Was ist ein Vorbild?

Diskussion zu pädagogischen Themen aller Art
MapleSyrup
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Was ist ein Vorbild?

Beitrag von MapleSyrup »

Hallo ihr,

ich lese und höre immer wieder davon 'als Lehrer muss man Vorbild sein, dies und jenes darf man dann nicht machen, und man darf sich dann auch nicht so wie xy kleiden..." etc..

Auf meine Frage, was denn nun ein Vorbild sei -detaillierte Definition-, ernte ich meist nur nichtssagende Blicke. Oftmals kommen dann vage Satzstücke, wie '...naja, man darf bspw nicht in der Öffentlichkeit Alkohol trinken...' [hier ist tatsächlich nicht Betrinken gemeint, sondern eben Alkohol trinken], '...gepflegtes Äußeres...’ [was ist denn gepflegt? Der Punk um die Ecke ist u.U. genauso gepflegt, aber differenziert sich durch sein Aussehen evtl vom Durchschnittsbürger], ... und und und.

Sollte man denn für Lehrer ebenfalls mal über eine Uniform nachdenken? Was meint ihr? Wenn nicht, wo liegen denn beim ungeschriebenen Dresscode die Grenzen - und v.a. warum?
Gibt es denn wissenschaftliche Studien zu Erkenntnissen bzgl der lernförderlichen (Nicht-) Wirkung der Lehrerkleidung [ich möchte in diesem Thread bitte von vagen Behauptungen absehen, davon habe ich schon genug gehört.]


Darf ich mich als Lehrer nicht im Freibad/Kneipe/etc. aufhalten, in dem evtl auch meine Schüler ihre Freizeit verbringen? Warum?



Mich interessieren eure fundierten (!) Meinungen, danke :-)

Rayanne
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Re: Was ist ein Vorbild?

Beitrag von Rayanne »

Ich begreife mich nicht als vorbildlich in allen Lebensbereichen, aber insgesamt als integere Person. Es geht darum, ein Vorbild in der Gesamtlebensführung zu sein - das heißt eben nicht, dass man nie zum Glas Wein greift, aber wenn man es tut, dann eben in solch einem Maße, dass man nicht in der Notaufnahme landet. Auch der sogenannte Dresscode muss nicht immer stimmen - wichtig ist aber, dass das Gesamtbild passt.
Die Lernforschung hat herausgefunden, dass man leichter von Personen lernt, die man respektiert und bei denen man einen Kompetenzvorsprung annimmt (was auch als natürliche Autorität angesehen wird). Diese sollte ich durch mein Verhalten und mein Äußeres generell wahren. Hotpants und weiße Stiefel im Unterricht entsprechen dem nicht unbedingt, wenn ich aber abends in der Kneipe einem Q12-ler begegne und diesen grüße, während ich ein Bier mit Freunden trinke, sehe ich darin keinen Bruch.

Mit einem Punk als Lehrer hätte ich insofern ein Problem, als die Kleidung hier meistens auch Ausdruck einer politischen Haltung ist, die Schüler beeinflussen kann.

Rotschreiber
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Re: Was ist ein Vorbild?

Beitrag von Rotschreiber »

Ja, ich bin eines. 8)

MapleSyrup
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Re: Was ist ein Vorbild?

Beitrag von MapleSyrup »

Und ich kann eine Person, die nicht dem üblichen Gesellschaftsbild entspricht, nicht respektieren?
Mit einem Punk als Lehrer hätte ich insofern ein Problem, als die Kleidung hier meistens auch Ausdruck einer politischen Haltung ist, die Schüler beeinflussen kann.
Angenommen es würden sich alle Lehrer gleich kleiden, entspräche dies ja auch einer politischen Haltung - einer Bejahung des momentanen Systems, einer (unreflektierten) Reproduktion unserer Gesellschaft? Vermittelt nicht jede Gruppe inhärent irgendeine politische Haltung?
Ich will mich hier auch nicht am Punk aufhängen, wie sähe es denn mit bspw der Öko-Tante mit Dreadlocks aus? Piercings? Tattoos? Jogginganzug?

krabappel
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Re: Was ist ein Vorbild?

