Fachleiter = Prüfer, warum eigentlich?

Konstruktive Kritik - das Referendariat muss reformiert werden! Eure Vorschläge...
Anjali
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Re: Fachleiter = Prüfer, warum eigentlich?

Beitrag von Anjali »

Ich denke auch, der Faktor Angst spielt hier eine sehr große Rolle. Es ist nicht einmal so wichtig, ob die Ausbilder einfach nur schlechte Umgangsformen haben oder tatsächlich schlechte Ausbilder sind, die Angst läuft halt immer mit.

Ich z.B. frage gerne genau nach, wenn es Kritikpunkte an meinem Unterricht gibt, um zu verstehen, wie ich mich verbessern kann. Dass ich das tue, wird mir aber von meinem EW-Menschen als mangelnde Kritikfähigkeit angekreidet ("Sie verteidigen sich immer, nicken Sie doch einfach mal nur."). Und dann zu wissen, ich werde am Ende von diesem Menschen geprüft, da sag ich bloß nix, was der wieder missverstehen könnte - das sorgt für einen ganz großen Teil meines derzeitigen Prüfungsstress'.

Blackadder

Re: Fachleiter = Prüfer, warum eigentlich?

Beitrag von Blackadder »

Anjali hat geschrieben:Ich denke auch, der Faktor Angst spielt hier eine sehr große Rolle. Es ist nicht einmal so wichtig, ob die Ausbilder einfach nur schlechte Umgangsformen haben oder tatsächlich schlechte Ausbilder sind, die Angst läuft halt immer mit.
[...]
Und dann zu wissen, ich werde am Ende von diesem Menschen geprüft, da sag ich bloß nix, was der wieder missverstehen könnte - das sorgt für einen ganz großen Teil meines derzeitigen Prüfungsstress'.
Ja, das kann ich gut nachvollziehen.
Anjali hat geschrieben:Ich z.B. frage gerne genau nach, wenn es Kritikpunkte an meinem Unterricht gibt, um zu verstehen, wie ich mich verbessern kann. Dass ich das tue, wird mir aber von meinem EW-Menschen als mangelnde Kritikfähigkeit angekreidet ("Sie verteidigen sich immer, nicken Sie doch einfach mal nur.").
Dass man auf eine Kritik am Unterricht (und damit auch ein Stück an der eigenen Person) in eine gewisse Verteidigungshaltung geht, ist natürlich, das muss auch dem FL klar sein.

Was passiert denn, wenn man sich das als Referendar in Ruhe anhört, nennt denn der Fachleiter dann auch Verbesserungsvorschläge? Und wenn nicht, wie reagiert er darauf, wenn man ihn dezidiert danach fragt? ("Bitte geben Sie mir einen Tipp, wie ich das besser machen kann.")

Anjali
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Re: Fachleiter = Prüfer, warum eigentlich?

Beitrag von Anjali »

Genau das ist es ja. Ich frage nach, wie es besser geht, was er vorschlagen würde. Dann kommt aber keine klare Antwort, sondern nur die Bemerkung, dass ich die Kritik mal annehmen soll, und nicht immer gleich abwehren. Aber mir geht es gar nicht ums Abwehren, sondern ums Lernen. Ich habe noch nicht ganz raus, wie ich das anders machen soll, wenn ich nicht fragen darf. (Telepathie? Spontane Eingebung? Osmose? *seufz*)

Und das führt halt dann dazu, dass ich mich nicht mehr traue, überhaupt irgendwas zu sagen. Im entsprechenden Seminar habe ich seit April keinen einzigen Wortbeitrag mehr geleistet, weil ich die Sorge habe, dann gelte ich bloß wieder als aufmüpfig.

Blackadder

Re: Fachleiter = Prüfer, warum eigentlich?

Beitrag von Blackadder »

Hm, schwierig. Da ist guter Rat teuer.
Anjali hat geschrieben:Genau das ist es ja. Ich frage nach, wie es besser geht, was er vorschlagen würde. Dann kommt aber keine klare Antwort, sondern nur die Bemerkung, dass ich die Kritik mal annehmen soll, und nicht immer gleich abwehren.
Der Fachleiter empfindet also die Frage nach einem Verbesserungsvorschlag als Abwehr. Da passt etwas nicht zusammen.

Also ich kann natürlich nur spekulieren, vielleicht liege ich auch vollkommen falsch.
Klassisch ist folgender Fall:
Fachleiter kritisiert einen bestimmten Punkt: "Das hat mir nicht gefallen.", "Das war nicht gut.", oder wie auch immer formuliert.
Referendar möchte erklären, warum er so vorgegangen ist: "Ich habe das gemacht, weil..."
Fachleiter sieht dies als Abwehr seiner Kritik und reagiert wie beschrieben.

