Referendariat nicht bestanden- Alternativen

Abbruch des Ref? Durchgefallen - was dann?
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Phaon
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Re: Referendariat nicht bestanden- Alternativen

Beitrag von Phaon »

Es gibt genug Alternativen zu unserer derzeitigen Ausprägung des "Friss-oder-stirb"-Kapitalismus, ohne dass man direkt die gescheiterten Systeme des Realsozialismus heranziehen müsste. Eine gerechtere Verteilung von Gütern oder eine Entkopplung von Lebensunterhalt und Arbeit wären jederzeit problemlos möglich. Solange Millionäre und beruflich erfolgreiche Menschen jedoch denken, dass sie ihren Erfolg irgendwie "verdient" hätten, wird sich an der sozialen Ungleichheit und Ungerechtigkeit nichts ändern.

Die von dir konstruierte Unterscheidung von Alten / Kranken und Faulen existiert in der Realität überhaupt nicht. Die Übergänge von Faulheit zu Krankheit sind fließend, was sich unter anderem an Phänomenen wie Depression, Prokrastination, psychischen Auffälligkeiten oder Arbeitsstörungen zeigt. Willst du etwa entscheiden, wer "nur" faul ist und wer nicht anders kann? Ich habe es oben bereits geschrieben: Naturwissenschaftler und Philosophen sind sich seit vielen Jahren darüber einig, dass es so etwas wie eine freie Entscheidung - einen "freien Willen" - überhaupt nicht geben kann. Niemand hat in dem Maße, wie du es dir vorstellst, die Freiheit, Leistung zu erbringen oder diese zu verweigern. Das sind unlogische und irrationale Konstrukte deiner kapitalistischen Propaganda. Trotzdem nimmst du es dir heraus, Menschen zu kritisieren und zu verachten, die eh schon ganz unten sind, indem du davon ausgehst, sie hätten ihre Situation selbst verschuldet. Wenn es in Deutschland Menschen gibt, die pro Stunde 8000€ verdienen, dann befürworte ich es, dass sich so viele Menschen wie möglich dieser "Leistungsgesellschaft" verweigern.

Die FDP freut sich übrigens über die Wahlstimme.

Valerianus
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Re: Referendariat nicht bestanden- Alternativen

Beitrag von Valerianus »

Der freie Wille ist kapitalistische Propaganda? Mir war gar nicht bewusst, dass der Kapitalismus bereits im alten Testament seine Propaganda verbreiten konnte. Und dieser Idiot von Max Weber erzählt irgendwas von protestantischer Ethik. Andererseits steht ja im 2. Thessalonicher auch schon "Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen." Du solltest dringend Professuren in Geschichte, Theologie und den Wirtschaftswissenschaften besetzen, dein Wissen wird dort benötigt. :)

Jetzt mal im Ernst: Es gibt sehr fleißige Menschen, die sehr weit unten sind und aus anderen Gründen nicht hochkommen, genauso wie es oben einige sehr faule gibt. Aber das Referendariat im Lehramt (Jura ist ein anderes Thema) nicht zu bestehen, ist schon eine recht anspruchsvolle Aufgabe, denn dazu muss man eigentlich nur in der Lage sein, eindeutige Handlungsanweisungen wahrzunehmen und umzusetzen. Und das auch nur ungefähr 1-2x im Monat (ok im Ausbildungsunterricht kann es auch nicht schaden, aber im Ernst: in keiner Ausbildung dürfte man mehr Freiheiten haben irgendeinen Quatsch auszuprobieren, als im Referendariat...das ist zwar den Sparmaßnahmen namens bedarfsdeckender Unterricht geschuldet, aber...who cares?)

Ach ja: Und wo genau wir in Deutschland diesen erstaunlichen "Friss oder stirb" Kapitalismus haben, müsstest du mir dann auch nochmal genauer erklären. Es stimmt schon, dass man ganz oben sicher etwas wegnehmen könnte, aber die soziale Sicherung funktioniert immer noch ganz hervorragend, sowohl im Vergleich zu früher, als auch im Vergleich zu anderen Ländern der Welt in Bezug auf die Möglichkeiten die einem zur Verfügung gestellt werden.
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dreistein
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Re: Referendariat nicht bestanden- Alternativen

Beitrag von dreistein »

Prokrastination ist meines Wissens keine anerkannte Krankheit, eher ein Symptom einer psychischen Erkrankung wie z. B. einer Depression. Prokrastination entspricht auch nicht dem, was man sich landläufig unter "Faulheit" vorstellt. Im Alltag existiert die Unterscheidung zwischen Kranken und "Faulen" sehr wohl, denn es ist an den Amtsärzten, Arbeitsunfähigkeit von Arbeitsunwilligkeit abzugrenzen.

Deine Aussage zum freien Willen kann ich ebenfalls so nicht stehenlassen. Weder bei Naturwissenschaftlern noch bei Philosophen herrscht Einigkeit, wie z. B. in http://plato.stanford.edu/entries/freewill/ skizziert wird.

