Gedankenspiel zum Referendariat

Konstruktive Kritik - das Referendariat muss reformiert werden! Eure Vorschläge...
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LatinaTeacharin
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Re: Gedankenspiel zum Referendariat

Beitrag von LatinaTeacharin »

Du darfst, wenn es um die Diskussion der Reform der Lehrerausbildung geht, die Sache nicht nur aus baden-württembergischer Perspektive sehen. In deinem Bundesland werden, soweit ich informiert bin, die Grund- bis Realschullehrer nicht an Universitäten sondern an Pädagigischen Hochschulen ausgebildet. Ich kenne den Unterschied nicht genau. In anderen Bundesländern ist das aber nicht der Fall; dort studieren sämtliche angehende Lehrer an Universitäten und haben einen vollwertigen Universitätsabschluss bzw. I. Staatsexamen. Schon deshalb sollte man auch die Berufsalternativen für ehemalige Lehramtsanwärter und nicht nur für Referendare in die Überlegungen einbeziehen.
Ja und nein. Ich sage gerade aus baden-württembergischer Perspektive - und weil ich das Niveau der PH kenne - dass eben die Lehrerausbildung nicht an die PH verlagert werden darf, sondern dass Lehrer - und da schließe ich alle Lehrämter ein - an der Universität FACHwissenschaftlich ausgebildet werden sollten. In jedem Fall aber sollte der Studiengang LA Gym bei den Universitäten verbleiben.

Ich hatte weiterhin mit dem Begriff Referendar auch die LAA gemeint. Hier habe ich begrifflich unsauber gearbeitet. Danke für den Hinweis.
LatinaTeacharin hat geschrieben:Dann geh' mal zum Augenarzt. Du siehst schlecht.
Nicht so ruppig. Ghostspirit hat sehr diskussionswürdige Reformaspekte aufgestellt. Sein Beitrag verdient die Note 1, auch wenn wir nicht seiner Meinung sind.
Nun - wirklich bösartig war der Kommentar nicht gemeint. Seine Ausführungen sind ohne jeden Zweifel in Ordnung. Aber - und das wollte ich mit dem Kommentar zum Ausdruck bringen - durchaus sehr einseitig. Es werden bei vielen Ideen und Ansätzen andere Perspektiven zu wenig berücksichtigt.

Curly84
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Re: Gedankenspiel zum Referendariat

Beitrag von Curly84 »

Naja... auch wenn außerhalb BaWüs die anderen Lehramtler an Unis studieren, und somit mit einem 1. StEx abschließen, sind diese nicht gleichwertig mit dem eines 1. StEx Gym! Jemand, der in RLP auf Realschullehramt studiert hat, hat am Ende eben NICHT den Magister plus Pädagogik/Psychologie. Dafür hat er 2 Semester weniger zu studieren und auch die Prüfungsinhalte sind deutlich geringer.
Nur weil in anderen Bundesländern alle an Universitäten studieren, heißt das nicht, dass alle einen vergleichbareren Abschluss haben!
The bridge you burn now may be the one you later have to cross.

Sarita
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Re: Gedankenspiel zum Referendariat

Beitrag von Sarita »

Naja, Realschullehrer haben hier in Bayern zumindest einen Abschluss, der mit einem 2-Fach-Bachelor gleichwertig ist.
Mein Referendariat wäre, würde man es auf ein Jahr verkürzen, in wenigen Wochen um. Und ganz ehrlich - ich bin noch lange nicht so weit. Ich hab viel gelernt in diesem Jahr und kann schon deutlich mehr als am Anfang, aber ich könnte noch keine volle Stelle unterrichten.

Und wenn jemand behauptet, Lehrer hätten nur pseudostudiert, soll er bitte mal die Prüfungsordnungen lesen.... Oder die Diskrepanzen zwischen den Noten der Doppelabsolventen anschauen (eine Bekannte von mir hat ein Staatsexamen von 2,5 und einen Magister von 1,1 - in den exakt selben Fächern.....).

Ghostspirit
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Re: Gedankenspiel zum Referendariat

Beitrag von Ghostspirit »

So, ich hatte eine sehr stressige Woche und komme daher leider erst jetzt zum Schreiben. Ich habe aber die Tage still mitgelesen.

Klar habe ich andere Perspektiven zu wenig berücksichtigt, wie jemand schrieb - einfach, weil ich in diesen keine so wirklich überzeugenden Argumente für mich sehen konnte. Mir ist schon klar, dass das ein rechtes Idealbild ist und vor allem, dass es wohl letztlich auf ein paar "Klassiker" hinauslaufen wird: Lehrerausbildung bundesweit vereinheitlichen ja oder nein?, Diskrepanzen zwischen Uniabschlüssen und Unis, ...

