so, ich war jetzt erst einmal ein Jahr in der Versenkung verschwunden, um mein zweites Staatsexamen durchzuziehen. Jetzt ist es geschafft und ich habe mein zweites Staatsexamen. Also an alle, die beim ersten Mal durchgefallen sind: Es gibt Hoffnung und es ist machbar. Meine Kombination ist Mathematik/Englisch für Gymnasium in Bayern und ich habe jetzt mein zweites Examen, obwohl der erste Durchlauf katastrophal war.
ich hoffe hier mit meinen Erfahrungen Jungreferendaren und Gescheiterten helfen zu können. Aber ich beginne von vorne.
Ich hatte den Lehrprobenschnitt (3,5) wegen meiner letzten Lehrprobe, die mit 6 bewertet wurde, nicht bestanden. Ich war natürlich total fertig, zumal meine schriftliche Hausarbeit (Note 5) nicht mitgenommen werden konnte. Also alle Prüfungsleistungen nochmal machen. Klingt mies. Ersteinmal wurden mir an meiner Schule meine beiden Klassen abgenommen und ich stand somit auf dem Abstellgleis. Fachsitzungen gab es auch keine mehr. Also keine dienstlichen Verpflichtungen mehr etc. Hatte also frei und bin auch nicht mehr in die Schule gegangen. Bin dann wieder nach Hause zu meinen Eltern gezogen, habe mir Gedanken gemacht und in erster Linie viel Zeit mit Freunden und meiner Verlobten verbracht, Sport getrieben und mich erst auf Dinge konzentriert, die mir gut tun und nicht gesundheitsschädlich sind. Als die Zeit vorbei war, bin ich in den neuen Versuch zum Halbjahr erholt gestartet. Mein Motto: "Don't work harder, work smarter!"
Mit der Gehaltskürzung wegen Wiederholens landete ich bei einem Nettoverdienst von 800 Euro. Das ist ziemlich wenig zum Leben, aber wenn man geringe Ansprüche hat oder wie in meinem Fall bei den Eltern wohnen kann, geht es. Es ist anstrengend, keine Frage! Aber mit der richtigen Strategie schaffbar!
Trick 1: Möglichst viel- schon nach dem Durchfallen- hospitieren. Mir ist da nämlich aufgefallen, dass die meisten Lehrer auch nur mit Wasser kochen und die Stunden kein didaktisches Feuerwerk sein müssen.
Ich hatte aber auch Glück mit der Einstellung meines Mathe-Seminarlehrers: Solange ihr Unterricht funktioniert, die Schüler was lernen und Ordnung herrscht, können Sie machen, was Sie wollen.
Dann hatte ich sehr Glück mit dem Unterseminar an der neuen Schule. Die waren alle total lieb und super umgänglich.
Trick 2: Sorgt für genug sozialen Umgang. Mit anderen Referendaren, mit Freunden, etc. Ihr fühlt euch dann besser und habt mehr Arbeitsenergie.
Trick 3: Wenn andere Referendare jammern, NIEMALS mit der eigenen Belastung kontern. Das sorgt meiner Meinung nach nur dafür, dass sich alle schlecht fühlen. Sondern sich gemeinsam hinsetzen und nach konstruktiven Lösungen suchen. Meistens hilft es anderen schon, wenn man zuhört, nickt, lächelt und ein paar aufmunternde Worte hat und ist super für das Klima.
Trick 4: Sportlicher Ausgleich! Früher war ich eher reizbarer, aber seit ich 3 Mal die Woche Sport mache, geht es mir deutlich besser. Hier hatte ich auch wieder Glück: In der Nähe meiner Schule befindet sich ein Hallenbad. Hatte ich mal 90 Minuten frei, bin ich einfach schwimmen gegangen. Auch vor Besprechungen mit meinem anderen Seminarlehrer. Da braucht man jedes Stück Selbstbeherrschung.
Trick 5: Unterrichtsvorbereitung! Stellt euch einen Wecker, meinetwegen 60 Minuten Vorbereitung für 45 Minuten Unterricht. Das reicht meiner Erfahrung nach für Unterricht, der von Betreuungs-und Seminarlehrer in Mathe gelobt wird. Ein interessanter Einstieg (und wenn es nur ein Rätsel oder ein Bild ist), ein klar gegliederter Hefteintrag und ein paar Übungsaufgaben: reicht.
Trick 6: Ausreichend Schlaf! Es hat keinen Sinn, sich Nächte um die Ohren zu schlagen, am nächsten Tag seit ihr nur gerädert. Für mich festgestellt: Abends um 21 Uhr ewig für eine Stunde gebraucht, ähnliches Arbeitspensum nach ausreichend Nachtruhe um 5 Uhr morgens in 1/3 der Zeit erledigt. Achtet auf Euren Schlafrhytmus.
Trick 7: Nervige "Superreferendare": Abstand halten. Nicht kommentieren, freundlich sein und im Zweifelsfall lügen, dass man dringend was arbeiten muss. Wenn ihr merkt, dass Euch ein Mitreffi wirklich nicht gut tut, sei es aus Arroganz, Oberlehrertum etc., ignorieren. Umgebt Euch mit Leuten, die Euch guttun.
