Niedersächsische Referendare als "freiwillige Feuerwehr

Umfrage und Diskussion über das aktuellste schulpolitische Thema
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Kürzere Referendarsausbildung, um dann als billige Aushilfskraft unterrichten zu können.

Umfrage endete am 24.07.2009, 11:14:27

Wir schaffen das, alles geht vorbei!
2
5%
Die Situation ist untragbar.
25
58%
Ich fordere politische Konsequenzen. Ministerin Heister-Neumann muss zurücktreten!
16
37%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 43

insanity
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Beitrag von insanity »

Piccola hat geschrieben: Leider haben Ärzte heutzutage keine besseren Chancen auf ein hohes Einkommen, zumindest nicht hier in Deutschland.

Naja, ich glaube, im Moment ist hier in Deutschland niemand mehr richtig zufrieden mit der Bezahlung des Jobs (s. z.B. Heidelberger Druckmaschinen...). :-(
Danke :)

Ulysses
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Registriert: 30.09.2006, 20:13:09
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Beitrag von Ulysses »

Piccola hat geschrieben:Leider haben Ärzte heutzutage keine besseren Chancen auf ein hohes Einkommen, zumindest nicht hier in Deutschland.
du darfst nicht Durchschnittseinkünfte mit Spitzeneinkünften vergleichen.

ein Arzt kann immer noch Chefarzt werden oder eine gutgehende Facharztpraxis nur für Privatpatienten (also solche Leute, die weniger zahlen und bessere Versorgung bekommen als ich Zwangskassenpatient :evil: ) aufmachen, und schon ist er schnell in einem Einkommensbereich, den man -- zumindest als angestellter Lehrer, weiß nicht, wie das bei Beamten aussieht -- niemals haben kann.

und genau da ist für mich das Problem: ich kann von meinem TVöD-Einkommen ganz gut leben, auch wenn es mir tierisch auf den Sack geht, dass andere für die gleiche Arbeit viele hundert Euros mehr kriegen.

was mich stört: es gibt für mich ein gewisses Endgehalt, über das ich niemals drüberkommen werde. und ich kriege das -- sofern ich nicht außerordentlich mies beurteilt werde -- automatisch in ein paar Jahren.

warum also soll ich mich reinknien? ich kann niemals Chef werden, werde niemals eine Funktionsstelle haben können, bin immer der letzte A**** im Glied, also wozu das Ganze?

ich fürchte, dass es mir auf Dauer zu wenig werden wird, immer nur Fußvolk zu sein. mir fehlen einfach die Chancen, mehr aus mir zu machen. ein Arzt kann seine eigene Praxis aufmachen, dann ist er selbständig und kann was aus sich machen. selbst, wenn er nicht wohlhabend wird (was aber anscheinend, wenn ich die Autos und Häuser der mir persönlich bekannten Fachärzte anschaue, doch eher die Regel ist).

aber mal ehrlich: welcher Lehrer hat die Chance, eine eigene Schule aufzumachen und ähnlich dicke Autos wie ein durchschnittlicher Facharzt zu fahren?

kaum einer, außer er wechselt die Branche :roll:
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LAss seit Februar 2008 -- Planstelle an einem überaus elitären :mrgreen: städtischen Gymnasium
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gnarf
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Registriert: 07.04.2009, 2:37:05

Beitrag von gnarf »

ich kann deine gedanken nur all zu gut verstehen und nachvollziehen. ich komme aus der architektur, da hat man sich im allgemeinen kaum während der studienzeit gedanken über die spätere finanzielle situation gemacht. erst nach dem studium begann man sich über die möglichkeiten und die ökonomische perspektive ernsthaft gedanken zu machen. im besonderen war das für mich bei frauen zu beobachten. früher oder später stellten sich sehr viele die frage, ob es auf lange sicht ausreichend ist, mit 11-15 € die stunde als freier mitarbeiter sein lebtag zu fristen. ständig der gefahr ausgesetzt zu sein am nächsten tag vor die tür gesezt zu werden, für monatspauschalen 50-60 stunden abzuschrubben (die mehrstunden dann natürlich nicht entlohnt), sich selbst renten- und krankenversichern zu müssen, und natürlich kein urlaubs- oder krankengeld zu erhalten.
ich kann nur bestätigen dass der anfängliche enthusiasmus über kurz oder lang von den ökonomischen fragen überlagert wird. und wer im direkten vergleich für die gleiche arbeitsleistung deutlich weniger an gegenleistungen bekommt, entwickelt mit sicherheit irgendwann einen ganz gehörigen frust.

