Zum Lehrer nicht geeignet!

Diskussion zu pädagogischen Themen aller Art
Leonidas
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Zum Lehrer nicht geeignet!

Beitrag von Leonidas »

Moin alle!! Wieder mal was Feines ausm Süden! Auch mal bitte die Kommentare lesen!

Nicht aufregen, sondern das anstehende Wochenende genießen :D .

Gruß an alle, die auch sooooo ein laues Studium hatten, wie ich.

Leonidas


http://www.sueddeutsche.de/,ra7m1/jobka ... 22/137545/

Malina
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Beitrag von Malina »

Interessanter Artikel.

50% finde ich persönlich zwar etwas hochgegriffen, aber nun gut.
Klar, viele studieren Lehramt "mal eben so". Das tun viele in anderen Studiengängen auch - nur eröffnen sich denen danach mannigfaltige Möglichkeiten etwas zu finde, wo man hineinpasst. Das ist nach dem Lehramt auf einem gewöhnlichen Wege nicht machbar.

Ob das Studium nun leichter ist... ist die Frage, womit man es vergleichen will. Aber ist ja auch eh relativ zu sehen.

Schupraktikum ist übrigens ein ganz toller Vorschlag.
Wenn ich da an meine Praktika zurückdenke, die waren alles andere als realistisch und den Alltag abbildend. Aber nun ja.

Kleinere Klassen allerdings, das wäre mal was. Das wäre ja auch relativ leicht umsetzbar. Wird aber wohl nie geschehen.

Leonidas
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Beitrag von Leonidas »

Hi Malina.

Ja, ich habe im Studium auch genug Leute kennengelernt, die eigentlich keine Lehrer werden möchten, aber auf LA studiert haben, wegen des höherwertigen Abschlusses
im Vergleich zum Magister. Hab dann Sprüche gehört wie:
" Ich will eigentlich garnicht an die Schule, mach jetzt aber erstmal meinen Abschluss und das Ref und schau dann mal weiter. Na ja, und bevor ich in der freien Wirtschaft nix finde und arbeitslos werde, gehe ich halt in die Schule." Schön!

Zu den Praktika. Ich habe drei Stück gemacht, die aber immer nur ein Reinschnuppern in den Schulablauf waren und wohl mit dem Lehrersein nicht viel zu tun hatten. Ich bin mir dessen bewußt. Was also tun: Mehr Praxisanteile im Studium? Ich würd`s befürworten, weis aber nicht, wie das umgesetzt werden könnte.
Vorschlag: Ein Praktikum über 6 Monate wäre ne Schöne Sache...

Andere Frage: Sollte man schon im ASP offensichtlich überforderten Studenten nahelegen, den Studiengang zu wechseln??

Gruß Leonidas

Malina
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Beitrag von Malina »

Ja eigentlich sollte man auch schon im ASP die Karten auf den Tisch legen. Einige absolute Knalltüten werden da sicherlich schon auffällig.
Ist ja auch nur ein "nahelegen".

Problem ist imho einfach auch die fehlende Alternativmöglichkeit. Wenn ich denn mal schon 5 Semester studiert hab ehe ich merke, dass es nix für mich ist... (gerade in Zeiten von Studiengebühren, Langzeitgebühre)... da kann sich ja fast keiner mehr leisten, zu wechseln oder gar aufzugeben (rausgeworfenes Geld!).

Gut, auf Gym-Lehramt hat man wenigstens noch 2 Fächer, auf die man aufbauen kann. Im GHR Bereich, so ein Staatsexamen... ja, herzlcihen Glückwunsch.

Rico
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Beitrag von Rico »

"Der Chef des Beamtenbundes Baden-Württemberg, Volker Stich, forderte mehr Beratung für Schulabgänger und Studienanfänger, um die Selbsteinschätzung der jungen Menschen zu schärfen. "Da hilft nicht nur ein Schulpraktikum."

Referendar "Rico" fordert eine Beschränkung der Klassengrößen auf maximal 25 SuS, größere Flexibilität (Förderunterricht / Betreuung verhaltensauffälliger SuS durch Sozialpädagogen an der Schule / usw.) und weniger Sonderbelastungen durch Lernstandserhebungen etc. (die können gerne durch Leute "von außen" durchgeführt werden).

Hmm, ich glaube, dafür würde ich sogar 10% weniger Beamten-Gehalt in Kauf nehmen.

Wie auch immer, was mich an diesen Sachen ärgert, ist, dass in der Presse nie auftaucht, dass die Arbeitsbedingungen für Lehrer in Deutschland - im (west)europäischen Vergleich - schlecht sind und sich noch weiter verschlechtern.

Stattdessen wird jetzt schon den Studierenden im vorauseilenden Gehorsam der schwarze Peter zugeschoben.

Was haben wir denn für Schulen, wenn man einem großen Teil der Studierenden schon jetzt mangelnde Eignung attestieren muss?

Wo sind die psychologischen Eignungstests für Mediziner, Juristen und Ingenieure (à la "Sie werden das bei Siemens nie durchstehen, das sag' ich Ihnen jetzt schon!")?

Wenn mir jemand irgendein Beispiel für ein anderes Land geben könnte, in dem eine ähnliche Diskussion geführt würde, wäre ich dankbar!

SL

Beitrag von SL »

Also, 50% scheint mir auch etwas hoch gegriffen.

