Es sich schön reden

Du hast positive Erfahrungen mit dem Referendariat? Du hast es endlich geschafft und weißt nun, dass sich das Durchhalten gelohnt hat? Erzähl davon!
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Refiiiiiii1.0
Beiträge: 4
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Es sich schön reden

Beitrag von Refiiiiiii1.0 »

Hallo zusammen ;)

Mein Ref ist nun fast zu Ende und es war wahrhaftig nicht die schönste Zeit meines Lebens ;) Allerdings bin ich dankbar dafür, dass ich durch die Dauerbelastung meine psychischen und physischen Grenzen wahrgenommen habe. Dadurch ist jeder gezwungen an sich persönlich zu arbeiten. Die einen heulen nur noch und sehen, wie ihr Ego suggestive schrumpft und geben allen Umständen die Schuld. Die anderen werden aktiv und unternehmen was gegen den Dauerdruck. Ich habe mich mit Spiritualität beschäftigt und bin dadurch den extremen Druck entgegengesteuert. Meditieren, Achtsamkeitsübungen, Tempel-Besuche, Bücher lesen, Podcast und Musik hören. Außerdem zeigt es einen doch, wie stark man sein kann und wozu man so in der Lage ist.

Löwenherz
Beiträge: 268
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Re: Es sich schön reden

Beitrag von Löwenherz »

Ich bezweifel ja ehrlich gesagt, das irgendjemand eine konstante Prüfungssituation als "schönste" Zeit seines Lebens bezeichnen würde, verstehe aber gut, warum manche Kollegen meinen, sie wären gerne nochmal im Ref anstelle des Alltagsgeschäfts. Wir haben am Ende eben doch eine deutlich überschaubare Zahl an unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Verpflichtungen und sind noch nicht seit Jahren Teil des Schullebens, was entsprechenden zusätzlichen Einsatz erfordert und mit sich bringt.

Letztlich ist das aber auch ein konstanter Prozess im Erwachsenwerden und Leben als erwachsener Mensch: Mit zunehmender Verantwortung erst wird uns oftmals klar wie viel entspannter die vorhergehende Phase war, die sich in situ als Maximalbelastung anfühlte (und diese oft wohl auch war). Mir geht es so, wenn ich an meine Abizeit denke im Vergleich zum Studium oder eben aktuell die im Vergleich zum Ref deutlich entspanntere Examensphase an der Uni. In einigen Jahren wird mir da nachgerade vermutlich auch das Ref entspannter scheinen, als es sich jetzt anfühlt einfach, weil ich dann neue, größere Aufgaben und Verantwortungsbereiche zu bewältigen haben werde.

Was auf jeden Fall sehr gut klingt bei dir ist, dass du nach gesunden Wegen gesucht hast mit der Dauerbelastung umzugehen. Da hat sicherlich jeder so seine eigenen Nischen (mir ist es wichtig zum Ausspannen ruhige Spaziergänge mit dem Hund zu machen, intensiven Kraftsport um Druck abzulassen oder auch einfach nur eine schöne Tasse Kaffee oder Espresso bei einer halben Stunde Feidman zu genießen). Am Ende ist das Ref eben doch auch eine Art Lackmustest für den Lehrberuf wo sich in punkto Belastbarkeit die Spreu vom Weizen trennt und trennen muss angesichts dessen, was 40 Dienstjahre einem abverlangen werden.

Maximer
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Registriert: 18.01.2018, 13:39:30

Re: Es sich schön reden

Beitrag von Maximer »

Refiiiiiii1.0 hat geschrieben:Ich habe mich mit Spiritualität beschäftigt und bin dadurch den extremen Druck entgegengesteuert. Meditieren, Achtsamkeitsübungen, Tempel-Besuche, Bücher lesen, Podcast und Musik hören. Außerdem zeigt es einen doch, wie stark man sein kann und wozu man so in der Lage ist.
Das ist interessant; mir hat man auch empfohlen, doch was für die Seele (im spirituellen Sinne) zu machen. Das ist aber nicht jedermanns Sache, die Flucht in eine geistige Scheinwelt mag dem einen die dringend benötigte Erleichterung verschaffen, während andere damit gar nichts anfangen können.

Das würde ich nicht gleich verurteilen und als "Ego-Trip" oder so bezeichnen, jeder geht halt anders mit Drucksituationen um. Ich bin da auch eher jemand, der sich mit den konkreten Umständen beschäftigt und nicht auf Durchzug und innere Resignation schaltet. Das könnte man nun auch positiver als "Gelassenheit" bezeichnen, während die anderen gegen Windmühlen (oder die eigene Sturheit) rennen. Eine Frage des persönlichen Standpunkts.

So oder so kann man durch das Prozedere "Referendariat" als Mensch reifen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass zu viele Leute unterwegs den (eigenen) Kopf verlieren; das verstehe ich, die Umstände sind oft nicht einfach und die Ängste mannigfaltig. Ich glaube aber, man kann auch als Persönlichkeit durchs Ref gehen - es gibt auch Leute, die vorher schon einen eigenen Kopf hatten und ihn sich nicht verdrehen lassen. Solls geben... man sagts unter vorgehaltener Hand... ;-)

Maximer

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