Überlegung, das Ref abzubrechen

Antworten
Dächsin
Beiträge: 2
Registriert: 12.06.2020, 18:49:42
Wohnort: Sachsen

Überlegung, das Ref abzubrechen

Beitrag von Dächsin »

Hallo, ihr Lieben!

Nun muss ich mich auch an euch wenden, ich weiß sonst nicht weiter.

Ich habe in den letzten Tagen, besser gesagt den letzten zwei Wochen (bei uns in Sachsen waren bis gestern Herbstferien) viel nachgedacht. Ich habe viel gearbeitet, aber es kristallisiert sich immer mehr ein bestimmter Gedanke heraus und langsam weiß ich nicht mehr so richtig, mit wem ich darüber sprechen soll, weil alle, mit denen ich darüber sprechen würde, selbst davon betroffen sind und können das nicht objektiv beurteilen.

Erst einmal zu mir: Ich bin 24, seit März im Referendariat an einer Grundschule, habe davor 4,5 Jahre studiert und das Erste Staatsexamen erfolgreich abgeschlossen. Vor dem Studium habe ich ein FSJ Pädagogik gemacht an meiner jetzigen Ausbildungsschule, um zu sehen, ob der Lehrerberuf überhaupt etwas für mich ist. Das heißt, ich habe mich natürlich sehr gefreut, als ich diese Schule als Ausbildungsschule zugeteilt bekam, da ich die Schule, die Schulleitung und die meisten der Kollegen schon kenne und wirklich eine tolle Zeit während des FSJ hatte. Ich durfte zwei GTA selbst leiten, einen Gedichtwettbewerb veranstalten. Ich war in allen Klassen, durfte alle möglichen Stunden hospitieren, herumgehen und helfen, teilweise auch allein mit einzelnen Schülern im Förderzimmer arbeiten oder sogar Arbeiten selbstständig korrigieren. Ich wurde kurzum als vollwertiges Mitglied des Kollegiums behandelt.

Diese Erfahrung hat mich sehr motiviert, dann auch wirklich Grundschullehramt zu studieren. Aber da taucht in meinem Kopf plötzlich ein großes LEIDER auf. Denn leider habe ich es für mich in den 4,5 Jahren Studium nicht geschafft, zu erkennen, dass dieser Job mich vollends überfordert.

Das Studium, das wisst ihr ja sicher alle, ist eine eher theoretisch aufgebaute Ausbildung. Ich habe in Sachsen studiert und hier sind die Inhalte kaum an die Praxis angelehnt. So habe ich in meinem Kernfach Ethik hauptsächlich Philosophie studiert und die Methodik und Didaktik, die tatsächliche Aufbereitung des Stoffes für die Grundschüler, stets vermisst. Natürlich gab es auch andere Seminare/Vorlesungen, in denen speziell auf den schulischen Kontext eingegangen wurde, aber mir persönlich war das im Nachhinein alles zu wenig.

Natürlich absolviert man während des Studiums diverse Praktika, aber auf den tatsächlichen Praxisalltag bereiten diese nicht vor. Man fährt ja quasi nur an die Schule, um einzelne Stunden zu halten, reflektiert diese mit dem Mentor, hospitiert noch einige weitere Stunden und fährt dann wieder heim. Man ist nicht Teil dieser immensen Organisationsstruktur, hat keinen Einblick in die vielen Herausforderungen, die einen als Lehrer tatsächlich erwarten.
So zumindest meine Erfahrung.

Das alles hat mich jetzt im Referendariat ganz schön umgehauen.

Ich war zu Beginn unglaublich motiviert, schon allein, weil mir meine Ausbildungsschule bereits bekannt war, aber auch weil ich froh war, mein Erstes Staatsexamen geschafft zu haben (hatte da aufgrund einer Prüfung einigen Stress mit dem Prüfungsausschuss, sodass ich teilweise auch Angst hatte, exmatrikuliert zu werden).

Ich wurde genauso herzlich an meiner Schule aufgenommen, wie ich das schon vom FSJ gewohnt war, habe zwei Lehrerinnen als Mentorinnen bekommen, die beide erst 2018 selbst ihr Referendariat abgeschlossen hatten (sind allerdings schon älter, da sie beide vorher anderweitig beruflich tätig waren). Das hat mich natürlich noch weiter motiviert, ich dachte mir, dass das ja total cool ist, die beiden wissen noch ganz genau, wie das Ref so ist, was einen erwartet und unterstützen mich sicher mit Rat und Tat und verstehen bestimmt auch, wenn mal was nicht auf Anhieb klappt.

Ja, leider hatte ich gerade mal eine Woche geschafft, dann kam der Corona-Lockdown dazwischen und hat alles durcheinander gebracht. Ich war noch nicht integriert genug und hatte keinerlei Erfahrung, sodass sich meine Mentorinnen anfangs auch gar nicht getraut haben, mich während der Homeschooling-Zeit überhaupt irgendwie einzubeziehen. Stattdessen saß ich die ganze Zeit zuhause, habe Filme geschaut oder Bücher gelesen, mir kostenlose Materialien bestellt usw. Die Zeit war ausbildungstechnisch für mich nur dahingehend erfüllt, dass ich mich 2x wöchentlich mit meiner Schulleitung getroffen und mit ihr schulrechtliche Dinge besprochen habe.
Ich wurde dann erst zwei Wochen, bevor bei uns die ersten Schüler wieder am Präsenzunterricht teilnehmen durften, von meiner einen Mentorin für das Homeschooling mit einbezogen und durfte Übungen und Arbeitsblätter für die Klasse selbst vorbereiten.

