Sind Lehramtabsolventen nicht mobil?

[Manne87]

Hi,


ich möchte gerne wissen, warum andere Lehramtsabsolventen scheinbar recht immobil sind. Ich kann leider keine konkrete Quelle mehr angeben, glaube aber mich zu erinnern, dass rund 2/3 der Lehramtsabsolventen nicht bereit wären für einen Job ihr Bundesland zu wechseln. Bei Absolventen anderer Studiengänge waren es dagegen nur 1/3. (muss schon über 1 Jahr her sein, dass ich das gelesen habe).

Gerade mit reinen Sprach-/Gesellschafts- und reinen Kurzfachkombis findet man in einigen Ländern ja kaum noch Stellen. Und was ich aus meinem Seminar mitbekommen haben waren viele doch relativ ortsgebunden (am liebsten alle nur in Hannover bleiben ).


Sind frische Lehramtsabsolventen tatsächlich so immobil? Falls ja: Warum unterscheiden sie sich hier so sehr von anderen Akademikern? Ist es Selbstselektion (sehr viele Leute mit einer bestimmten Geisteshaltung - "Bequemlichkeit" - möchten Lehrer sein )?

Wer nicht gerade ein MINT-Fach studiert (außer Bio), hat ja realistisch kaum noch Optionen außer im großen Stil mobil zu sein.

[Winya]

Da werden schon wieder Äpfel mit BIrnen verglichen. Klar gibt es in ANDEREN Studiengängen auch andere Bedingungen. Wenn ich jetzt Wasserwirtschaft oder was weiß ich studiere, dann informiere ich mich vorher, wo ich mit dem Abschluss arbeiten kann. Oftmals kommt man dann zu dem Schluß, dass man einen Ortswechsel in Kauf nehmen muss. Als Lehrer hat man aber eine breite Auswahl an Betrieben, sprich Schulen, direkt vor der Tür oder im näheren Umfeld. Warum also sollte man wegziehen wollen? Nur weil man sagt, dass man das Bundesland nicht wechseln will, um eine Stelle zu bekommen, heißt das noch lange nicht, dass man es im Ernstfall nicht tun würde. Von den ganzen regionalen Unterschieden mal abgesehen. Lehrer ist ja noch lange nicht gleich Lehrer, um von Lehramtsstudium, Schulformen und Fachprofilen mal ganz zu schweigen. (Ein Hoch auf den Föderalismus!)

BTW: Wo ist denn dein Problem dabei? Lass die Leute doch machen. Mehr Stellenauswahl für dich, wenn du doch so viel mobiler bist?

lg

[donaldinho]

ich würde nicht sagen, dass die Bereitschaft niedriger ist!? aus meinem Jahrgang sind eigentlich alle, die nicht im ersten Anlauf neun refplatz bekommen haben, aus Sachsen wegmigriert.

jetzt im Seminar sieht es zum teil anders aus. liegt aber auch am langsam fortgeschrittenen alter und vor allem am Familienstatus.
kann durchaus nachvollziehen dass jemand mit gut laufender Beziehung und Kind die Zelte nicht unbedingt abbrechen und das alles aufgeben möchte.
auch wenn es heutzutage immer gepredigt wird - Arbeit ist nicht immer das wichtigste.

da bin ich froh relativ ungebunden zu sein da ich in der tat keine Muße habe mich für die an Privatschulen ubliche Aufwandsentschädigung hinzustellen oder gar wie die letzten Jahre mit allerlei Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten.

aber die Entscheidung obliegt jedem selbst und ortsgebundenheit muss nicht immer auf reine Bequemlichkeit zurückzuführen sein!

[Lysander]

Als Lehramtsabsolvent ist man bereits während der Ausbildung (Ref.) dazu gezwungen gewesen mobil zu sein. Sei es, dass man seinen Wunschort nicht bekam, sei es, dass man wie in Bayern durchs ganze Land geschickt wird.

Und wer will es einem verdenken, dass man am liebsten dort arbeitet, wo man sein soziales Umfeld hat und seinen Lebensmittelpunkt hat? Der Vergleich zur freien Wirtschaft hinkt da auch mangels objektiver Vergleichbarkeit. Wie viele Menschen machen keine Karriere oder arbeiten in lokalen Unternehmen, weil sie nicht aus ihrer Region weg möchten?

Die Stammtischparolen mit Bequemlichkeit und Geisteshaltung weise ich stellvertretend für unseren Berufsstand zurück. Hier wird nämlich oft von den Privilegien aus auf die angebliche Geisteshaltung geschlossen und nicht umgekehrt.

Wenn jemand lange genug keine Stelle in seinem Umfeld findet, wird er - ganz gleich welchen Beruf er gelernt hat - sich überlegen müssen, wovon er leben möchte. Und wenn der Leidensdruck groß genug ist, wird man auch einen Umzug in Kauf nehmen.

[Namila]

Meine Kommilitonen haben mich irritiert angeguckt, weil ich aus Bundesland A komme, in Bundesland B studierte, in Bundesland C ein Praktikum machte und nun in Bundesland D das Referendariat absolviere.

Die Regel scheint zu sein: Man studiert an der nächstbesten Uni und will im selben Bundesland bleiben oder man kommt von woanders und möchte später wieder genau dorthin zurück. Ich finde das nicht schlimm und auch aufgrund sozialer Bindungen nachvollziehbar.

Dass so viele unbedingt an ihre alte Schule zurück wollen und eine Welt zusammenbricht, wenn dies im Ref nicht klappt, werde ich allerdings nie verstehen. Ist doch eine gute Erfahrung und persönliche Bereicherung, über den Tellerrand zu schauen und etwas anderes kennen zu lernen.

[Julze]

Ich fange jetzt im Februar mein Ref an und muss zum Glück nicht, wie viele andere, umziehen. Natürlich kann man einen Umzug und eine unbekannte Schule auch als Bereicherung betrachten. Ich bin aber doch froh, in der Nähe bleiben zu dürfen, da mir dann die Rückzahlung meines Studienkredits leichter fällt.

Ich würde auch nach dem Ref auch nicht unbedingt in ein anderes BL ziehen wollen. Dafür würde ich mich dann in ganz BW einsetzen lassen oder in BY, falls möglich. Allerdings habe ich auch ein Mangelfach und eine pädagogische Zusatzausbildung, denke also, dass sich sicherlich die eine oder andere Stelle finden lässt.

Bei mir hat aber auch das nichts mit Bequemlichkeit zu tun, sondern damit, dass mein Partner vor Ort ein Haus gekauft und nen unbefristeten Vertrag in einer Firma hat, in der er sehr gut verdient. Wenn ich in ein anderes BL ziehen würde, müsste er seine Stelle ja aufgeben. Und im selben BL könnte ich immerhin noch eine Fernbeziehung führen und mich dann nach ein paar Jahren wegversetzen lassen.

[Illi-Noize]

Dass so viele unbedingt an ihre alte Schule zurück wollen und eine Welt zusammenbricht, wenn dies im Ref nicht klappt, werde ich allerdings nie verstehen. Ist doch eine gute Erfahrung und persönliche Bereicherung, über den Tellerrand zu schauen und etwas anderes kennen zu lernen.

Evtl. haben diese Leute auch ein wenig Angst und hoffen, da sie ja ihre alte Schulen zu kennen glauben, dass dort alles leichter ist. Ich habe damals mein erstes Praktikum an meiner Abitur-Schule gemacht, das war schon fein - war danach aber nur noch an "fremden" Schulen.