Eltern als billige Laienlehrer

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Herbie
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Registriert: 10.07.2005, 11:48:05
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Beitrag von Herbie »

Die Eltern wehren sich gegen die Mogelpackung „Unterrichtsgarantie plus“ – und das ist gut so.

Siehe: „Eltern untersagen Unterricht durch pädagogische Laien“ (Frankfurter Rundschau)
Gruß von [color=#008000][b][i]Herbie[/i][/b][/color]

Nachtblende
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Registriert: 07.09.2006, 10:54:30

Beitrag von Nachtblende »

Hallo!

Angesichts der Bildungsmisere finde ich das Vorgehen aus Hessen wichtig, denn solange niemand die erforderlichen Mittel für (Aus)Bildung aufbringen kann oder möchte, ist jede Notlösung besser als gar kein Unterricht.

Das Modell hat auch für andere Bundesländer hohes Potential, denn es sind Lehramtsstudenten und Seiteneinsteiger, die ihre neuen Aufgaben ebenso ernst nehmen, wie absolvierte Lehrer. Ich behaupte sogar, dass ein Großteil der verbeamteten Kollegen, die seit Jahrzehnten ihren Unterricht nicht mehr planen sondern ihr Programm einfach nur laufen lassen, endlich aus ihrem Tiefschlaf erwachen, denn nun erleben Schulen endlich eine Form der Wettbewerbssituation, wo man mit geringen Kapital ein Maximum an Leistung erbringen muss, damit Eltern und Medien keinen Grund mehr haben, zu klagen.

Protest nützt hier gar nichts, denn die Politik reduziert Unterrichtsausfall und fördert den alltäglichen Praxisbezug der Studenten, die frühzeitig Gelegenheit erhalten, sich davon zu überzeugen, ob ihre Berufswahl richtig oder falsch ist. Das erspart dem Land unnötige Kosten, Personen ausbilden zu müssen, die nach der II. Staatsprüfung nicht mehr als Lehrer tätig sind und gibt denen mehr Chancen, die Lehrer werden möchten, auch ohne das Lehramtsstudium absolviert zu haben. Die Notlösung ist in allen Punkten ein Erfolg, denn wer über das angebliche Leid der Schüler spricht, damit aber Mehrarbeit meint und auf Privilegien nicht verzichten möchte, den hat die Politik längst durchschaut. Vielen Kollegen geht es sicher nicht um das Wohl der Schüler sondern nur um das Wohl für sich selbst.

Ich begrüße ein solches Vorgehen in sämtlichen Bundesländern, denn wer überzeugt von seiner Aufgabe als Lehrer ist, wird die neuen Kollegen auf Zeit unterstützen – so gut wie es nur geht. Alle anderen, die sich von ihnen "gestört" fühlen, sind Lehrer, die den Beruf nicht aus Überzeugung wählten sondern aufgrund einer finanziellen Sicherheit Lehrer wurden. Wie schlecht ihr Unterricht ist und war, hat PISA längst offenbart, denn was ausgebildete Pädagogen bisher nicht schafften, können nicht ausgebildete Pädagogen nicht schlechter machen! Es wurde Zeit für die Politik, zu handeln. Auf die wenigen Kollegen, die sich empören, kann gut verzichtet werden, denn sie haben keine Alternativen vorgebracht, um dem Unterrichtsausfall zu begegnen. Geld ist keins vorhanden, also sollte man Lösungen, die Geld erforderlich machen, erst gar nicht in Erwägung ziehen.

Eine sinnvolle Notlösung, denn jetzt erhalten auch Mitbürger Verantwortung in Ausbildungsfragen, die bisher nur mit dem Finger auf Lehrer zeigen und von ihnen forderten. Jeder erhält nun die Chance, es besser zu machen. Was kann daran falsch sein, nur weil sich einige Kollegen in ihrem Tiefschlaf gestört fühlen, denen es gar nicht um die Schüler geht? Sie hatten Jahrzehnte die Chance, den Beweis zu erbringen, dass sie ihrer Verantwortung gewachsen sind, doch leider haben sie versagt. Als Folge wird nun die Feuerwehr gerufen und jeder Freiwillige, der sich für den Einsatz meldet, ist willkommen. Den Schaden, den viele selbsternannte "Profis" bereits über Jahrzehnte in den Köpfen ihrer Schüler angerichtet haben, ist weitaus höher als der Versuch, das Feuer mit neuen und günstigen Mitteln zu bekämpfen, auch wenn man mehrmals sprühen muss, bis es ausgeht.

Sich mit scheinheiligen Argumenten dagegen zu stellen, um sich nicht bewegen zu müssen, ist kontraproduktiv.