Trick 8: Stress bei der Vorbereitung vermeiden. Wenn ihr früh morgens gut vor der Schule arbeiten könnt, macht am besten nichts, was ihr an diesem Tag braucht. Lieber Mo früh die Stunde für Dienstag vorbereiten.
Trick 9: Alle wichtigen Termine in einen Kalender eintragen. Ist eure Schrift grottig wie meine, speichert alles im Smartphone/Tablet ab. Das Smartphone erinnert euch sogar noch vorher, wenn ihr es eingebt.
Trick 10: Sachen zeitnah abarbeiten. Aufschieben stresst nur.
Trick 11: Es gibt Bücher und wenn es nur das Schulbuch ist. Bevor ihr Euch in Mathe/Englisch umständliche Lückentexte oder Aufgaben überlegt, übernehmt Aufgaben aus dem Schulbuch oder einfach aus anderen Lehrwerken. Auch ein Lehrerhandbuch darf verwendet werden, die Verlage machen das ja nicht zum Spaß und verdienen damit sogar Geld. Ihr müsst keine eigenen Lehrwerke schreiben- es sei denn jemand zwingt Euch dazu.
Trick 12: Lobt euch selbst für Kleinigkeiten. Am Anfang ging ich immer eine Checkliste in Mathe durch:
- Schüler haben Mathe gemacht?
- Überlebensquote >90% ?
- Hatte ich ein bisschen Spaß?
- Brach kein Chaos im Klassenzimmer aus?
Und schon klopfte ich mir dann im Stillen auf die Schulter für eine ordentlich Stunde.
Natürlich sollte man nicht zu Selbstzufrieden sein, aber mich hat es motiviert, mich mehr anzustrengen und dann war es auch kein großes Problem mehr, Unterricht zu halten. Angst verspürte ich, anders als bei Runde 1, fast keine mehr.
Trick 13: Lehrproben. Fragt Euren Seminarlehrer nach SEINEN Anforderungen. Nicht nach denen, die in der ASG oder LPO II stehen. Ist er ein fairer Kerl wird er euch sagen, was er sehen will. Meiner hat direkt gesagt: Schauen Sie sich in der Bibliothek verschiedene Lehrwerke an. Vergleichen Sie die Zugänge und begründen Sie, warum Sie sich Ihren ausgesucht haben.
Habe also in den Lehrproben das Rad nicht neu erfunden. In Mathe war es jedesmal eine 3, in Englisch eben für die eine eine 4. Die Mathelehrproben kann ich so von der Notengebung her sogar verstehen. Aber auch eine 4 sagt "bestanden".
Trick 14: Ein schlechtes 2. Staatsexamen ist besser als keins.

Und so gingen dann Woche für Woche, Monat für Monat ins Land. Die Lehrproben vorher immer schon mit dem Seminar mal durchgeprobt. Wobei das ist echt vom Seminar abhängig. Beim Unterseminar waren immer mindestens 8 Leute da, die sich freiwillig die Lehrproben angeschaut und ermutigt haben. Beim Oberseminar kamen zwei und der Rest saß im Lehrerzimmer beim "chillen". (Fr 6. Stunde) Das dann auch einfach abhaken.
Zu den Seminarlehrern: Ihr könnt Sie nicht ändern. Freundlich lächeln, höflich sein und sich für jedes ruhig geblieben sein danach belohnen. Ich habe mir z.B. einen Muffin geholt.
Immer auch den Austausch mit anderen Kollegen suchen, nach Tipps fragen etc. Und wenn es Kollegen gibt, die Euch nur blöde Antworten geben: Bedanken und das nächste Mal einen großen Bogen machen. Hatte ich mal bei ner Nachfrage, was man so beim Englischunterricht in der 10. beachten muss: Sie haben doch studiert, da wissen sie es doch. Ansonsten gibt es Didaktikbücher- danke fürs Gespräch! (Ich will nicht wissen, was Haß zu dem Thema sagt, sondern Sie als erfahrene Lehrkraft an dieser Schule....) Aber lieber heimlich über solche Leute dann lachen und sich "Trottel" denken als irgendwie sich zu ärgern.
Tipp 16: Auch ein Lehrer hat das recht, sich von seinem Job zu distanzieren. Man muss nicht die ganze Zeit über Unterrichtsmethoden, Vorbereitung, Prüfungen etc. nachdenken. Lieber feste Zeiten, Orte einplanen und den Rest frei halten. Es hat keinen Sinn, sich kurz vorm Schlafen noch so viele Gedanken im Bett zu machen. Meinen nervigen Seminarlehrer habe ich einmal nachts direkt aus meinem Geist "geworfen". (Morgen sehe ich sie, aber hier in meinem Schlafzimmer haben Sie Hausverbot!)
Ihr müsst auch nicht 24/7 erreichbar sein.
Ich hoffe, ich kann anderen helfen.
Schöne Grüße,
Schnatterinchen