Bewertung eurer Ausbilder

Konstruktive Kritik - das Referendariat muss reformiert werden! Eure Vorschläge...
Lysander

Beitrag von Lysander »

SL hat geschrieben:
Lysander hat geschrieben: Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem, was man in der Ausbildung erlebt hat und dem, wie man sich später ggf. entwickelt?
Schwer zu sagen. Was ist der Hintergrund Ihrer Frage?
Ausgehend von der zugegebenermaßen möglicherweise naiv angehauchten These, dass nahezu jeder Junglehrer motiviert und engagiert ist (bzw. war), habe ich mich bei einigen meiner Kollegen (und auch bei dem einen oder anderen Seminarlehrer) gefragt, was dazu führt, dass selbige zumindest nach außen hin zu kritikresistenten und mitunter willkürlich entscheidenden Personen mutieren, die offenbar mit der Macht und der Verantwortung, die sie haben, nicht umgehen können.
Da ich davon ausgehe, dass man so nicht auf die Welt kommt, habe ich mich eben immer wieder gefragt, was dazu führt, dass Lehrer wie Seminarlehrer sozusagen zum "bösen Lehrer" sich verändern bzw. entwickeln.
Das frage ich mich nicht zuletzt auch deswegen, weil ich natürlich auch nicht so "enden" möchte.

Gruß
Lysander

Freidenker
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Beitrag von Freidenker »

@Ullysses
Jetzt wankt aber mein Glauben ! Bis eben gerade habe ich gedacht, dass das Kultusministerium identisch mit Gott ist.
Jetzt habe ich aber zu knacken und finde mein Leben jetzt wertelos. Kann ich überhaupt im Amt bleiben ?:cry:

@SL
Deine Einstellung finde ich im Prinzip nicht schlecht. Nur, haben die Evaluationsbögen den Geruch "Gut, dass wir darüber gesprochen haben !" und ändern wird sich nichts.

Mit dem im Nachhinein beurteilen ist es so eine Sache. Man steht zwar in keinem Abhängigkeitsverhältnis mehr, ist aber froh, wenn man von dem ganzen Mist nichts mehr hört und sieht.
Ich bin davon überzeugt, dass man das Ganze viel objektiver beurteilen kann, wenn einige Jahre verstrichen sind.-Nur, wer will das dann noch ?

Direkt nach dem Referendariat ist das Gehirn durch zweijährige Indoktrination derart vernebelt, dass man zu keinem klaren Urteil kommt.

Würde ich heute mein Seminar beurteilen, käme ich zu folgendem Ergebnis : Ein Fachleiter so naja, relativ freundlich aber etwas unberechenbar, hatte so seine Lieblinge, war aber kein "Absäger". Note 3-
Zweiter Fachleiter, genannt "Der Sezierer". Note 6- (10+ wäre angemessener gewesen). Hatte die Eigenart, bei Nachbespechungen die Referendare persönlich zu demütigen. Heulkrämpfe bei den Damen waren üblich, selbst hartgesottene Kerle bekamen Magenkrämpfe und Augenzuckungen.
Seminarleiter : Sehr fair und konstruktiv. Persönlich bemüht (Rief bei Geburtstagen an...). Note 2+

Hinsichtlich des "Sezierers" hätte man Strafanzeige stellen sollen. Hat aber niemand gemacht, weil niemand psychisch dazu in der Lage war. Alle haben auch geglaubt, dass sie "Unterrichtsnieten" seien.-So tief saßen die "Kritiken" dieses Fachleiters.