Piccola
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Beitrag von Piccola »

Hey Ulysses,

es ist wirklich heftig, angestellter Lehrer zu sein. Ich war es nur für ein Jahr und fand es schwierig.

Auch wenn man mit dem Geld auskommt, so ist es schon ein blödes Gefühl, bei gleicher Arbeit so viel weniger zu bekommen als ein verbeamteter Kollege.

Wir haben auch viele angestellte Kollegen bei uns.

Was die Ärzte anbetrifft: Heutzutage möchte niemand mehr Arzt sein in Deutschland.

Die Praxisärzte gehen den Bach runter, werden mit Regresszahlungen bis in die 90iger Jahre belastet, nur weil sie ihren Job gemacht haben und sich um die Patienten gekümmert haben.

Sie verdienen fast nichts mehr und arbeiten quasi 24 Stunden pro Tag, 7 Tage die Woche, können kaum Urlaub nehmen, machen Zusatzqualifikationen, arbeiten nebenher woanders, um sich finanziell über Wasser halten zu können. Die Praxis ist für viele nur noch ein Zwangshobby, das schon lange nicht mehr in die schwarzen Zahlen kommt. :-(

Woher ich das weiß? Meine Eltern und viele ihrer Kollegen arbeiten sich den A. ab. Und die sind zum Teil über 60 und eine gute Rente werden sie auch nicht bekommen.

Da ist mir schon peinlich, dass ich manchmal herumjammere, wenn ich ein Wochenende korrigieren muss oder bis spät abends Unterricht vorbereite.
Ich bekomme wenigstens Geld dafür und habe eine finanzielle Absicherung.

Dass angestellte Lehrer das nicht von sich behaupten können, ist absolut klar und ich finde die Zustände fast schon untragbar.

Aber ich finde auch, dass man den Lehrerberuf nicht mit dem Ärzteberuf vergleichen kann.

Meine Geschwister sind beide ausgewandert, in Länder, in denen Ärzte für ihre Arbeit noch etwas verdienen und nicht so ausgebeutet werden.

Aber das ist eine ganz andere Berufsgruppe mit ganz anderen Problemen. Klar gibt es den einen oder anderen Klinikchef oder gar Praxisarzt, dem es noch gut geht, aber das sind nur noch Ausnahmen, und niemand weiß, wie lange es noch so ist.

Ich fand es richtig, dass Ärzte einst zu den Spitzenverdienern gehörten, denn der Ärzteberuf ist knochenhart, ich könnte ihn niemals ausüben!!

Klinikärzte (habe einige davon in meinem Freundeskreis, von denen bereits drei intelligenterweise ausgewandert sind) verdienen netto nicht einmal so viel wie ein verbeamteter Lehrer mit vollem Deputat. Und nicht jeder Arzt ist Ober- oder Chefarzt, die bekommen logischerweise mehr (bei uns Lehrern verdienen Schulleiter ja auch mehr, ist doch normal, die arbeiten ja auch viel mehr und haben sehr viel mehr Verantwortung).

Ich verstehe, wie blöd die Lage der angestellten Lehrer ist, aber es bringt nichts, Vergleiche mit anderen Berufsgruppen anzustellen: The Grass looks always greener on the other side of the fence.

Unsere Probleme bewegen sich innerhalb unseres Berufes. Und es ist wirklich schlimm, dass es solch einen großen Unterschied zwischen angestellten und verbeamteten Lehrern gibt.

Als ich noch Angestellte war, fühlte ich mich oft ausgebeutet und jetzt habe ich manchmal ein schlechtes Gewissen gegenüber angestellten Kollegen.

Ich glaube, dass Beamte, egal, in welchem Bereich, die einzigen sind, denen es in Deutschland noch einigermaßen gut geht, leider. :-(
Mens sana in corpore sano :-)

Ulysses
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Beitrag von Ulysses »

Hi Piccola,

natürlich hast du recht, dass man unseren Job nicht so einfach mit anderen vergleichen kann, und das Problem beim Vergleich mit den Ärzten liegt ja auch darin, dass weder wir noch die Ärzte in einem normalen Markt arbeiten.

und logisch: nicht jeder Arzt ist Chefarzt, aber auch nicht jeder BWLer wird Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank oder von Siemens, nicht jeder Bauer hat superviel Land und ist reicher Großbauer, und nicht jeder Informatiker erfindet eine Supersoftware, mit der er so reich und bedeutend wird wie Bill Gates.

