Ich habe abgebrochen .... und lebe immer noch!

Du hast positive Erfahrungen mit dem Referendariat? Du hast es endlich geschafft und weißt nun, dass sich das Durchhalten gelohnt hat? Erzähl davon!
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nanu
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Beitrag von nanu »

@ewme:

Ein wichtiger Beitrag hier im Forum, gibt er doch all den "Mühseligen und Beladenen", die hier ihren Frust von der Seele schreiben, ein positives Beispiel, wie es auch anders geht.
Statt Frust zu schieben und sich von morgens bis abens über Schule und Ausbildungssystem zu ärgern, sollten all diejenigen ebenfalls einen mutigen Schlussstrich ziehen.
Das Leben ist zu kurz, um es einer Behörde zu opfern, die sich für dich als Person, für deine wahren Fähigkeiten nicht interessiert.

Stefan24
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Beitrag von Stefan24 »

Das Leben ist zu kurz, um es einer Behörde zu opfern, die sich für dich als Person, für deine wahren Fähigkeiten nicht interessiert.
Eine Schule ist keine Behörde; wenn schon, dann musst du aufs System schimpfen ;-) Bleib dir treu!

Zitronenfalter
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Beitrag von Zitronenfalter »

Eine Schule ist keine Behörde;
Wer es (noch) genauer wissen möchte, dem sei das Schulgesetz §23 empfohlen... :wink:

Gruß

Zitro
heiter weiter!

Serafina
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Registriert: 30.08.2009, 10:20:12

Re: Ich habe abgebrochen .... und lebe immer noch!

Beitrag von Serafina »

Ich greife den nun schon etwas älteren Strang nochmal auf, weil ich gerne noch was wissen würde:
Ich habe relativ früh meinen Mentoren signalisiert, dass ich mir Gedanken mache und bekam nach meiner Entscheidung, die ich Ihnen 2 Monate vor dem Schulhalbjahr mitgeteilt habe allgemein nur positives Feedback und viel Verständnis. Lag vielleicht auch daran, dass ich mich mit meinen Mentoren gut verstand und offen redete.
Es gibt sie, die guten Mentoren. Das war sehr mutig von dir, und es hat sich gelohnt. Was haben sie denn allgemein so gesagt, als du damit rausrücktest?

Was machst du heute?
Direkt als mir klar wurde, dass diese Laufbahn für mich nichts ist habe ich mich im Bereich Marketing umgeschaut. Ich hatte während des Studiums einige Praktika in diesem Bereich gemacht, die mir große Freude bereiteten. Dank meiner Zeugnisse gelang es mir sehr schnell eine neue Stelle in diesem Bereich zu finden und ich war genau 20 Tage als Übergangszeit arbeitslos.
Da hast du einen guten Instikt bewiesen. Um das Drama der falschen Berufswahl möglichst klein zu halten, sollten meiner Ansicht nach alle LA-Studenten auch in andere Arbeitsbereiche via Praktikum hineinschnuppern. Vielleicht sollte man das sogar in den Prüfungsordnungen fest verankern, da man einige Leute ja zu ihrem Glück zwingen muss. Das ja nicht nur in diesem Bereich. Dafür gibt es aber wahrscheinlich überhaupt keine Chancen. Es sähe ja auch ein wenig komisch aus ...
Es wäre eine Lüge, wenn ich behaupten würde, dass mein neuer Job grundsätzlich perfekt wäre. Aber ich bin für mich persönlich sehr glücklich und zufrieden.
Ich fand meine Praktika in der Schule klasse, machte privat Nachhilfe und freute mich Lehrer zu sein. Es hat sich aber anders ergeben, auch weil ich mich als Mensch schlicht und einfach im Laufe meines Studiums verändert habe.
Ja, auch erwachsene Leute, die bereits Lebenswege eingestielt haben, verändern sich noch. Dafür muss es auch aus der Bildungspolitik Antworten geben. Mir fällt kein anderer Studiengang ein, der so starr auf einen einzigen Beruf ausgerichtet ist. Und die besondere Finesse daran ist, dass sich im Studium selbst kaum erahnen lässt, ob von dem, was man sich dort an Inhalten aneignet und wovon man vielleicht auch begeistert ist, später überhaupt etwas Teil des Berufslebens sein wird. Wenn das schon so ist, sollten auch gleich die beruflichen Abzweigungen aufgezeigt werden, die man auf der Basis der sich herausbildenden Interessen nehmen kann. Und dann ab in Praktika. Wer sich dann noch fürs La entscheidet und das Ref macht, sollte sich seiner Sache auch zigmal sicherer sein.