[Nachtblende]

tigerbeat
Beiträge: 262
Registriert: 20.12.2005, 0:44:28

Beitrag von tigerbeat »

Nachtblende hat geschrieben:Hallo! Angesichts der Bildungsmisere finde ich das Vorgehen aus Hessen wichtig, denn solange niemand die erforderlichen Mittel für (Aus)Bildung aufbringen kann oder möchte, ist jede Notlösung besser als gar kein Unterricht. [Nachtblende]
Willkommen in Vogsphäre! Da hat aber jemand Ministerialsprech richtig gut gelernt!

Ich übersetze:

Wenn sie euch nicht bezahlen wollen oder können, dann leistet doch einfach dasselbe für die Hälfte! Jede Notlösung ist besser als gar keine Stelle, als gar kein Gehalt!

Anouk
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Registriert: 29.09.2006, 13:50:56

Beitrag von Anouk »

Ich bin Referendarin in Hessen und ich kann nur so viel dazu sagen, dass viele Schulen echt an der ganzen U-Plus-Problematik verzweifeln. Allein der Mehraufwand an Verwaltund bringt vielen Schulen und Schulleitungen ins schwimmen. Wenn sich aber eine Schulleitung gegen U-Plus wehrt, dann wird sie für einen Zeitraum ans Schulamt abkommandiert....so, und deswegen sind die Schulleitungen in der Zwickmühle...

Ein großes Problem sehe ich darin, dass bei der Einstellung von U-Pluslern nicht einmal ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt wird! Also, da kommen wer will....

Naja, sonst dümpelt Hessen immer hinter her und ausgerechnet jetzt muss Hessen eine Vorreiterrolle übernehmen...ich kenn keinen der damit zufrieden...sogar Freundinnen von (1. Staatsexamen ohne Ref.-Platz), die U-Plusler sind, können der ganzen Sache nix positives abgewinnen...

Bis 2010 ist es jetzt beschlossene Sache und danach kommt hoffentlich etwas anderes...etwas was besser durchdacht ist und den Schulen, den Lehrern und vor allem den Schülern Vorteile bringt!

sebbi

Beitrag von sebbi »

Nachtblendes Äußerungen sind zynisch und arrogant.
Es geht mir einfach nicht in den Kopf, warum Lehrer immer wieder die Tendenz haben sich und ihren Berufsstand unter Wert zu verkaufen oder sich sogar gegenseitig zu zerfleischen.
Wie schlecht ihr Unterricht ist und war, hat PISA längst offenbart, denn was ausgebildete Pädagogen bisher nicht schafften, können nicht ausgebildete Pädagogen nicht schlechter machen!
Vergleichen wir hier nun Äpfel mit Birnen? An den deutschen Ergebnissen sind doch in erster Linie die strukturellen Rahmenbedingungen schuld, nicht die Pädagogen, die sie umsetzen mussten. Ich wäre auch gerne in Finnland, wo jedem Lehrer ein eigener Klassenraum zur Verfügung steht und eine Sozialpädagogin die schwierigen Schüler betreut, während mir in der kleinen Klasse Zeit bleibt, individuell zu fördern.
Und das sage ich nun als Bayer - immerhin steht unser Bundesland auf Platz 8 der Pisa-Weltrangliste. Für Restdeutschland könnte das heißen, dass man erstmal für bayerische Verhältnisse sorgen sollte! Aber das wird jetzt ne andere Diskussion. Sorry.
Den Schaden, den viele selbsternannte "Profis" bereits über Jahrzehnte in den Köpfen ihrer Schüler angerichtet haben, ist weitaus höher als der Versuch, das Feuer mit neuen und günstigen Mitteln zu bekämpfen
Hallo? Willst du allen Ernstes behaupten, Eltern richten weniger "Schaden" an als Lehrer? Richten Lehrer per se "Schaden" an? Dann sollten wir unseren Berufsstand beerdigen und die Kinder wieder zu Hause unterrichten lassen.
Sie hatten Jahrzehnte die Chance, den Beweis zu erbringen, dass sie ihrer Verantwortung gewachsen sind, doch leider haben sie versagt.
Nein! Die Kollegien konnten es nicht besser machen, wenn nicht genügend Lehrer da sind, um den Ausfall zu kompensieren. Beispiel: Montag, vierte Stunde, Lateinlehrer fällt in der 10. Klasse aus. Ja um Himmels Willen, wer soll denn vertreten? Alle Lateinlehrer sind in der Lateinschiene eingesetzt. Also schick ich in Bayern einen ahnungslosen Biolehrer rein - oder in Hessen eben einen Taxifahrer, macht ja nix.
Fällt der Lehrer nun drei Wochen aus, hab ich immer noch keine Ausweichmöglichkeiten, weil der Stundenplan der Schüler voll ist und Nachholstunden von schuleigenen Lehrern eigentlich nur am Nachmittag zu realisieren wären.
Vor Jahren gabs in Bayern mal die Idee, dass eine "Mobile Reserve" bei längerfristigem Unterrichtsausfall eingesetzt werden soll.
Geld ist keins vorhanden, also sollte man Lösungen, die Geld erforderlich machen, erst gar nicht in Erwägung ziehen.
Herzlichen Glückwunsch. Deshalb behandeln Ärzte ihre Patienten demnächst auch völlig kostenlos, denn unser Gesundheitssystem hat kein Geld mehr. Doch halt, haben die Ärzte nicht erst gestreikt? Oder hab ich das geträumt?
Nachtblende, mir graut vor so viel Naivität. Geld ist vorhanden, man muss es nur einsetzen wollen! Ich sehe nur, dass uns Bildung einfach nicht genug wert ist.