Anfang Mai durften bei uns in Sachsen zumindest die 4. Klassen wieder in die Schulen, sodass ich dann zwei Wochen lang Stunden in der mir unbekannten Klasse gegeben habe. Die Herausforderung hier war nicht nur, ganz neu und ohne jegliche Vorerfahrung Unterricht inklusive ausführlicher Stundenverlaufsplanung, ständigen Absprachen mit den Mentoren und keinerlei Zeitmanagement geschweige denn kleinschrittigem Denken zu planen, vorzubereiten und zu halten. Nein, das LaSuB (Landesamt für Schule und Bildung) hielt an seiner Stundenverteilung fest (es war vorgeschrieben, wie viele Stunden man in welchem Monat im Vergleich zu den hospitierten Stunden begleitet zu halten hat) und so mussten wir alle direkt aus der Kalten mit 6-8 Stunden pro Woche starten.

Das war für mich eine echt schwierige Zeit, weil ich das Gefühl hatte, nichts zu wissen und keine Vorerfahrung zu haben, es war für mich, als hätte ich nie studiert. Der Praxisschock war unglaublich!

Diese ganzen Erwartungen seitens der Schulleitung und meiner Mentorinnen (von denen ich ganz und gar nicht den Eindruck hatte, sie wüssten noch, wie es im Ref zugeht, im Gegenteil, mit schien, ich wurde nur gestriezt und sollte bloß kein Mitleid für meine blöde Situation erwarten), all die Herausforderungen, die ich vorher einfach gar nicht auf dem Schirm hatte, weil ich tatsächlich nie erlebt oder gesehen habe, was alles zu einer guten Unterrichtsplanung, -vorbereitung und -durchführung dazugehört.

Das alles hat mich so geschlaucht, dass ich eine Woche wegen Stress krankgeschrieben war. Ich kam eines nachmittags nach Hause, wollte noch eine Stunde für den nächsten Tag vorbereiten und hatte dann aber einen richtigen Blackout mit anschließender Panikattacke (zum Glück kam mein Freund dann von Arbeit und konnte mich beruhigen).

Ich habe dann natürlich versucht, mir nicht mehr so viel Stress zu machen, mich nicht selbst so unter Druck zu setzen, weil die Dinge nicht so laufen wie ich oder meine Mentorinnen sich das vielleicht vorgestellt haben. Ich habe versucht, mich von all dem, was ich als Kritik empfunden habe (und ich bin leider Gottes jemand, der Kritik schnell persönlich nimmt, obwohl ich rational betrachtet genau weiß, dass dem nicht so ist), zu distanzieren und wieder Motivation für den Lehrerberuf zu schöpfen.

Das war nicht so einfach und ich bin mir bis heute nicht sicher, ob ich das tatsächlich geschafft habe. Ich bin leider auch jemand, der schnell emotional ausbricht (ich weine dann viel), wenn er unter Druck steht und es ist mir dann auch peinlich, das vor meinen Mentorinnen zu tun, weil ich immer das Gefühl habe, sowieso nicht ernst genommen zu werden und dadurch noch „kleiner“ werde, wenn ich so viel Schwäche zeige und ihnen quasi Recht gebe in ihren Ausführungen, dass ich überfordert bin. Das wollte ich damals nicht einsehen bzw. habe es einfach selbst nicht erkannt.

Meine Mentorin (ich durfte damals nur mit der einen Mentorin zusammenarbeiten, weil wir die Kontakte nicht durchmischen sollten) hat dann in den letzten zwei Wochen vor den Sommerferien gemeinsam mit mir Unterricht vorbereitet und auch durchgeführt, quasi im Zwei-Lehrer-Prinzip. Und was soll ich sagen? Obwohl ich persönlich wegen der ständigen Rechtfertigung ihr gegenüber und ihrer ständigen Kritiken etwas Vorbehalt gegen sie hatte, hat das richtig viel Spaß gemacht, mit ihr gemeinsam vor der Klasse zu stehen und nicht allein die volle Verantwortung zu tragen.