Woran ich laufend denke ist, dass die Lehramtsausbildung in anderen Ländern ja teils ganz anders geregelt ist. Nicht unbedingt immer besser, das würde ich auch so sehen, aber dennoch gibt es in anderen Ländern doch auch erfolgreiche Schulsysteme. Das soll jetzt nicht in diese Richtung lenken, aber es zeigt doch, dass man durchaus etwas ändern kann, ohne dass gleich alles den Bach runter gehen muss.

Zum Beispiel die Unterschiede zwischen Lehramts- und Nicht-Lehramts-Abschlüssen oder zwischen den unterschiedlichen Lehrämtern. Da, finde ich, wird doch schon ein Klassenkampf hausgemacht. Die Frage ist für mich, ob das überhaupt so sein muss. Kann man denn nicht weniger stark in Schubladen, sondern mehr nach einem Baukastenprinzip ausbilden? Denn was z.B. das Gymnasium von der Realschule unterscheidet, ist gerade in den Anfangsjahren hauptsächlich das Arbeitstempo und die Aufgabenmenge (sehr vereinfacht und auf D/E bezogen), erst sehr viel später kommen deutliche Unterscheidungskriterien (Oberstufe) hinzu. Der Unterschied zwischen einem Viert- und einem Sechstklasslehrer ist auch fließender als der harte Cut zwischen Grundschul- und weiterführendem Lehrer.

Zu den PHs, die ich nur vom Hörensagen kenne, kann ich gar nicht viel sagen, aber an die habe ich auch nicht in erster Linie gedacht. Meine Benennung war hier Zufall, ich hätte auch "Lehrerausbildungsakademie" oder so etwas sagen können, ich dachte einfach an eine ganz neue Institution. Ich finde auch, dass sich so eine Idee mit akademischem Anspruch gar nicht beißen muss, wenn man doch nachher die Chance hat, bei Bedarf einen wissenschaftlichen Abschluss draufzusatteln. Und in der Praxis heißt das doch auch nur eine (oder zwei) Handvoll etwas theoretischerer und allgemeinforschungsbezogenerer Veranstaltungen.

Was sagt ihr denn zu der Idee an sich, den "Seminarlehrer" als zentrale Figur zu entschärfen? Muss ja nicht so radikal sein wie hier bewusst geschildert. Aber die Idee an sich finde ich wichtig. Kurzum: Die Argumente, die oft angeführt werden (Lehrjahre sind keine Herrenjahre, die Ausbildung muss hart sein, um im späteren Schulalltag bestehen zu können, der psychische Belastungstest muss sein), können mich nicht überzeugen. Und: Ich selbst hätte mit weniger Druck von oben und stattdessen mehr wirklich konstruktiver Kritik VOR dem Unterricht (und nicht nachher, wenn aufgezählt wird, was alles falsch war) wesentlich mehr anfangen können. Mir muss man keinen Druck machen, damit ich Leistung bringe, dafür bin ich alt genug. Aber das kann auch ein Einzelfall gewesen sein, vielleicht läuft es anderswo anders.

Wahrscheinlich wird halt Vieles an der Lobby z.B. der Seminarlehrer scheitern oder am zaghaften Reformwillen z.B. in Ländern wie Bayern. Aber in progressiveren Bundesländern, haben sich da andere Konzepte nicht grundsätzlich auch bewährt?

Im Endeffekt geht es mir um einen fließenderen Übergang von Studium-Ausbildung-Anstellung, denn so ist viel mehr Entwicklung drin, würde ich sagen. Harte Cuts werfen hier eher zurück, finde ich.
Lehramt Gymnasium

User65
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Re: Gedankenspiel zum Referendariat

Beitrag von User65 »

