Verkürzung Referendariat

Grundsätzliche Fragen zum Referendariat können hier gestellt werden
chilipaprika
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Re: Verkürzung Referendariat

Beitrag von chilipaprika »

von mir aus: ganz klares NEIN!

12 Monate sind der Wahnsinn. Du würdest auch kaum unterrichten, da du jetzt erst Mitte Mai überhaupt in die Schule kommst, dann 2 Monate vorrangig hospitierst und Teilabschnitte / -reihen übernimmst, aber keine eigene Klasse hast, dann im 1. Halbjahr nächstes Schuljahr eigenständig unterrichtest, in Februar / März deine Prüfung ablegst.
Die Refs, die turnusmässig in Februar / März ihre Prüfung machen, müssen bis ca. Dezember ihre 10 UBs gemacht haben. Selbst wenn man dir bis Ende Januar zugestehen würde: das ist ein Wahnsinnstempo. Machbar, klar, ich hatte in Niedersachsen mehr als 30 UBs in 14 Monaten (danach Examenszeitraum). Aber: die Prüfer und Fachleiter werden immer das Selbe in den UBs abwarten, wie bei den Anderen, die mehr Zeit haben. Auch deine Schulleitung, deren Gutachten einen Viertel (oder?) deiner Gesamtnote ausmacht (!!), hat viel weniger Zeit, dich als Lehrperson und Teil des Kollegiums zu sehen.

Wenn du tatsächlich so gut bist, dass du verkürzen könntest, dann geniess doch, dass du ein bisschen mehr Freizeit hast als Andere. Engagier dich mehr in der Schule. Mach noch bessere UBs und Unterrichtsreihen. Nutze die doch perfekte Zeit, um Fehler zu machen und daraus zu lernen.

Mit deiner Fächerkombi bekommst du auch 6 Monate später eine Stelle und wenn du nicht gerade knapp an der Verbeamtungsgrenze bist: klares Nein.

chili

Katta
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Re: Verkürzung Referendariat

Beitrag von Katta »

Ich würde auch davon abraten. Ich finde die 18 Monate so schon wahnsinnig kurz, vor allem für die, die im Mai anfangen. Bis ihr mal ans Unterrichten kommt, dauert das doch ne Weile, denn der halbe Mai fällt wegen der ganzen Feiertage und Abitur eh aus, das führt zu zeitlichen Engpässen in der Klausur-/Klassenarbeitsplanung, so dass viele Lehrer da einen totalen Anfänger ungern kleine Einheiten, geschweige denn Reihen unterrichten lassen, und dann ist das Schuljahr schon fast rum - gut, dieses Jahr ist es ein klitzekleines bisschen besser als letztes Jahr, weil fast der ganze Juni zur Verfügung steht. Und bis ihr wirklich in den Klassen steht, ist eh frühestens Mitte Mai, da ihr ja vorher auch bei den Fahrtleitern hospitiert usw. D.h. ihr habt kaum Rückmeldungen bekommen und geht sofort in den bdU mit voller Verantwortung. Natürlich hat der auch seine Vorteile. Birgt aber auch die Gefahr, dass sich Fehler einschleichen, die man dann so schnell nicht mehr los wird. Man hat eigentlich kaum Plan von wirklich gezielter, langfristiger Unterrichtsplanung, muss aber trotzdem sofort funktionieren - und wie gesagt, die FL haben ihre Anforderungen an die Lehrproben nicht wirklich herunter geschraubt.
Im Prinzip muss man es unter diesen Bedingungen einfach schon sofort können - oder extrem schnell lernen können, was schwierig ist, weil alles, was am Unterrichten hängt, so extrem komplex ist und man als Ref auch echt genug damit zu tun, die emotionalen Aspekte zu verarbeiten und den Rollenwechsel hinzukriegen. Um zu lernen, braucht man zum einen die Zeit, Dinge "sacken zu lassen" und zum anderen auch Übung und Wiederholung - und dafür braucht man externe Rückmeldungen (das geht nicht nur durch Ausbildungslehrer - und natürlich gibt es auch einige, die einem da auch nicht helfen können - aber auch dafür braucht man Zeit, bis man weiß, von welchem Ausbildungslehrer man was erwarten kann -- ich empfehle hier übrigens immer auch ein Hospitationssystem mit den Refs an der Schule einzuführen, d.h. ihr besucht euch gegenseitig im bdU, also am besten eine Stunde zum Hospitieren bei einem anderen Ref fest in den Stundenplan eintragen, und achtet z.B. auf die Aspekte, die die Fachleiter besonders moniert haben).

Nachtrag: Offensichtlich rede ich hier für Gym/GE, das kann an Grundschulen/Sek I Schulen etwas besser sein mit der Hospitationsphase vor dem Sommer. Am Gym kannst du das eigentlich vergessen...

