Was tun bei "Weiß nicht" als Antwort?

Fragen & Antworten zu didaktischen Problemen, methodische Kniffe für den nächsten Unterrichtsbesuch usw.
tignola
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Was tun bei "Weiß nicht" als Antwort?

Beitrag von tignola »

Hallo zusammen,

wie reagiert ihr, wenn Schüler mit "Weiß nicht" antworten?

Normalerweise gehe ich dann relativ zügig zum nächsten Schüler über (meist einem, der sich gemeldet hat) und gut ist. Aber ich bemühe mich in letzter Zeit, die Schüleraktivität aller Schüler zu erhöhen und ziehe daher jetzt öfter Kärtchen oder würfele, damit der Zufall entscheidet, wer antworten soll. Im Buch "Erfolgreich unterrichten durch kooperatives Lernen" (Brüning/Saum) wurde schlüssig dargelegt, dass dadurch alle Schüler in einer vorbereitenden Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit aktiver mitarbeiten, weil sie wissen, dass sie hinterher nach einem Ergebnis oder einer Lösung gefragt werden könnten und nicht nur diejenigen, die sich melden.

Leider kommt mir hier die Realität mit häufigem "Weiß nicht" in die Quere. Es sind gefühlt immer die gleichen Schüler, die in manchen Stunden ausschließlich so antworten. Oft habe ich das Gefühl, dass sie nicht nur die Antwort nicht wissen, sondern ganz und gar in ihrer eigenen Welt verschwunden sind und der Unterricht eher nur an ihnen vorbeigeht. Wenn ich dann einfach den nächsten Schüler frage, ist der Sinn des Zufalls dahin, weil sich die Schüler so eben doch aus der Affäre - und damit der aktiven Mitarbeit im Unterricht - ziehen können.

Bohre ich aber langatmig nach, wird es für die anderen Schüler langweilig und der entsprechende Schüler kann trotzdem darauf beharren, nichts zu wissen.

Ich bin für eure Tipps dankbar.

MarlboroMan84
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Registriert: 03.01.2015, 13:59:37

Re: Was tun bei "Weiß nicht" als Antwort?

Beitrag von MarlboroMan84 »

Entweder gehe ich weiter, oder ich gebe ihnen die Chance nochmal kurz nachzudenken, oder denke gemeinsam mit ihnen nach.

Ansonsten ist das halt auch eine gute Basis für die entsprechenden Noten.

tiger
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Re: Was tun bei "Weiß nicht" als Antwort?

Beitrag von tiger »

tignola hat geschrieben:Oft habe ich das Gefühl, dass sie (...) ganz und gar in ihrer eigenen Welt verschwunden sind und der Unterricht eher nur an ihnen vorbeigeht
Dein Gefühl trügt dich nicht: Auf manche Schüler trifft das zu. Sie warten im Grunde darauf, dass der Unterricht zu Ende ist, ganz so, als ob der Schulbesuch eine Zumutung oder eine Strafe wäre, die man über sich ergehen lassen muss. Das ist primär ein Einstellungsproblem, kein Leistungsproblem.
tignola hat geschrieben:der entsprechende Schüler kann trotzdem darauf beharren, nichts zu wissen
Das hängt vom Anforderungsbereich der Frage ab. Wenn jemand nach fünf Minuten des Lesens behauptet, den Inhalt des Textes nicht wiedergeben oder zusammenfassen zu können, dann ist das kein Zeichen von Überforderung, sondern Leistungsverweigerung. Mündlich ungenügend, Versetzung ausgeschlossen. Wenn ein Schüler hingegen ein kompliziertes mathematisches Problem nicht lösen konnte oder keine schlüssige Interpretation eines expressionistischen Gedichts anbieten kann, dann musst du bei der Aufgabenstellung stärker binnendifferenzieren.

Du musst dir auch im Klaren sein, dass das Zufallsprinzip bei der Schülerauswahl durchaus sinnvoll ist, dass aber nicht jede Frage dafür geeignet ist. Operatoren wie "beurteilen", die inhärent mit einem hohen Anforderungsbereich verknüpft sind, sind ein Anzeichen, dass man die Frage eben nicht jedem Schüler stellen und eine angemessene Antwort erhalten kann.

