In Klassenarbeit abgeschrieben

Habt ihr Fragen speziell an Ehemalige? Einige Junglehrer, die auch in der Referendarsbetreuung tätig sind, versuchen euch zu helfen.
Stark
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Re: In Klassenarbeit abgeschrieben

Beitrag von Stark »

Lysander hat geschrieben: Der Abschreiber würde im ersten Fall aber nur dadurch eine bessere Note bekommen, indem er zur Abwechslung mal vorbereitet war. Dann wäre aus meiner Sicht die bessere Note auch vertretbar - weil es seiner eigenen Leistung entspricht.
Das halte ich nicht für vertretbar, v.a. dann nicht, falls das unterstellte "zur Abwechslung mal" zutreffen sollte. Warum sollte ein Schüler, der betrogen hat und möglicherweise generell schlecht vorbereitet ist, eine zweite Chance bekommen, bei der er sich verbessern kann - wenn auch ohne Ankündigung? Sollte so eine Chance nicht eher an ehrliche Schüler gehen, die vielleicht mal eine Arbeit verhauen haben, weil sie mit der Aufgabenstellung nicht klar gekommen sind, sich falsch vorbereitet haben, sie gerade Liebeskummer haben etc. etc. etc.
Und wo ziehe ich die Grenze? Sollte vielleicht jeder einfach auf Nachfrage eine zweite Chance bekommen?
Ich übertreibe natürlich ein wenig. Aber ich finde tatsächlich, dass die Situation unbefriedigend ist, wenn einem solcher Schüler gerade durch sein Fehlverhalten mehr Chancen eingeräumt werden als denjenigen, die alles richtig machen.

Lysander
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Re: In Klassenarbeit abgeschrieben

Beitrag von Lysander »

Stark hat geschrieben: Das halte ich nicht für vertretbar, v.a. dann nicht, falls das unterstellte "zur Abwechslung mal" zutreffen sollte. Warum sollte ein Schüler, der betrogen hat und möglicherweise generell schlecht vorbereitet ist, eine zweite Chance bekommen, bei der er sich verbessern kann - wenn auch ohne Ankündigung? Sollte so eine Chance nicht eher an ehrliche Schüler gehen, die vielleicht mal eine Arbeit verhauen haben, weil sie mit der Aufgabenstellung nicht klar gekommen sind, sich falsch vorbereitet haben, sie gerade Liebeskummer haben etc. etc. etc.
Und wo ziehe ich die Grenze? Sollte vielleicht jeder einfach auf Nachfrage eine zweite Chance bekommen?
Ich übertreibe natürlich ein wenig. Aber ich finde tatsächlich, dass die Situation unbefriedigend ist, wenn einem solcher Schüler gerade durch sein Fehlverhalten mehr Chancen eingeräumt werden als denjenigen, die alles richtig machen.
Ziel der ganzen Sache ist es aus meiner Sicht eigentlich, den Abschreiber zu einem Geständnis zu bringen bzw. die beiden das vorher unter sich so regeln zu lassen, dass einer letztlich gesteht.

Was wäre sonst die Alternative? Letztlich doch, dass der Abschreiber damit durchkommt, weil man in Ermangelung eines konkreten Beweises gegen den "Täter" auch keine Sanktion aussprechen kann. DIESE Botschaft ungewollt zu vermitteln halte ich für langfristig bedenklicher.
Gruß
Lysander

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Stark
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Re: In Klassenarbeit abgeschrieben

Beitrag von Stark »

Lysander hat geschrieben:DIESE Botschaft ungewollt zu vermitteln halte ich für langfristig bedenklicher.
Das sehe ich beim direkten Vergleich tatsächlich anders. Ist wohl auch eine Frage der Sichtweise/Einstellung, nachdem es 100% Gerechtigkeit einfach nicht geben kann. Ich hätte jedenfalls persönlich ein Problem damit. Wäre ich Schulleiter würde ich mir auch überlegen, gegen so ein Vorgehen einzuschreiten - zumindest würde ich bei der nächsten Konferenz darauf hinweisen, dass ich es problematisch finde.

Lysander
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Re: In Klassenarbeit abgeschrieben

Beitrag von Lysander »

@Stark

Was wäre denn eine sinnvolle Alternative?

Ich sehe da nur die Prävention, dass zwei identische Arbeiten die absolute Ausnahme sind.
Gruß
Lysander

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Stark
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Re: In Klassenarbeit abgeschrieben

Beitrag von Stark »

@Lysander

Ich habe natürlich auch keine Vorgehensweise parat, die alle Probleme und Widersprüche in Luft auflöst. Aber, so unbefriedigend dies auch sein mag, in diesem Fall würde ich wohl hinnehmen, dass der Schüler "gewonnen" hat und nun eine unverdiente gute Note bekommt - wahrscheinlich, weil ich nicht gründlich genug aufgepasst habe. Vorher hätte ich natürlich schon versucht, die beiden Schüler dazu zu bringen, zuzugegen, wer der "Täter" ist. Aber wenn sie stark bleiben...

Und in Zukunft würde ich die Maßnahmen, um so eine Situation zu verhindern, deutlich verschärfen.

Das wäre mir lieber als in Erklärungsnot zu kommen, warum ein Betrüger eine zweite Chance bekommt während ich diese zweite Chance anderen, ehrlichen Schülern häufig versage, wenn sie diese erst kurz vor dem Notenschluss einfordern.

Dass "meine" Lösungauch sehr unbefriedigend ist, sowohl für mich als auch für die Mitschüler, will ich dabei gar nicht bestreiten.

Plattypus
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Re: In Klassenarbeit abgeschrieben

Beitrag von Plattypus »

Moin,
kurz zu meiner Lösung am letzten Freitag. Ich habe beide Schüler zur "Inquisition" einbestellt.
Da es eh "nur" um die Noten 5 und 6 ging, soviel hatten sie also eh nicht mehr zu verlieren, kam es auch relativ schnell zu einem Geständnis.
Das Geständnis war sogar so umfangreich, dass sie gestanden haben, wie sie es angestellt haben. Das von Euch propagierte Auseinandersetzen hätte da nichts gebracht. Sie haben es geschafft unsere EDV-Anlage, obwohl in den Klassenarbeitsmodus geschaltet, so zu manipulieren, dass sie eine Co-Produktion starten konnten. Die Datenpakete sind also schön übers Netzwerk von einem Rechner zum anderen quer durch den Raum gewandert. Nach der Vorführung der Sicherheitslücke hab ich echt überlegt beiden mindestens eine 4 zu geben, so versiert, wie sie die EDV schachmatt gesetzt haben. :roll:

Bibi88
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Re: In Klassenarbeit abgeschrieben

Beitrag von Bibi88 »

Plattypus hat geschrieben:Nach der Vorführung der Sicherheitslücke hab ich echt überlegt beiden mindestens eine 4 zu geben, so versiert, wie sie die EDV schachmatt gesetzt haben. :roll:
Herrlich! :lol: Das hätte ich auch vorgeschlagen :mrgreen:
Our destiny is frequently met in the very paths we take to avoid it.

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