Planstelle hinschmeißen? Oder Beruf sogar komplett aufgeben?

Lynn6
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Planstelle hinschmeißen? Oder Beruf sogar komplett aufgeben?

Beitrag von Lynn6 »

Liebes Forum,

ich bräuchte mal dringend euren Rat und/oder euren seelischen Beistand.
Ich bin nun seit Januar mit dem Referendariat fertig, und arbeite seit etwas über einem Monat an einer Grundschule in einer größeren Stadt in NRW. Die Stelle ist eigentlich eine Planstelle, aber da ich noch nicht beim Amtsarzt war, bin ich zurzeit noch Angestellte.

Das Ref war insgesamt schon eher eine Quälerei, aber das ist ja fast normal, deshalb habe ich auch nie an meiner Berufswahl gezweifelt, sondern es auf die harten Bedingungen des Refs zurückgeführt. Ich dachte, wenn ich endlich fertige, eigenständige Lehrerin bin, wird alles besser! Aber dem ist nun ganz und gar nicht so. Ich fühle mich überhaupt nicht wohl an der neuen Schule, habe große Probleme mit den schwierigen Kindern, quäle mich jeden Morgen mit sehr schlechter Laune und Bauchschmerzen zur Schule, meinen Unterricht bereite ich nur halbherzig und lustlos vor, das Unterrichten macht mir bis auf einige wenige Momente überhaupt keinen Spaß. Wenn die Schule vorbei ist, fahre ich erleichtert und frustriert nach Hause. Erfolgserlebnisse gibt es keine, schöne Momente kann ich inkl. derer im Ref an einer Hand abzählen.

Der Umgang mit Kindern macht mir schon Freude, aber nicht im System Schule mit riesigen und extrem heterogenen Klassen, sondern wenn ich individuell mit Kindern arbeiten kann.

Ich stehe nun vor der Entscheidung zwischen folgenden Alternativen:

1. Mich verbeamten lassen an der aktuellen Schule, nach dem Motto Augen zu und durch, und die tägliche Frustration hinnehmen
2. Schule wechseln und hoffen, dass es an einer anderen Schule besser wird (eine Vertretungsstelle habe ich schon von einer anderen Schule angeboten bekommen die mich gerne nehmen würde)
3. In Teilzeit in der (neuen) Schule arbeiten, die andere Zeit beruflich etwas anderes machen um wenigstens etwas Abstand von Schule zu bekommen
4. Den Lehrerberuf ganz hinschmeißen, was völlig anderes machen außerhalb von Schule (bloß was??), und dann nach einer Pause später wieder einsteigen in den Lehrerberuf

Mir ist im Übrigen klar, dass ich mit den Optionen 2 bis 4 eine Planstelle aufgebe, die ja „so schön viel Sicherheit und Geld bietet“. Mir ist auch klar, dass ich erst seit einem Monat als fertige Lehrerin arbeite, und manch einer findet meine Alternativen vielleicht zu überstürzt… aber ich merke jeden Tag, wie unzufrieden und frustriert ich bin, voller Selbstzweifel und mit immer mehr Wut, die ich aufbaue.

Für welche der Alternativen würdet ihr euch entscheiden? Oder würdet ihr mir etwas ganz anderes raten?
Bitte nur ernstgemeinte Antworten, und keine Vorwürfe alla „Das hättest du dir ja mal früher überlegen können bevor du eine Planstelle annimmst“ – mein schlechtes Gewissen und mein Gefühl versagt zu haben reichen mir im Moment schon vollkommen aus.
Vielleicht ist/ war ja jemand in einer ähnlichen Situation...

Danke schon mal!
LG Lynn

Jula13
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Re: Planstelle hinschmeißen? Oder Beruf sogar komplett aufge

Beitrag von Jula13 »

Wechsel die Schule und schau, ob Du Dich dort besser fühlst. Wenn nicht: Such Dir etwas anderes und warte damit nicht zu lange.

Nedyar
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Re: Planstelle hinschmeißen? Oder Beruf sogar komplett aufge

Beitrag von Nedyar »

Das Leben ist zu kurz und zu schön, um eine Arbeit auszuführen, die Dich frustriert. Ich stimme dem/der Vorposterin zu. Versuche nochmal eine andere Schule. Es kann ja auch daran liegen, dass Schule und Du einfach nicht zusammen passt. Und wenn es dann noch immer nichts ist, wechsel. Und ja, warte nicht zu lang.

Und wozu brauchste eine Planstelle? Die macht dich auch nicht glücklicher! Ich kenne genug Leute, die ihre "ach so geliebte" Planstelle haben und unglücklich sind. Was bringt es dir? Auf die Kröten würde ich dann lieber verzichten und glücklich sein.

Spreche btw aus Erfahrung, habe den Job auch an den Nagel gehängt, um etwas anderes zu machen.

Katta
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Re: Planstelle hinschmeißen? Oder Beruf sogar komplett aufge

Beitrag von Katta »

Variante 5: Suche dir einen Coach, der mit dir als Außenstehender deine Situation analysiert, hoffentlich genau heraus findet, was genau die Arbeit gerade für dich so unangenehm gestaltet (der Beruf an sich oder die Schule?), um dann entscheiden zu können, ob Wechsel l an eine andere Schule oder komplette Neuorientierung der bessere Weg ist. Und der dann mit dir auch deine Stärken analysieren kann und dir hoffentlich für dich passende Alternativen aufweisen kann.

