineswegs Krank, darf aber aus nachvollziehbaren Gründen nicht arbeiten, was zum Schutze von Mutter und Kind geboten ist...

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