Erst viel später, wenn man selbst Erfolge vorweisen kann, sieht man alles viel klarer.
Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

SL

Beitrag von SL »

Lysander hat geschrieben:Ausgehend von der zugegebenermaßen möglicherweise naiv angehauchten These, dass nahezu jeder Junglehrer motiviert und engagiert ist (bzw. war), habe ich mich bei einigen meiner Kollegen (und auch bei dem einen oder anderen Seminarlehrer) gefragt, was dazu führt, dass selbige zumindest nach außen hin zu kritikresistenten und mitunter willkürlich entscheidenden Personen mutieren, die offenbar mit der Macht und der Verantwortung, die sie haben, nicht umgehen können.
Da ich davon ausgehe, dass man so nicht auf die Welt kommt, habe ich mich eben immer wieder gefragt, was dazu führt, dass Lehrer wie Seminarlehrer sozusagen zum "bösen Lehrer" sich verändern bzw. entwickeln.
Das frage ich mich nicht zuletzt auch deswegen, weil ich natürlich auch nicht so "enden" möchte.
Also zunächstmal, ich hoffe nicht, dass ich ein böser Lehrer bin, nur weil ich Seminarlehrer bin. Aber entscheiden müssen das natürlich meine Referendare...

Nun, ehrlich gesagt, habe ich mich auch schon oft gefragt, warum aus engagierten jungen Lehrern manchmal diese verknöcherten Alten werden. Eine einfach Antwort kann ich Ihnen nicht geben, denn es gibt wohl viele Gründe, die auch individuell verschieden sind.

Zu großer Enthusiasmus und Überengagement sind genauso wie das Streben nach Perfektion ein Problem in unserem Beruf. Das kann zu Frustration und Gleichgültigkeit führen.
Bei anderen ist es die fehlernde Aufstiegsmöglichkeit, die sie resignieren lässt.

Wenn Sie einen Tipp haben wollen:
Bleiben Sie gelassen, nehmen Sie sich, die Kollegen und die Schüler nicht zu ernst, versuchen Sie über den Dingen zu stehen. Seinen Sie bescheiden, erwarten Sie kein Lob und nur wenig Dank.
Suchen Sie sich innerhalb der Schule ein Betätigungsfeld, das Ihnen Spaß macht, irgendeine Arbeitsgemeinschaft außerhalb des Unterrichts. Wenn Sie z.B. gerne Schach spielen, gründen Sie eine Schachgruppe.
Schauen Sie auch immer wieder über den Rand der Schule hinaus. Ich war drei Jahre am Europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf und fand es als großen Gewinn.
Und bitte, bitte, versuchen Sie nicht ein Perfektionist zu sein. Wenn Sie 80%ig arbeiten reicht das! 100% schafft man ohnehin nie.
Ach ja und haben Sie Humor! Vergessen Sie nicht, dass in jeder guten Unterrichtsstunde mindestens einmal herzhaft gelacht werden muss.

SL

Beitrag von SL »

Freidenker hat geschrieben:@SL
Deine Einstellung finde ich im Prinzip nicht schlecht. Nur, haben die Evaluationsbögen den Geruch "Gut, dass wir darüber gesprochen haben !" und ändern wird sich nichts.

Mit dem im Nachhinein beurteilen ist es so eine Sache. Man steht zwar in keinem Abhängigkeitsverhältnis mehr, ist aber froh, wenn man von dem ganzen Mist nichts mehr hört und sieht.
Ich bin davon überzeugt, dass man das Ganze viel objektiver beurteilen kann, wenn einige Jahre verstrichen sind.-Nur, wer will das dann noch ?[...]
Bei jeder Fortbildung ist es üblich, dass am Ende eine Evaluation stattfindet. Wie soll es auch sonst praktikabel sein? Sie können kaum 3-4 Jahre nach dem Referendariat die Teilnehmer anschreiben und um eine Evaluation bitten.

Nun, ich denke, eine Evaluation bringt auch nur dann etwas, wenn die Personen, die beurteilt werden, bereit sind, über ihr Handeln nachzudenken und vor allem dieses zu überdenken.
Wenn jemand so von sich überzeugt ist, dass er das nicht kann, hilft das beste Feedback nicht.
Freidenker hat geschrieben:[...]Direkt nach dem Referendariat ist das Gehirn durch zweijährige Indoktrination derart vernebelt, dass man zu keinem klaren Urteil kommt.[...]
Ich denke, Sie sprechen hier aus Ihrer eigenen, wohl nicht sehr positiven Erfahrung im Referendariat. Bitte erlauben Sie mir, was mich anbelangt, den Vorwurf der Indoktrination zurückzuweisen.

