Klassenarbeiten - geistiges Eigentum und der Umgang damit?

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i-teach
Beiträge: 96
Registriert: 22.03.2009, 8:58:28

Klassenarbeiten - geistiges Eigentum und der Umgang damit?

Beitrag von i-teach »

Liebe Lehrer-Kollegen,

wie bewertet ihr den Aspekt des Copyrights, wenn Eltern und Schueler die Aufgabenblaetter der Klassenarbeiten kopieren, an Nachhilfeinstitute weitergeben und diese im Internet veroeffentlichen.

Ich weiss z. B., dass von mir in einem Nachhilfeinstitut ein Ordner mit meinem Namen steht, in dem jede Klassenarbeit, die ich jemals geschrieben habe, zu finden ist. Dieses Institut benutzt diese dann, um meine nachfolgenden Schueler ueben zu lassen.

Wie seht ihr das?
Nehmt ihr das so hin?
Wie ist es mit der rechtlichen Seite?
Schuetzt ihr euch irgendwie davor?

Vielen Dank fuer eure Einschaetzungen und Meinungen.

Avantasia
Beiträge: 529
Registriert: 11.01.2007, 23:48:30

Re: Klassenarbeiten - geistiges Eigentum und der Umgang dami

Beitrag von Avantasia »

Darüber grüble ich auch seit einiger Zeit. Glücklicherweise unterrichte ich in meinen Klassenstufen erst zum zweiten Mal und da unterscheiden sich die Aufgaben dieser Klassenarbeit noch sehr von der ersten Runde.
Mein Plan ist, in den nächsten Klassen meine früheren Arbeiten als Übungsarbeiten auszuteilen. Denn
1. ich will nicht, dass einige Kinder bevorzugt werden, indem sie meine Klassenarbeitsformate (insbesondere die AFB3-Aufgaben, alles andere sind eh typische Aufgaben in Mathe) schon kennen und die anderen überrascht werden;
2. die Nachhilfeinstitute sollen kein "Teaching to the/my test" durchführen, sondern konkrete Defizite aufarbeiten, und das mit ihrem eigenen, selbst erarbeiteten Material und nicht mit meinem, in das ich Arbeit geteckt habe.

Für meine (Übungs-)Arbeiten muss niemand Geld bezahlen und jeder meiner Schüler soll prüfen dürfen, ob er auf meine Arbeiten vorbereitet ist.

À+
No Risk No Fun!

Illi-Noize
Moderator
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Re: Klassenarbeiten - geistiges Eigentum und der Umgang dami

Beitrag von Illi-Noize »

Hat nichts mit dem Referendariat zu tun -> *schwupps* in den "allgemeinen Bereich".

Lysander
Moderator
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Re: Klassenarbeiten - geistiges Eigentum und der Umgang dami

Beitrag von Lysander »

Diese Frage mag einerseits rechtlich interessant sein, jedoch ist die pädagogische Seite an sich wesentlich wichtiger.

Die Frage ist nur dann rechtlich relevant, wenn die Klassenarbeit komplett ohne Vorlagen aus den entsprechenden Heften der Schulbuchverlage erstellt wurde. Selbst dann würden nur die Aufgaben an sich unter das Urheberrecht fallen, weil die Texte in der Regel ja nicht von Dir stammen, es sei denn, Du erstellst die Übungen komplett selbst. (Das ist bei mir bei Grammatikaufgaben ab und an der Fall).

Letztlich müsstest Du gegen jedes Nachhilfeinstitut Deine Ansprüche geltend machen. Und wer weiß, ob da nicht dann ein Copyright eines anderen Autors oder Verlags von Deiner Seite aus übersehen wurde.
Dann wäre da noch die Frage nach dem effektiven Schaden.
Durch das Verwenden der Arbeiten in den Nachhilfeinsituten verdienst Du ja nicht weniger. Insofern entsteht Dir also im Gegensatzu zu den klassischen Plagiaten oder Raubkopien kein Schaden.

Nun zur pädagogischen Seite:

Wenn ein Nachhilfeinstitut tatsächlich damit Erfolg hat, dass es Schüler eines bestimmten Lehrers durch Üben mit dessen alten Klassenarbeiten zu besseren Noten verhilft, dann kann man das als dreist ansehen. Man kann es aber auch als Faulheit des Kollegen ansehen, der eine alte Arbeit vollständig übernimmt.

Wenn eine andere Arbeit vom Insitut als Übung verwendet wurde als die dann zu schreibende Klassenarbeit und der Schüler es so packt, finde ich das gar nicht so verkehrt. Dann kann der Schüler immerhin übertragen.

Ich stelle meine Arbeiten in Englisch selten völlig identisch, weil der Termin der Arbeit und die Stelle, wo ich gerade bin, nicht identisch sind.

In der Oberstufe habe ich auch schon Klausuren recyclet, jedoch liegen zwischen dem einen Kurs und dem nächsten mindestens zwei Jahre, so dass die Schüler schon konkret nachfragen müssten. Das tun aber die wenigsten - selbst unter Geschwistern. Ich kann der älteren Schwester eine Klausur geben, die die jüngere Schwester zwei Jahre später zum selben Thema schreibt - bei den vielen Geschwistern unter meiner Schülerschaft ist es nicht ein einziges Mal vorgekommen, dass jemand gesagt hat "die Klausur hat meine Schwester vor zwei Jahren auch geschrieben".
Ganz oft haben die älteren Geschwister die Hefte oder Klausuren auch gar nicht mehr.

Was die Vorbereitung durch Nachhilfeinstitute angeht:

"Teaching to the test" ist eine Reaktion auf den Druck, der beispielsweise am G8-Gymnasium herrscht. Es ist reine Verzweiflung angesichts massiver Defizite irgendwie von der 5 runterzukommen.
Defizite kommen oft entweder durch Faulheit oder durch mangelndes Verständnis zustande. Bei ersterem helfen auch keine Nachhilfeinstitute. Bei mangelndem Verständnis ist das echte Knochenarbeit bis es beim Schüler "klick" macht. Im eins zu eins bei privater Nachhilfe dürfte das noch am ehesten klappen. Bei Gruppennachhilfe stelle ich mir das schwieriger vor.

Ich wage daher die These, dass der Schaden oder die Gefahr von Nachhilfeinsituten als eher gering einzustufen ist.
Gruß
Lysander

Das beste Argument gegen Demokratie ist ein fünfminütiges Gespräch mit einem durchschnittlichen Wähler. (W. Churchill)

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