Es ist geschafft - mein subjektiver Erfahrungsbericht

Du hast positive Erfahrungen mit dem Referendariat? Du hast es endlich geschafft und weißt nun, dass sich das Durchhalten gelohnt hat? Erzähl davon!
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Anonymous1
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Registriert: 07.10.2013, 20:33:07

Es ist geschafft - mein subjektiver Erfahrungsbericht

Beitrag von Anonymous1 »

Hallo zusammen,

in den letzten 1,5 Jahren habe ich hier sehr oft mitgelesen, aber mich dennoch sehr selten geäußert. Ich habe mir jedoch häufig vorgenommen, meine Erfahrungen aus dem Ref hier zu teilen, wenn ich es hinter mir habe. Denn es heißt ja oft, dass in solchen Foren vorrangig Klagen über das Ref geteilt werden, weil es für Leute, denen es gut geht, keinen Grund gibt, sich im Internet auszutauschen. Vorweg: Mein Ref war jetzt auch nicht unbedingt die schönste Zeit meines Lebens, aber bei weitem auch nicht so schlimm, wie ich es nach mehreren "Erfahrungsberichten" befürchtet habe. Deswegen würde ich gerne meine subjektiven Wahrnehmungen innerhalb der letzten 18 Monate äußern, für alle die, die vor dem Ref stehen und sich vorher genauso bekloppt machen wie ich es auch getan habe.

