Promotion - wann, wie oder überhaupt?

Habt ihr Fragen speziell an Ehemalige? Einige Junglehrer, die auch in der Referendarsbetreuung tätig sind, versuchen euch zu helfen.
Cineastin
Beiträge: 4
Registriert: 31.05.2005, 19:53:12
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Promotion - wann, wie oder überhaupt?

Beitrag von Cineastin »

Hallo!

Bin noch ein kleines Uni-Pflänzchen, habe aber dennoch schon weitreichende Fragen :wink: .

Es sieht folgendermaßen aus:
Ich bin noch im Bachelorstudium und wechsel jetzt zu Anglistik Hauptfach, mein Nebenfach ist Geschichte.
Lehramt ist eine Möglichkeit für mich, auch wenn's sicher nicht die vielversprechendste Fächerkombi ist :(.

Mein Traum ist irgendwann eine Promotion in Geschichte, aber wann wäre beim Ziel Lehramt der richtige Zeitpunkt dafür?

Kann man damit gegebenenfalls Zeit zwischen 2. Examen und erster Stelle überbrücken, wenn sich vorerst nichts ergibt, oder ist es klug bewusst erst den Dr.phil. durchzuziehen und sich dann nach einer Stelle umzuschauen? Auf den Punkt gebracht, bringt mir der Dr.phil. irgendwelche Vorteile oder kann ich bestenfalls mein Ego mit der Promotion füttern?

Wie sieht es überhaupt mit finanziellem Aufwand aus, was das betrifft hab ich noch gar keine Infos?

Ich seh es ja ständig im Curriculum Vitae meiner Profs, dass die z.T. vom Lehramt an die Uni "umgesattelt" sind. Wie läuft das genau, ich denke Hinschmeißen an der Schule geht ja auch nicht so leicht?

Bin dankbar für jeden Tipp :D

Gruß Cineastin
"Auf gute Freunde, verlorene Liebe. Auf alte Götter und auf neue Ziele. Auf den ganz normalen Wahnsinn, auf das, was einmal war. Darauf, dass alles endet, und auf ein neues Jahr!"

Severus Snape

Beitrag von Severus Snape »

Auf den Punkt gebracht, bringt mir der Dr.phil. irgendwelche Vorteile oder kann ich bestenfalls mein Ego mit der Promotion füttern?
Für eine Lehrerkarriere bringt er dir keine Vorteile

Beatrice
Beiträge: 299
Registriert: 31.05.2005, 12:49:15

@Cineastin

Beitrag von Beatrice »

Hallo Cineastin!

Lass es mich einfach so formulieren:
Eine Promotion in Geschichte ist für eine Zukunft im Lehramt und in der Geschichte bereits schon heute Geschichte und das ändert auch nichts an deinen Wünschen für die Zukunft, mit einer Promotion in Geschichte, eventuell Geschichte zu schreiben, denn die Vergangenheit hat bereits genügend Geschichte und Geschichtslehrer/innen hervor gebracht, die mit ihrer Promotion keine Zukunft im Lehramt hatten und damit längst Geschichte sind. Nicht, weil die Geschichte keine Zukunft in der Geschichte hätte sondern weil die Promotion in Geschichte für die gegenwärtige Situation an der Schule keine Geschichte ist obwohl es sich bei dir in Zukunft um Geschichte handeln wird. Wozu ich unweigerlich raten würde, ist die Promotion in Geschichte in die Zukunft zu verschieben und sich lieber heute auf die Entstehung von Geschichte zu konzentrieren, die morgen bereits Geschichte sein wird, was zwingend notwendig ist um auch in Zukunft Geschichte schreiben zu können, bzw. in Geschichte über Geschichte zu unterrichten. Aber das ist deine bzw. eine ganz andere Geschichte, die nichts mit der Promotion zu tun hat.

Alles Gute dazu
Beatrice
Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse. (Antoine de Saint-Exupéry)

nele

Beitrag von nele »

Severus Snape hat geschrieben:
Auf den Punkt gebracht, bringt mir der Dr.phil. irgendwelche Vorteile oder kann ich bestenfalls mein Ego mit der Promotion füttern?
Für eine Lehrerkarriere bringt er dir keine Vorteile
Ich kann hier natürlich nur für den gymnasialen Zweig sprechen, aber die Doktorendichte in den höheren Funktionsstellen (Schulleiter aufwärts) wächst dramatisch an. Ein mittelbarer Nutzen für die Karriere ergibt sich auch daraus, dass es mit Promotion *sehr* viel einfacher ist, Fachaufsätze in den einschlägigen Periodika unterzubringen - letzendlich kann man sagen, dass im System "Schule" als einem System aus dem 19. Jh. solche Titel immer noch wiegen. Ich war recht lange an der Universität und war ehrlich davon überrascht, was für ein Bohei um so einen PhD gemacht wird (Fachgespräche mit Eltern werden sehr viel einfacher...)

Was allerdings unbedingt gesagt werden muss: eine Doktorarbeit sollte man nicht leichtfertig beginnen. Zwar braucht man nicht allzuviel Intelligenz, um einen Doktor der Philosophie zu erringen, aber man braucht Geld, Sitzfleisch und Nervenstärke. Und wenn man es nicht schafft, dieses Buch zu schreiben, dann wird man die Scheiternserfahrung sein Leben lang nicht los. Auch musst man sich überlegen, ob die drei bis fünf Jahre Arbeit ohne Anrechnung auf die Altersversorgung tatsächlich die Sache wert sind - eine Doktorarbeit kostet schließlich ordentlich Geld. Bei einer Verbeamtung wird die Doktorarbeit zwar auf das Dienstalter angerechnet (zumindest in NRW), aber trotzdem...