Nachtrag 2: Den thread, den du zitiert hast, mit erfolgreichen Beispielen von Verkürzungen, ist ja mehrere Jahre alt, das waren andere Bedingungen, da wurde meistens auf eben 18 Monate verkürzt, sehr selten auf 12...

KleemensH
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Re: Verkürzung Referendariat

Beitrag von KleemensH »

Wow, danke für die schnellen Rückmeldungen. Das ist schön, dass ihr so aktiv seit.
Ja, also ich hätte wenig mit dem Abi-Stress am Hut. Bin an ner Förderschule GG, aber habt beide recht, der Mai ist so zusagen Hospitationsmonat, dann Juni und Anfang Juli fürs Unterrichten. Es ist ziemlich sicher, dass ich dann auch schon vor der Klasse stehen werde. Wurde jedenfalls in den ersten Gesprächen mit der Schulleitung so besprochen. Klar eine umfangreiche U-Reihe werde ich erst für den August planen.

Aber das ist eben etwas, was ich in den letzten 2 Jahren auch schon richtig viel gemacht habe. Hatte zusammen mit anderen eine Klasse und habe im Laufe der Zeit ganz eigenständig U-Reihen geplant und durchgeführt. Sachunterricht, Mathe, Musik, Textil, Biologie, verschiedenste Klassenstufen. Das wäre dann auch nicht mehr so viel Neues für mich.