Ulysses
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Beitrag von Ulysses »

Freidenker hat geschrieben:Jetzt wankt aber mein Glauben ! Bis eben gerade habe ich gedacht, dass das Kultusministerium identisch mit Gott ist.
wie sollte denn das gehen, Freidenker? es gibt doch schließlich in Deutschland 16 Kultusministerien und im Ausland vermutlich auch noch ein paar, aber es gibt nur einen Gott. welches Kultusministerium sollte dann Gott sein?

alle gleichzeitig geht ja nicht, und mehrere Götter gibt's ja nur bei den Heiden, die an den Polytheismus glauben 8)
Bayern, Gymnasium, Latein/Geschichte.
LAss seit Februar 2008 -- Planstelle an einem überaus elitären :mrgreen: städtischen Gymnasium
[i]... causas viresque perquirere rerum ...[/i]

Lysander

Beitrag von Lysander »

SL hat geschrieben: Wenn Sie einen Tipp haben wollen:
Bleiben Sie gelassen, nehmen Sie sich, die Kollegen und die Schüler nicht zu ernst, versuchen Sie über den Dingen zu stehen. Seinen Sie bescheiden, erwarten Sie kein Lob und nur wenig Dank.
Nun, wenn man davon ausgeht, dass jeder irgendwo "Erfüllung" in seinem Beruf sucht bzw. erwartet, dann spräche das ja an sich gegen den Lehrerberuf.
Suchen Sie sich innerhalb der Schule ein Betätigungsfeld, das Ihnen Spaß macht, irgendeine Arbeitsgemeinschaft außerhalb des Unterrichts. Wenn Sie z.B. gerne Schach spielen, gründen Sie eine Schachgruppe.
Schon passiert. Nur ist der von mir gegründete Chor nicht mit den Stundenplänen vereinbar bzw. er wird nicht freigeblockt, somit stehe ich zu Beginn eines jeden Halbjahres vor dem Problem einen Termin zu finden und darf bei null wieder anfangen.
Schauen Sie auch immer wieder über den Rand der Schule hinaus. Ich war drei Jahre am Europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf und fand es als großen Gewinn.
Das sollte in der Tat jeder Lehrer tun.
Und bitte, bitte, versuchen Sie nicht ein Perfektionist zu sein. Wenn Sie 80%ig arbeiten reicht das! 100% schafft man ohnehin nie.
D'accord. Ich selbst kann damit leben - bislang auch meine Schüler und deren Eltern. Die Anforderungen an uns Lehrer seitens der Gesellschaft und unserer netten Kultusministerin sehen aber glaube ich anders aus.
Ach ja und haben Sie Humor! Vergessen Sie nicht, dass in jeder guten Unterrichtsstunde mindestens einmal herzhaft gelacht werden muss.
Keine Frage, das stimmt. Und damit komme ich bislang auch ganz gut klar.

Nebenbei: Ich empfand das Ref. gar nicht als so schlimm, weil ich es sehr pragmatisch angegangen bin und im Grunde auch in zwei von drei Fällen ganz anständige Seminarlehrer hatte.
Ist aber wohl leider auch Glückssache.
Langfristig könnte ich mir eine Fachleiterstelle durchaus vorstellen, denn sich beschweren alleine bringt nichts - man kann nur selbst an den entsprechenden Stellen sitzen und es besser machen.

Gruß
Lysander

Freidenker
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Beitrag von Freidenker »

Guten Abend, Herr SL !
Ich glaube, sie sind ein guter Seminarlehrer und haben gesunde Ansichten. Wahrscheinlich hätten sie auch mich gut motiviert.
Bei uns waren die meisten Fachleiter leider anders drauf.

Ich kann nur hoffen, dass die Fachleiter, die ich kennengelernt habe, nicht weiterhin die Mehrheit im System bilden. :?
Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

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