was mich nur stört: in diesen Jobs gibt es zumindest die theoretische Chance, aufzusteigen und Karriere zu machen. man kann als Arzt Pech haben und eine durchschnittliche Dorfpraxis führen, aber man kann eben auch Chefarzt werden. als angestellter Lehrer (falls man das überhaupt vergleichen kann) hat man eben nur die Chance, so etwas wie eine Dorfpraxis zu führen: man hat einen Knochenjob, in dem man sich kaputt arbeitet, und man weiß genau: ob man seinen Job gut oder schlecht macht, ob man viel oder wenig arbeitet, ist völlig wurscht: man kriegt nicht mehr und nicht weniger.

und da bin ich eben doch zu ehrgeizig, um ich dauerhaft damit zufrieden zu geben. ich bin sicher nicht der extreme Karrieretyp, der unbedingt ganz nach oben will. aber ich möchte doch in meinem Leben sehen, dass ich es mit Einsatz zu etwas bringe. ein verbeamteter Lehrer kann es immerhin zu irgendeiner Funktionsstelle bringen, kann Schulleiter werden oder was auch immer.

ich kann und darf das nicht, und das stört mich. ich habe einfach aufgrund der Definition meines Jobs nicht die Chance, das zu schaffen, was verbeamtete Lehrer theoretisch schaffen können. und auch nicht das, was Ärzte, Juristen, BWLer, Ingenieure, Schuster, Bauern usw. theoretisch schaffen können.

und das verbittert mich nun einmal. ich bin quasi vergleichbar mit einem Klinikarzt, der niemals die Chance hat, Ober- oder Chefarzt zu werden. in der Position würde ich den Job hinschmeißen und gehen. und genau das werde ich als Lehrer womöglich auch irgendwann machen.

im Moment macht es mir noch zu viel Spaß und ich möchte gerne noch ein paar Jahre Lehrer sein. aber irgendwann möchte ich eben doch, dass sich mein Engagement finanziell und durch eine verantwortungsvollere berufliche Position auszeichnet.

tut es das nicht, bin ich gezwungen, mir entweder etwas anderes zu suchen oder mein berufliches Engagement auf das zurückzuschrauben, was der Tarifvertrag von mir verlangt. und die verlangten 39 Wochenstunden sind wirklich extrem wenig.

im Moment reicht es mir noch, der Lieblingslehrer meiner Bälger zu sein, aber ich weiß nicht, wie lange das noch sein wird. irgendwann will ich halt mehr.

und dieses Mehr ist aufgrund meines Angestelltenstatus definitiv ausgeschlossen. bei einem Arzt in meinem Alter ist zumindest theoretisch noch ein "Mehr" drin ...

das ist es, was ich meine, verstehst du? als Arzt kann man genauso scheitern, wie ich als Lehrer gescheitert bin. trotzdem hat auch ein gescheiterter Arzt rein theoretisch mehr Chancen als ein angestellter Lehrer ... :roll:

viele Grüße
Ulysses
8)
Bayern, Gymnasium, Latein/Geschichte.
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Stups
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Beitrag von Stups »

Piccola hat geschrieben:
Ich glaube, dass Beamte, egal, in welchem Bereich, die einzigen sind, denen es in Deutschland noch einigermaßen gut geht, leider. :-(
Das kann nicht Dein Ernst sein. Für mich klingt das verwöhnt, tut mir leid. Das ist genauso wie wenn Angela Merkel meint, daß ein mittleres Familieneinkommen etwa 60.000 Euro im Jahr ist - das ist einfach fernab der Realität. Es gibt soo viele Leute/Familien, die voll arbeiten und sehr wenig Geld haben. Die Ansprüche können dann natürlich nicht so groß sein und trotzdem sind alle wesentlichen Bedürfnisse abgedeckt. Außerdem gibt es viele andere Berufe die mir vor dem Lehrerberuf einfallen, wenn es um das Ungleichgewicht zwischen Bezahlung und Leistung/Ausbildungseinsatz geht.

Ich kann nur sagen, mit wenig Geld lebt es sich sogar sehr gut, was jetzt kein Plädoyer für ein geringeres Lehrergehalt ist ;-). Also mein Statement ist: Es geht der Mehrheit der Deutschen sehr gut, nur daß es leider viel zu wenige mitbekommen. Was für eine Verschwendung von Glück :-)!

Stups
Für das Wichtigste gibt es immer Zeit!

Max74
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Registriert: 28.02.2007, 17:27:31
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Beitrag von Max74 »

Naja, Stups, als angehender Lehrer mit Aussicht auf Verbeamtung ist das recht leicht dahergesagt...

Ulysses, ich verstehe Dich nur zu gut!

Liebe Grüße vom Mathemax ;-)

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