Erfahrungen mit kirchlicher Verbeamtung

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bayrische_Füchsin
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Erfahrungen mit kirchlicher Verbeamtung

Beitrag von bayrische_Füchsin »

Hallo zusammen,

Ich habe eine Chance auf eine Stelle an einem katholischen Privatgymnasium in Bayern. Tolle Schule, tolle Lage, einziger Haken: Man wird kirchlich verbeamtet. Nun habe ich in meinem privaten Umfeld verschiedenstes über die kirchliche Verbeamtung gehört und wollte man nach euren Erfahrungen fragen. Und inwiefern unterscheidet sich eigentlich die kirchliche Verbeamtung von einem Landesbeamten?
BL Bayern, Ma/Ph, verbeamtet und glücklich :)

corissia
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Re: Erfahrungen mit kirchlicher Verbeamtung

Beitrag von corissia »

Interessant... hast du auf Lehramt oder Pfarramt studiert? Mir wurde immer gesagt, dass man als Lehrämtler nicht kirchlich verbeamtet und nur angestellt werden kann.
Liegt das am Bundesland, an der Kirche oder an was sonst?

Valerianus
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Re: Erfahrungen mit kirchlicher Verbeamtung

Beitrag von Valerianus »

Die katholische und evangelische Kirche dürfen selbst verbeamten (alle Priester und Pastoren z.B.), Lehrer werden allerdings nicht verbeamtet, sondern landen in einem beamtengleichen Angestelltenverhältnis. Das heißt für dich: Im Grunde keine Unterschiede zu einer Verbeamtung...du bekommst deinen Sold vom für dich zuständigen Träger (normalerweise Bistum oder Orden) in der gleichen Höhe wie ein Landesbeamter ihn erhielte, die Beihilfe erledigt entweder der Träger selbst oder er gibt das ab (für die katholische Kirche in der Regel an die Pax/Bruderhilfe - in jedem Fall deutlich schneller als die staatliche Stelle, bei mir ist die Beihilfe normalerweise 1-2 Tage vor der PKV Rückerstattung da). Du solltest dich mit der Kirche identifizieren können und bestimmte Verhaltensweisen für dich ausschließen können (Scheidung (und Wiederverheiratung), künstliche Befruchtung, Abtreibung, etc.), weil du deswegen entlassen werden könntest. Für spätere Aufstiegsmöglichkeiten sollte dir bewusst sein, dass der Träger da (je höher du kommst) deutlich genauer auf die katholische Prägung schaut...
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nrw31
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Re: Erfahrungen mit kirchlicher Verbeamtung

Beitrag von nrw31 »

Valerianus hat geschrieben:Die katholische und evangelische Kirche dürfen selbst verbeamten (alle Priester und Pastoren z.B.), Lehrer werden allerdings nicht verbeamtet, sondern landen in einem beamtengleichen Angestelltenverhältnis.
Für die katholische Kirche stimmt das. Die evangelische Landeskirche in Westfalen z.B. verbeamtet aber auch Laien, unter anderem als Lehrkräfte, aber nur wenn sie Mitglied der evangelischen Kirche (Landeskirchen) sind. Katholische Bewerber/innen und Bewerber/innen aus christlichen Gemeinschaften außerhalb der Landeskirchen (z.B. Freikirchen [Baptisten usw.], Orthodoxe Kirchen etc.) werden auch hier als Planstelleninhaber beamtengleich beschäftigt.
Siehe: http://www.schulen-ekvw.de/ein-arbeitsplatz-fuer-sie/

Meines Wissens liegt der hauptsächliche Vorteil des Beamtenverhältnisses darin, dass ggf. eine Abordnung und/oder Versetzung zu einem anderen Dienstherrn (z.B. Landesdienst, andere Landeskirche) im beamtenrechtlichen Sinne erfolgen kann, während Planstelleninhaber/innen zwar z.B. in NRW nach im Schulgesetz festgelegten großzügigen Regeln in den Landesdienst wechseln können, aber dienstrechtlich dennoch als neu verbeamtet gelten. Das kann bei seltenen worst-case-Szenarien, z.B. unerwarteter dauerhafter Dienstunfähigkeit innerhalb der ersten 5 Jahre im Beamtenverhältnis, nachteilig sein.
Valerianus hat geschrieben: [...] künstliche Befruchtung [...] weil du deswegen entlassen werden könntest.
Wobei ich sicher weiß, dass verheiratete Ersatzschullehrkräfte selbstverständlich Kinderwunschbehandlungen im Rahmen der Beihilfenverordnung in Anspruch nehmen. Da gibt es meines Wissens keine Einschränkungen für Ersatzschullehrkräfte und auch keine rechtlichen Konsequenzen. Der Dienstherr bekommt aufgrund der Schweigepflicht der Beihilfedienstleister davon nichts mit. So zumindest mein Kenntnisstand.