Diesem positiven Gefühl wurde dann schon wieder ein Dämpfer versetzt, als plötzlich innerhalb von drei Tagen die Entscheidung gefällt wurde, mein Ref um ein halbes Jahr zu verlängern. Ich weiß nicht, wie das in anderen Bundesländern geregelt ist, in Sachsen ist es so, dass die Schulleitung normalerweise zum Ende des ersten Ausbildungsabschnittes eine Beurteilung schreiben muss, ob dem Referendar der selbstständige Unterricht zuzutrauen ist oder nicht. Aufgrund von Corona hat das LaSuB entschieden, dass einfach alle Referendare automatisch den selbstständigen Lehrauftrag zugesprochen bekommen und nur wenn die Schulleitung dies nicht wünscht, dann ist eine Beurteilung zu schreiben.
In meinem persönlichen Fall war es so, dass meine Mentorin mit mir gesprochen hat und wir die Verlängerung als Möglichkeit erläutert haben, aber eben nicht mehr. Nur eine Sache, die wir gemeinsam im Hinterkopf behalten wollten. Wir waren dann bei der Schulleitung und haben gefragt, bis wann die Entscheidung getroffen werden muss, was zu beachten ist etc. Tja, leider musste diese Beurteilung bis spätestens vier Wochen vor Schuljahresende beim LaSuB eingegangen sein, d.h. wir hatten drei Tage Zeit, uns zu entscheiden.
Naja, tatsächlich war es eher eine Entscheidung meiner Mentorinnen und meiner Schulleitung, ich selbst wollte die Verlängerung gar nicht, weil ich es unfair fand, dafür bestraft zu werden (so habe ich es damals empfunden), durch Corona so viel Ausbildungszeit verloren zu haben (Sachsen wollte ja auch keine allgemeine Ref-Verlängerung) und außerdem ging es ja den Mitreferendaren ganz genauso wie mir und die wurden auch nicht als die unfähigen Heulsusen dargestellt, wie ich scheinbar von meinen Mentorinnen (so habe ich es zumindest im Gespräch mit meiner Schulleitung herausgehört). Ich hatte in diesem Gespräch wieder nur das Gefühl, bis unter die Gürtellinie kritisiert zu werden, mir wurden wieder nur Schwächen aufgezeigt und ich bin dann eben auch jemand, der sich davon leicht beeinflussen lässt und an Selbstwertgefühl verliert.

Nichtsdestotrotz wurde die Verlängerung durchgeboxt und ich war froh, erst einmal die Sommerferien zu haben, um in Ruhe nachdenken zu können. Ich war eine ganze Weile richtig sauer, dass so über meinen Kopf hinweg entschieden wurde, habe auch über einen Schulwechsel nachgedacht, vor dem ich mich aber (leider?) habe abschrecken lassen, da man dafür erhebliche Gründe nachweisen muss und die hatte ich nicht. Ich habe dann für mich einfach festgelegt, dass es eben jetzt so ist mit der Verlängerung, dass ich versuche, es als Chance zu sehen und auch der Schule, der Schulleitung und den Mentorinnen noch eine zweite Chance gebe. Schließlich hat Corona nicht nur mich in meiner Ausbildung hart getroffen, sondern auch sie. Es war für alle eine Ausnahmesituation.

So bin ich also wieder richtig motiviert in die Vorbereitungswoche und ins neue Schuljahr gestartet, was auch eher entspannt für mich losgegangen ist. Ich habe mich auch richtig gefreut, als meine Mentorinnen mir nach nur wenigen Stunden die Rückmeldung gaben, dass gegenüber meinen ersten Lehrversuchen im Mai eine echte positive Veränderung bemerkbar ist. Trotzdem habe ich immer wieder das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.

Natürlich gibt es immer noch Baustellen in meiner Unterrichtsplanung und es kotzt mich auch an, dass es immer wieder die gleichen sind. Immer wieder höre ich die gleiche Kritik, immer wieder sitze ich Zuhause und frage mich selbst, warum ich das verdammt nochmal nicht hinbekomme.
Ich selbst habe einfach nie das Gefühl, dass wirklich eine gravierende Verbesserung dahingehend stattgefunden hat, dass mir dann im 2. Schulhalbjahr der selbstständige Lehrauftrag übertragen werden kann. Das zerrt natürlich an den Nerven, dieser ständige, ja auch selbst gemachte Druck, den Lehrauftrag unbedingt kriegen zu müssen, weil sonst das Zweite Staatsexamen als endgültig nicht bestanden gewertet wird.

Es nervt mich so dermaßen und stresst mich unglaublich sehr, jede einzelne Stunde mit meinen Mentorinnen absprechen und für jede Stunde eine ausführliche Stundenverlaufsplanungen schreiben zu müssen. Klar ist das die Vorgabe des LaSuB, aber von vielen Mitreferendaren habe ich gehört, dass sie genau aus den genannten Stressgründen individuelle Absprachen mit ihren Mentoren getroffen hatten (im begleiteten Unterricht), so z.B. nur zwei ausführliche Stundenverlaufsplanungen pro Woche.

In den letzten zwei Wochen (also den Herbstferien) habe ich wirklich viel gearbeitet trotz Urlaub, aber selbst diese Tage, an denen ich mir Zeit für mich gönne, bescheren mir ein schlechtes Gewissen, weil ich könnte ja noch etwas abarbeiten, was ich noch zu tun habe. Ich weiß, dass das Blödsinn ist, auch ich habe mal eine Ruhephase verdient, aber ich fühle mich trotzdem immer mir selbst gegenüber schlecht, wenn ich etwas auf morgen hinausschiebe, wozu ich genauso gut heute noch Zeit hätte.

