"Per Anwalt gegen Lehrer"

Diskussion zu pädagogischen Themen aller Art
ranii
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"Per Anwalt gegen Lehrer"

Beitrag von ranii »

Moin,

in den letzten Tagen macht in den Medien das Thema "Eltern verklagen Lehrer" die Runde. Nachdem ich nun heute auch noch in meiner aktuellen Tageszeitung auf der Titelseite den Artikel "Notenkampf: Immer mehr Eltern verklagen Lehrer ihre Kinder" lesen dirfte, frage ich mich, wie weit diese Meldungen der Wahrheit entsprechen.

Was habt ihr dazu schon an euren Schulen mitbekommen? Ich selber bin noch nicht so lange im Dienst, dass ich solche Vorfälle aktiv miterlebt habe.

Wie ist das eigentlich: Kann ich Eltern ein Gespräch verweigern, wenn sie ohne Anmeldung mit einem Anwalt auftreten?

Was sagt ihr?
ranii

PS: zwei Artikel zum Nachlesen von SPON ... woanders lese ich nicht *duck*
http://www.spiegel.de/schulspiegel/heli ... 92329.html
http://www.spiegel.de/schulspiegel/schu ... 91806.html

Kodi
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Re: "Per Anwalt gegen Lehrer"

Beitrag von Kodi »

Ist bei uns zum Glück selten.
Alle paar Jahre gibt es mal einen Widerspruch.
Da hat die Schule dann die Wahl zwischen der nicht unerhebliche Arbeit einer Begründung oder dem stattgeben des Widerspruchs.

Persönlich sehe ich das relativ gelassen. Ich kann meine Noten begründen und habe sie dokumentiert. Falls irgendein Richter einen aus meinen Noten resultierenden Verwaltungsakt aufheben sollte, dann ist das ok, selbst wenn ich persönlich einen anderen Standpunkt haben sollte. Dafür gibt es unser Rechtssystem. Schlauer wird der betreffende Schüler dadurch allerdings auch nicht. ;)

Mit Anwalt ist bei mir noch nie jemand zum Elterngespräch aufgetaucht. In so einem Fall würde ich ein Mitglied der Schulleitung hinzu bitten und auf ein Gesprächsprotokoll bestehen.

Katta
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Re: "Per Anwalt gegen Lehrer"

Beitrag von Katta »

Notenwidersprüche gibt es hier auch hin und wieder, aber nicht mit Anwalt. Die Eltern formulieren ein Schreiben, ich meine, an die Bezirksregierung, die das dann über den Schulleiter an den entsprechenden Fachlehrer weitergibt, der eine entsprechende (sehr umfangreiche) Darstellung und Begründung formulieren muss, das geht zurück in die Bezirksregierung, die entscheiden dann.
Bin mir gar nicht so sicher, ob man so ohne Weiteres mit so etwas wirklich zu einem Anwalt gehen kann?? Zumal du ja auch formal nur gegen bestimmte Noten Widerspruch einlegen kannst (also nicht eine einzelne Klausurnote oder so, eher in Richtung Zeugnis- oder gar Abschlusszeugnisnote - bin hier aber nicht rechtssicher). Aber das wäre ja eh Dinge, die nicht an mich/ über mich persönlich in dem Sinne laufen, sondern über die Bezirksregierung gingen, die entscheiden ja letztendlich nach Durchsicht der Stellungnahme des Fachlehrers, ob sie dem Widerspruch stattgeben oder nicht, die nächste Klagestufe wäre dann ja gegen diese Instanz/ Entscheidung.

Kämen Eltern ohne Ankündigung mit Anwalt zu einem Elterngespräch, würde ich das Gespräch an der Stelle verweigern und ebenfalls nur mit Schulleitung führen - bei uns sind aber eh viele Eltern selber Anwälte ;-p (wenn auch mit vermutlich anderem Schwerpunkt als Schulrecht).

Stark
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Re: "Per Anwalt gegen Lehrer"

Beitrag von Stark »

Kodi hat geschrieben: Persönlich sehe ich das relativ gelassen. Ich kann meine Noten begründen und habe sie dokumentiert.
Und selbst wenn nicht...
V.a. als Beamter kann dir nicht mal dann was passieren, wenn du deine Noten gewürfelt hast. Man muss sich bei diesem Schreckgespenst "Klagen von Eltern" immer bewusst machen, dass man nicht als Person verklagt wird, sondern als Amt. Das bedeutet, dass man (im Falle von Notengebung) nicht zu Schadensersatz oder Gefängnisstrafe verurteilt werden kann. Eventuell wird halt die Note umgeworfen...
Aber natürlich bedeutet so eine Klage einen Riesenaufwand - umso mehr, wenn man seine Unterlagen nicht in Ordnung hat.

*Sissy*
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Re: "Per Anwalt gegen Lehrer"

Beitrag von *Sissy* »

Bei uns kam mal ein Schüler mit Anwalt zur einer Teilkonferenz. Unsere SL hat dann von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht und den Anwalt gebeten, das Schulgebäude zu verlassen. Eine TK ist kein Gerichtsverfahren, da hat einA Anwalt nichts zu suchen.

Ansonsten bin ich da auch gelassen und begebe mich manchmal auf juristisch dünnes Eis, wenn ich Mitarbeitsnoten auch in Zusammenhang mit der Anwesenheitsquote gebe. Aber das riskiere ich, da ich es schlicht und ergreifend unfair finde, wenn SuS 50% der Zeit nicht anwesend waren (immer mit Attesten vom gleichen Arzt und es liegt keine chronische Krankheit vor!) und wegen ein paar Mal Beteiligen am Unterrichtsgeschehen eine 2 haben wollen. Die anderen SuS, die immer brav gekommen sind, haben da auch großes Unrechtsbewusstsein und das kann ich wirklich nachvollziehen.
Sollen sie mich verklagen! Hab ich kein Problem damit.

MarlboroMan84
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Re: "Per Anwalt gegen Lehrer"

Beitrag von MarlboroMan84 »

*Sissy* hat geschrieben:juristisch dünnes Eis, wenn ich Mitarbeitsnoten auch in Zusammenhang mit der Anwesenheitsquote gebe. Aber das riskiere ich, da ich es schlicht und ergreifend unfair finde, wenn SuS 50% der Zeit nicht anwesend waren
Das ist nicht juristisch dünnes Eis, sondern das ist schlichtweg unrechtmäßig.

Das die Atteste in der Regel vom gleichen Arzt sind, liegt wohl vermutlich daran, dass die meisten Leute eben nur einen Hausarzt haben.

*Sissy*
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Re: "Per Anwalt gegen Lehrer"

Beitrag von *Sissy* »

"Das ist nicht juristisch dünnes Eis, sondern das ist schlichtweg unrechtmäßig."

Kann sein! Ich kann aber sehr wohl entscheiden, ob jemand krank ist oder sich einen faulen Lenz macht. Meine SuS sind idR volljährig und daher finde ich schon, dass man sich ein bißchen am Riemen reißen kann und auch zu Klausuren mal mit Kopfschmerzen erscheint. Ich hatte aber bei 12 Schülern in diesem Jahr und 5 Klausuren immer ca. die Hälfte, die nicht mitgeschrieben hat. Und wundert es einen? Es waren immer die selben! Die sich auch gerne meine 9.+10. Stunde geklemmt haben. Daher finde ich schon, dass ich das schon als negative Beteiligung werten sollte.

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