Ansonsten sind Deine Äußerungen eine anmaßende Aneinanderreihung von Unterstellungen.

sebbi

Nachtblende
Beiträge: 293
Registriert: 07.09.2006, 10:54:30

Beitrag von Nachtblende »

Hallo Sebbi,

Was nützt Protest von Lehrerseite, wenn die Anordnungen von oberster Dienststelle kommen und man gezwungen ist, die verbindlichen Anweisungen umzusetzen, die einem aufgetragen werden? Wenn Schulleiter von der Politik wie unmündige Bürger behandelt werden, welche Chancen auf Veränderung malen sich dann Lehrer aus, die den Anweisungen der Schulleitung Folge leisten müssen? Bis 2010 hat die Politik ein wirksames Instrument gefunden, der hohen Erwerbslosigkeit der Akademiker zu begegnen, um gleichzeitig eine Verringerung des Unterrichtsausfalls zu bewirken. Niemand spricht in dem Zusammenhang über Qualitätsmanagement, denn dieser Begriff hat im staatlichen Schuldienst noch nie eine Rolle gespielt. Wogegen möchte man denn protestieren, wenn dafür der Dienstweg einzuhalten ist, der die Urheber belästigt, die zum Protest anregen, aber wissen, das niemand ein Stimmrecht hat, wenn es darum geht, sich gegen Dienstanweisungen zu stellen? Niemals zuvor war die Abhängigkeit eines Berufsstandes von ihrem Brötchengeber so offensichtlich wie derzeit in Hessen. Wer den Anweisungen nicht Folge leistet, wird sanktioniert. Wem die Sanktion nicht hilft, wird entfernt. Protest können sich nur Mitbürger erlauben, die den Luxus genießen, in keiner wirtschaftlichen Abhängigkeit zu einer bestimmten Einrichtung zu stehen. Die Debatte über Veränderungen ist ebenso unsinnig, wie die Empörung der Lehrer, die auf einer Seite protestieren, aber auf der anderen Seite von den Entscheidungen der Landesregierung abhängig sind und nachgeben müssen. Wer die Situation für unerträglich hält, muss den öffentlichen Dienst meiden und erst recht den Beamtenstatus. Vielleicht ist das der Grund, weshalb Schulen einen Zaun haben? Nicht zum Schutz der Schüler, sondern als Sinnbild für die Handlungsunfähigkeit der Lehrer? Die Politik lächelt und bleibt Sieger, denn die Loyalität der Lehrer hat man gekauft und damit Abhängige geschaffen, die auf Knopfdruck selbst die Schulen in Brand stecken müssten, wenn dazu die dienstliche Anweisungen von oben kommen würden. Du bist anderer Meinung? Nicht im Dienst!

[Nachtblende]

Holzwurm
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Registriert: 20.10.2006, 14:47:25
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Re: Eltern als billige Laienlehrer

Beitrag von Holzwurm »

admin hat geschrieben:Der Bundespräsident kritisiert es in seiner Berliner Rede, aber Hessen feiert es als Lichtblick der Bildungspolitik. Eltern, Studenten und sonstige "Geeignete" werden von den Schulen für durchschnittlich 25 € pro Stunde als Aushilfslehrer eingesetzt.
Wieviel ist Bildung in Deutschland wirklich wert?
DAS IST DOCH KLASSE ;-)

In NRW verdiene ich das nicht einmal als ausgebildeter Lehrer!

:-(

Glaubst du nicht? Stimmt aber:

http://www.gew-koeln.de/02/aktuell/them ... ndex.shtml

http://www.lehrerforum-nrw.de/index.php ... 769&page=0

Bitte den zweiten Punkt vor dem .de im Browserfenster löschen!

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