Ich weiß nicht genau, wann der konkrete Gedanke tatsächlich gereift ist, aber es war irgendwann in den letzten Tagen. Das Bewusstsein, dass dies nicht der richtige Job für mich ist, war plötzlich da.
Dafür gibt es viele Gründe, ich habe mir auch eine Liste mit Vor- und Nachteilen erstellt, bei der die Nachteile sehr deutlich überwiegen.

Mir ist bewusst, dass es vielen so geht, dass viele vor dieser riesigen Mauer stehen, die unüberwindbar scheint. Mir ist bewusst, dass ich nicht allein bin und dass es auch Referendare vor mir gab und nach mir geben wird, die sich früher oder später vor genau dieser Mauer wiederfinden. Mir ist auch bewusst, dass wahrscheinlich alle Referendare, die, die dann abbrechen, aber eben auch die, die Stärke zeigen und sich durchkämpfen und dann richtige Traumlehrer werden, irgendwann vor dieser Mauer stehen. Das ist ja auch der Sinn des Referendariats, die Mauer zu bauen, diejenigen auszusieben, die sie nicht überwinden können.

Ich habe immer gedacht, ich kann das. Ich habe immer gedacht, klar schaffe ich das.
Aber mir war nie bewusst, wie riesig und unüberwindbar sie sein kann, v.a. wenn man sowieso schon Selbstzweifel hat. Für mich persönlich ist sie zu riesig, zu massiv, als dass ich eine Chance sehen würde, sie zu bezwingen. Es gibt kleine Vorsprünge, auf die ich meine Füße stellen kann, um an ihr hinauf zu klettern, aber sie reichen nicht einmal bis zur Hälfte. Mir wirft auch niemand ein Seil zu, um mich hinaufzuziehen, wie soll er auch, die Mauer besteht aus meinen ureigenen Ängsten, Sorgen und Wünschen. Niemand wird jemals ein Seil herstellen können, was weit genug hinabreicht, weil niemand die Mauer versteht.

Mir war vorher nie wirklich bewusst, was alles im Lehrerberuf steckt. Das Studium war zu theoretisch, die Praktika zu einseitig, im FSJ war ich eher Mitläufer. Klar gibt es sicher viele, die den Kopf schütteln und sagen, dass einem das doch vorher irgendwann mal klargeworden sein muss, aber das ist es mir nicht. Ich wollte immer Lehrerin werden, Punkt. Über mögliche Konsequenzen, wenn ich einfach für den Beruf nicht geeignet bin, habe ich nie nachgedacht.

Und nun sitze ich hier, weine die ganze Zeit, weil ich mich so klein und schwach fühle, weil diese Mauer mich erdrückt. Ich habe zwar alles geplant und vorbereitet für die morgigen Stunden, aber ich habe keine Lust. Ich habe keine Lust, morgen früh aufzustehen, in die Schule zu fahren und die Stunden zu halten. Ich habe keine Lust mehr, überhaupt noch Stunden vorzubereiten oder zu halten. Ich möchte am liebsten einfach Zuhause bleiben und schlafen und weinen.

Ich habe keinerlei Motivation mehr, noch irgendetwas für diesen Job zu tun. Zu oft habe ich das Gefühl, wertvolle Zeit zu opfern, meine Freizeit zu opfern, nur um dann am Ende die immer gleichen Kritiken zu hören.

Ich hatte Anfang des Schuljahres die Hoffnung, dass ich das hinbekomme, wenn ich mich nur genügend anstrenge, mich an bestimmte, selbst auferlegte, Vorgaben halte und Erfahrung sammle. Aber irgendwie stagniert es seitdem.

Wenn ich an die Schule denke, macht mir der Gedanke keinen Spaß. Ich sehe nur die unüberwindbaren Herausforderungen und Aufgaben, die mich überfordern. Ich habe fast schon Angst, irgendwann im Unterricht in Tränen auszubrechen, weil mir alles zu viel ist, weil ich nie hundertprozentig hinter meinem Unterricht stehe, weil ich ihn nicht fühle, weil ich keine Lust darauf habe.

Ich bin einerseits am Überlegen, morgen einfach krank zu machen. Mit meiner Ärztin zu sprechen, dass mich alles überfordert und ich das nicht schaffe.
Aber mein Verantwortungsbewusstsein sagt mir, dass ich morgen in die Schule gehen muss, dass sich sowohl die Schüler als auch die Kollegen auf mich verlassen. Dass es doch unhöflich ist, wenn man sich jetzt so kurz vor knapp krankmeldet. Zumal ich dann insgesamt das dritte Mal krank wäre innerhalb von acht Monaten. So oft war ich noch nie krank.
Ich weiß auch, dass mir das theoretisch alles scheiß egal sein könnte, dass ich mich nicht so stark von dem abhängig machen soll, was andere von mir denken, aber das schaffe ich nicht. Das schlechte Gewissen ist immer noch da.

Andererseits habe ich ein schlechtes Gewissen meinen Schülern und Mentorinnen gegenüber, wenn ich das jetzt einfach irgendwie durchziehe, ohne wirklich dahinter zu stehen, einfach nur, weil es von mir erwartet wird.

