Ist zu viel Unterstützung im Ref hilfreich?

Grundsätzliche Fragen zum Referendariat können hier gestellt werden
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jelo
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Ist zu viel Unterstützung im Ref hilfreich?

Beitrag von jelo »

Hallo,
falls sich noch jemand erinnert: Vor einigen Monaten habe ich (ich bin eine böse "Nur-Mutter") einen Thread eröffnet, in dem ich mich darüber beschwert habe, dass eine Referendarin meines Kindes ihr Examen nicht bestanden hat, obwohl diese Lehrerin bei Kollegen und Schülern gleichermaßen anerkannt war und die Schüler bei ihr eindeutig viel gelernt haben, Spaß am Fach hatten (es ging immerhin um Mathe...) und sie sich gut in der Klasse durchsetzen konnte.

Da hieß es, das sei ja alles schön und gut, aber noch lange nicht ausreichend, um ein guter Lehrer zu sein.

Nun hat die Klasse eine Referendarin (gleiches Fach) erwischt, der die Unfähigkeit (ich muss das mal so drastisch sagen) schon ins Gesicht geschrieben steht. Abgesehen davon, dass sie (kinderlos, soweit ich weiß) regelmäßig für ein paar Tage krank ist (zufällig dann, wenn ein Unterrichtsbesuch ansteht), kann die Lehrerin sich nicht durchsetzen. Anfangs dachte man noch, es handele sich um Eingewöhnungsschwierigkeiten und die Schüler wollten halt mal ihre Grenzen austesten. Nach einem halben Jahr ist dieser Prozess offenbar noch nicht abgeschlossen, jedenfalls wird munter weiter getestet und die Lehrerin scheint hilflos. Die Klassenlehrerin muss die Kinder wohl immer vor den Mathestunden ermahnen, doch bitte (oder: gefälligst) ruhig zu sein und mitzuarbeiten.

Außerdem verstehen die Schüler (mein Kind hat eigentlich immer eine 2 in dem Fach) kein Wort von dem, was die Lehrerin erklärt. Und zwar chronisch, seitdem die Lehrerin dort unterrichtet. Sie hinken im Stoff hinterher (ich bin eigentlich nicht jemand, der darauf großartig achten würde), sie bekommt es nicht hin, mal eine Klassenarbeit schreiben zu lassen oder wenigstens anzukündigen. Statt dessen werden an ausdrücklich hausaufgabenfreien Tagen (Ganztag) Hausarbeiten aufgegeben, es werden Hausaufgabenkontrollen geschrieben über ein neues Thema, sodass die Schüler, wenn sie etwas nicht verstanden haben, keine Chance haben, nachzufragen.

Naja, das ist alles weniger schön, aber der Hammer (also, ich finde das einen Hammer - oder ist das so üblich???) kommt noch: Betreut wird diese Lehrerin ja von einer sehr netten berufserfahrenen Kollegin. Und nun hat diese Lehrerin vor dem letzten Unterrichtsbesuch den Kindern erst mal den Stoff erklärt, den die Referendarin eigentlich in ihrer Vorführstunde einführen sollte, weil eben bekannt war, dass die Referendarin nicht erklären kann. Die Lehrerin hat also in der Mathestunde davor alles schön erklärt und den Kindern dann gesagt: "Wenn nun der Direktor und die anderen Besucher kommen und Frau XY euch den Stoff erklärt, dann dürft ihr nicht sagen: 'Aber das hat uns doch schon Frau ABC erklärt!' Ihr müsst dann so tun, als würdet ihr das, was Frau Referendarin euch erklärt, zum ersten Mal hören".

Nun kann man noch sagen, dass das eine furchtbar nette Geste der erfahrenen Lehrerin war. Aber irgendwie frag ich mich: Kann es denn ernsthaft sein, dass so jemand sein Examen besteht? Wieso darf diese Kandidatin das komplette Referendariat ableisten und ihre Unfähigkeit an den Schülern auslassen? Kann man da nicht vorher einschreiten? Wäre es nicht besser für alle Beteiligten gewesen, man hätte den Unterrichtsbesuch so richtig "schön" verhauen?

Aus "böse-Mutter-Sicht" muss ich noch hinzufügen, dass ich mir langsam Gedanken mache, ob die Kinder nicht allzuviel Stoff verpassen. Ich musste mich bisher nie (und mein ältestes Kind ist bald mit der Schule fertig) um fachliche Fragen kümmern und es war mir immer fast "egal", ob die Parallelklasse nun drei Seiten weiter im Lehrbuch war oder ob die Vorbereitung für die Oberschule wirklich gut ist; ich hab den Lehrern einfach vertraut - zu Recht, wie es sich gezeigt hat. Aber nun ist mein Vertrauen dahin. Ich hab das Gefühl, die Kinder sind hier wirklich nur Versuchskaninchen und Statisten.

Kann man sich da bei der betreuenden Lehrerin beschweren? Das wäre vermutlich eher "unsozial" der Referendarin gegenüber. Aber wo ist denn da die Grenze dessen, was den Schülern an Unfähigkeit zugemutet werden kann? Und wieso wird nicht im Unterrichtsbesuch das ganze Drama gezeigt?

