Schule in kirchlicher Trägerschaft

Grundsätzliche Fragen zum Referendariat können hier gestellt werden
gast28134

Re: Schule in kirchlicher Trägerschaft

Beitrag von gast28134 »

Dieses Thema kann durchaus kontrovers sein. Hoffe, wir können darüber sachlich diskutieren.... Als Referendar (und auch jetzt!) hätte ich als überzeugter Religionskritiker alles daran gesetzt, nicht auf einer derartigen Schule zu unterrichten... da die Erwartungshaltung der Eltern dort durchaus größer sein kann als an anderen Schulen (Stichwort: "Privatschule"). Der Druck und die (christliche) Erwartungshaltung könnte also noch höher sein als an anderen Seminarschulen...(Das ist aber nur eine Vermutung. Bin da absolut kein Fachmann!)

Ich sehe Schulen mit kirchlicher Trägerschaft, insebesondere die katholischen, äußerst kritisch: Man ist verpflichtet, in einer Kirche zu sein, und darf z.B. nicht in ohne Trauschein mit seinem/r Partner/in zusammenleben. Des Weiteren gibt´s auch Fälle, wo Lehrer "gegangen werden", weil sie nach einer Scheidung noch einmal heiraten wollen.

Das allein würde mich alles nicht groß stören; die sogenannten Christen können gerne ihr eigenes Süppchen kochen, und ich bin nicht gezwungen an einer solchen Schule zu arbeiten. Mich stört jedoch sehr, dass die dortigen Lehrkräfte vom Staat bezahlt werden, ergo von Steuergeldern von Nicht-Christen.

Die evangelischen Schulen sind natürlich, wie hier bereits dargelegt, nicht so rigide, wobei man auch hier in der Kirche sein muss (das genügt mir schon als Totschlagargument gegen die Bezahlung von Staatswegen).

Wo ist da die Trennung von Kirche und Staat?

All diese Infos basieren aus persönlichen Erfahrungen und Kenntnissen bestimmter Schulen in NRW - es kann also anderorts, auch in diesem Bundesland, ganz andere Vorgaben geben.

Welche Kenntnisse habt Ihr noch?

DieEla
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Re: Schule in kirchlicher Trägerschaft

Beitrag von DieEla »

Öhm, also ich werde von der evangelischen Kirche bezahlt, genauso wie meine Kollegen. Der Staat spart eine Menge Geld dadurch (sowieso wäre es für den Staat ein ziemliches Problem, wenn die Kirche plötzlich alle Schulen und Kindergärten aufgeben würde, das wäre nahezu unfinanzierbar).

Und das Zusammenleben ohne Trauschein ist absolut in Ordnung, es gibt auch keine Probleme mit Kollegen unterschiedlicher Hautfarben und auch Homosexualität ist meines Erachtens kein Problem für unsere Kirche als Arbeitgeber.
Wir nehmen auch Kinder jeder Herkunft auf, es wird sogar katholischer Religionsunterricht angeboten. Wir haben auch muslimische Kinder in den Klassen, die einzigen Auflagen sind, dass die Teilnahme am Religionsunterricht verpflichtend ist und dass das Tragen von Kopftüchern nicht gestattet wird.
Ref erledigt, feste Stelle bekommen, nach wie vor Spaß am Job :) (Mathe/Deutsch)

mr_fresh
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Re: Schule in kirchlicher Trägerschaft

Beitrag von mr_fresh »

Hi DieEla,

zur Finanzierung: Das ist so (leider) nicht richtig! Zumeist trägt aber der Staat den Goroßteil der Kosten! Meist über 80%! Bei Krankenhäusern in kirchl. Trägerschaft auch noch mehr.

Deshalb kann man berechtigterweise fragen, warum die Kirche den Ton angibt, der Staat aber nahezu alles zahlt ...
Ich sitze am Straßenhang. // Der Fahrer wechselt das Rad. // Ich bin nicht gern, wo ich herkomme. // Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre. // Warum sehe ich den Radwechsel mit Ungeduld? (B. Brecht)

Nanii
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Re: Schule in kirchlicher Trägerschaft

Beitrag von Nanii »

[quote="Lukas"]Dieses Thema kann durchaus kontrovers sein. Hoffe, wir können darüber sachlich diskutieren.... Als Referendar (und auch jetzt!) hätte ich als überzeugter Religionskritiker alles daran gesetzt, nicht auf einer derartigen Schule zu unterrichten... da die Erwartungshaltung der Eltern dort durchaus größer sein kann als an anderen Schulen (Stichwort: "Privatschule"). Der Druck und die (christliche) Erwartungshaltung könnte also noch höher sein als an anderen Seminarschulen...(Das ist aber nur eine Vermutung. Bin da absolut kein Fachmann!)