Ich weiß ehrlich gesagt gerade selbst nicht, was ich tun soll. Wahrscheinlich gibt es auch keinen richtigen Weg.

Mich zerfrisst aber auch der Gedanke daran, jetzt einfach aufzuhören. Mein Partner, der sich ja schon darauf verlässt, dass ich das Ref erfolgreich abschließe und Lehrerin werde, einfach weil wir gemeinsame Träume haben, die sich mit der finanziellen Basis (und der Tatsache, dass ich verbeamtet wäre) viel einfacher umsetzen ließen, als wenn ich jetzt alle Brücken hinter mir abbreche.
Dann stellt sich natürlich auch die Frage, ob das Studium und das begonnene Ref dann nicht irgendwie umsonst waren. Wenn ich jetzt nochmal eine Ausbildung oder Umschulung machen müsste, habe ich doch quasi die letzten 5 Jahre in den Sand gesetzt.
Ich weiß, das sollte man nicht so sehen, weil man ja trotzdem Erfahrungen gesammelt hat und so, aber irgendwann will man ja auch mal im Berufsleben stehen und nicht ständig von vorn anfangen.

Auch die finanzielle Situation macht mir Sorgen. Mein Freund und ich haben uns, zugegeben, in den letzten Monaten übernommen, sodass ich fast ständig mit meinem Konto im Minus bin und auch er gerade so über die Runden kommt. Würde ich jetzt einfach aufhören, müssten wir mit einem Gehalt zwei Autos weiter abbezahlen, die kleineren Kredite, die nebenbei laufen und eigentlich müssen wir auch einige Möbel ersetzen, die einfach alt und/oder kaputt sind. Klar kann man sich Hilfe in der Familie suchen, aber auch da haben wir schon genug Schulden, die wir nicht noch weiter vergrößern wollen.
Ich weiß auch nicht, wie das mit meinem Stipendium ist, das ich während des Studiums hatte. Eine Bedingung war, das Referendariat in einer Bedarfsregion erfolgreich abzuschließen. Ich habe Angst, dass sie dann alle finanziellen Zuwendungen von mir zurückverlangen. Ich habe das Geld nicht. Ich habe leider auch keine finanziellen Rücklagen. Man mag mich deshalb für dumm oder naiv oder unvorsichtig oder blauäugig halten, aber es ist eben so und daran kann ich jetzt nichts ändern.

Und dann ist da natürlich noch die große Frage, was mache ich mit einem abgebrochenen Ref? Klar, ich habe mein Erstes Staatsexamen, aber was bringt mir das wirklich? Ich meine, ich würde auch noch einmal 1-2 Jahre eine Umschulung oder Ausbildung machen, solange das Finanzielle irgendwie geklärt werden kann, aber ist man nicht total eingeschränkt mit einem Ersten Staatsexamen? Schließlich hat man nur auf diesen einen Beruf hinstudiert.

Diese Ängste begleiten mich und das macht die Entscheidung natürlich alles andere als leicht.
Aber eines weiß ich: Ich möchte nicht als Lehrerin arbeiten. Ich glaube, ich würde in diesem Beruf früher oder später nur unglücklich sein und möglicherweise an Burnout erkranken. Dieses Risiko möchte ich nicht eingehen.

Ja, ich weiß, am besten spreche ich einfach mal mit meinen Mentorinnen und meiner Schulleitung. Aber wenn ich schon so emotional labil bin, dass ich weinen muss, nur weil ich das hier aufschreibe, wie soll das dann im Gespräch von Angesicht zu Angesicht werden? Ich kann mich im persönlichen Gespräch überhaupt nicht gut artikulieren, wenn es darum geht, mich quasi zu rechtfertigen. Ich kann mich nicht gut „präsentieren“, ich finde keine guten Argumente. Bei Bewerbungen oder Prüfungen habe ich dieses Problem nicht, aber eben wenn es auf einer persönlichen Ebene ist (oder sich eben so für mich anfühlt).
Ich weiß, dass Gespräch wird nicht ausbleiben, aber mir wäre es lieber, erst einmal einen Plan zu haben, wie ich vorgehe, was ich überhaupt alles beachten muss und wie meine weitere Zukunft aussieht, bevor ich mich in den Raubtierkäfig stürze. So fühlt es sich zumindest an, auch wenn es rational gesehen gar keinen Grund dafür gibt.