Vor allem irritiert mich das, wenn ich das mit der Referendarin vergleiche, die sie vorher hatten und bei der wirklich alles "geflutscht" ist.

krabappel
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Re: Ist zu viel Unterstützung im Ref hilfreich?

Beitrag von krabappel »

jelo hat geschrieben: Kann man sich da bei der betreuenden Lehrerin beschweren? Das wäre vermutlich eher "unsozial" der Referendarin gegenüber.
Hallo besorgte Mutter,

Ich lasse jetzt mal die lange Beschwerde außer Acht, da ich weder die Referendarin kenne, noch die Wahrscheinlichkeit, ob sie ihr Examen besteht.

Zur konkreten Frage: Sprich doch mit der Mentorin, warum nicht? Unsozial wäre eher, deinem Kind zu vermitteln, dass die Referendarin wirklich dumm und unfähig ist und ihm die Zukunft verbaut- das halte ich nämlich für Quatsch. Gerade wenn es auf 2 steht, wird es nicht plötzlich zum Schulversager durch (zumindest für dein Kind) schlechtes Erklären.
Auf jeden Fall wird es den Stand der Referendarin garantiert nicht stärken, wenn die Eltern ihren Kindern (indirekt) vermitteln, dass es okay ist, wenn sie Rabatz im Unterricht machen, weil die Frau ja wirklich unfähig ist.

Letztlich zeigt auch die Thread-Überschrift, dass du dich darüber ärgerst, dass die Mentorin der Referendarin zu viel Arbeit abnimmt- insofern wäre die Kritik an der Mentorin gerechtfertigt.

Wenn dir daran gelegen ist, dass die Referendarin weiterkommt, versuche mit IHR zu sprechen- von außen zu beurteilen, dass jemand völlig versagt und ihm das Nichtbestehen des Examens zu wünschen, das halte ich für unsozial- nicht aber, das Gespräch zu suchen.

jelo
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Re: Ist zu viel Unterstützung im Ref hilfreich?

Beitrag von jelo »

Hallo,
die Tatsache, dass viele Schüler der Referendarin das Leben nicht gerade leichter machen, gefällt mir auch nicht - falls das so angekommen ist. Von meinem Kind weiß ich, dass es genauso genervt von den Störenfrieden ist wie einige andere. Das Kind ärgert sich einfach, dass es nichts mitbekommt, weil es so laut ist - davon mal abgesehen, dass der Unterricht wohl wirklich schlecht sein soll und die Kinder ohnehin Schwierigkeiten haben, dem zu folgen. Es ist wohl eine handvoll Kinder, die sich besonders cool vorkommen, wenn sie stören. Und die wiederum stecken dann andere Schüler mit dieser Unruhe an.

Dennoch glaube ich, dass das nicht das Hauptproblem dieser Lehrerin ist. Und das wiederum ist mein Problem. In meinem anderen Thread wurde nicht anerkannt, dass Schüler selbst (mit!)definieren möchten, was guter Unterricht ist. Da hieß es mehrheitlich, das stehe ihnen nicht zu. Und nun müssen sie Unterricht ertragen, der wirklich schlecht ist und unter dem sie "leiden". Dürfen sie da immer noch nicht mitreden - vielleicht ist das eine unglückliche Form von an sich gerechtfertigtem Protest, wenn sie im Unterricht Mist machen und selbst die eigentlich lieben Schüler solche Sachen sagen wie: "Hoffentlich besteht Frau Ref die Prüfung nicht!"? Vielleicht klingt das brutal, aber womöglich ist dieser Wunsch sogar berechtigt? Natürlich erkläre ich meinem eigenen Kind, dass es sein Bestes geben möge, usw. Aber vielleicht verstehen die Kinder mehr von gutem / schlechtem Unterricht, als wir Erwachsenen (Lehrer und Eltern) uns das vorstellen können? Wer, wenn nicht die Schüler, erkennt denn, was guter Unterricht ist? (Es handelt sich ja nicht um eine Problemschule im Problemkiez mit "Problemkindern", sondern um eine Schule mit fast ausschließlich gut geförderten und gut erzogenen Kindern.)

Und nun zu meinem persönlichen Problem: An wen soll ich mich denn nun wenden? Habe ich überhaupt einen Anspruch darauf, mir anzumaßen, dass ich den Unterricht der Referendarin grottenschlecht finde? Dürfte ich dort hospitieren? Wenn ich der Ref (natürlich etwas vorsichtiger als hier im Forum) andeute, dass zumindest mein Kind ein Problem hat - verunsichert das die Dame, die sicher ihr Bestes gibt, nicht noch mehr? Müsste ich mich nicht also an die Mentorin wenden? Aber die würde dann auch nur sagen: "Zuständig für den Unterricht ist Frau Ref". Und dann wären wir wieder an dem Punkt, an dem man feststellen muss: Unsere Kinder sind eben doch nur Versuchskaninchen...

krabappel
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Re: Ist zu viel Unterstützung im Ref hilfreich?