Amtsarzt
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Re: Planstelle hinschmeißen? Oder Beruf sogar komplett aufge

Beitrag von Amtsarzt »

Wenn das Gehalt selbst als Schmerzensgeld perspektivisch als unzureichend betrachtet wird und Erfahrungen eines Wechsels der Beschäftigungsstelle sowie Berichte anderer Betroffener ähnlichen Empfindens allgemein ähnliche Arbeitsbedingungen nahelegen, so ist der persönliche Beurteilungsspielraum doch sehr eingeengt, zumal das Netz der sozialen Sicherung trotz zunehmender Löchrigkeit keine vitale Bedrohung darstellt.
Zur Objektivierung würde ich alle positven und negativen Aspekten der Entscheidungsmöglichkeiten grundsätzlich listen, je nach persönlicher Wichtigkeit möglichst unvoreingenommen mit einem Multiplikator versehen und in einem dritten Schritt je nach erlebter Ausprägung mit einem Punktwert (z.B. von +3 bis -3) belegen. Danach die Produktwerte addieren (...und hoffen, dass die Partnerin oder der Partner einen selbst nicht nach ähnlichen Kriterien beurteilt.)
Die Bewertung der Multiplikatoren und die Bemessung der Punktwerte wären sicherlich noch immer gefühlsmäßig und werden innerhalb eines zu wählenden Zeitraumes variieren. Bleibt das Endergebnis allerdings trotzdem konstant, so unterstreicht dies, dass das als Konsequenz beabsichtigte Vorgehen tatsächlich auch zum beabsichtigten Zweck geeignet sein wird. Wichtige Entscheidungen sollten wohl überlegt und überschlafen werden. Allerdings entspringt mein Vorschlag meiner eigenen Persönlichkeit. Ihre individuelle Persönlichkeit mag andere Beurteilungen als angemessener betrachten. Jeder Mensch ist ein Universum für sich und es ist auf diesem Wege praktisch unmöglich, Patentrezepte zu entwickeln.
Um den Vorschlag von Katta aufzugreifen, manchmal hilft es auch, die notwendige Distanz zur Beurteilung zu schaffen, in dem man sich vorstellt, was ein konkreter Mensch einem raten würde, dem Sie die notwendige Weisheit für einen Ratschlag zutrauen, sei es ein Coach, der Dalai Lama, die eigene Großmuter oder sonst wer.
(Es handelt sich hier um eine persönliche Meinungsäußerung, die nicht unbedingt identisch sein muss mit der Auffassung meines Dienstherrn)

tiger
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Re: Planstelle hinschmeißen? Oder Beruf sogar komplett aufge

Beitrag von tiger »

Lynn6 hat geschrieben:Das Ref war insgesamt schon eher eine Quälerei (...) Ich fühle mich überhaupt nicht wohl (...), habe große Probleme mit den schwierigen Kindern, quäle mich jeden Morgen mit sehr schlechter Laune und Bauchschmerzen zur Schule (...) halbherzig und lustlos (...) macht mir (...) überhaupt keinen Spaß (...) frustriert (...) Erfolgserlebnisse gibt es keine, schöne Momente kann ich (...) an einer Hand abzählen (...) Augen zu und durch (...) tägliche Frustration (...) Abstand von Schule zu bekommen (...) schön viel Sicherheit und Geld (...) unzufrieden und frustriert (...) immer mehr Wut
Ich finde diese Einstellung absolut ekelhaft und widerwärtig. Ich, ich, ich. Ich fühle mich nicht wohl, ich habe keinen Spaß, ich bin unzufrieden und frustriert. Kein Gedanke an die Kinder, die eine solche Lehrerin nun wirklich nicht verdient haben. Null Motivation, null Leistungsbereitschaft, aber die fetten Beamtenbezüge einstreichen wollen. Ich kotze gleich.

Amtsarzt
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Re: Planstelle hinschmeißen? Oder Beruf sogar komplett aufge

Beitrag von Amtsarzt »

Negative Emotionen, egal ob sie denn berechtigt sind oder nicht, können spontan in einem Chat abgelassen werden und dort sogar eine nachhaltige, vielleicht sogar beabsichtigte Wirkung entfalten, gleichwohl verbleiben diese bei den Sendern und vergiften letztlich diese selbst. Wenn jemand nur über sich selbst spricht, kann das als Symptom durchaus für eine Persönlichkeitsstörung sprechen, andererseits aber auch Ausdruck einer tiefen Verzweiflung sein. Grundsätzlich habe ich den Eindruck, dass sich von der Depressivität einer Darlegung auf den Grad der Erkenntnis über Eigenanteile an einem Konflikt und von der Aggressivität der Darlegung auf den Grad verantwortlich gemachter äußerer Aspekte schließen lässt.
Verzeihen Sie, lieber Tiger, aber unter diesem Aspekt, erscheinen mir die Darlegungen von Lynn6 schon etwas differenzierter als von Ihnen wahrgenommen. Sollte gar die Depression im Vordergrund gestanden haben, kann ein unangemessener Tenor in den Antworten, von dem auch ich sicherlich nicht gefeit bin, schon fatale Folgen haben. Leider fehlt in einem Chat die Möglichkeit, Mimik und Gestik in die Beurteilung einzubeziehen. Persönlich neige ich dazu, alles vorschnell durch den Kakao zu ziehen. Hier war mir überhaupt nicht danach, aber so unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind offensichtlich auch die subjektiven Wahrnehmungen.
(Es handelt sich hier um eine persönliche Meinungsäußerung, die nicht unbedingt identisch sein muss mit der Auffassung meines Dienstherrn)

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