Freiarbeit - Funzt nicht

Fragen & Antworten zu didaktischen Problemen, methodische Kniffe für den nächsten Unterrichtsbesuch usw.
sebbi

Freiarbeit - Funzt nicht

Beitrag von sebbi »

Hi an alle!
Mein Problem ist die Freiarbeit (Stationenlernen) in der 9 Klasse Deutsch (Gymnasium) zum Thema Barock. Die Klasse besteht aus 32 Schülern, wobei w/m relativ gleich verteilt ist.
Da ich zum Barock recht viel Material habe und der ewige textgebundene (Lesen-Fragen-Zusammenfassen) Unterricht doch recht eintönig wird, habe ich mir die Arbeit gemacht, in 6 Stationen (+2 Bonusstationen) das Zeitalter des Barock darzustellen.
Ok, soweit so gut.
Schon nach der zweiten Stunde stellte sich heraus, dass zwei Gruppen sich während der Freiarbeit lieber Freizeit nehmen und alles mögliche tun, nur nicht das, was sie eigentlich sollten.
Ich sprach sie darauf an und während eine Gruppe nun ein Opfer gefunden hat, das für die Gruppe arbeitet, verweigert sich die andere Gruppe völlig. Wenn ich in ihre Nähe komme, tun sie so als arbeiteten sie, Fragen zum Thema können sie aber nicht beantworten.
Jetzt habe ich also ein echtes Problem: Ich muss die Freiarbeit durchziehen, schon allein wegen der anderen Gruppen. Gleichzeitig muss ich nun ständig auf besagte zwei Gruppen aufpassen, damit diese nicht stören, wenigstens das allerwichtigste mitbekommen usw. Ich habe ihnen auch schon gesagt, dass ich auch ihr Arbeitsverhalten benoten kann, aber das stört diese Gruppen nicht. Und dabei haben sie ja recht: Ich kann nicht die nächsten fünf Stunden jedem Teilnehmer eine 6 eintragen. Das geht nur einmal.
Freiarbeit wird überall als die Super-Unterrichtsform angepriesen - was aber tun, wenn sich Gruppen total verschließen? Ein Kollege sagte mir, Freiarbeit wäre die beste Möglichkeit, schlechte Schüler loszuwerden. (Mehrere Freiarbeitsprojekte im Jahr bedeutet dass die Schüler so gut wie gar nichts mitbekommen haben und der Durchfall ist vorprogrammiert. Na Prost!)
Bitte sagt mir, wie ich in diesem Fall noch reagieren soll. Was kann ich tun, damit das ein gutes Ende nimmt? Wie kann ich meine nächste Freiarbeit gestalten, damit sowas nicht passieren kann?
Danke schon mal für eure Antworten!

Lysander

Re: Freiarbeit - Funzt nicht

Beitrag von Lysander »

sebbi hat geschrieben:Hi an alle!
Schon nach der zweiten Stunde stellte sich heraus, dass zwei Gruppen sich während der Freiarbeit lieber Freizeit nehmen und alles mögliche tun, nur nicht das, was sie eigentlich sollten.
Ich sprach sie darauf an und während eine Gruppe nun ein Opfer gefunden hat, das für die Gruppe arbeitet, verweigert sich die andere Gruppe völlig. Wenn ich in ihre Nähe komme, tun sie so als arbeiteten sie, Fragen zum Thema können sie aber nicht beantworten.
Eine Möglichkeit wäre, dass Dir die beiden Gruppen am Ende jeder Stunde nachweisen müssen, was sie erarbeitet haben. (Notizen, Aufgaben bearbeitet etc.)
Bei Gruppenarbeiten habe ich es bisher meistens so gehandhabt, dass ich bei der Präsentation die Gruppen nicht nach vorne hole sondern in Expertenrunden sich gegenseitig die Ergebnisse präsentieren lasse. Das hat den Vorteil, dass jedes Gruppenmitglied mindestens die Ergebnisse der GA präsent haben muss. Dummerweise funktioniert das bei Stationenlernen nicht.
Jetzt habe ich also ein echtes Problem: Ich muss die Freiarbeit durchziehen, schon allein wegen der anderen Gruppen. Gleichzeitig muss ich nun ständig auf besagte zwei Gruppen aufpassen, damit diese nicht stören, wenigstens das allerwichtigste mitbekommen usw. Ich habe ihnen auch schon gesagt, dass ich auch ihr Arbeitsverhalten benoten kann, aber das stört diese Gruppen nicht. Und dabei haben sie ja recht: Ich kann nicht die nächsten fünf Stunden jedem Teilnehmer eine 6 eintragen. Das geht nur einmal.
Ich würde gar nicht jede Stunde in dem Sinne benoten sondern für die gesamte Freiarbeitsphase eine Note geben, die dann eben stärker ins Gewicht fällt bei der Endnote. Das ist dann das Problem der Schüler und nicht Dein Problem.
Freiarbeit wird überall als die Super-Unterrichtsform angepriesen - was aber tun, wenn sich Gruppen total verschließen? Ein Kollege sagte mir, Freiarbeit wäre die beste Möglichkeit, schlechte Schüler loszuwerden. (Mehrere Freiarbeitsprojekte im Jahr bedeutet dass die Schüler so gut wie gar nichts mitbekommen haben und der Durchfall ist vorprogrammiert. Na Prost!)
Bitte sagt mir, wie ich in diesem Fall noch reagieren soll. Was kann ich tun, damit das ein gutes Ende nimmt? Wie kann ich meine nächste Freiarbeit gestalten, damit sowas nicht passieren kann?
Danke schon mal für eure Antworten!
Freiarbeit ist dann eine Super-Unterrichtsform, wenn sie nicht durch renitente SchülerInnen unterlaufen wird wie in dem von Dir beschriebenen Fall. In Deinem Fall zeigen sich leider eben auch die Schattenseiten der Freiarbeit. Ich würde an Deiner Stelle den beiden Gruppen nochmal deutlich sagen, was Du erwartest. Wenn sie dann immer noch nicht mitarbeiten, würde ich mich den Gruppen zuwenden, die vernünftig arbeiten. In dem Punkt wäre ich konsequent, würde nicht mehr viel dazu sagen sondern eben entsprechende Noten verteilen. W
Wenn Dir das zu resignierend erscheint, kannst Du auch einen Brief an die Eltern schicken (unangekündigt) und den Eltern den Sinn der Freiarbeit kurz darstellen und sie auf das Verhalten ihrer Kinder hinweisen - entsprechende Konsequenzen hinsichtlich der Note natürlich inklusive.
Schüler müssen spüren, dass ihr Verhalten Konsequenzen hat - das wissen sie im Prinzip aber sie probieren es eben immer wieder.