Nele

Lysander

Beitrag von Lysander »

nele hat geschrieben: Was allerdings unbedingt gesagt werden muss: eine Doktorarbeit sollte man nicht leichtfertig beginnen. Zwar braucht man nicht allzuviel Intelligenz, um einen Doktor der Philosophie zu erringen, aber man braucht Geld, Sitzfleisch und Nervenstärke. Und wenn man es nicht schafft, dieses Buch zu schreiben, dann wird man die Scheiternserfahrung sein Leben lang nicht los. Auch musst man sich überlegen, ob die drei bis fünf Jahre Arbeit ohne Anrechnung auf die Altersversorgung tatsächlich die Sache wert sind - eine Doktorarbeit kostet schließlich ordentlich Geld. Bei einer Verbeamtung wird die Doktorarbeit zwar auf das Dienstalter angerechnet (zumindest in NRW), aber trotzdem...
Nele
Ich glaube, Nele, damit bringst Du es ziemlich gut auf den Punkt. Gleichzeitig würde das aber auch dafür sprechen, dass eine Doktorarbeit in der Tat in einem solchen Fall mehr etwas fürs Ego ist. Wobei ich mich hier fragen würde, ob mir ein in diese Richtung gepushtes Ego für den Lehrerberuf wirklich nützt. Ich habe teilweise die Erfahrung gemacht, dass unsere "Dr. StudRefs" mitunter deutlich zu fachlich waren und teilweise Schwierigkeiten hatten, zu erkennen, dass sie mit ihren fachlichen Ansprüchen die Schüler deutlich überfordern - bzw. dass umgekehrt gesprochen die didaktische Reduktion für sie das schwierigste war.

Ich betone hier explizit, dass ich hier keine Berufsgruppe oder eine Gruppe von Leuten mit einem akademischen Grad pauschal über einen Kamm scheren möchte. Es gibt solche und solche.

Gruß
Bolzi

clown
Beiträge: 39
Registriert: 08.06.2005, 9:12:21

Beitrag von clown »

@Lysander

Hallo Lysander!

Ich gebe Dir absolut recht. Spezialisiert man sich auf ein Fach über die Promotion, ist die Gefahr sehr groß, dass man nicht mehr in der Lage ist, Sachverhalte zu reduzieren (Fachidioten-Syndrom). Ich glaube, in der Hinsicht trifft das für jedes Fach zu.

Ich habe es in dem anderen Diss. / Promotionsthread bereits gesagt, kann das aber hier an dieser Stelle noch mal wiederholen. Man sollte promovieren, wenn man Lust hat, wissenschaftlich zu arbeiten und / oder wenn einen das Thema interessiert. Ich bin mir sicher, dass jeder, der eine Promotion nur deshalb startet um sein Ego zu füttern, an der Belastung scheitern wird. Denn der-/diejenige hat immer im Kopf, dass er/sie die Promotion gar nicht braucht. Es stellt sich zwangsläufig die Frage "Wofür mache ich das überhaupt?". Das fördert die Motivation überhaupt nicht.

@ Nele

Hallo Nele!
Ob man während der Promotion sozialversichert ist, das hängt ganz von der Art der Stelle ab, die man in der Zeit besetzt. Auf einer DFG-Promotionsstelle z.B. ist man immer sozialversichert. Oder meintest Du mit Altersvorsorge eine zusätzliche private Altersvorsorge?

Clown

nele

Beitrag von nele »

clown hat geschrieben: Hallo Nele!
Ob man während der Promotion sozialversichert ist, das hängt ganz von der Art der Stelle ab, die man in der Zeit besetzt. Auf einer DFG-Promotionsstelle z.B. ist man immer sozialversichert. Oder meintest Du mit Altersvorsorge eine zusätzliche private Altersvorsorge?
Wenn man eine Stelle hat, dann ist man tatsächlich sozialversichert - das ist dann die Rente für ein BAT-Gehalt, dass bei einer Verbeamtung auf die Pensionsbezüge angerechnet werden kann. Viele Doktoranden haben aber keine Stelle, vor allem in den Geisteswissenschaften sind Mitarbeiterstellen nicht besonders dicht gesät. Bei mir war das auch so: ein Jahr lang habe ich davon gelebt, das ich Möbel getragen und zusammengeschraubt habe - das sind vernachlässigbare Einzahlungen in den Rentenfonds. Zwei Jahre habe ich von einem Stipendium der hessischen Graduiertenförderung gelebt: 700 Euronen monatlich, verbunden mit dem Verbot, Geld hinzuzuverdienen. De fakto sind das also für mich drei Jahre ohne Beiträge für die Altersversorgung...

Was deinen Kommentar zu Lysander angeht: volle Zustimmung. Eine Dissertation ist eine große seelische Belastung, die man nur übersteht, wenn man von seinem Tun auch überzeugt ist. Im Gegensatz zum Referendariat gibt es meistens keine echten äußeren Strukturen, so dass sehr viele Doktorarbeiten einen langsamen Tod sterben, die Manuskriptstapel beginnen dann zu verstauben, weil der Arbeitsekel zu groß ist. Irgendwann ist dann das Geld alle, das Manuskript wandert in den Keller und nach 15 Jahren dann in Altpapiertonne...

Eine Bemerkung noch an Cineastin: bei einem Dissertationsprojekt, das Aussicht auf Erfolg haben soll, sollte sich die konkrete Fragestellung und das konkrete Forschungsinteresse schon lange leidenschaftlich materialisiert haben, bevor man überhaupt zum erstenmal an eine Doktorarbeit denkt. Wenn du kritisch in dich blickst und da die Haltung "Doktorarbeit, schöne Sache, aber worüber bloß schreiben?" findest, dann solltest du ehrlich überlegen, ob Wissenschaft tatsächlich das richtige für dich ist.

Nele

Nele

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