Ich habe mein Ref im Mai 2013 in NRW an einer Hauptschule begonnen. An einem Seminar, an das ich nicht wollte, in einer Stadt, die ich vorher nicht mal kannte, und an einer Schulform, für die ich mich nicht beworben hatte - es lief also alles nach Plan ;-) Los ging es mit einer sogenannten "Kompaktphase" vom Seminar, dh die ersten 8 Tage verbrachten wir nur mit unserem Kernseminar. Inhaltlich nicht sehr gehaltvoll, aber trotzdem ganz nett, um sich gegenseitig kennenzulernen. In der Schule ging es dann also erst Mitte Mai los, das erste Quartal lief bis zu den Sommerferien und war für mich wirklich sehr erholsam. Mal davon abgesehen, dass wir aufgrund von den vielen Feiertagen und diverser Seminarveranstaltungen den Großteil des ersten Quartals nur 3 Tage die Woche an der Schule waren, habe ich auch vorrangig hospitiert und nur einzelne Stunden selber geplant und gehalten. So kanns weitergehen, dachte ich.^^Die Sommerferien habe ich auch hauptsächlich zur "Erholung" genutzt, in der letzten Woche konnte ich mich mal aufraffen, Unterrichtsreihen zu planen (mit miserablem Ergebnis, wie ich mittlerweile feststelle^^). Nach den Ferien ging es dann also los mit eigenem Unterricht. Und ich persönlich empfand das zweite und teilweise dritte Quartal als absolut grauenhaft. Gründe gab es dafür mehrere. Zum einen habe ich keinen "richtigen" BdU erhalten. Von den 14 Unterrichtsstunden, die ich geplant und gehalten habe, war ich ich nur in 2 Stunden alleine mit den Schülern, in allen anderen saßen Mentoren hintendrin, sodass ich im Prinzip unter ständiger Beobachtung stand. Da ich an einer auslaufenden Schule war, die nur noch wenig Schüler, aber viele Lehrer hervorbrachte, war es dort Gang und Gebe, dass die Stunden doppelt besetzt wurden. Was für einige hilfreich und vorteilhaft sein kann, war für mich eine einzige Belastung und ein enormer Druck, den ich mir teilweise aber auch selbst gemacht habe.
Mein Unterricht gefiel mir selbst am wenigsten, das Verhältnis zu meiner Mentorin war ziemlich unterkühlt und generell fühlte ich mich einfach fehl am Platz. Bemerkbar machte sich das auch in meinen UBs, die in einem Fach berechtigterweise mit 3 und 5, im anderen Fach immerhin mit 3 bewertet wurden. Mit der Note 5 war ich an meinem absoluten Tiefpunkt angelangt, der mich im Prinzip nur darin bestätigte, dass dieser Beruf nicht der richtige ist. Aus Mangel an Alternativen und einem letzten Funken Ehrgeiz habe ich mich jedoch gegen einen Abbruch entschieden und wollte versuchen, das beste daraus zu machen - was mir dann tatsächlich noch recht gut gelungen ist.
"Neues Jahr, neues Glück" - dieser Spruch passte zu mir wie kein anderer. Mit der Jahreswende wurde "alles besser". Warum genau das so war, kann ich selber leider gar nicht genau erklären. Wichtige Faktoren waren allerdings: Mentorenwechsel, FRÜHZEITIGE Planung der UBs und vor allem Absprachen mit meinen Kollegen, insbesondere mit meinem ABB, der mir bei der Planung meiner UB-Stunden eine riesige Hilfe war. Wochenlang sind wir die Stunde immer und immer wieder durchgegangen... sämtliche Kleinigkeiten konnten bedacht werden, die Entwürfe waren 2 Wochen vor den UBs fertig. Ich war selbst sehr erstaunt von mir selbst :-D Ich lebe nämlich eigl sehr gerne nach dem Prinzip der Prokrastination ;-). Aber siehe da, die dritten UBs lagen beide im 2er-Bereich, die vierten ebenfalls, meine Prüfung habe ich mit sehr guten Noten bestanden. All das war für mich im November letzten Jahres unvorstellbar. Umso schöner war es, die eigene Entwicklung so positiv zu gestalten und dies auch rückgemeldet zu bekommen. Was ich damit sagen will: Bei fast allen meiner Seminarkollegen habe ich es erlebt, dass sie in einem Tief steckten, aus dem sie dachten nicht mehr herauszukommen. Abbruchgedanken hatten die meisten. Aber niemand ist diesen Schritt gegangen - Gott sei Dank! Ein Jahr später sind wir alle "fertige" Lehrer/innen und absolut glücklich damit. Wenn so ein Tief also kommen sollte: Nicht aufgeben, sondern versuchen, das zu ändern, was einen belastet und immer wieder hinterfragen, ob es wirklich an dem Beruf, oder an der derzeitigen Situation liegt, dass man unmotiviert ist. Vielen fiel es schwer, dort zu unterscheiden. Es lohnt sich, weiterzumachen! Natürlich ist das hier alles meine persönliche Erfahrung, die jeder anders machen wird. Der Ablauf des Refs ist von so vielen, subjektiven Dingen abhängig, dass man die Erfahrungen anderer zwar zur Kenntnis nehmen, aber sicherlich nicht übertragen kann.
Vllt klingt mein Bericht für den ein oder anderen viel negativer, als er eigl werden sollte. Aber davon ausgehend, dass das Ref insgesamt 18 Monate lang andauert und ich davon insgesamt nur 3 Monate als äußerst belastend empfunden habe, bin ich damit ganz gut weggekommen. Denn nachdem diese "Wende" im neuen Jahr kam, fand ich das Ref zwar auch nervig und teiweise stressig. Aber das habe ich ebenso über die Uni und die Schule gedacht, ich denke das gehört einfach dazu. Zumindest habe ich es nicht mehr als so schrecklich emfpunden, dass ich es abbrechen wollte. Im Gegenteil, ich hatte zwar wenig Lust auf UBs etc, ging bzw. gehe aber gerne in die Schule. Und das Ref hat ja auch irgendwann ein Ende ;-)

