Klasse die mich nicht mag bekommen - erste Stunden?

Habt ihr Fragen speziell an Ehemalige? Einige Junglehrer, die auch in der Referendarsbetreuung tätig sind, versuchen euch zu helfen.
Qualitätsgarant
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Re: Klasse die mich nicht mag bekommen - erste Stunden?

Beitrag von Qualitätsgarant »

Zunächst ein Blick zurück:

Am Anfang denkt man recht schnell "Klasse xy mag ich und die mag mich, Klasse yz dagegen nicht." Das ist häufig ein Irrglaube. Wenn ich mich an meine Ref-Klassen zurückerinnere, fiel das Feedback in den Klassen, in denen ich mich pudelwohl gefühlt habe, eher kritischer aus als in den Klassen, bei denen ich das Gefühl hatte, die mögen mich nicht. Bei den Unterrichtsbesuchen ließ mich ausgerechnet meine Lieblingsklasse durch störendes Verhalten hängen, während meine "Problemklasse" vorbildlichst war. So gesehen kann ich dir die Befürchtung nehmen, du hättest ein falsches Los gezogen.

Es ist falsch von deiner Mentorin, dich unbegleitet in ihrer Klasse unterrichten zu lassen. Sie hat damit einen billigen Krankheitsersatz gefunden, der ihr das Leben leicht macht, aber gegen Richtlinien verstoßen. Nicht umsonst soll man im ersten Ausbildungsabschnitt nur begleitet unterrichten - genau vor solcher "Ausbeutung" soll die Regelung schützen! Dass es schwierig ist, der Mentorin genau das rückzumelden, verstehe ich natürlich. Denn das SL-Gutachten, das meist auf dem Mist der Mentoren gewachsen ist, zählt zu viel, als dass man der Mentorin Unprofessionalität vorwerfen könnte.
Denn die Schüler haben recht - du bist eine Vertretung und kein richtiger Unterricht. Ich halte den Anspruch, "normalen Unterricht" zu machen, daher von vornherein zum Scheitern verurteilt. Das Konzept hätte anders aussehen können - bei einer Doppelstunde machst du 70 Minuten Unterricht und die letzten 20 Minuten Spiele, die sich inhaltlich noch irgendwas mit dem Fach zu tun haben. Mit dem Spiel am Ende köderst du die Schüler, wichtig ist aber, dass du es auch am Ende einhältst, egal, wie sich einzelne Schüler verhalten hast. Denn mit einer Kollektivstrafe am Ende "Ihr wart unmöglich, deswegen keine Spiele" vergraulst du noch die letzten aufmerksamen Schüler, die sich zurecht ungerecht behandelt fühlen. Besser ist es, einzelne Störer direkt in die Schranken zu weisen und evtl. als Zeichen früh eine Strafarbeit bei wiederholtem Stören androhen und dann auch erteilen. Mit dieser Strategie fahre ich in Vertretungsstunden, die lehrerzentrierten Unterricht beinhalten sollen, sehr gut. Ganz wichtig: Einschreiten, bevor die Klasse außer Rand und Band ist. Die Schüler fühlen sehr genau, wo die Grenze liegt, ab wann sie eine Strafe befürchten müssen. Wenn diese Grenze sehr lax gesetzt ist, wirst du jede Stunde die gleichen Probleme haben.

Bei der Tischtennisballgeschichte hast imo ebenfalls einige rudimentäre Fehler gemacht. Deine Geschichte liest sich so, als hättest du den 6ern automatisch recht gegeben, weil sie die jüngeren sind. Das muss aber nicht stimmen. Wichtig ist, an den Tisch hinzugehen, das Spiel demonstrativ zu unterbrechen und den Vorfall zu klären. Vielleicht spielen die Schüler ja gemeinsam Rundlauf und die 6er sind eben schon ausgeschieden? Frag die 7er nach ihrer Sicht der Dinge a la: "Ich habe gehört, ihr lasst die anderen Schüler nicht mitspielen. Wie seht ihr das, stimmt das?" Deine Aussage "Lasst die 6er doch auch mal spielen" ist so pauschal, dass sie garantiert untergeht. Wenn die 7er bei ihrer Sicht der Dinge dann tatsächlich das gleiche doofe Argument bringen, dann kannst du sie immer noch verscheuchen. Wahrscheinlich werden sie aber eher "Das stimmt gar nicht" antworten und dann kannst du das gemeinsame (!) spielen anregen. Wenn die 6er dann nicht gemeinsam mit den 7ern spielen wollen, haben sie Pech gehabt, die Schule ist ja ein miteinander. Auf eine Diskussion, ob das ein Schulball oder sein eigener Ball ist, darfst du dich überhaupt nicht einlassen. "Das ist mir vollkommen egal, du gibst den Ball jetzt mir und kannst ihn dir nachher wieder abholen".