Beitrag von krabappel »

jelo hat geschrieben:Aber vielleicht verstehen die Kinder mehr von gutem / schlechtem Unterricht, als wir Erwachsenen
Das mag schon sein, aber wenn du deinem Kind soviel Kompetenz zusprichst, den Unterricht zu beurteilen, musst du ihm auch die Kompetenz zusprechen, damit klarzukommen. Letztlich hat dein Kind das Problem mit ihr und muss mit seiner Klassenlehrerin sprechen, wenn es sich Sorgen um seine Zukunft macht. Wenn du aber diejenige bist, die sich Sorgen macht, dann musst du mit der Klassenlehrerin sprechen- wie bereits erläutert.

Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst? sollen hier alle zustimmen und sagen, "ja, FrauRef ist eine ganz schlechte und die Schüler sind ganz arme?"
jelo hat geschrieben: Unsere Kinder sind eben doch nur Versuchskaninchen...
ja, das ist schon traurig :wink: Aber auch Chirurgen müssen irgendwann die erste Naht setzen und Maler die erste Wand streichen. Warte mal ab, bis dein Kind seine ersten Wochen in Lehre/ Uni absolvieren muss :D
Die Gute hat ja noch etwas Zeit, sich in ihrer Rolle zurecht zu finden. Und ich bin sicher, dass nicht alles schlecht ist, was sie macht, ansonsten sagen ihr das ihre Ausbilder schon rechtzeitig.

jelo
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Re: Ist zu viel Unterstützung im Ref hilfreich?

Beitrag von jelo »

Es geht mir eigentlich weniger darum, die Lehrerin schlecht zu machen. Es geht mir darum, dass ich mich frage, ob es sinnvoll ist, einen - offensichtlich - nicht besonders geeigneten Referendaren so sehr zu unterstützen, dass die Schüler sozusagen manipuliert werden müssen, damit halbwegs normaler Unterricht überhaupt möglich ist.

Normalerweise erwarte ich, dass ein Ref, der bereits seit einem halben Jahr täglich unterrichtet, von selbst seine Klasse im Griff hat oder sich selbst überlegt, wie er das Problem löst (erst recht, wenn bekannt ist, dass die Klasse eigentlich "ganz lieb" ist und man davon ausgehen kann, dass dort niemand wirklich bösartig ist). Und ich erwarte, dass der Referendar authentische Vorführstunden leistet, in denen er zeigt, was er kann (und was er nicht kann). Ich erwarte ausdrücklich nicht, dass die Frage (und um die geht es ja im Examen), ob der Lehrer guten Unterricht abhalten kann, gar nicht beantwortet werden kann, wenn man ihn so derartig unterstützen muss. Und mich ärgert, dass somit die Verantwortung für die Beantwortung dieser Frage auf die Schüler übertragen wird ("wenn Ihr artig seid und wir ein bisschen schummeln, wird Frau Ref bestimmt ihre Prüfung bestehen").

lavinia21
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Re: Ist zu viel Unterstützung im Ref hilfreich?

Beitrag von lavinia21 »

Nein, es ist nicht normal, dass eine Referendarin nach 6 Monaten die Klasse im Griff hat. Sie sollte es halbwegs können, aber es gibt eben auch Menschen, die dafür länger benötigen. In jedem anderen Job wird man langsam an die Sache herangeführt und bekommt als Berufsanfänger und nicht High-Potencial eher Aufgaben, bei denen man wenig Schaden anrichten kann. In der Schule geht das nicht - da heißt es "Augen zu und durch".

Stell dir vor du müsstest täglich 20 x dein Kind + einige Rabauken für 4-6 h zähmen, ohne sie durch Spiele, TV, Radfahren usw. ablenken bzw. auspowern zu kön nen, sondern ihnen vielmehr noch Dinge abverlangen, zu denen 1 Teil keine Lust hat, ein Teil aus diversen Gründen nicht in der Lage ist und der letzte Teil es als langweilig findet, weil er es schon kann oder sich gestört fühlt.

Es mag Klassen und erfahren Lehrer geben, die einen Haufen Grundschüler problemlos ruhig halten. Es gibt aber auch genügend Klassen, die über Tische und Bänke gehen und ja, gerade in der GS und in der Unterstufe gibt es Stunden, die von der Energiebilanz her locker mit einer Stunde Kinderturnen oder "Räuber spielen" mithalten können.

Wenn du Angst um die Leistungen deines Kindes hast, dann lerne mit ihm zu Hause. Klar, ist nicht primär deine Aufgabe, aber als besorgter Elternteil sollte man dies kommentarlos tun. Zudem finde ich es immer etwas gewagt, die Sicht des Kindes als eine Objektive zu betrachen. Ich denke jeder Lehrer weiß, was herauskommt, wenn eine Nachricht von Lehrer > Schüler > Eltern > Lehrer > Eltern > Schüler > Lehrer übermittelt wird .... da könnte man teilweise Fantasy-Romane schreiben.
LG

Freidenker
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Re: Ist zu viel Unterstützung im Ref hilfreich?

Beitrag von Freidenker »

Und nicht die Nachrichten der Tratsch-Mütter-Mafia vergessen ! 8)
Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

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