Scheuermann / Rundrücken

Amtsarzt
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Re: Scheuermann / Rundrücken

Beitrag von Amtsarzt »

Leider dürften Sie mit Ihrer Vermutung richtig liegen. Andererseits gibt es auch die durchaus menschliche Schwäche der Bequemlichkeit. Wer möchte sich schon durch drohende Schwierigkeiten Unannehmlichkeiten oder arbeitsintensive Widersprüche bescheren?' Da winkt man doch lieber im Zweifelsfall die Leute durch oder sichert sich als eher ängstliche Natur mit einem einzuholenden orthopädischen (hier nicht mal) Gefälligkeitszweizeiler ab. Bei Schwierigkeiten könnten Sie ja dem Amtsarzt eine orthopädische Stellungnahme anbieten.
Zur Definition der überwiegenden Wahrscheinlichkeit verweisen Sie am besten auf Randnummer 27 des Urteils des BVerwG vom 30.10.2013 (Az. BVerwG 2 C 16.12),
(Es handelt sich hier um eine persönliche Meinungsäußerung, die nicht unbedingt identisch sein muss mit der Auffassung meines Dienstherrn)

MasonHaverford
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Re: Scheuermann / Rundrücken

Beitrag von MasonHaverford »

Nochmals vielen dank für die Rückmeldung. Können Sie sagen, wie das mit einer Facharztüberweisung läuft? Muss ich dann zu dem Facharzt, den der Amtsarzt benennt (was aus meiner Laiensicht den Nachteil hätte, dass man sich ggf. gut kennt und geäußerte Bedenken eher bestätigt werden)?

nrw31
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Re: Scheuermann / Rundrücken

Beitrag von nrw31 »

MasonHaverford hat geschrieben:Muss ich dann zu dem Facharzt, den der Amtsarzt benennt (was aus meiner Laiensicht den Nachteil hätte, dass man sich ggf. gut kennt und geäußerte Bedenken eher bestätigt werden)?
Nein! Da werden dir gar keine Vorgaben gemacht. Logisch ist zum bisher behandelnden Arzt zu gehen, der deine Krankengeschichte kennt und insofern am ehesten schlüssige Aussagen zu den Fragen des Amtsarztes machen kann.

Amtsarzt
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Re: Scheuermann / Rundrücken

Beitrag von Amtsarzt »

Ob nun der Amtsarzt eine Stellungnahme vom behandelnden Facharzt haben will oder ggf. nach Klärung der Kostenübernahme eine Stellungnahme eines bisher nicht mit der Behandlung befassten Facharztes wünscht, bleibt grundsätzlich ihm überlassen.
Oft erstellen behandelnde Fachärzte, ihren aktuellen oder zukünftigen Privatpatienten auch kostenfrei einen Zweizeiler aus, da noch ein gewisser Respekt oder Kollegialität gegenüber Behördenärzten besteht. Seitdem allerdings andere Behörden, wie z.B. die ärztlichen Dienste der Bundesagentur für Arbeit, den niedergelassenen Ärzten ohne Leistungskontrolle selbst für 2-Zeiler höchst lukrative Vergütungen bietet und die niedergelassenen Ärzte im Budget-Würgegriff einer als feindlich empfundenen Bürokratie allmählich Frust entwickeln, wird das amtsärztliche Anfordern von Stellungnahmen immer schwieriger, insbesondere dann, wenn nicht mal das Porto ersetzt werden kann.

Irgendwo habe ich vor vielen Jahren mal in einem höchstrichterlichen Urteil gelesen, dass die Übertragung eines zur Neutralität verpflichtenden Gutachtenauftrags an den behandelnden Arzt als "problematisch" bezeichnet wird, da dieser ja quasi als Anwalt seiner Patienten gilt. Behandelnde Krankenhausärzte mögen da eine Mittelstellung einnehmen. (Um diese Distanz zu den Begutachteten zum Ausdruck zu bringen, sollten Amtsärzte in Gutachten auch niemals von den von ihnen untersuchten "Patienten" sprechen)