Was für ein Beruf wäre denn nun geeignet für mich?
Ich brauche einen Beruf, in dem ich selbst keine großartige Verantwortung tragen muss, in dem mir klipp und klar vorgeschrieben ist, was ich wie wann zu tun habe (sodass man es quasi an einer Checkliste abhaken könnte). Ein Job, in dem ich selbst gravierende Entscheidungen treffen muss, für das, was ich tue, verantwortlich bin, ohne das an jemanden abgeben zu können, scheint mir nichts für mich zu sein. Ich brauche einfach ein klares Aufgabenfeld. Ich kann gut Dinge kontrollieren (gerade sowas wie Rechtschreibung/Grammatik, aber auch kleinste Details, die vielleicht anders sind oder dort sind, wo sie nicht sein sollen, fallen mir auf), so etwas wie Inventur macht mir Spaß. Gern arbeite ich weiter mit Menschen, aber ich glaube, mittlerweile ist mir das nicht mehr so wichtig. Auch im Verkauf habe ich schon Erfahrungen gesammelt (habe neben dem Studium an der Kinokasse gejobbt), das hat mir, obwohl ich immer abends und auch oft wochenends gearbeitet habe, viel Spaß gemacht.
Vor allem aber brauche ich einen Beruf, in dem ich tatsächlich nur in der Arbeitsstelle tätig bin und keine Arbeit mit nach Hause bzw. in den Feierabend bringe. Ich brauche einen Beruf, bei dem ich nach der Arbeit auch tatsächlich Feierabend habe (das ganze Programm: Sofa, Fernsehen, bisschen Rumhängen, mal spazieren gehen, …).
Ich würde sagen, ich bin ein kreativer Mensch, aber eben nicht im Schulkontext, nicht methodisch und didaktisch, sondern eher als Gedichteschreiber oder so. Ich hoffe, einen Beruf zu finden, der mich erfüllt. Ebenso hoffe ich aber auch, dass ich finanziell dennoch gut gestellt bin (sagen wir, ab 1600€ Netto aufwärts), wenn möglich sogar im öffentlichen Dienst.

Ich bin mir fast sicher, dass der ein oder andere jetzt (immer noch) denkt, dass ich einfach nur viel jammere. Aber ich schlafe seit Beginn des Refs schlecht, ich kann die Nächte, in denen ich seitdem wirklich durchgeschlafen habe, an einer Hand abzählen. Ich bin ständig müde, ich könnte mich zu jeder Sekunde irgendwo hinsetzen oder -legen und einschlafen. Ich bin oft emotional aufgestaut, weine manchmal aus unbestimmten Gründen und habe oft das Gefühl, mich niemandem wirklich anvertrauen zu können, weil derjenige es eh nicht verstehen würde. Manchmal habe ich sogar die Befürchtung, an einer Depression zu leiden. Ich esse nicht viel. Theoretisch habe ich ständig Hunger, aber essen ist zur Zeit eher eine Bedürfnisbefriedigung, als dass ich wirklich Spaß daran hätte. Ich habe mir gestern so viele Gedanken gemacht, dass ich innerhalb von 14 Stunden 5x auf Toilette war. Aber vielleicht ist es auch einfach Magen-Darm…

Ich hoffe, ihr könnt mir irgendwie helfen, sei es durch Tipps, was ich jetzt am besten machen soll, wie ich das am besten angehe oder durch Infos, wo man sich beraten lassen kann, wer überhaupt der beste Ansprechpartner ist etc. Vielleicht könnt ihr mir ja auch helfen, was ich beachten oder tun muss, sollte ich mich dafür entscheiden, mich einfach krankschreiben zu lassen.

Ich habe hundertprozentig irgendwas vergessen, was ich noch schreiben wollte, aber ich bin eh so durcheinander zur Zeit, dass ich froh bin, überhaupt etwas annähernd Geordnetes zustande gebracht zu haben.

Ich danke euch auf jeden Fall fürs Durchhalten und Lesen dieses riesigen Textes, ich musste mir einfach mal alles von der Seele schreiben (und ich kann mich nicht kurzfassen). Ich danke euch jetzt schonmal für eure Kommentare, eure Unterstützung oder einfach euer offenes Ohr (oder in dem Fall Auge).
Danke für eure Aufmerksamkeit und im Voraus auch schon Danke für eure Ehrlichkeit!

Liebe Grüße
Peggy

Yubel
Beiträge: 15
Registriert: 05.04.2020, 18:23:24
Wohnort: NDS

Re: Überlegung, das Ref abzubrechen

Beitrag von Yubel »

Hallo,
vielleicht kommen folgende zwei Optionen in Betracht:

1. Den Vorbereitungsdienst unterbrechen und in Ruhe nachdenken. Auf diese Weise hättest Du die Möglichkeit, Dich zu erholen und Pläne zu schmieden, ob und wie es weitergehen kann.

2. Den Vorbereitungsdienst in Teilzeit abzulegen. Auf diese Weise wäre der Druck vielleicht nicht so geballt.

Die negativen Seiten des Vorbereitungsdienstes, die Du auflistest, bleiben natürlich so oder so. Eventuell wäre es möglich, eine Vorlage Deiner ausführlichen Unterrichtsvorbereitung zu erstellen, in der wiederkehrende Elemente bereits vorformuliert sind. Ein persönliches Beispiel: Ich habe eine Vorlage, in der die Phasen und einzelne Schritte wie Hausaufgaben oder Differenzierungen bereits enthalten sind und die dann auszufüllen sind - das immer gleiche Layout kennt man und es erspart Arbeit, aber das nur so am Rande.
Viele Grüße

Yubel

Dächsin
Beiträge: 2
Registriert: 12.06.2020, 18:49:42
Wohnort: Sachsen

Re: Überlegung, das Ref abzubrechen

Beitrag von Dächsin »

Hi Yubel!