Lukas, woher nimmst Du denn Deine Erfahrungen?

Ich sehe Schulen mit kirchlicher Trägerschaft, insebesondere die katholischen, äußerst kritisch: Man ist verpflichtet, in einer Kirche zu sein, und darf z.B. nicht in ohne Trauschein mit seinem/r Partner/in zusammenleben. Des Weiteren gibt´s auch Fälle, wo Lehrer "gegangen werden", weil sie nach einer Scheidung noch einmal heiraten wollen.
Das wird, je nach Institution heute nicht mehr so eng gesehen. Es arbeiten in vielen Institutionen auch MEnschen anderer Religionen.Es kommt ja auch auf den Orden an. Ich denke, dass man die einzelnen Schulen nicht mit der Institution Kirche als solche gleich setzten sollte. Viele Schulen machen eine ganz tolle Arbeit.

Das allein würde mich alles nicht groß stören; die sogenannten Christen können gerne ihr eigenes Süppchen kochen, und ich bin nicht gezwungen an einer solchen Schule zu arbeiten. Mich stört jedoch sehr, dass die dortigen Lehrkräfte vom Staat bezahlt werden, ergo von Steuergeldern von Nicht-Christen.
Das ist doch nun wirklich plakativ. Als wenn die Steuerzahler nur "Nicht-Christen" sind. Außerdem werden in vielen Bundesländer die Lehrer an kirchliche Schulen nicht mehr verbeamtet und erhalten als einfache Angestellte weniger Geld als manch andere Kollegen.


All diese Infos basieren aus persönlichen Erfahrungen und Kenntnissen bestimmter Schulen in NRW - es kann also anderorts, auch in diesem Bundesland, ganz andere Vorgaben geben.

Selber auf einer solchen Schule gewesen oder woher nimmst Du den Einblick in so viele kirchliche Schulen in NRW, um Dir solch ein drastisches Urteil erlauben zu dürfen.

Nachteule
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Re: Schule in kirchlicher Trägerschaft

Beitrag von Nachteule »

Wir bewegen uns zwar mittlerweile ziemlich im Off-Topic-Bereich, aber ich mache hier trotzdem mal weiter.

Ja, einen Großteil der Kosten (nämlich mehr als 80 % der Personalkosten - ganz genau weiß ich das nicht!) zahlt der Staat. Aber viele andere Kosten (die die Schulträger, also eigentlich die Kommunen zu zahlen hätten) dann aber nicht: Gebäude, Heizkosten, Sachkosten, Ausstattung, Gelände ... Da kommt schon einiges zusammen, das sich der Staat sparen kann.

Schulen in kirchlicher Trägerschaft sind sehr unterschiedlich - nicht nur wegen der unterschiedlichen Konfessionen, sondern auch "innerhalb" einer Konfession. Wer ist wirklich der Träger? Eine Ordensgemeinschaft (wenn ja, welche?), ein Bistum (wenn ja, welches?)... Da kann man sich die Unterschiede schon deutlich vorstellen (das will ich hier aber lieber nicht vertiefen!).

Ich selbst arbeite nicht an einer kirchlichen Schule, habe aber zu verschiedenen kirchlichen Schulen in NRW Kontakt und würde auch dort arbeiten wollen.

Für den TE geht es aber - meines Wissens nach - nicht darum, an einer bestimmten Schule sein Ref zu machen bzw. nicht zu machen (von wegen Erkundigungen einziehen und dann erst entscheiden), sondern er soll oder sollte eine grundsätzliche Einverständniserklärung darüber abgeben, - auch - an einer Schule in kirchlicher Trägerschaft sein Ref ableisten zu wollen. Da es zu jeder Schulform in NRW verschiedene Schulen in kirchlicher Trägerschaft gibt, kann sich der TE nur grundsätzlich ein Bild verschaffen, ob er denn auch diese Schulen als Ausbildungsschulen in Betracht zieht.

Ein Nachteil dürfte sich nur insofern ergeben (wenn der TE diese Möglichkeit des Einsatzes ausschließt), dass es eben weniger in Frage kommender Schulen gibt. Sonst nichts!