Darüber hinaus bin ich nicht bereit, alle Menschen durch Bedingungen in Form äußerer Umstände zu entschuldigen. Wir sind hier in der Abteilung "Referendariat nicht bestanden". Regelmäßig finden sich Beiträge von gescheiterten Referendaren, die die Schuld an ihrem Scheitern überall suchen, nur nicht bei sich selbst. Mal ist das Studienseminar menschenverachtend, mal hat sich das gesamte Kollegium der Ausbildungsschule gegen den Referendar verschworen, mal sabotieren die Schüler die Lehrprobe. Niemals schreibt der Referendar sein Scheitern dem eigenen Mangel an Reflexionsfähigkeit zu. Diese Überheblichkeit à la "Ich bin der beste Lehrer, den die Welt je gesehen hat, bloß merken alle anderen das nicht" finde ich selbstgerecht, der Sache nicht förderlich und auch sehr nervig.

Bestünde überhaupt keine Entscheidungsfreiheit, könnte man niemanden für irgendetwas verantwortlich machen. Das würde zum Beispiel die Rechtspflege überflüssig machen, weil kein Angeklagter die Wahl gehabt hätte, sein Verbrechen nicht zu begehen. Schon aufgrund dieser Konsequenz halte ich deine Position zum freien Willen für absurd.

Phaon
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Re: Referendariat nicht bestanden- Alternativen

Beitrag von Phaon »

Hallo Valerianus,

vielleicht ist es der späten Stunde geschuldet, aber bei der Lektüre deines Beitrags musste ich mir erst einmal die Augen reiben. Ich habe nirgends behauptet, dass das Konzept des freien Willens dem Kapitalismus entstammt. Letzterer macht sich dieses Konzept lediglich zu eigen - als Instrument der Steuerung der Bevölkerung. Systembedingte Ungleichheit lässt sich eben nur rechtfertigen, wenn man den Menschen gleichzeitig suggeriert, sie könnten diese Ungleichheit durch bloße Willensanstrengungen überwinden. Die Professuren in Pseudo-Wissenschaften wie Theologie oder Wirtschaftswissenschaft lehne ich dankend ab. Dein Wissen über die Texte dieser religiösen Sekte "Christentum" ist zwar ganz unterhaltsam, bringt mich aber ebenfalls nicht weiter.

Der Friss-oder-stirb-Kapitalismus ist in Deutschland natürlich flächendeckend vorhanden, da wir in einem System der Zwangsarbeit leben. Es steht keinem Menschen in unserem Land frei, einfach nicht zu arbeiten, und das, obwohl es nachweislich gar nicht genug Arbeitsplätze für alle Erwerbsfähigen gibt (aber auch das ist ausschließlich deren persönliches Versagen). Gleichzeitig wird behauptet, dieses System sei gerecht und jeder könne mit genug Leistung alles erreichen, und wenn ein Winterkorn in einer Stunde eben so viel verdient wie andere in zwei Monaten, dann heißt das im Umkehrschluss, dass er in einer Stunde auch das doppelte leistet wie andere in zwei Monaten. Um abschließend wieder auf die Theologie zurückzukommen: man muss nur dran glauben, dann klappt das schon .

Phaon
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Re: Referendariat nicht bestanden- Alternativen

Beitrag von Phaon »

"Bestünde überhaupt keine Entscheidungsfreiheit, könnte man niemanden für irgendetwas verantwortlich machen. Das würde zum Beispiel die Rechtspflege überflüssig machen, weil kein Angeklagter die Wahl gehabt hätte, sein Verbrechen nicht zu begehen. Schon aufgrund dieser Konsequenz halte ich deine Position zum freien Willen für absurd."

Dein letzter Absatz lässt sich mit folgenden Worten zusammenfassen: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Ich finde es trotzdem respektabel, dass du die Konsequenzen in einer Welt ohne freien Willen verstanden und reflektiert hast. Und trotzdem ist dies unsere physische Realität: wir leben in einer rein materiellen Welt, die auf Naturgesetzen beruht und keinerlei Kontingenz zulässt. Natürlich hatte niemand in irgendeiner Situation eine Wahl, sei es nun das Nichtbestehen einer Prüfung oder der Mord an einem anderen Menschen. Zu sagen, du hättest dich in einer Situation anders entscheiden können, ist dasselbe, wie zu sagen, du hättest in einem anderen Universum leben können, wenn du in einem anderen Universum gelebt hättest. Du hast nämlich recht: niemand ist für irgendetwas verantwortlich zu machen. Die Begriffe "Verantwortung" und "Schuld" sollten in unserem Wortschatz überhaupt nicht existieren. Ich halte eher die Position, dass ein freier Wille existiert, für absurd. Unser Rechtssystem reflektiert diese Debatte auch nicht, sondern setzt den freien Willen einfach voraus. Ich habe jahrelang fast jedes Buch zu diesem Thema gelesen, das ich auftreiben konnte - sowohl von Fürsprechern als auch von Gegnern. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass so etwas wie ein freier Wille überhaupt nicht existieren kann. Die Menschen leben eine Lüge, weil sie die Wahrheit nicht ertragen können.

dreistein
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Re: Referendariat nicht bestanden- Alternativen

Beitrag von dreistein »

Phaon, ich habe gerade in deiner Beitragshistorie gesehen, dass du ein Troll bist. Gemäß der Maxime "Don't feed the trolls" werde ich dir hier nicht mehr antworten und auch deine Beiträge nicht mehr lesen.

Phaon
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Re: Referendariat nicht bestanden- Alternativen

Beitrag von Phaon »

Ich hab gerade in deiner Beitragshistorie gesehen, dass ich häufig mit dem, was du schreibst, übereinstimme. Arbeite dich nur nicht zu Tode und mach auch mal ne Pause.

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