Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Habt ihr Fragen speziell an Ehemalige? Einige Junglehrer, die auch in der Referendarsbetreuung tätig sind, versuchen euch zu helfen.
Thunfisch
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Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Beitrag von Thunfisch »

Hallo,

ich starte im Mai ins Referendariat (NRW) und bin mir relativ sicher an welche Schule ich kommen werde, da die Schule mich anfordern wird - ich war dort schon als Vertretungskraft in einem meiner Fächer tätig. Weil ich die Schule eben schon von "innen" kenne, weiß ich um ein paar Sachen, die ich persönlich ändern würde.

Ein Beispiel: Im Fach Philosophie soll eine Ganzschrift gelesen werden. Welche das ist, beschließt die Fachkonferenz. An unserer Schule wird Kants "Metaphysik der Sitten" gelesen. Allerdings nie ganz (obwohl sie ja recht kurz ist), weil sie einfach viel zu schwer für die Schüler ist. Nach Auskunft der Lehrer wird selten mehr als das erste Viertel geschafft. Ich finde es total blöd, die Schüler mit so einer (schon rein sprachlich) schwierigen Lektüre zu konfrontieren und die Lektüre dann irgendwann mittendrin abzubrechen. Mein Vorschlag wäre, stattdessen Descartes' Meditationen zu lesen, die sind leicht geschrieben und dennoch philosophische Weltliteratur/ ein Klassiker.

Wie kommt es an, wenn man als Ref solche Änderungsvorschläge unterbreitet? Natürlich ist mir klar, dass der Ton die Musik macht und ich bin in der Hinsicht sehr diplomatisch. Aber sind solche Vorschläge überhaupt erwünscht, oder sollte man sich während des Refs lieber erstmal bedeckt halten?

Ich bin gespannt auf eure Einschätzungen!

Illi-Noize
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Re: Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Beitrag von Illi-Noize »

Lieber bedeckt halten - die "normalen" Lehrer haben viel mehr Erfahrung und haben gerne mal überhaupt keine Lust auf wertvolle Tipps von Grünschnäbeln. Wenn an der Schule das so und so gemacht wird, dann machst Du das bitte auch so.

qchn
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Re: Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Beitrag von qchn »

die Ganzschrift fällt mit dem neuen Philolehrplan raus, der ab nächstem Schuljahr auch in der Q-Phase angekommen ist. Problem gelöst.

Jméno
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Re: Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Beitrag von Jméno »

Selbst, wenn das konkret genannte Beispiel sich auf dem natürlichen Wege lösen wird, ist die Frage ja durchaus zeitlos und fachübergreifend interessant.

Aus der Warte des inzwischen fertigen und auch Referendare mitnehmenden und betreuenden Kollegen kann ich Folgendes sagen:
• Die offene Nachfrage: „Welche Gründe gibt es denn für Werk X, wenn es keiner in Gänze schafft?“ fände ich durchaus angemessen.
• Die Kritik: „Werk X kriegt Ihr doch sowieso alle nicht durch, weil (Ihr nicht beachtet habt, dass) es sprachlich zu schwierig ist; klüger wäre es, Ihr würdet stattdessen das Werk Y unterrichten.“ fände ich hingegen einen echten Griff ins Klo. Warum? Weil Referendare immer nur Ausschnitte einer kollegialen Zusammenarbeit sehen und bisweilen eben nicht nachvollziehen können, warum welche Kompromisse wie zustande gekommen sind (und wer da z.B. welche Interessen hatte, sein Gesicht wahren musste usw. usf.).
…он је метафора, начин живота, угао гледања на ствари!

krabappel
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Re: Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Beitrag von krabappel »

Ich denke auch, das ist eine Grundsatzfrage. Und prinzipiell gilt: Nachfragen kann man immer. Sich an einer Diskussion beteiligen auch, gemäßigt. Du wirst dann schon hören, was die Gründe dafür sind. Und manchmal ist man sich halt nicht einig, muss mit der Entscheidung leben, wenns ein Konferenzbeschluss ist z.B.

Viel wichtiger finde ich es, wenn du deine Ideen miteinbringst, wo sie niemandem in die Quere kommen. Also nicht unbedingt irgendwas besser machen wollen, sondern Einsatz zeigen, ein Planspiel durchführen oder was auch immer, kreativ sein, Lust auf dein Fach haben und das zeigen, indem du was anbietest und nicht 13 Uhr das Haus verlässt.

Kodi
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Re: Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Beitrag von Kodi »

Leider stehst du in der Hackordnung als Ref ganz unten.
Es ist leider wie überall im Leben.
Die nicht souverainen Kollegen werden Vorschläge als Anmaßung empfinden und dir übel nehmen.
Die guten Kollegen werden sie als Bereicherung sehen und dir positiv anrechnen.
Je nachdem wer dein Mentor ist und dein Gutachten schreibt, kann das also gut oder daneben gehen. ;)

Blumenstrauß
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Registriert: 02.11.2014, 0:00:18

Re: Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Beitrag von Blumenstrauß »

Vielen Dank für eure Einschätzungen! Sie sind doch "negativer" als ich erwartet hätte!

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