Katharina Schneider
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Berufswahl Lehrer

Beitrag von Katharina Schneider »

Neben der organisatorischen und zeitlichen Belastung sind falsche oder fehlende Vorstellungen über den zukünftigen Beruf ein Hauptgrund dafür, dass viele Lehramtsanwärter und Referendare so verzweifelt mit der ihnen zugewiesenen Tätigkeit hadern. Ich denke, dass die Lebenswünsche, die nach dem bestandenen Abitur zur Wahl des Lehramtsstudiums führen, Jahre später im Berufsalltag eines Lehrers nicht oder kaum erfüllt werden. In der Hoffnung, dass die Zweifelnden und Resignierenden in der zweiten Ausbildungsphase ihre Berufswahl nochmals überdenken, präsentiere ich hier meine leicht fiktionalisierte Vita, die eine Geschichte des dauerhaften beruflichen Scheiterns ist und als Warnung dienen mag.

Zum Ende der Schulzeit machte ich mir über meinen zukünftigen Beruf Gedanken. Auf gar keinen Fall wollte ich einen gewöhnlichen Ausbildungsberuf erlernen. Vielmehr sollte es eine Stelle im hervorragend dotierten und arbeitsrechtlich gut geregelten öffentlichen Dienst sein, der auch die Aussicht auf einen hinreichend sicheren Arbeitsplatz bietet. Zudem wünschte ich mir eine Tätigkeit mit einem sehr geringen Entfremdungsgrad, die abwechslungs- und ereignisreich sein würde und viel Gestaltungsfreiheit hat. Mir schwebte irgendwie eine professionalisierte Tätigkeit ähnlich der eines Arztes oder Rechtsanwaltes vor. Großes Interesse hatte ich allerdings an gesellschaftspolitischen Themen und an Literatur. Auf jeden Fall sollte der Beruf ein gewisses gesellschaftliches Renommee haben und zumindest in der Tendenz auch den zwangfreien Umgang mit Menschen auf intellektuellem Niveau ermöglichen.

Aus diesem Konglomerat an vagen Motiven – man mag sie auch Illusionen nennen – entschied ich mich als kompromissbereiter Realist dann für ein Lehramtsstudium mit den Unterrichtsfächern Politik, Deutsch und Geschichte. Dieses Studium beendete ich mit dem ersten Staatsexamen und der Gesamtnote 2,0.

Langsam erinnerte ich mit wieder an den – für mich nur formalen – Zielberuf des Studiums, und in der anschließenden Zeit als Referendar bemerkte ich dann: Kern des Berufes ist der Umgang mit Kindern, von denen sich nicht eines für die – pars pro toto – britische Appeasementpolitik der 1930iger Jahre interessiert. Vielleicht würde ja das Studium zukünftig noch zu einem vernünftigen Beruf taugen. Auf jeden Fall galt es jetzt das zweite Staatsexamen zu absolvieren, und ich schloss es mit der Gesamtnote 2,4 ab. Meine eigentliche Unterrichtstätigkeit wurde sogar in allen Fächern mit der Note 2,0 vorbenotet. Die schlechtere Gesamtnote resultierte – soweit ich mich noch erinnere – aus einer Hausarbeit, an deren Thema ich kein Interesse hatte und die der wirklich wohlgesonnene Prüfer noch so gerade eben durchgehen ließ.

