Stimmung vor dem Referendariat

Habt ihr Fragen speziell an Ehemalige? Einige Junglehrer, die auch in der Referendarsbetreuung tätig sind, versuchen euch zu helfen.
rbm_
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Stimmung vor dem Referendariat

Beitrag von rbm_ »

Ganz kurz zu meiner Person: Ich habe mittlerweile alle Prüfungen für das 1. Staatsexamen abgelegt und werde, sofern ich diese bestanden habe (wovon ich erstmal ausgehe) zum Schuljahr 20/21 in Bayern an einer Mittelschule mein Referendariat beginnen. Nun hab ich erstmal nichts zu tun außer mir Sorgen zu machen, wie das Ganze wohl wird.

Ich habe das Gefühl, dass ich durch mein Studium kaum auf die kommende Zeit vorbereitet bin. Klar, ich kann theoretisch Merkmale guten Unterrichts aufzählen, mehr oder weniger gut wissenschaftlich arbeiten und beherrsche die fachlichen Inhalte meine studierten Fächer. Dennoch habe ich die Sorge, dass ich dann im Unterricht total untergehe und die Klasse nicht im Griff haben werde.

Hatten einige von euch ähnliche Sorgen? Was habt ihr dagegen gemacht bzw. wie ist es euch ergangen? Könnt ihr mir praxisrelevante Literatur zu Vorbereitung empfehlen?

Yubel
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Re: Stimmung vor dem Referendariat

Beitrag von Yubel »

rbm_ hat geschrieben:
18.07.2020, 16:10:11
Könnt ihr mir praxisrelevante Literatur zu Vorbereitung empfehlen?
Hallo,
herzlichen Glückwunsch zum (voraussichtlich) bestandenen 1. Staatsexamen! Zur Vorbereitung auf den Vorbereitungsdienst hilft Dir vielleicht die folgende Kurzbibliographie, die ich in die Bereiche "Allgemeine Planung des Unterrichts" und "Allgemeine Methodik des Unterrichts" geteilt habe. Diese Bibliographie ist nicht vollständig und nur eine Auswahl, die ich getroffen habe.

Allgemeine Planung des Unterrichts:
Becker, Georg: Unterricht planen. Handlungsorientierte Didaktik. Handlungsorientierte Didaktik Teil I. 8. Auflage. Basel/Weinheim 2001.

Esslinger-Hinz, Ilona/Fischer, Hans-Joachim/Kust, Tilmann u. a.: Guter Unterricht als Planungsaufgabe. Ein Studien- und Arbeitsbuch zur Grundlegung unterrichtlicher Basiskompetenzen. Bad Heilbrunn 2007.

Esslinger-Hinz, Ilona/Giovannini, Norbert/Hannig, Jutta u. a.: Der ausführliche Unterrichtsentwurf. Basel/Weinheim 2013.

Fritz, Ursula/Lauermann, Karin/Paechter, Manuela u. a. (Hg.): Kompetenzorientierter Unterricht. Theoretische Grundlagen – erprobte Praxisbeispiele. Stuttgart 2019.

Gonschorek, Gernot/Schneider, Susanne: Einführung in die Schulpädagogik und die Unterrichtsplanung. 8. Auflage. Donauwörth 2015.

Grell, Jochen/Grell, Monika: Unterrichts-Rezepte. München 1979.

Heimann, Paul/Otto, Gunter/Schulz, Wolfgang: Unterricht. Analyse und Planung. Hannover 1965.

Heißler, Jeanette/Hiebl, Petra: Kompetenzorientierte Unterrichtsplanung. Vom Stoffverteilungsplan zur flexiblen Kompetenzmatrix. Köln 2016.

Hoffmann, Bernhard: Der Unterrichtsentwurf. Leitfaden und Praxishilfe. 2. Auflage. Baltmannsweiler 2018.

Kiper, Hanna: Planung und Analyse von Unterricht. Bedingungen – Möglichkeiten – Konzepte. In: Porsch, Raphaela (Hg.): Einführung in die allgemeine Didaktik. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für Lehramtsstudierende. Münster/New York 2016, S. 373–400.

Klafki, Wolfgang: Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung. In: Die Deutsche Schule 50 (1958), S. 450–471.

Kretschmer, Horst/Stary, Joachim: Schulpraktikum. Eine Orientierungshilfe zum Lernen und Lehren. Berlin 1998.

Mattes, Wolfgang: Routiniert planen – effizient unterrichten. Ein Ratgeber. Paderborn 2006.

Meyer, Hilbert: Leitfaden Unterrichtsvorbereitung. 8. Auflage. Berlin 2015.

Mittelstädt, Holger: Unterrichtsvorbereitung. Strategien, Tipps und Praxishilfen. Mühlheim a. d. Ruhr 2010.

Petersen, Jörg/Reisas, Sabine/Tanski, Gerhard u. a.: Unterricht vorbereiten und planen können. Ein Lehrbuch zur Unterrichtsvorbereitung und Stundenplanung. 5. Auflage. Augsburg 2016.

Peterßen, Wilhelm: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. 7. Auflage. München 1982.