Valerianus
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Re: Erfahrungen mit kirchlicher Verbeamtung

Beitrag von Valerianus »

Die Beihilfe würde dafür einfach nicht zahlen (die Einschränkung ergibt sich aus der Verpflichtung zur Achtung der Moral- und Sittenlehre im Arbeitsvertrag) und die Schweigepflicht ist so...puuh, wenn im Bistum derselbe Sachbearbeiter für die Beihilfeberechnung zuständig ist, der auch für Einstellungen und Entlassungen da ist...da braucht es Vertrauen. Wenn es eine externe Beihilfestelle gibt, geht da natürlich auch nichts weiter ohne dass man das möchte...

Beim Wechsel von Land <-> Kirche gibt es in NRW eigentlich keine Nachteile, Probezeit, DU-Anrechnungszeiten, etc. werden alle übernommen (wäre ja auch Quatsch, das Land zahlt auch bei Leuten im Kirchendienst ~95% der Lohnkosten).
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nrw31
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Re: Erfahrungen mit kirchlicher Verbeamtung

Beitrag von nrw31 »

Valerianus hat geschrieben:Die Beihilfe würde dafür einfach nicht zahlen (die Einschränkung ergibt sich aus der Verpflichtung zur Achtung der Moral- und Sittenlehre im Arbeitsvertrag) und die Schweigepflicht ist so...puuh, wenn im Bistum derselbe Sachbearbeiter für die Beihilfeberechnung zuständig ist, der auch für Einstellungen und Entlassungen da ist...da braucht es Vertrauen. Wenn es eine externe Beihilfestelle gibt, geht da natürlich auch nichts weiter ohne dass man das möchte...
Kündigung wegen vollzogener künstlicher Befruchtung/Kinderwunschbehandlung? Gibt es da seriös dokumentierte Präzedenzfälle? Mir ist das vollkommen neu, ich finde hierzu auch keine Treffer im Netz und kann mir das in der Praxis auch nicht wiklich vorstellen. Bin aber auch kein Kirchenrechtler oder kirchlicher Arbeitsrechtler...

Was die Beihilfe betrifft ist die Rechtslage meines Wissens jedoch eindeutig:

- Ersatzschullehrkräfte bekommen 1:1 Beihilfe gemäß der Beihilfenverordnung NRW, es gibt keine kirchenspezifischen Einschränkungen mit welchem Hintergrund auch immer.

-Die Sachbearbeitung in der Beihilfe gilt seit jeher als äußerst sensibel bzgl. Daten- und Persönlichkeitsschutz, weshalb schon immer separate Sachbearbeiter diesen Bereich bearbeiten, Beihilfeakten müssen vollkommen getrennt sein von den normalen Personalakten, die Personalabteilung oder gar die Behördenleitung hat darauf keinerlei Zugriff. Ansonsten wäre doch Missbrauch Tür und Tor geöffnet wenn z.B. die Personalabteilung mitbekommt dass jemand einen Psychater aufgesucht hat oder der gut katholische Junggeselle seit dem Urlaub an einer Geschlechtskrankheit leidet.
Valerianus hat geschrieben: Beim Wechsel von Land <-> Kirche gibt es in NRW eigentlich keine Nachteile, Probezeit, DU-Anrechnungszeiten, etc. werden alle übernommen (wäre ja auch Quatsch, das Land zahlt auch bei Leuten im Kirchendienst ~95% der Lohnkosten).
Es gab unter Ersatzschullehrkräften bis in die Gegenwart die Info, dass zwar alles 1:1 übernommen würde, aber ggf. in den ersten 5 Jahren als neu ernannter Beamter bei vorzeitiger DU trotz allem kein Anspruch auf eine reguläre (Mindest-) pension bestünde, egal wie lange man vorher im Ersatzschuldienst tätig war. Nach den 5 Jahren allerdings würde dann wiederum ein entsprechender Anspruch bestehen - und zwar unter Berücksichtigung sämtlicher Zeiten im Ersatzschuldienst. Das mutet seltsam an, soll aber von Gewerkschaftsleuten so dargestellt worden sein. Wenn es nur eine Fehlinfo bzw. hartnäckiges Gerücht ist, umso besser. Im Netz lässt sich das nicht sicher verifizieren.

Valerianus
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Re: Erfahrungen mit kirchlicher Verbeamtung

Beitrag von Valerianus »

Es gibt keine Einschränkungen der Beihilfeverordnung, aber eine Abtreibung oder künstliche Befruchtung gilt als schwerer Verstoß gegen die Moral- und Sittenlehre, die Beihilfestelle verweigert die Zahlung mit Verweis darauf, sich bei Widerspruch direkt an den Dienstgeber zu wenden (was dann heißt: man verzichtet von allein auf die Verschwiegenheitspflicht). Ist einer Kollegin passiert, sie durfte dann 50% anstatt 25% der Kosten selbst tragen...

Wegen der DU, schau mal hier in die Erläuterungen zu §2:
https://www.kirchenrecht-ekd.de/document/35095
Ist so semieinschlägig, weil es da nur darum geht, dass die ev. Kirche die Versorgung übernimmt, wenn im Landesdienst jemand zu schnell DU geht.
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