Durch einige taktische Missgriffe sind wir jetzt also in der blöden Situation, dass du die Schüler am liebsten zum Konrektor schleifen willst. Deine Schlussfolgerung, du hättest lieber zur Mentorin oder zum Klassenlehrer zu gehen, ist gravierend falsch. Du untergräbst deine eigene Autorität und versteckst dich hinter der Autorität des Co-SL / Mentors / Klassenlehrers und stellst dich automatisch eine Stufe unter diese Person. So erreichst du, dass die Schüler dich erst recht nicht ernst nehmen, weil du dich selbst nicht in der Lage zeigst, das Problem zu lösen. Bei DIR war der Vorfall mit dem unangebrachten Verhalten, also sprichst auch DU die Konsequenz aus. Du kannst eine Information der Klassenlehrerin ankündigen, aber eben nur eine Information, nicht eine Sanktion durch die Klassenlehrerin.

Das klingt bisher sehr kritisch, daher kommen wir jetzt zu den guten Nachrichten. Du lernst noch, bist in der Ausbildungsphase. Fehler sind erlaubt und es ist deine Chance, es das nächste Mal besser zu machen. Jungs in diesem Alter sind überhaupt nicht nachtragend und haben den Vorfall wahrscheinlich längst vergessen. Für das nächste Schuljahr gilt: Bis zu den Herbstferien stellst du die Weichen, wie das restliche Schuljahr laufen wird. Lässt du das Chaos zu, dann wirst du ein Schuljahr voller Chaos haben. Die Zügel lockerer zu lassen ist meist leichter als sie anzuziehen. Als Referendar ist man meist auf die Sanktionen fixiert, aber eine klare Linie und ein frühes Eingreifen bei Störungen ist nicht zwingend mit harten Sanktionen verbunden.

Mogli89
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Re: Klasse die mich nicht mag bekommen - erste Stunden?

Beitrag von Mogli89 »

Ich weiß was du meinst. Ich hatte in meinem ersten Ausbildungsabschnitt auch eine Klasse, bei der es besser war, dass ich sie nicht mehr habe. Das hatte verschiedene Gründe und so richtig warm sind wir nicht mehr geworden. Danach ist alles besser geworden :-) Wichtig ist, dass du ihnen klar machst wer der "Boss" ist -> Du.
Ich habe im nächsten Schuljahr auch einen sehr anstrengenden Kurs und wichtig sind klare Regeln. Ich habe mir vorgenommen jede vergessene Hausaufgabe aufzuschreiben, das dementsprechend zu sanktionieren ( bei mehrfacher Wiederholung mit Brief an die Eltern) und ich habe mir vorgenommen (den Tipp hat mir eine Freundin gegeben) bei zu drastischen Unterrichtsstörungen ohne Vorwarnung die Eltern anzurufen. Oft denken die SuS die jungen Refis drücken ein paar Augen zu. Und trotz der ganzen neuen Aufgaben, die wir bewältigen müssen, ist eins wichtig. Der Unterricht muss laufen und am besten von beiden Seiten angenehm sein. Und da müssen wir für sorgen. Deshalb ist Konsequenz wichtig. Und wenn du die ersten schlechten Noten verteilen musst (zb. durch einen Vokabeltest) wird ihnen schon klar sein, dass es kein Vertretungsunterricht ist :D:

Qualitätsgarant
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Re: Klasse die mich nicht mag bekommen - erste Stunden?

Beitrag von Qualitätsgarant »

... meinst du mit Kurs eine Kursstufe, die dieses oder nächstes Schuljahr Abi macht? Bzw. über welches Fach sprechen wir?

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