Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Habt ihr Fragen speziell an Ehemalige? Einige Junglehrer, die auch in der Referendarsbetreuung tätig sind, versuchen euch zu helfen.
cancre
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Re: Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Beitrag von cancre »

Hallo!

(Auch wenn sich das Problem mit der Ganzschrift durch euren neuen Lehrplan zu erledigen scheint: Fachlich wäre ich voll bei dir: die "GMS" als Ganzschrift ist schon ein Brocken. Mit den "Meditationen" habe ich gute Erfahrungen gemacht, Freuds "Unbehagen in der Kultur" ging auch gut.)

Von meinen Vorrednern möchte ich kurz den Gedanken aufgreifen, dass es auf das "Wie" bzw. die Form der "Kritik" ankommt, wie schon gesagt im Sinne von: "Mir ist noch nicht ganz klar, warum ... Könnten Sie mir (als Anfänger) das erklären?" Irgendwie so ...

So, und jetzt noch meine zwei Punkte:

Meines Erachtens ist es erlaubt, ja sogar gefordert, Argumente und Standpunkte in fachlichen Gremien/Diskussionen sachlich zu kritisieren und auseinanderzunehmen, egal wer sie äußert. Gerade als Philosophen! Hallo? Das ist das Grundprinzip des Fachs! Was überhaupt nicht erlaubt ist, ist persönliche Kritik. Damit sollte man sich generell zurückhalten, aber das ist nicht nur im Referendariat so.

Ich als Mentor/Gutachter würde dich im Gutachten unter dem Punkt "Mitarbeit in der Fachschaft, Beteiligung an der Unterrichtsentwicklung" eher loben können, wenn du einen eigenen, gut begründeten Standpunkt (meinetwegen "verpackt" als kritische Nachfragen, s.o.) zur schülerorientierten Lektüreauswahl in der Oberstufe vertrittst, als wenn du da nur rumsitzt, freundlich grinst und immer schön mit der Mehrheit stimmst.

Gruß
cancre
IN AETERNAM A-XIII

Jméno
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Re: Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Beitrag von Jméno »

dimetrodon190 hat geschrieben:
Jméno hat geschrieben:
dimetrodon190 hat geschrieben:Viele liebe Kollegen glauben ja, dass ein Anwärter kein richtiger Mensch sei.
Weniger Drama saß heute nicht drin, oder?
Leider nur eigene Erfahrungen, die fast im Suizid endeten. Nun zufrieden?
Soll ich deinen Satz komplett auseinandernehmen, um dir aufzuzeigen, wie pathetisch das ganze ist? Wie viele sind denn „viele liebe Kollegen“ und was ist deine Bezugsgröße? Geht es um zwei von acht Lehrkräften an einer Dorfgrundschule? Oder zwei Drittel aller 67.527 Gymnasiallehrkräfte in Niedersachsen? Woher weißt du, was sie glauben? Und wie kommst du darauf, dass das Wissen um das Glauben fremder Fremden allgemein gültig und bekannt ist, wie die Modalpartikel „ja“ suggeriert? Was ist ein „richtiger“ Mensch und was ein falscher? Und so weiter, und so fort.

Glaub mir eines: Miserable Ausbildungsbedingungen kenne ich selber. Und Arschlöchern mit Entscheidungsbefugnis bin ich ebenfalls begegnet - aber man kann entweder Problemfelder benennen, die im Gesamtsystem Schule/Bildung zu Problemen führen und die menschliche Komponente dabei ganz klar und abgegrenzt einbeziehen. Oder man kann einer Mehrheit von Kollegen - du sprichst schließlich von „Lehrern“! - menschliche Unfähigkeit unterstellen. Tut man Letzteres, muss man Widerspruch hinnehmen und einkalkulieren, dass man sich trotz Triggerwörtern wie „Suizid“ nicht glaub-würdig präsentiert.
…он је метафора, начин живота, угао гледања на ствари!