Dorian
Beiträge: 39
Registriert: 12.05.2009, 14:41:52

Re: Schule in kirchlicher Trägerschaft

Beitrag von Dorian »

Guten Tag!
Nachteule hat geschrieben: Für den TE geht es aber - meines Wissens nach - nicht darum, an einer bestimmten Schule sein Ref zu machen bzw. nicht zu machen (von wegen Erkundigungen einziehen und dann erst entscheiden), sondern er soll oder sollte eine grundsätzliche Einverständniserklärung darüber abgeben, - auch - an einer Schule in kirchlicher Trägerschaft sein Ref ableisten zu wollen.
Das ist im Prinzip richtig. Ich bin inzwischen auf eine Schulform festgelegt. Im Einzugsbereich meines Seminars liegen drei kirchliche Schulen dieser Schulform. Ich könnte mich also schon einigermaßen über diese Schulen zu informieren (ohne jedoch zu wissen, an welche von ihnen ich möglicherweise kommen würde).
Nachteule hat geschrieben: Ein Nachteil dürfte sich nur insofern ergeben (wenn der TE diese Möglichkeit des Einsatzes ausschließt), dass es eben weniger in Frage kommender Schulen gibt. Sonst nichts!
Wobei sich dieser Nachteil für mich eher als Vorteil darstellt. Da ich bis heute - immerhin schon ein Monat vor Einstellungstermin - meine Ausbildungsschule nicht kenne, ist es eigentlich eher in meinem Interesse, die Möglichkeiten einzugrenzen. (Dies ist aber nicht der Hauptgrund :!: )

Aber davon ganz abgesehen ging meine Frage eher in die Richtung, ob ich beim Seminar einen schlechten Eindruck hinterlasse, wenn ich die kirchlichen Schulen ausschließe. Ich würde aufgrund meiner Einstellung zu Religion und Kirche nur ungern auf eine kirchliche Schule gehen - ungeachtet derer Vorteile, was Schülerklientel und Ausstattung angeht - könnte aber wie gesagt durchaus damit leben. Wäre ich stillschweigend einer solchen Schule zugeteilt worden, hätte ich mein Referendariat auch dort abgelegt. Nun hat das Seminar auf dem Formblatt ja von sich aus gefragt, und insofern war ich froh über die Möglichkeit, diese Schulen auszuschließen.

Die Frage war nur, ob ich damit möglicherweise einen schlechten Eindruck beim Seminar hinterlasse (unflexibel etc.). :?:

Ich selbst finde, dass ich ruhig ehrlich antworten kann. Und für den Eindruck beim Seminar ist wahrscheinlich der persönliche Kontakt und die gezeigte Leistung wichtiger. Ich war nur etwas durch die Absolutheit der Frage ("Sind sie damit einverstanden?") verunsichert. Denn wie beschrieben: Einverstanden wäre ich schon, aber alles andere als begeistert.

Ich hoffe, ich konnte mich verständlich machen. Vielen Dank für eure bisherigen Antworten. Ich habe übrigens nichts gegen eine Diskussion über kirchliche Schulen einzuwenden, auch wenn es bei diesem Thema erfahrungsgemäß schnell unsachlich wird. :twisted:

Gruß,
Dorian

nele

Re: Schule in kirchlicher Trägerschaft

Beitrag von nele »

DieEla hat geschrieben:Öhm, also ich werde von der evangelischen Kirche bezahlt, genauso wie meine Kollegen. Der Staat spart eine Menge Geld dadurch (sowieso wäre es für den Staat ein ziemliches Problem, wenn die Kirche plötzlich alle Schulen und Kindergärten aufgeben würde, das wäre nahezu unfinanzierbar).
Du bekommst dein Geld zwar von der evangelischen Kirche, aber die bekommt das dann, nach Landesrecht geregelt, zum allergrößten Teil vom Steuerzahler zurück. Für NRW sieht das z.B. folgendermaßen aus:
a) Konfessionsschulen

Es existieren in NRW rd. 350 Ersatzschulen in konfessioneller Trägerschaft. Für sie finanziert das Land

> 85-94 % der Personalkosten und der sächlichen Verwaltungsausgaben,

> 50 % der Zinszuschüsse für Investitionsdarlehen,

> 100 % der Schülerfahrtkosten

> 100 % der Lernmittel.

Die Klagen der konfessionellen Ersatzschulen über die vergleichsweise schlechte Behandlung durch das Land treffen nicht zu. Im Gegenteil:

Die Aufwendungen des Landes für Ersatzschulen liegen um ca. 20-25 % über den Aufwendungen für öffentliche Schulen.

Im Durchschnitt kostete ein/e SchülerIn an einer Ersatzschule das Land im Jahr 1997 über alle Schulformen hinweg 8.741 DM. Zum Vergleich: Pro SchülerIn an öffentlichen Schulen musste das Land 8.000 DM einsetzen. Gesamtsummen der Förderung sind mir nicht bekannt.
(Quelle: http://www.kirchensteuern.de/Texte/Bajohr.htm)

Das Argument, dass der Gesellschaft durch den Wegfall der Kirchensteuer ein Schaden durch vermeintlich gestrichene Sozialleistungen entstünde, hört man sehr oft - es trifft aber nicht zu. Mit der Kirchensteuer werden zum allergrößten Teil die Pastorengehälter, die Liegenschaften der Kirche selbst und missionarische Aktivitäten bezahlt.

Nele

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