Einen Kommentar möchte ich gerne noch bzgl. der Freizeitgestaltung während des Refs abgeben. Natürlich ist das hier auch wieder subjektiv zu verstehen, jeder geht mit den Anforderungen anders um, das habe ich in meinem Seminar auch erleben können.
Bei mir war es so, dass ich ca. 1,5 Stunden Autofahrt von meiner Heimatstadt entfernt wohnte, in der mein Freundeskreis und mein Freund weiterhin leben. Jeden Freitag nach der Schule saß ich im Auto "nach Hause" und habe mich am WE auch nicht wirklich mit der Schule beschäftigt (es sei denn, es standen UBs bevor). Natürlich kann das auch ein Grund gewesen sein, warum ich in der ersten Phase des BdUs keine guten Leistungen zeigen konnte. Da ich an diesem Verhalten allerdings bis zum Ende des Refs nichts änderte und mich trotzdem stetig verbesserte, denke ich, dass es an anderen Dingen lag. Für mich war es wichtig, am Wochenende abschalten zu können, feiern zu gehen, meine Freunde und Familie zu sehen. Und das hatte bei mir oberste Priorität. Ich habe deswegen in der Woche so viel gemacht wie ich konnte (aber nicht, wie andere, bis mitten in der Nacht, da bin ich nicht der Typ für^^), um dann am WE frei zu haben. Manche Leute aus dem Seminar konnten das absolut nicht nachvollziehen. Auch in dem Sinne, dass sie sich nicht vorstellen konnten, wie man das alles unter einen Hut kriegen soll. Ich habe aber irgendwann abends gesagt, so, jetzt reicht es, auch wenn die Stunden nicht bis ins kleinste Detail geplant waren. Und wenn ich mir meine Ergebnisse aus dem Examen und meine Entwicklung in den letzten Monaten angucke, kann ich nur sagen: alles richtig gemacht.^^ Klar ist, dass das jeder für sich selber entscheiden muss. Es gab eben auch viele, die sich die Nächte um die Ohren geschlagen haben und für die Wochenende nichts als Stundenvorbereitung bedeutete. Ich halte das für ziemlich ungesund, würde aber niemals jemdanden deswegen "verurteilen" oder ähnliches, denn das Ref ist und bleibt eine wichtige und auch belastende Zeit, die jeder so gestalten sollte, wie es für richtig hält. Was ich mit meiner Erfahrung sagen will: Es ist möglich, trotz Stress (den ich vom Pensum her mit Unistress ungefähr vergleichbar fand), ein normales, soziales Leben zu führen, ohne dass Freundschaften oder Beziehungen zerbrechen. Diese Erfahrung habe übrigens nicht nur ich gemacht, sondern auch viele meiner Mitstreiter.

Allen, die in naher Zukunft ins Ref starten, wünsche ich viel Erfolg! Versucht, ohne Vorurteile und mit Freude an die Sache heranzugehen. Denn eins kann ich auf jeden Fall sagen: Ich habe in den letzten 18 Monaten DEUTLICH mehr gelernt als in 5 Jahren Studium. Lasst euch nicht unterkriegen und macht euch immer wieder klar, wofür ihr das Ganze überhaupt macht. Und dann gehen die 18 Monate auch viel schneller um, als man denkt :-)
Zuletzt geändert von Anonymous1 am 29.09.2014, 19:45:26, insgesamt 1-mal geändert.

Esperanza13
Beiträge: 92
Registriert: 09.12.2013, 13:34:41

Re: Es ist geschafft - mein subjektiver Erfahrungsbericht

Beitrag von Esperanza13 »

Vielen Dank für diesen schönen Bericht :-) und herzlichen Glückwunsch, dass du so gut bestanden hast!

Anonymous1
Beiträge: 8
Registriert: 07.10.2013, 20:33:07

Re: Es ist geschafft - mein subjektiver Erfahrungsbericht

Beitrag von Anonymous1 »

Danke :-)

Isadora
Beiträge: 9
Registriert: 23.11.2014, 0:26:14

Re: Es ist geschafft - mein subjektiver Erfahrungsbericht

Beitrag von Isadora »

Toller Bericht und herzlichen Glückwunsch!

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