Nun wäre es natürlich am Fachleiter, die Situation zu erkennen und entsprechend aufzulösen.
Wie wäre es, wenn er statt: "Sie verteidigen sich immer, nicken Sie doch einfach mal nur." sagen würde: "Ich habe das Gefühl, Sie verteidigen sich immer, dabei möchte ich Sie doch garnicht angreifen. Ich würde Ihnen gerne erklären, wie ich es mir besser vorstellen könnte, hören Sie sich das doch einfach mal nur an."

Nun können wir diesen Fachleiter leider nicht ändern, was also tun?
Mein Tipp wäre in so einem Fall als Referendar wirklich keinerlei Erklärungen zu geben, warum man etwas gemacht hat, was kritisiert wird, außer man wird explizit danach gefragt.
Übrigens ist das garnicht so einfach, denn es ist ganz natürlich sich bei Kritik eines Vorgesetzten erklären zu wollen. Vielleicht merkt man das selbst garnicht, also das nächste mal bewusst darauf aufpassen.
Anjali hat geschrieben:Und das führt halt dann dazu, dass ich mich nicht mehr traue, überhaupt irgendwas zu sagen. Im entsprechenden Seminar habe ich seit April keinen einzigen Wortbeitrag mehr geleistet, weil ich die Sorge habe, dann gelte ich bloß wieder als aufmüpfig.
Schade und vermutlich kommt der Fachleiter nicht im Traum darauf, warum das so ist.

Schade auch, dass man Referendaren Tipps geben muss, wie sie mit ihrem Fachleiter umgehen sollen. Viel besser wäre es, man könnte den Fachleitern Tipps geben, wie sie besser mit ihren Referendaren umgehen. :roll:

Illi-Noize
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Re: Fachleiter = Prüfer, warum eigentlich?

Beitrag von Illi-Noize »

Ich möchte nur kurz einwerfen, dass man als Ref in so einer Besprechung gerne auch mal ziemlichen Quatsch erzählt. Jetzt mit Abstand verstehe ich immer mehr, was die Seminarlehrer eigentlich wollten - damals fand ich meine Stunden tatsächlich gut ... heute mit Abstand war da schon viel Murks dabei ... den hätte ich niemals verteidigen dürfen ;-)

Stark
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Re: Fachleiter = Prüfer, warum eigentlich?

Beitrag von Stark »

Illi-Noize hat geschrieben:Jetzt mit Abstand verstehe ich immer mehr, was die Seminarlehrer eigentlich wollten - damals fand ich meine Stunden tatsächlich gut ... heute mit Abstand war da schon viel Murks dabei ... den hätte ich niemals verteidigen dürfen ;-)
Also, ich will mich ja wirklich nicht an der allgemeinen Fachleiter-/Seminarlehrerschelte beteiligen, weil ich absolut kein Freund von Verschwörungstheorien bin.
Aber: Bei diesem Zitat denke ich mir doch, dass es irgendwie Aufgabe der Seminarlehrer ist, dir diese Erkenntnis schon während des Refs zu vermitteln.
Er muss irgendwie versuchen, dem Ref deutlich zu machen, WARUM das Murks ist, was er da mit Händen und Füßen verteidigt. So viel sollte er schon bringen können!

Fränzy
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Re: Fachleiter = Prüfer, warum eigentlich?

Beitrag von Fränzy »

Illi-Noize hat geschrieben:Ich möchte nur kurz einwerfen, dass man als Ref in so einer Besprechung gerne auch mal ziemlichen Quatsch erzählt. Jetzt mit Abstand verstehe ich immer mehr, was die Seminarlehrer eigentlich wollten - damals fand ich meine Stunden tatsächlich gut ... heute mit Abstand war da schon viel Murks dabei ... den hätte ich niemals verteidigen dürfen ;-)
Bei uns an der Schule sind einige Fachleiter tätig. Alle raten dringend davon ab, dass Refs ihre Stunden in der Reflexion selbst auseinandersehen. Denn, nach eigener Aussage dieser Personen, wären ihnen manche Knackpunkte selbst gar nicht aufgefallen - aber nach der Reflexion hat es dann die Noten maßgeblich mitbestimmt. Deswegen sollte der Ref sich nicht zu schlecht machen. :)

Ich finde generell sind Prüfungssituationen dieser Art (Mitschau von Stunden, mündliche Prüfungen) immer extrem schwierig zu bewerten und eine Subjektivität ist nicht zu erreichen. Wichtiger als die Frage, ob man Fremd- und "Freund" (hüstel) Prüfer hat, ist es, dass die Geprüften wissen, auf was Wert gelegt wird. Z.B. mit Listen von genauen Kriterien oder Operatoren. Diese existieren in vielen Seminaren.

In den meisten Seminaren (ich spreche von BW) dürften die Leistungen der einzelnen Refs eh bekannt sein, denn die Seminarlehrer reden miteinander, genauso wie wir über unsere Schüler.

Und die Angst vor dem Krankschreiben (wurde hier als Bsp) genannt, das fällt unter vorauseilenden Gehorsam. Der kann auch übertrieben sein, bzw. es liegen Kopfkinos zugrunde.
שָׁלוֹם

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