Wieso kommt überhaupt heraus, dass man eine Therapie macht?

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Mari123
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Registriert: 26.01.2007, 12:41:25

Wieso kommt überhaupt heraus, dass man eine Therapie macht?

Beitrag von Mari123 »

Hallo!!!

Habe hier schon häufiger gelesen, dass Referendare/Studenten befürchten, aufgrund einer Therapie nicht verbeamtet zu werden...

Diese Befürchtungen habe ich auch und habe deshalb mit meinem Psychologen und meiner Krankenkasse über das Problem gesprochen. Herausgekommen ist, dass ich "nur lügen" muss, damit keiner etwas von meiner Therapie erfährt. (Sie wird übrigens kurz bevor ich ins Ref gehe, abgeschlossen sein).Weder der Arzt noch die Krankenkenkasse wird irgendeine Info darüber weitergeben....

Wie war es denn bei euch? Habt ihr dem Amtsarzt die Wahrheit gesagt?

Mir fällt es sehr schwer zu lügen, aber unter diesen Umständen ist es wohl notwendig! Ich fühle mich durch die Therapie sehr gut, kann mit vielen Problemen viel besser umgehen und dadurch auch mit Sicherheit viel besser auf meine Schüler eingehen. Ich sehe nicht ein, dass ich dafür bestraft werden soll!!! Ich verstehe das System nicht... echt nicht!

Phil
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Registriert: 01.07.2006, 0:11:26

Beitrag von Phil »

Die Info wird auf Nachfrage deshalb weitergegeben, weil du das beim Amtsarts unterschreibst. Oder du unterschreibst nicht und machst bewusst falsche Angaben, was später deinen Rauswurf, Verlust aller Pensionsanspüche und weitere angenehme Dinge nach sich ziehen kann. Leider ist unser lieber Staat in dieser Sache äußerst unnachgiebig. Lieber einen Kranken als einen gesunden Therapierten. Nur einer der Fehler im gesamten Unsinnssystem.

Malina
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Beitrag von Malina »

Wenn du verbeamtet werden willst, wirst du den Amtsarzt auf deine Akten zugreifen lassen müssen und deine Ärzte von der Schweigepflicht entbinden lassen, wenn's sein muss. So durchlässig ist das System nun wirklich nicht ;).

Phil
Beiträge: 429
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Beitrag von Phil »

Für Alkoholiker und sonstige Suchtkranke ist das System aber weiterhin großmaschig, ebenso für psychisch Kranke, die sich keiner Therapie unterziehen. Wie ich schon sagte, eine Bekannte ist Beruhigungsmittelabhängig und das schon lange. In der Akte taucht dazu auch nichts auf, da es nur über Privatrezepte läuft. Gibts mal kein Rezept oder gehen die Pillen aus gibts Alk. Ein "Kollege" macht es ähnlich, aber da ist eher der Alkohol im Vordergrund, wie es auch schon zu Studienzeiten war. So. Jetzt gehen besagte Personen zum Amtsarzt, und kommen nach 10 min wieder raus. Keine Befunde. Verbeamtung ist kein Problem. Jetzt ist aber Pummelchen Simone an der Reihe, die leider einen Punkt über dem BMI liegt. Sie darf jetzt zwei Jahre absprecken. Anschließend kommt Hanswurst zur Untersuchung. Er hatte Panikattacken vor Referaten an der Uni, machte eine Thereapie und liefert heute einen astreinen Unterricht ab, was ihm jeder bestätigt. Leider unterschreibt ihm kein Arzt eine Erklärung, die ihm eine 100% Heilung attestieren würde, genausowenig wie kein Arzt eine 100% Garantie gegen Krebs unterschreiben würde. Ergebnis: keine Verbeamtung, sondern TV-L. Er ist übrigens so gut wie nie anderweitig krank, sondern immer zur Stelle. Die anderen beiden Sucht-Kollegen liefern schon jetzt Totalausfälle, sind mitunter mal eine Woche durchgehend besoffen oder lallen morgens um 7.30h noch immer oder schon wieder. Wir kennen diese Zustände sicher auch noch aus der eigenen Schulzeit, wenn Lehrer auf dem Pult eingeschlafen sind. Und dieses Missverhältnis ist einer der Punkte, die mich am meisten an diesem System nerven. Weil der ehrliche und ehrbare Mensch wie Hanswurst, letztlich die Deppen sind. Vielleicht ist meine Meinung falsch, aber ich habe doch lieber einen Lehrer, der mit einem 2-er Schnitt aus beiden Examen kommt, eine Therapie gegen sein Problem erfolgreich beendet hat, als die anderen Kandidaten. Das paradoxe ist ja: ihn kann man wegen Panikanfällen nicht verbeamten, die Suchtis schon, wenngleich deren Panikattaken bei Stoffmangel sich in ein Delirium der größten Art steigern kann. Tolle Sache, Herr Staat!

Mari123
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Beitrag von Mari123 »

... das ist doch unglaublich!!!

heißt das jetzt wirklich für mich, dass ich zu 80 % nicht verbeamtet werde, nur weil ich eine Psychotherapie mache?! Mir fällt dazu nichts mehr ein... es gibt also keine Lösung???? Wahnsinn...

Unter diesen Umständen gehe ich nicht in die Schule! Ich werde wohl kaum für (netto) 500 Euro weniger arbeiten als ein Kollege, nur weil er oder sie keine Therapie gemacht hat aber dafür eventuell seine Probleme "verschleppt" hat ( Phils Beispiele...). Wie ungerecht!!!!!!!!!!!! Wie unsinnig. Ich betrachte eine Therapie und die damit verbundene Auseinandersetzung mit sich selbst als einen Schritt im Reifungsprozess... der Staat macht daraus "etwas Schlimmes!" Ne.... UNGLAUBLICH!!!!

Phil
Beiträge: 429
Registriert: 01.07.2006, 0:11:26

Beitrag von Phil »

Mari123 hat geschrieben:... das ist doch unglaublich!!!
Nö. Realität, die einige User hier durchaus für angebracht halten. Weil viele haben die Ansicht, dass eine Psychotherapie einen für diesen Beruf disqualifiziert. Aber so ist es leider in unserer Gesellschaft, vorne wunderbar korrekt, aber hintenrum zum kotzen. Im Grunde ist es mir ja egal, wer wie und weshalb nicht verbeamtet wird, aber bei einigen Fällen muss man sich schon schwer zügeln.

Malina
Beiträge: 3870
Registriert: 28.08.2006, 20:04:25
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Beitrag von Malina »

Ja, für viele bedeutet Psychiater eben, dass man einen an der Waffel hat (überspitzt gesagt), verletztlich und von daher für den Lehrerberuf ungeeignet.

Dabei ist für die meisten Menschen das nicht nur ein schwerer und danach absolut sinnvoller und heilbringender Schritt, sondern fast jeder gerät mal in Situationen, wo er diesen am besten machen sollten.
Die meisten Leute gestehen sich dies nur nicht ein, sind ja "normal" und kommen mit allem alleine klar. Und solange dieses Bild in der Gesellschaft herrscht...
In den USA ist es ja uncool, nicht hinzugehen. Das ist natürilch auch schon etwas krass, aber nun ja.

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