Ein weiteres Problem der Gutachtenübertragung an nicht primär gutachterlich tätige Fachärzte ist, dass diese sehr gut und präzise Befunde erheben können. Schließen diese dann von den Befunden direkt auf das Leistungsbild, so ist dieser Schritt oft nicht im Gutachten nachvollziehbar, weil der Zwischenschritt der Nennung der konkreten Funktionsdefizite und auch die fachliche Auseinandersetzung mit aktuellen fachspezifischen und sozialmedizinischen Leitlinien im Gutachten nicht erkennbar ist. Dennoch werden - nicht nur aus Mangel an versierten Gutachtern - diese in Begutachtungen weniger erfahrenen, primär kurativ tätigen Ärzte gelegentlich für Stellungnahmen in Anspruch genommen.
Um es auf den Punkt zu bringen, in der Praxis entscheidet der Amtsarzt manchmal bereits schon durch die Auswahl des Gutachters gezielt über das Ergebnis der Zusatzbegutachtung. Treibende Kraft dürfte in solchen Fällen m. E. weniger die Ermittlung eines Sachverhaltes oder der Erhalt einer neutralen Beurteilung sein, sondern die persönliche Absicherung. Soweit meine persönliche Meinung dazu, denn um mehr handelt es sich hier nicht.
(Es handelt sich hier um eine persönliche Meinungsäußerung, die nicht unbedingt identisch sein muss mit der Auffassung meines Dienstherrn)

MasonHaverford
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Re: Scheuermann / Rundrücken

Beitrag von MasonHaverford »

Dank an nrw31 und amtsarzt.
@amtsarzt: Entschuldigen Sie, aber ich werde aus dem letzten Teil Ihrer Antwort noch nicht ganz schlau. Kann der Amtsarzt nun einen bestimmten Facharzt heranziehen (also: Auftrag an Internist Dr. X, Y-Straße, Z-Stadt), oder bleibt es bei der freien Arztwahl?

Amtsarzt
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Re: Scheuermann / Rundrücken

Beitrag von Amtsarzt »

Sorry, ich drücke mich nicht immer eindeutig aus. Einerseits möchte ich durch Pauschalierung verständlicher werden, andererseits möchte ich durch Pauschalierung den vielen redlichen Kollegen auch kein Unrecht antun. Beides gelingt nicht immer, manchmal sogar weder das eine, noch das andere.

Sofern der Amtsarzt, einverstanden ist bzw. es für ausreichend hält, wenn Sie (üblicherweise auf eigene Kosten) eine Stellungnahme eines Sie behandelnden Arztes vorlegen, haben Sie erfahrungsgemäß meist schon gewonnen. Wenn Amtsarzt einen anderen Arzt als Zusatzgutachter vorschlägt, so muss Amtsarzt sich auch um die dadurch entstehenden Kosten kümmern, hat aber den Vorteil eines wirklich neutralen Gutachtens, wenn er nicht gerade jemanden mit ärztlichem Helfersyndrom beauftragt. Meines Erachtens haben Sie ohne amtsärztliches Einverständnis keine freie Arztwahl. Sie können sich rechtlich offensichtlich auch nicht auf die fachliche Kompetenz ihrer behandelnden Ärzte berufen.
Unbenommen bleibt Ihnen natürlich, Ihrerseits ein von Ihnen veranlasstes und bezahltes Gutachten Ihres oder sonstiger Ärzte vorzulegen. Hier wird richterlich mangels eigener Fachkompetenz meist nur überprüft werden, ob sich der Amtsarzt inhaltlich mit dem von Ihnen veranlassten Gutachten auch nachvollziehbar auseinandergesetzt hat. Leider ist das keine Selbstverständlichkeit. Im Zweifelsfall wird richterlich einer (nachvollziehbaren!) amtsärztlichen Argumentation Vorrang eingeräumt werden.
Sollte ich mich irgendwie unklar ausgedrückt haben, fragen Sie ruhig nach. Sofern es dabei nicht primär um Selbstdarstellung geht, freue ich mich auch über Hinweise auf evt. Widersprüche in meiner Gedankenkette. Niemand ist perfekt, aber man kann sich ja im Rahmen der bestehenden Ressourcen (bei diesem schwierigen Wort bediente ich mich z.B. der Hilfe des Dudens) darum bemühen.
Über objektive Befunde behandelnder Ärzte ohne unbegründete Bewertung sollte sich jeder Amtsarzt freuen.
(Es handelt sich hier um eine persönliche Meinungsäußerung, die nicht unbedingt identisch sein muss mit der Auffassung meines Dienstherrn)

flosse
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Re: Scheuermann / Rundrücken

Beitrag von flosse »

Hallo MasonHaverford,
was kam denn bei deiner Untersuchung letztlich raus?

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