@ 'chillipaprika': das ist schon wahr, es gab eben weniger Feedback, weil ich nicht in allen Stunden jemanden dabei hatte, der schaut und korrigiert. Aber auch das kam vor, bei zeitweiser Doppelbesetzung (Förderschule eben). Teilweise habe ich an der Uni auch über die Unterrichts-Reihen geschrieben, weil ich noch eingeschrieben war. Kam immer gut an, was ich so gemacht habe.
~~~~ Handle so, dass du wollen kannst, dass die Maxime deines Handelns zu einem allgemeinen Gesetz werden kann! ~~~~

Katta
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Re: Verkürzung Referendariat

Beitrag von Katta »

Anfang Juli ist eine Woche, in der erfahrungsgemäß kaum noch "richtiger" Unterricht passiert (bei uns z.B. liegen da der zentrale Termin für den Ausflug, das Sportfest, Bücherrückgabe und dann ist die Woche schon fast rum ;-) ).
Du musst die Entscheidung doch eh nicht sofort fällen. Warte dann die ersten Unterrichtsbesuche und das EPG und das Feedback der Fachleiter ab, gucke dir an, als wie stressig du das dann doch empfindest, ob du wirklich so gut klar kommst. Alltagsunterricht und Unterrichtsbesuche können sehr weit auseinander liegen - Ausbildungslehrer gucken oft deutlich mehr auf Klassenmanagement und weniger stark auf Lernzielerreichung, bei letzterem liegt der Fokus der Fachleiter; das soll nicht heißen, dass Fachlehrer da nicht drauf achten, ich selber z.B. bin aber im Alltag deutlich entspannter, was Lernziele angeht, wenn die Umstände es eben erfordern, schmeiße ich die Stunde oder die Reihe um bzw. lasse mir einfach mehr Zeit und passe dann ggf. die Klassenarbeit an (sprich, ich habe natürlich die Reihenziele im Kopf und plane entsprechende Einheiten, ob die aber 45 Minuten oder 60 oder 80 oder 120 Minuten dauern, habe ich zwar grob im Kopf, bin da aber einfach flexibel). Diese Flexibilität hast du im Ref nicht unbedingt - deswegen heißt "kam immer gut an" nicht automatisch, dass das den Ansprüchen an das Referendariat und der Fachleiter genügt. Das heißt nicht, dass die Fachleiter unmenschliche, völlig alltagsuntaugliche Dinge verlangen, sondern dass es im Ref darum geht, Stunden und Unterrichtsplanung vollkommen zu durchdringen, es bis ins kleinste zu durchdenken, um Dinge davon dann hoffentlich zu verinnerlichen und auf der Basis dann später schneller, fundierte Entscheidungen für den Alltag treffen zu können.

Deswegen: gucke dir die ersten Unterrichtsbesuche und das EPG an (schreibe einfach spaßeshalber volle Unterrichtsentwürfe, um rauszufinden, wie du damit klar kommst, wie viel Stress dir das macht oder eben nicht - normalerweise wollen die anfangs nur einen kommentierten Verlaufsplan), sprich mit den Fachleitern und entscheide dann.

KleemensH
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Re: Verkürzung Referendariat

Beitrag von KleemensH »

Katta schrieb:
Deswegen: gucke dir die ersten Unterrichtsbesuche und das EPG an (schreibe einfach spaßeshalber volle Unterrichtsentwürfe, um rauszufinden, wie du damit klar kommst, wie viel Stress dir das macht oder eben nicht - normalerweise wollen die anfangs nur einen kommentierten Verlaufsplan), sprich mit den Fachleitern und entscheide dann.
Danke für den Tipp!

Das werde ich auf jeden Fall machen und dann vielleicht zusätzlich ein "Coaching" wahrnehmen. Danach werde ich auf jeden Fall meine Entscheidung hier im Forum kundtun! :)
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Krambambuli
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Re: Verkürzung Referendariat

Beitrag von Krambambuli »

Ich möchte auch gerne noch eben meinen Senf dazugeben... ;-)

Ich habe auch vorm Ref 2 Jahre als Vertretungslehrerin (NRW) gearbeitet, hatte eigene Klassen, habe Arbeiten geschrieben und korrigiert, Unterrichtsreihen durchgeführt und hatte sogar mehrmals die Gelegenheit bei der Referendarin an der Schule mit in UBs - in meinem Fach - zu gehen.
Ich dachte ich weiß was auf mich zukommt.
Ich wollte also auch verkürzen und bin auf große Ablehnung gestoßen, alle haben mir davon abgeraten und ich war fast beleidigt und konnte das nicht verstehen.

Hinterher weiß ich jetzt dass das der totale Wahnsinn gewesen wäre und würde selber jedem davon abraten. Das Ref ist einfach nicht mit einer Vertretungslehrertätigkeit zu vergleichen.
Ich glaube sogar, dass die Vertretungslehrersache mir im Ref nicht unbedingt weitergeholfen hat - wenn nicht sogar geschadet hat. Alles was ich vorher glaubte zu können oder gelernt zu haben, wurde nicht gerne gesehen, ich musste alles über den Haufen werfen und von vorne anfangen.

Von der Unterrichtsplanung, die auf einmal völlig anders aussehen soll als vorher, und völlig andere Anforderungen erfüllen soll, mal abgesehen.
Ebenso von den UBs, den ständigen Auseinandersetzungen mit den Wünschen der Mentoren und Fachleiter.

Es ist sehr, sehr viel Arbeit, auch in 18 Monaten. Tu es dir einfach nicht an zu verkürzen ;-)

KleemensH
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Re: Verkürzung Referendariat

Beitrag von KleemensH »

Krambambuli hat geschrieben:Ich möchte auch gerne noch eben meinen Senf dazugeben... ;-)
...
Es ist sehr, sehr viel Arbeit, auch in 18 Monaten. Tu es dir einfach nicht an zu verkürzen ;-)
Die Punkte, die Krambambuli genannt hat kann ich alle bestätigen und hatte zeitweise auch damit zu kämpfen.

Danke für die Antworten, sie haben mich zum Nachdenken angeregt und mir meinen Entschluss nicht gerade leicht gemacht. Aber trotz der weniger aufmunternden Worte hier im Forum habe ich verkürzt!

Zu der Entscheidung haben hauptsächlich die ersten Seminarsitzungen mit den Fachleitern beigetragen, die fast alle sooooo extrem langweilig waren und mich nicht viel weiter gebracht haben. Es war eine Wiederholung des Uni-Stoffs mit eigener Interpretation der Fachleiter! Zudem und das war mit das schlimmste an der Sache, Null-Toleranz gegenüber anderen Auslegungen. Jeder Fachleiter hat sein eigenes Ding gemacht und dieses auch von den Referendaren eingefordert! Teilweise wenn diese Anforderungen gegensätzliche und wann nicht zu vereinbaren!!!

Ich bin richtig froh und stolz, dass ich es geschafft habe das Ref in 12 Monaten hinter mich zu bringen.

Es ist auf jeden Fall alles andere als einfach gewesen.
Es gab einige Hindernisse:
Ich habe Zeit zur Eingewöhnung in der Schule und im ZfsL gebraucht, die Termine​ (der U-Besuche und der Schule) zu koordinieren war extrem anstrengend, hatte nur bis Januar Zeit alle U-Besuche zu machen (Mai-Januar =~9 Monate, minus Ferien Zeiten...) und dann hatte ich die Prüfung im März, also gerade einmal 8 Wochen nach dem letzten UB.

Aber es ist geschafft, klar die Note hätte mir einem halben Jahr mehr Zeit besser aussehen können, wer weiß... Ich bin so glücklich und zufrieden mit dem Entschluss und das Unterrichten ist so viel schöner, als vorher als Vertretungslehrer und so viel angenehmer als noch im Ref! Jetzt habe ich eine feste Stelle an meiner Ausbildungsschule! Alles ist gut gelaufen!
~~~~ Handle so, dass du wollen kannst, dass die Maxime deines Handelns zu einem allgemeinen Gesetz werden kann! ~~~~

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