Reichelt, Heiko/Wenige, Gerald: Unterrichtsbesuche, Hospitationen und Lehrproben. Ein Leitfaden für Studium, Referendariat und Lehrpraxis. Haan-Gruiten 2017.

Wiater, Werner: Unterrichtsplanung. 3. Auflage. Donauwörth 2015.

Wiater, Werner: Unterrichtsprinzipien. 6. Auflage. Donauwörth 2014.

Ziener, Gerhard: Bildungsstandards in der Praxis. Kompetenzorientiert unterrichten. Seelze 2008.


Allgemeine Methodik des Unterrichts:
Aebli, Hans: Zwölf Grundformen des Lernens. Stuttgart 1983.

Bönsch, Manfred: Variable Lernwege. Ein Lehrbuch der Unterrichtsmethoden. 5. Auflage. Baden-Baden 2018.

Brenner, Gerd/Brenner, Kira: Fundgrube Methoden I. Für alle Fächer. Berlin 2005.

Drum; Julia (Hg.): Methodische Elemente des Unterrichts. Sozialformen, Aktionsformen, Medien. Göttingen 2007.

Gudjons, Herbert: Frontalunterricht – neu entdeckt. Integration in offene Unterrichtsformen. Bad Heilbrunn 2003.

Gugel, Günther: 2000 Methoden für Schule und Lehrerbildung. Das große Methoden-Manual für aktivierenden Unterricht. Basel/Weinheim 2011.

Harris, Brian: 99 Methoden zur Schüleraktivierung. Mehr Motivation und Abwechslung im Unterricht! Mühlheim an der Ruhr 2013.

Hugenschmidt, Bettina/Technau, Anne: Methoden schnell zur Hand. 66 schüler- und handlungsorientierte Methoden. Seelze 2009.

Klippert, Heinz: Methoden-Training. Übungsbausteine. Basel/Weinheim 1994.

Kress, Karin: Binnendifferenzierung in der Sekundarstufe – Das Praxisbuch. 5. Auflage. Donauwörth 2018.

Mattes, Wolfgang: Methoden für den Unterricht. Paderborn 2011.

Meyer, Hilbert: Unterrichtsmethoden. 2 Bde. Berlin 1987.

Perini, Matthew/Silver, Harvey/Strong, Richard: Strategisch unterrichten. So finden Sie für jedes Unterrichtsziel die richtige Methode. Basel/Weinheim 2013.

Peterßen, Wilhelm: Kleines Methoden-Lexikon. 2. Auflage. München 2001.

Reich, Kersten (Hg.): Methodenpool. In: http://methodenpool.uni-koeln.de/ (19.04.2019).

Scholz, Lothar: Methoden-Kiste. 8. Auflage. Bonn 2018.

Thömmes, Arthur: Unterrichtsphasen erfolgreich gestalten. Das große Methodenhandbuch für die Sekundarstufe. Basel/Weinheim 2014.

Thömmes, Arthur: Die 200 besten Unterrichtsmethoden für die Sekundarstufe. Bewährte Ideen für jede Gelegenheit. Mühlheim an der Ruhr 2016.

Wiechmann, Jürgen/Wildhirt, Susanne (Hg.): 12 Unterrichtsmethoden. Vielfalt für die Praxis. 6. Auflage. Basel/Weinheim 2015.


Bitte denke daran, dass die Inhalte der Literatur vielleicht nicht den Vorstellungen Deiner Fachleitungen entsprechen.
Viele Grüße

Yubel

kecks
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Re: Stimmung vor dem Referendariat

Beitrag von kecks »

Entspann dich und schöne Ferien. Alles Nötige lernst du im Ref.

Bender5
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Re: Stimmung vor dem Referendariat

Beitrag von Bender5 »

kecks hat geschrieben:
19.07.2020, 13:49:23
Entspann dich und schöne Ferien. Alles Nötige lernst du im Ref.
OK dann bin ich nicht der einzige der so dachte!
Ich weiß da muss man eventuell nicht stolz drauf sein, aber ich kenne weder eines der aufgeführten Bücher noch habe ich irgendetwas an solchen Büchern im Referendariat gelesen.
Ich habe Ferien gemacht, bin ohne Vorurteile da rein und habe das gemacht was ich dachte funktioniert gut (oder in Lehrproben: was wollen meine Fachleiter sehen). Hat relativ gut funktioniert, muss aber nicht für jeden so klappen :)

Max_Cohen
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Re: Stimmung vor dem Referendariat

Beitrag von Max_Cohen »

M.E. sind die größten Defizite über alle Dienstaltersstufen hinweg in den Bereichen pädagogische Psychologie und Unterrichtsqualität zu sehen. Meinen Vorrednern muss ich daher explizit widersprechen, man hat im Referendariat schon genug mit dem Einüben effektiven Lehrerverhaltens zu tun und muss über ein fundiertes Grundlagenwissen verfügen. Zum Aufarbeiten psychologischer Grundlagen und als Immunisierung gegen naive Kurzschlüsse eignen sich Nolting - Abschied von der Küchenpsychologie und Hasselhorn / Gold - Pädagogische Psychologie als Minimalprogramm.