Ghostspirit hat geschrieben:Woran ich laufend denke ist, dass die Lehramtsausbildung in anderen Ländern ja teils ganz anders geregelt ist.
Das würde mich in der Tat auch mal interessieren, ob es Länder gibt, in denen sich die Ausbildung erheblich von der in Deutschland unterscheidet.
Ghostspirit hat geschrieben:Was sagt ihr denn zu der Idee an sich, den "Seminarlehrer" als zentrale Figur zu entschärfen? Muss ja nicht so radikal sein wie hier bewusst geschildert.
Finde ich gut. Richtige Ideen habe ich aber ad hoc auch nicht.
Ghostspirit hat geschrieben:Die Argumente, die oft angeführt werden (Lehrjahre sind keine Herrenjahre, die Ausbildung muss hart sein, um im späteren Schulalltag bestehen zu können, der psychische Belastungstest muss sein), können mich nicht überzeugen.
Ich habe noch nie verstanden, weshalb eine Ausbildung hart, belastend und anstrengend sein muss, damit sie etwas taugt. Allerdings gibt es ja auch viele, die meinen, dass Referendariat sei überhaupt nicht hart, belastend und anstrengend.
Man kann auch ohne Alkohol Spaß beim Feiern haben. Aber ich gehe auf Nummer sicher.

einref
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Re: Gedankenspiel zum Referendariat

Beitrag von einref »

Ich sehe keine besondere Schwierigkeit darin, die in der Organisation der Ausbilung angelegten Fehler zu identifizieren.

Zuviele Köche verderben den Brei.
Hat man einen Koch und der verdirbt den Brei, kann man schnell den Schuldigen identifizieren und austauschen.
Hat man 10 Köche und das Ergebnis ist verdorben, können die 10 Köche 20 Jahre diskutieren wer denn Schuld hat und wie man wohl etwas verbessern kann.

Der Irrsinn steht doch schon in der OVP festgeschrieben.
Alle mischen an der Ausbildung mit und bewerten, und der Auszubildende ist selbst verantwortlich für seine Ausbildung.

Jeder der halbwegs bei klarem verstand ist, kann das doch nicht ernst nehmen.
Schulleitung und Ausbildungslehrer sind dafür verantwortlich was nachher das Seminar bewerten soll und umgekehrt, wobei Seminar und Schule / Ausbildungslehrer unterschiedliche Auffassungen davon haben, was richtig und was falsch ist.

Die Arbeitsbelstung im Ref ist nicht zu hoch. Es geht auch nicht um psychische Beslatungen. Positiver Stress ist etwas ganz anderes als negativer Stress.

Der psyschiche Druck entsteht doch nur durch die völlig unsinnige Kompetenzaufteilung und Orientierungslosigkeit.

Wenn man das auf normale Ausbildungen übertragen will:
Die Schule bewertet die Leistungen des Auszubildenden im Betrieb anhand von Besuchen im Betrieb zur Hälfte mit und die Ausbildungsbetriebe stellen ihre eigene Prüfung über die in der Schule erworbenen theoretischen Fähigkeiten.

Dass dann die Auszubildenenden komplett verrückt werden würden ist vorhersehbar.

Lösung: Das Seminar (als "Schule") ist für die theoretische Vermittlung zuständig und prüft / bewertet die Theorie. Die Schule (als Betrieb) ist für die praktische Ausbildung zuständig und prüft / bewertet die Praxis.
Fertig.

Ghostspirit
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Re: Gedankenspiel zum Referendariat

Beitrag von Ghostspirit »

Der psyschiche Druck entsteht doch nur durch die völlig unsinnige Kompetenzaufteilung und Orientierungslosigkeit.
Na also, da bin ich jetzt aber dennoch anderer Meinung. Wenn der Seminarlehrer jedes falsch gesetzte Komma zum Anlass nimmt, dir eine einstündige Standpauke zu halten oder nebulöse Andeutungen macht, dass die Krawattennoten katastrophal ausfällen würden und man seit dem ersten Unterrichtsbesuch im ersten Ausbildungsabschnitt rein gar nichts dazu gelernt habe, ist das kein Problem der Orientierungslosigkeit, eher der Kompetenzhäufung.
Hat man einen Koch und der verdirbt den Brei, kann man schnell den Schuldigen identifizieren und austauschen.
Aber bleiben wir doch realistisch! Wann wurde denn zuletzt ein einzelner Seminarlehrer ausgetauscht, weil er den Brei verdirbt? Zumal er höchstwahrscheinlich bis zum bitteren Ende den ihn noch protegierenden Schulleiter hinter sich hat.
Der Irrsinn steht doch schon in der OVP festgeschrieben.
Alle mischen an der Ausbildung mit und bewerten, und der Auszubildende ist selbst verantwortlich für seine Ausbildung.
Ist das möglicherweise in Bayern anders? Ich sehe hier nur die (vier) Seminarlehrer und den Schulleiter, die in irgendeiner Form bewertend wirken. Wobei der Seminarleiter (einer der Seminarlehrer) das nahezu alleinige Machtmonopol hat.
Lehramt Gymnasium

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