Gruß
Jules

Severus_Snape

Griff zum Telefonhörer

Beitrag von Severus_Snape »

Hol dir die Telefonnummern im Sekretariat und rufe die betroffenen Eltern an. Erkläre ihnen die Situation und dass du den Schülern bislang eine glatte 6 geben musst. Vereinbare mit den Eltern, dass diese Schüler dir zum Ausgleich eine umfangreiche schriftliche Zusammenfassung der Basisstationen anfertigen und abgeben müssen, und ab jetzt gefälligst mitzuarbeiten haben. Bitte die Eltern um Mithilfe, den täglichen Arbeitsfortschritt der Freiarbeit zu kontrollieren: Notizen, Fazit, was auch immer... Beim nächsten Vorfall rufst du wieder an.

Ich

natürlich kannst du

Beitrag von Ich »

Natürlich kannst du jede Stunde benoten. Ich mache mir zu jeder Stunde Notizen über die Mitarbeit meiner Schüler und in solchen Stunden bekommen die entsprechenden Schüler natürlich für JEDE Stunde ein dickes Minus. Du kannst die Mitarbeit während einer Freiarbeitsstunde genauso stark gewichten wie im Frontalunterricht.

Scooter

Beitrag von Scooter »

Für die Zukunft könntest du auch die Gruppen selber einteilen; sprich: die beiden Störer-Gruppen so aufteilen, dass sie verteilt in den anderen Gruppen mitarbeiten müssen. Dann sind die Störer nicht so zentriert.

Die abschliessende Präsentation könntest du auch verbindlich für alle machen -- jeder muss ein Teil präsentieren. vielleicht werden sie dann von den anderen mitgezogen. Es darf aber nicht so enden, dass die Guten für die anderen mitarbeiten, und die dann ihre Note quasi geschenkt bekommen.

LG,
Scooter

lolle

Beitrag von lolle »

Ich denke auch, dass ein "Ergebnis", das präsentiert oder abgegeben werden muss, am Ende einer jeden Freiarbeit stehen muss, da sonst die beschriebenen Drückeberger freien Lauf haben.

Lass Plakate oder Portfolios erstellen, die du danach benoten kannst. Dabei müssen die Teilleistungen der einzelnen Schüler kenntlich gemacht werden, damit nicht einer der Buhmann ist und alle Arbeit machen muss oder die Arbeit der fleißigen Schüler runtergezogen wird.
Arbeitspläne (wer macht was wann?) am Anfang jeder Station, in der die Schüler selbst die Aufgaben verteilen (und der Lehrer ein wenig schaut, dass es einigermaßen gerecht ist) haben sich auch als sinnvoll erwiesen.

Mache den Schülern am Anfang klar, dass du am Ende der Freiarbeitseinheit über den erarbeiteten Stoff eine Klassenarbeit oder einen Test schreiben wirst. Wer nix geschafft hat, kriegt spätestens dann die Quittung.

Ich mache bei Freiarbeit immer einen Reportbogen, in dem die Schüler die bearbeitete Aufgabe einer Stunde eintragen müssen (ev. mit Zeitangabe). Kann man gleichzeitig mit einer Evaluation verbinden.
Bei kleineren Klassen mache ich auch nach jeder Freiarbeitsstunde eine ganz kurze Reflexion, in der ich sage, was mir gefallen hat und was nicht (d.h. wer eine Plus bekommt und wer nicht...) Dann überlegen wir zusammen, wie wir die Arbeit verbessern können. Wenn ich das dann vor der nächsten Einheit nochmal ins Gedächtnis rufe, klappt es meistens besser.

Mit Gruppenpuzzles habe ich weniger gute Erfahrungen gemacht, jemandem dem alles egal ist, dem macht es auch nichts aus, wenn er in seiner Kerngruppe sitzt und nichts zu seinem Expertenthema sagen kann. Die Gelackmeierten sind dann die anderen. Solch faule Schüler kann man nur durch Notendruck rankriegen.

Ich hoffe, du kriegst deine Klasse in den Griff... in dem Alter können sie schon nervig sein.

Grüße
Lolle

Neuhier

Beitrag von Neuhier »

Vielleicht hilft auch das: Methoden für den Unterricht, Wolfgang Mattes

Antworten