Ein frei verfügbarer und wissenschaftlich sehr gut fundierter Startpunkt zur Unterrichtsqualität ist die Publikationsreihe "Wirksamer Unterricht" des IBBW: https://ibbw.kultus-bw.de/,Lde/Startseite/Empirische-Bildungsforschung/Publikationsreihe-Wirksamer-Unterricht

Die von Dir implizit angesprochene Tiefenstrukturdimension Classroom Management ist dort nicht vertreten, das deutschsprachige Standardwerk dazu ist Nolting - Störungen in der Schulklasse.

Zur Unterrichtsqualität nutze ich wegen der unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen auch im Schulalltag drei Bücher:
Gold - Guter Unterricht - Was wir wirklich darüber wissen (kompakt, aber ausführlicher als die obige Schriftenreihe)
Helmke - Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität (geht äußerst detailliert auf die Prozessqualität von Unterricht ein, bis hin zu akustischen Merkmalen wie Sprachverständlichkeit)
Wellenreuther - Lehren und Lernen - Aber wie? (Standardwerk mit riesigem Überblick auf nachweislich wirksame Unterrichtsgestaltung inkl. Entzauberung von unwirksamen Ideologien).

Darüber hinaus kommt es auf Deine Fächer an. Die MINT-Fächer haben beispielsweise gut empirisch und psychologisch abgesicherte "Didaktiken" entwickelt, deren Spezialliteratur man auch kennen muss, um effektiv zu unterrichten (Stichwort: Schülervorstellungen).

Konkret für die Umsetzung im Unterricht von morgen ausgelegt und doch in der Frage nach Lernwirksamkeit fundiert sind alle Werke von Brüning & Saum (Kooperatives Lernen, Direkte Instruktion), die ich auch nur wärmstens empfehlen kann.

rbm_
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Re: Stimmung vor dem Referendariat

Beitrag von rbm_ »

Vielen Dank für eure Antworten!

Die Hinweise darauf, dass ich mich einfach nochmal entspannen sollte sind sicherlich gut gemeint - für mich aber leichter gesagt als getan. Nachdem ich jetzt vergleichsweise viel Freizeit habe, habe ich leider auch mehr Zeit um zu grübeln.

Die Literaturhinweise, insbesondere das Werk zu Classroom Management, klingen sehr interessant und werde mir, nachdem ich selbst noch eine Auswahl getroffen habe, einige davon organisieren.

tim_hortons1964
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Re: Stimmung vor dem Referendariat

Beitrag von tim_hortons1964 »

Du wirst in der Zeit vor deinem Ref Unmengen an Literatur zu "gutem Unterricht" und "guter Vorbereitung" und "guter Lehrer sein" lesen können, das ist auch nicht unbedingt schlecht, aber wird dich dadurch nicht zwangsgebunden besser auf das Referendariat vorbereiten, denn das Referendariat ist nun einmal kein theoretisches Lehrwerk oder vergleichbar mit einer schriftlichen Klausur an der Uni.
Im Referendariat wirst du eine Menge positiver wie negativer Eindrücke machen, das ist nicht nur im Referendariat so, sondern überall wo du nach der Uni hingehst. Du wirst neue Herausforderungen bekommen, die dich auch als Mensch weiterbringen. Das heißt, um deine Frage danach, wie du "keinen Bammel" mehr vor dem Ref haben brauchst, beantworten zu können musst du dich als Mensch einschätzen üben. Ich selbst war in der Uni ein Mensch der sehr darunter litt, wenn ich nicht die besten Noten gemacht habe. Ich habe in dem halben Jahr vor dem Ref viel gearbeitet, viel die Welt und Menschen um mich herum beobachtet und versucht mich selbst aktiv zu beobachten, wie ich mich anderen gegenüber und in Situationen verhalte. Irgendwann habe ich für mich gemerkt, dass in Deutschland sehr häufig die Menschen sehr auf Leistung programmiert sind, selbst aber gar nicht so glücklich aussehen. Und bei den vielen Gesprächen kam heraus, dass selbst meine Kollegen, die immer nur 1,0 hatte, auch nicht zwangsgebunden glücklicher sind. Auch diejenigen, die ich kenne, die immer 4,0 hatten, haben irgendwann irgendwie ihren Platz gefunden.
Was will ich dir eigentlich sagen? Übe dich darin "fünfe gerade sein zu lassen". Ich meine das Ernst! Nimm die Dinge so wie sie kommen, erfahre sie so wie du sie erlebst und reflektiere sie anschließend, und denke nicht zu viel an Morgen. Das Ref ist übrigens gar nicht immer so schlimm wie viele sagen. Mein Ref war zum Beispiel sehr entspannt, ich habe mich über jede 1, 2, 3 oder 4 gefreut und am Ende habe ich sogar mit meiner Deutsch und Englisch (also das was wirklich jeder unterrichten kann) Kombi etwas bekommen.
Im Rheinland sagen wir "Et hätt noch immer joot jejange" und ich glaube das kann eine gute Philosophie sein, insbesondere im Ref :)

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