Rayanne
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Re: Was tun bei "Weiß nicht" als Antwort?

Beitrag von Rayanne »

ich stimme den Vorrednern völlig zu. Ergänzend: Manchmal gibt es auch S, die total unsicher sind und lieber nix sagen, als was Falsches. Denen kann man entgegenkommen, indem man vor Beginn einer Phase ihnen mitteilt, was sie danach zu tun haben werden (Und Max, du hörst aufmerksam beim Lesen zu, um anschließend den Inhalt zusammenzufassen). Oder man lässt Antworten zunächst schriftlich formulieren - auch schüchterne Schüler können zumindest ihre eigene Antwort ablesen.

kecks
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Re: Was tun bei "Weiß nicht" als Antwort?

Beitrag von kecks »

ich würde diese zufallsveranstaltung als schüler als zumutung erleben. ich mach es bei ruhigen kandidaten so, dass ich sie während der partner-/einzel-/gruppenarbeit beobachte (macht man ja eh), rumgehe, mit einzelnen rede, und dann fragen sie gerne dinge, die sie im plenum nicht fragen würden (peinlichkeit, streberverdacht). die klärt man dann kurz nebenher leise, oder bringt einen anderen schüler dazu, es diesem zu erklären, und später ruft man dann genau diese gruppe zur präsentation auf, und zwar gezielt den ruhigen schüler. meist melden die sich dann eh schon, weil sie wissen, dass es zumindest kein völliger schmarrn ist, was sie da produziert haben, du hast es ja quasi schon abgesegnet.
vielen hilft auch ein kurzes "du musst nachher vorstellen" im vorbeigehen, um sie seelisch schon mal drauf vorzubereiten.

das reduziert das "weiß nicht" ganz massiv. "weiß nicht" ist in masse für deinen unterricht immer schlecht und ein zeichen dafür, dass du irgendwas falsch machst, vermutlich zu wenig aktivierst und/oder zu wenig schülerorientierung und/oder zu wenig beziehungsarbeit.

Qualitätsgarant
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Re: Was tun bei "Weiß nicht" als Antwort?

Beitrag von Qualitätsgarant »

kecks hat geschrieben:"weiß nicht" ist in masse für deinen unterricht immer schlecht und ein zeichen dafür, dass du irgendwas falsch machst, vermutlich zu wenig aktivierst und/oder zu wenig schülerorientierung und/oder zu wenig beziehungsarbeit.
Kommt drauf an. Kommt es massenhaft von 2-3 Schülern, ist es ein Zeichen, dass diese Schüler fehl am Platz sind. Wenn man mündlich eine 5 vergeben will, ist es wichtig, diese Schüler in manchen Stunden gezielt mehrfach aufzurufen und etwas nachzubohren, um ihnen und der Klasse zu zeigen, dass das mündlich keine 4 mehr ist. Lässt man sie einfach nur sein, fordern sie am Ende eine 3 mit der Begründung "ich habe nie gestört".

kecks
Beiträge: 1628
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Re: Was tun bei "Weiß nicht" als Antwort?

Beitrag von kecks »

bei uns sind mündliche noten immer nur auf die qualität (nicht quantität) der unterrichtsbeiträge abzustellen, nicht auf "ich habe gestört" oder auch nicht oder wie auch immer, das hat in bayern nichts mit der "mündlichen note" zu tun. man kann alles bewerten, was ein unterrichtsbeitrag ist.

dem schüler immer wieder transparent zu machen, wo er/sie mündlich gerade so steht, ist freilich wichtig, da stimme ich dir zu. meiner erfahrung nach wollen aber sus noten i.a. viel seltener "diskutieren" (aka man erklärt nochmal deren zustandekommen, das ist ja kein wunschkonzert, auch wenn sie das gerne so hätten), wenn sie nicht das gefühl haben, dass man sie "drankriegen" will, wenn sie gerade nichts wissen.
Zuletzt geändert von kecks am 02.04.2018, 12:11:11, insgesamt 1-mal geändert.

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