Schon zu Beginn des Referendariats hatte ich gemerkt, dass ich in einer kurzen, überschaubaren Zeit von rund zwei Jahren als Lehrer arbeiten können würde; dauerhaft würde das aber nichts für mich sein. Viel zu wenige meiner ursprünglichen Berufsmotive konnten hier erfüllt werden. Zu keinem Zeitpunkt habe ich es so empfunden, dass man als Lehrer seine Arbeitszeit frei einteilen und dass man überhaupt ein Fünkchen Gestaltungsfreiheit hat. Ich fühlte mich nur als Sklave der vorgeschriebenen Unterrichtszeiten und der in der täglichen Praxis nicht erfüllbaren – aber sicher gut gemeinten – Normen des Ausbildungsseminars. Eigentlich interessierten mich auch nur die Inhalte der von mir studierten Fächer und nicht deren didaktische Primitivierung für die Vermittlung an Kindern.

Nach Abschluss des zweiten Staatsexamens gab es für mich aus finanziellen Gründen keine Möglichkeit, das Studium fortzusetzen und eventuell mit einer Promotion abzuschließen. Lehrer wurden allerdings auch kaum eingestellt, und so landete ich bei sehr magerer Entlohnung für fast zwei Jahre bei einem privaten Bildungsträger und unterrichtete Deutsch als Fremdsprache. Diese berufliche Phase konnte ich aber glücklicherweise bald abschließen, und es gelang mir, eine recht interessante aber auf sechs Jahre befristete BAT-IVb-Stelle als Sozialpädagoge zu bekommen.

Mittlerweile hatte ich Familie und konnte mir eine längere Arbeitslosigkeit und weitere berufliche Experimente nicht erlauben. Alle Bedenken über Bord werfend machte ich daher mit wirklich guter finanzieller Unterstützung des Arbeitsamtes eine Umschulung (genauer: Abschulung) in einen kaufmännischen Ausbildungsberuf. Hier musste ich dann auch einmal die Woche zur Berufsschule und lernte mit meinen 17- bis 18jährigen Mitschülern, die bestenfalls den Realschulabschluss hatten und sich mehr für die Vorzüge bestimmter Automarken oder Kajalstifte interessierten, Rechnen, Schreiben und Lesen mit jeweils kaufmännischem Schwerpunkt. In diesem Beruf arbeite ich seit mittlerweile zwölf Jahren noch heute und habe es zu einem Gehalt von 2.250,00 € brutto gebracht. Beruflich bin ich in der Mitte meines Lebens also dort gelandet, wo ich auf gar keinen Fall hin wollte, und eine realistische Aussicht auf eine bessere Stelle besteht nicht. Abitur, Studium und Lehramtsausbildung waren nicht nur umsonst sondern für die zukünftige Höhe der Rentenzahlungen sogar sehr schädlich.

Ich habe mir damals einfach nicht vorstellen können, dass die Ausbildung zum Lehrer nicht auch zu einer anderen gut dotierten, akademischen Erwerbstätigkeit taugt, die nichts mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat. Jeder der mit diesem Beruf und ähnlichen Unterrichtsfächern anfängt, muss sich aber darüber im Klaren sein, dass das so ist. Wenn man sich nicht ganz sicher ist, dass man lebenslang Schulkinder unterrichten will, sollte man kein Lehramtsstudium beginnen!

nele

Beitrag von nele »

Ich denke ein Grundproblem bei der Konfrontation mit der späteren Berufsrealität ist das Konzept des "Traumberufs" - an den falschen Vorstellungen, die man als junger Mensch hat, und an der gedankenlosen Ideologieblasen, die den Lehrerberuf über jede Gebühr mit Bedeutung aufblasen, zerbrechen viele Berufseinstiege...

Nele

nele

Re: Berufswahl Lehrer

Beitrag von nele »

Katharina Schneider hat geschrieben:Wenn man sich nicht ganz sicher ist, dass man lebenslang Schulkinder unterrichten will, sollte man kein Lehramtsstudium beginnen!
Es gibt allerdings immer noch den zweiten Bildungsweg als Alternative - und das heißt nicht auf ewig VHS-Kurse! Ich bin Studienrat und unterrichte Erwachsene.

Nele

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