Dennoch habe ich in meiner Zeit als Lehrer bisher erschreckend viele Kolleginnen und Kollegen erlebt, die aufgrund erhöhter Unselbständigkeit, Naivität, Pedanterie usw. für einen akademischen Beruf in der freien Wirtschaft nicht geeignet wären.
Ich habe mich oft gefragt, wie das kommt. Wieso landen solche Menschen verstärkt in der Schule?

Vor ein paar Jahren habe ich in einer psychologischen Fachzeitschrift einen interessanten Artikel gelesen. Der Autor machte offenbar die gleiche Feststellung, kam dann aber zum Schluss, dass diese Menschen nicht in der Schule landen, sondern vielmehr die Schule nie verlassen.
Sie betrachten Schule als ein schützendes Umfeld, das sie vor der "gefährlichen Welt" da draußen bewahrt.

In der Tat glauben viele Abiturienten und überhaupt viele Schullabgänger und damit ein Großteil in unserer Gesellschaft sehr genau über den Beruf Lehrer bescheid zu wissen.
Das ist natürlich ein großer Trugschluss und bei vielen kommt - wenn sie das erste mal vor einer Klasse stehen - das große Erwachen, dass "Lehrer sein" ganz anders ist, als man es sich gemeinhin vorstellt.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch mal ein Wort zu den vielen Beiträgen hier über Psychotherapien verlieren.
Ich kann nicht belegen, dass es bei den angehenden Lehrern besondern viele sind, die schon vorher mal psychische Probleme gehabt haben, aber es scheint mir so.
Jedenfalls liegt dort ein großes Problem. Der Lehrerberuf erfordert mehr als andere Berufe eine besondere psychische Stabilität und Robustheit. Wer psychische Probleme hat, sollte nicht Lehrer werden. Die Welt als Lehrer ist eben nicht so heil, wie man es sich vorstellt.

Und in diesem Zusammenhang frage ich mich immer wieder, wieso Refs gleich zusammenbrechen, wenn die bösen Fachleiter/Seminarlehrer sie mal kritisieren. Die Nerven braucht man nicht nur* im Referendariat, denn danach fängt es erst richtig an. Da braucht man 30, 35, fast 40 Jahre lang gute Nerven.

Ich war bevor ich SL geworden bin einige Jahre Praktikumslehrer an der Uni und habe Lehramtsstudenten im 5. und 6. Semester ausgebildet. Nach einiger Zeit habe ich die immer mal gefragt, warum sie eigentlich Lehrer werden wollen und wie sie sich den Lehrberuf vorstellen.
Die Hauptmotivation war der sichere Arbeitsplatz und bei den Vorstellungen waren angenehme Arbeitsbedingungen mit viel Freizeit (Ferien) ganz oben. Ich fand das immer sehr erschreckend.

---
*edit
Zuletzt geändert von SL am 13.10.2007, 14:31:31, insgesamt 1-mal geändert.

Rico
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Beitrag von Rico »

SL hat geschrieben: Und in diesem Zusammenhang frage ich mich immer wieder, wieso Refs gleich zusammenbrechen, wenn die bösen Fachleiter/Seminarlehrer sie mal kritisieren. Die Nerven braucht man nicht im Referendariat, denn danach fängt es erst richtig an. Da braucht man 30, 35, fast 40 Jahre lang gute Nerven.
Ist das so?

Irgendwer (Ulysses?) hat hier vor kurzem geschrieben, dass fuer viele das Referendariat mit Angst verbunden ist.

Da ist was dran. Ich habe bisher im Referendariat noch keine groesseren Probleme gehabt (Stundenverisse usw.) und (ja!) ich gehoere sogar zu der "jung, gesund und schoen" - Gruppe, die sich keine Sorgen um die Verbeamtung machen muss.

Trotzdem erlebe ich das Referendariat als sehr unangenehm.

Ich habe vorher einige Jahre ausserhalb der Schule gearbeitet und hatte dort auch mit voellig neuen Anforderungen und Termindruck (Zeitschriftenedition) zu tun. Ich hatte auch eine lange Arbeitswoche und manchmal Aerger mit dem Chef, weil nicht alles so geklappt hat, wie er sich das vorgestellt hat.

Aber ich hatte nicht staendig irgendwelche Gremien, die mir ueber die Schulter geschaut und mich benotet haben. Ich konnte trotz allem entspannter meine Fehler machen. Im Referendariat schreibt dagegen jeder, dem man begegnet, Gutachten ueber einen (ok, ausser der Schulsekretaerin).

Ich musste auch nicht neben meinen eigentlichen Aufgaben (die mir Spass mach(t)en) merkwuerdige schriftl. Hausarbeiten schreiben, deren Sinn vor allem darin zu bestehen scheint, die Orthografiekenntnisse der Referendare zu testen (oh, und natuerlich die allgemeine Belastungsfaehigkeit). Ich wurde nicht gezwungen, zu kollegialen Fallberatungssitzungen zu gehen
und musste nicht zum zehnten Mal in meinem Leben den Pawlow'schen Hund ueber mich ergehen lassen (pars pro toto).
Sprich: Ich konnte mich auf meine eigentlichen Aufgaben konzentrieren.

Fazit:
Aller Anfang ist schwer, aber man kann ihn den Leuten auch schwerer machen als noetig.

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