qchn
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Re: Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Beitrag von qchn »

ich habe nur den fachlichen Kommentar zur Ganzschrift verfasst, um zu zeigen, dass so ein Ratschlag ordentlich nach hinten losgehen kann, weil man dadurch nicht einzigartige SchülerInnenorientierung beweist, sondern sich didaktisch disqualifiziert, weil man sich null mit den offiziellen Rahmenbedingungen (Lehrplan) auskennt. apropos Rahmenbedingungen: im Lehrplan ist Kants Ethik im Gegensatz zu Descartes Erkenntnistheorie Teil der Obligatorik für das Zentralabitur - könnte schon ein Sinn dahinter stehen, dass man sich damit dann ausführlicher beschäftigt. wie gesagt; kein Plädoyer für GMS, sondern fürs Ball flach halten.

da dieser WinkmitdemZaunpfahl wohl ein wenig zu subtil ausgefallen ist, schliess ich mich nochmal explizit den meisten meiner VorrednerInnen an. Erst mal mit offenem Herzen in die Ausbildung gehen, dann die Lage für solche Kritik sondieren und vielleicht wird man dann ja auch um seine Meinung gebeten, ohne dass man sich aufdrängen muss. ich denke nicht, dass man sich mit Verweis auf die Aufklärungsfunktion der Philosophie generell auf Begeisterungsstürme der KollegInnen bei auch sachlicher Kritik verlassen sollte - Sokrates war zwar der erste Philosoph, aber wir wissen auch, wie er geendet ist, weil er mit seiner besserwisserischen Art genervt hat. Vielleicht nicht das beste Vorbild fürs Ref.

cancre
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Re: Wie viel Kritik sollte ein Ref vorbringen?

Beitrag von cancre »

qchn hat geschrieben:ich habe nur den fachlichen Kommentar zur Ganzschrift verfasst, um zu zeigen, dass so ein Ratschlag ordentlich nach hinten losgehen kann, weil man dadurch nicht einzigartige SchülerInnenorientierung beweist, sondern sich didaktisch disqualifiziert, weil man sich null mit den offiziellen Rahmenbedingungen (Lehrplan) auskennt. apropos Rahmenbedingungen: im Lehrplan ist Kants Ethik im Gegensatz zu Descartes Erkenntnistheorie Teil der Obligatorik für das Zentralabitur - könnte schon ein Sinn dahinter stehen, dass man sich damit dann ausführlicher beschäftigt. wie gesagt; kein Plädoyer für GMS, sondern fürs Ball flach halten.

da dieser WinkmitdemZaunpfahl wohl ein wenig zu subtil ausgefallen ist, schliess ich mich nochmal explizit den meisten meiner VorrednerInnen an. Erst mal mit offenem Herzen in die Ausbildung gehen, dann die Lage für solche Kritik sondieren und vielleicht wird man dann ja auch um seine Meinung gebeten, ohne dass man sich aufdrängen muss. ich denke nicht, dass man sich mit Verweis auf die Aufklärungsfunktion der Philosophie generell auf Begeisterungsstürme der KollegInnen bei auch sachlicher Kritik verlassen sollte - Sokrates war zwar der erste Philosoph, aber wir wissen auch, wie er geendet ist, weil er mit seiner besserwisserischen Art genervt hat. Vielleicht nicht das beste Vorbild fürs Ref.
Kenne die aktuellen Lehrpläne in NRW nicht. Stimme dir da vollkommen zu, dass man sich da erst einmal schlau machen sollte, klar. (Wobei sich das mit der Ganzschrift ja - s.o. - schon erledigt zu haben scheint; ich lese das jetzt nicht nach.) Neben den Lehrplänen, Verordnungnen und so weiter könnte auch ein Blick in die Fachschaftsprotokolle helfen, um zu vermeiden, dass man eine bereits 1000 Male geführte Diskussion zum 1001 Mal aufwärmt ...

Was mögliche Reaktionen von Kollegen anbetrifft, wird wohl nichts an einer empirischen Überprüfung im Einzelfall vorbeiführen. Wir werden das hier a priori nicht klären können. Klar, im schlimmsten Falle steht der Schierlingsbecher schon griffbereit im Fachschaftsschrank, in der Regel (das zeigt zumindest mein subjektiver, nicht repräsentativer Erfahrungsschatz, Vorsicht vor Verallgemeinerung) bricht man sich durch sachliche Nachfragen, Vorschläge keinen Zacken aus der Krone.
IN AETERNAM A-XIII

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