Beitrag von krabappel »

Als Staatsbürger musst du Gesetze befolgen und als Beamter (nicht jeder Lehrer ist Beamter), gibts weitere Regelungen. Welche genau, kannst du nachlesen.
Ich vermute, bei der Klamottenfrage gilt, was sonst für jeden anderen auch gilt: Verfassungsfeindliche Symbole sind verboten, Springerstiefel, Iro oder Netzstrumpfhose nicht.

Ob du Hotpants oder Nasenpiercing angemessen findest, ist also eine Geschmacksfrage, allenfalls ein moralisches Diskussionsthema. Ich wüsste zumindest nicht, welche wissenschaftliche Begründung du für die Wahl deiner Kleidung oder der Getränke, die du öffentlich zu dir nimmst, hören möchtest?

CatherineDuquesne
Moderator
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Re: Was ist ein Vorbild?

Beitrag von CatherineDuquesne »

Ich mache mein Handeln nicht alleine von meinem Beruf abhängig. Ich habe hier bestimmte Vorstellungen (Werte, Ideale), denen ich folge.
Ich möchte am Abend noch in den Spiegel sehen können nach allem, was ich den Tag über getan habe.

Nun, jetzt zum Beruf. Ich weiß, einige Schüler sehen das anders.
Meine Berufsauffassung im Sinne von auch Vorbild meint, die Schüler möglichst gerecht zu behandeln. Ihnen also vorzuleben, dass sie akzeptiert sind.

Aber ich weiß auch, dass man mitunter mit einem bestimmten Auftreten als Lehrer konfrontiert wird.

Hier wurde der Punk angesprochen.
Ich habe bezüglich Kollegen und Vorgesetzter gemerkt (aber auch Schüler wurden schlagartig freundlicher), dass manche Dinge zurückzunehmen sind.
Dass ich tätowiert bin, wissen mittlerweile viele. Verrutscht schon mal ein Shirt, tja. Ja, das ist ein Tattoo! Ich trage auch keine geschlossenen Schuhe, nein.
Anders wäre es, wenn ich keine Leggings zu Röcken trüge. Ich achte da - halbwegs - darauf.

Was ich allerdings zurückgenommen habe, ist etwas Anderes. Manche Kollegen wissen es, die älteren Schüler fragten mich von alleine.
Ja, ich bin Goth.
Was ich jetzt schreibe, sehen manche in der Szene schon als Verrat, aber ich finde auch, die haben wenig begriffen oder das nicht durch, was zu einer beruflichen Rolle gehören kann.
Die Schüler, die mich vorher fragten, ob ich Goth sei, fragten mich dann, als ich bunt kam und wieder mit Naturhaarfarbe, ob ich das nicht mehr sei. Die waren nochmal freundlicher als vorher, auch die Kollegen.
Soviel zum Thema, was hier angeklungen ist, Szene und Lehramt.

Und ich achte, tja, Thema Vorbild und so, auch im privaten Bereich sehr darauf, wie ich außen herumlaufe.
Tattoos weitgehend bedeckt, "Alltagsschwarz" (privat bin ich so gut wie rein schwarz).

Man kommt besser an, wenn man sowas wie Szene in dem Job heraushält. Komme manchmal noch dunkel, selten. Finden dann mittlerweile schon mal Kollegen "mutig". Soviel dazu ;).

Nochmal zum Vorbild: Ist für mich wie gesagt nicht alleine auf den Job bezogen. Sondern da gibt es eben Dinge, die mir im Lehrerberuf helfen können, wenn ich sie dort "nutzen" kann.

Und dabei wissen meine Schüler, denke ich, immer noch, dass ich ebenso ein Mensch bin. Auch ganz wichtig in dem Bereich.
"Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren." B. Brecht

Illi-Noize
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Re: Was ist ein Vorbild?

Beitrag von Illi-Noize »

Warum lässt man sich Tattoos stechen, wenn man dann im Beruf und Privat schaut, dass sie nicht zu sehen sind? Ich kaufe mir ja auch kein Auto, das dann nur in der Garage rumsteht 8)

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