Ich glaube, Teilzeit geht nicht mehr, weil mein Ref ja schon um ein Halbjahr verlängert wurde und ich dadurch insgesamt 24 Monate Ref habe, genauso wie wenn ich in Teilzeit gegangen wäre. Teilzeit hätte ich ja von Anfang an gemacht, erfülle aber keine der Voraussetzungen dafür (habe z.B. keine Kinder unter 18).

Eine Pause würde ich sehr begrüßen. Aber wie geht man da genau vor? Wie komme ich finanziell über die Runden? Wie lang kann die Pause maximal sein, wenn ich mich dann doch entscheiden sollte, das Ref weiterzumachen?

An wen wende ich mich überhaupt?
Bin leider auch nicht in der Gewerkschaft (gut, das kann man evtl. noch nachholen).

Ich habe einfach keine Ahnung, welche Möglichkeiten ich habe und was sich für mich überhaupt anbieten würde oder sinnvoll für mich wäre.

EDIT: Ich nutze immer eine Vorlage zur Stundenverlaufsplanung. Das Schreiben an sich macht mir auch keine Probleme. Es ist vielmehr, dass es viel Zeit in Anspruch nimmt, wenn man es wirklich so detailliert aufschreibt, wie es erwartet wird. Auch nervt es mich so, weil ich diese Verlaufsplanung nicht für mich, sondern immer nur für die Mentorinnen schreibe. Ich selbst kann mit diesem super ausführlichen Ding nichts anfangen, ich brauche immer meinen eigenen, handgeschriebenen Zettel, wo alles etwas kürzer draufsteht.

Yubel
Beiträge: 15
Registriert: 05.04.2020, 18:23:24
Wohnort: NDS

Re: Überlegung, das Ref abzubrechen

Beitrag von Yubel »

Dächsin hat geschrieben:
01.11.2020, 23:15:19
Hi Yubel!

Ich glaube, Teilzeit geht nicht mehr, weil mein Ref ja schon um ein Halbjahr verlängert wurde und ich dadurch insgesamt 24 Monate Ref habe, genauso wie wenn ich in Teilzeit gegangen wäre. Teilzeit hätte ich ja von Anfang an gemacht, erfülle aber keine der Voraussetzungen dafür (habe z.B. keine Kinder unter 18).

Eine Pause würde ich sehr begrüßen. Aber wie geht man da genau vor? Wie komme ich finanziell über die Runden? Wie lang kann die Pause maximal sein, wenn ich mich dann doch entscheiden sollte, das Ref weiterzumachen?

An wen wende ich mich überhaupt?
Bin leider auch nicht in der Gewerkschaft (gut, das kann man evtl. noch nachholen).

Ich habe einfach keine Ahnung, welche Möglichkeiten ich habe und was sich für mich überhaupt anbieten würde oder sinnvoll für mich wäre.

EDIT: Ich nutze immer eine Vorlage zur Stundenverlaufsplanung. Das Schreiben an sich macht mir auch keine Probleme. Es ist vielmehr, dass es viel Zeit in Anspruch nimmt, wenn man es wirklich so detailliert aufschreibt, wie es erwartet wird. Auch nervt es mich so, weil ich diese Verlaufsplanung nicht für mich, sondern immer nur für die Mentorinnen schreibe. Ich selbst kann mit diesem super ausführlichen Ding nichts anfangen, ich brauche immer meinen eigenen, handgeschriebenen Zettel, wo alles etwas kürzer draufsteht.
Hallo,
bundeslandspezifische Details zum Thema Unterbrechung findest Du auf der Homepage der GEW Sachsen (https://www.gew-sachsen.de/vorbereitungsdienst/faq/) und der Lehrerbildung Sachsen (https://www.lehrerbildung.sachsen.de/14764.htm). Letztere haben ein Merkblatt veröffentlicht, auf dem mögliche Ansprechpartner stehen.
Persönlich kann ich sagen, dass eine Pause in Niedersachsen möglich ist. Ich hatte, als ich über eine Unterbrechung nachdachte, die Möglichkeit, stattdessen als Vertretungslehrkraft zu arbeiten - vielleicht gibt es bei Dir ebenso die Möglichkeit.
Viele Grüße

Yubel

schotti
Beiträge: 27
Registriert: 08.05.2017, 11:05:51

Re: Überlegung, das Ref abzubrechen

Beitrag von schotti »

Liebe Dächsin,

würdest du an einer gescheiterten Prüfung zerbrechen?

Falls du diese Frage mit "Nein" beantworten kannst, solltest du das Ref bis zum bitteren Ende durchziehen. Dein Einkommen ist bis dahin erstmal sicher und über eine berufliche Neuorientierung könntest du dir dann immer noch Gedanken machen. Jetzt abbrechen oder am Ende durchfallen ist praktisch kein großer Unterschied.

Ich habe den Vorbereitungsdienst mit allen Problemen durchgezogen, wollte gar kein Lehrer mehr werden, nur damit ich die Ausbildung abgeschlossen und dadurch bessere Chancen auf eine Umschulung gehabt hätte. Die Abschlussnote war dementsprechend nicht besonders gut. Jetzt habe ich seit zwei Jahren eine volle Stelle und arbeite deutlich weniger als im Ref, es macht Spaß, vom ersten Tag an.

Das Ref hat mit dem richtigen Lehrerberuf kaum etwas zu tun. Ob der Beruf einem gefällt oder nicht, kann man eigentlich erst nach dem Ref beantworten, wenn man einmal als vollwertiger Lehrer gearbeitet hat.

Anscheinend hast du klassische Probleme mit deinen Mentorinnen, das passt wohl einfach nicht. Auch ich hatte Probleme mit meinen Mentorinnen und habe diese dann zwischendurch ausgetauscht. Das waren bissige Stuten, ich habe mir dann einen Kollegen gesucht und ihn gefragt, ob er mich betreuen würde und nach dessen Zusage bin ich dann mit dem Wunsch zur Schulleitung gegangen. Danach habe ich mich sofort um zwei Noten verbessert.

Ich wünsche dir alles Gute und hoffe, dass du nicht vollkommen abgestürzt bist.

Maximer
Beiträge: 179
Registriert: 18.01.2018, 13:39:30

Re: Überlegung, das Ref abzubrechen

Beitrag von Maximer »

schotti hat geschrieben:
12.11.2020, 22:03:43
Anscheinend hast du klassische Probleme mit deinen Mentorinnen, das passt wohl einfach nicht. Auch ich hatte Probleme mit meinen Mentorinnen und habe diese dann zwischendurch ausgetauscht. Das waren bissige Stuten, ich habe mir dann einen Kollegen gesucht und ihn gefragt, ob er mich betreuen würde und nach dessen Zusage bin ich dann mit dem Wunsch zur Schulleitung gegangen. Danach habe ich mich sofort um zwei Noten verbessert.
Das scheint mir auch eines der wohl gravierendsten Probleme zu sein. Leider sind gerade wenig erfahrene Mentoren nicht unbedingt die beste Wahl, das eigene Referendariat sitzt noch im Nacken, selbst gemachte negative Erfahrungen werden dann bewusst oder unbewusst direkt an die eigenen Schützlinge weitergereicht, anstatt sie selbst aufzuarbeiten. Das verlernt man leider leicht im Referendariat, auf sich selbst zu hören. Ich konnte auch nur deshalb durchhalten, weil ich ab einem gewissen Punkt einfach dicht gemacht und durchgezogen habe.

Der Threaderstellerin kann ich nur raten, die Chance zu nutzen, die noch greifbar ist. Vermutlich ist es für Unterbrechungen oder Wechsel (Schule/Seminar/Mentoren) bereits zu spät. Wenn das noch irgendwie möglich wäre, würde ich die Notbremse ziehen. Hier solltest du dich jedenfalls beim für dich zuständigen Personalrat erkundigen und unbedingt einer potenten Gewerkschaft beitreten. Das kostet für Referendare in der Regel fast nichts. Schließlich musst du deinen Fokus stur umorientieren. Ich habe mich irgendwann hauptsächlich nur noch darauf konzentriert, für meine Schüler und mich gewinnbringenden Unterricht zu machen und alles andere so gut wie möglich ausgeblendet.

Du liegst außerdem natürlich völlig richtig in deiner Einschätzung, dass Heulerei und Tränen vor allem als Schwäche und Unreife gedeutet werden. Das macht nicht wenige eher aggressiv und wütend, vielleicht auch hilflos, schließlich sollen sie jemanden ausbilden, der im nicht immer einfachen Berufsalltag eines Lehrers langfristig standhalten und den Schülern mit klarer Linie und stabiler Persönlichkeit begegnen können sollte. Schüler dürfen nach einer schlechten Note in Tränen ausbrechen, weil sie noch keine gefestigten Persönlichkeiten sind und eben solche brauchen, um zu diesen zu werden. Du wirst halt in dieser Hinsicht auf Grund der Situation, in der du dich befindest, offenbar hart getestet und bekommst nicht das Mitgefühl bzw. Verständnis, welches du dir wünschst. Leider hapert es hier in der Lehramtsausbildung notorisch an einer modernen pädagogischen Einstellung und die "friss oder stirb"-Mentalität ist sehr verbreitet. Liegt bestimmt an der Härte des Berufs einerseits, vermutlich aber auch am Selektionsgedanken, der latent immer mitschwingt.

Aber das hilft dir jetzt alles nicht wirklich weiter und ist dir selbst denke ich hinreichend klar. Du bist mit deinen 24 Jahren sehr jung, viele fangen in dem Alter erst mit einem grundständigen Studium an. Wenn es also auch nach einem weniger angstvoll besetzten Versuch im Referendariat nicht klappen sollte mit dem Lehrerjob, kannst du locker ein 2. Studium in Angriff nehmen oder eine Ausbildung machen und gehörst dann vielleicht nicht mehr zu den jüngsten im Bunde, sondern bist mit etwas mehr Lebenserfahrung im Gepäck mit vorwiegend gleichaltrigen Leuten unterwegs.

Halte durch und befreie dich vom Einbahnstraßendenken!

Antworten