Klassenregeln

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Sprina01
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Klassenregeln

Beitrag von Sprina01 »

Hallo,

ich bin Referendarin an einer Förderschule für Lernhilfe. Meine Klasse ist eine Mittelstufe, 5. Schulbesuchsjahr. Ich habe 10 Schüler, wobei davon zwei ziemliche "Granaten" sind. Die Klasse ist erst seit diesem Schuljahr zusammen.

Nachdem es vor den Herbstferien einige Konflikte gab, möchte ich ab Montag Klassenregeln erarbeiten. Aber eben schon etwas intensiver, nicht so nach dem Motto sammeln-auswählen-aushängen. Damit es intensiver wirkt müssen sie irgendwie an den Problemen arbeiten. Hat jemand einen Literatur-Tipp oder eine Idee?? Auf jeden Fall möchte ich das immer mit einem Spiel verbinden, dazu hab ich aber schon einige Ideen.

Bin um alle Denkanstösse dankbar!
Sprina01

Helene

Beitrag von Helene »

Hallo Sprina01:

Jede Klasse hat eine Struktur und besteht gewöhnlich aus einer arbeits- und leistungswilligen Mehrheit sowie den Störern. Die Mehrheit hat ein Recht auf guten Unterricht. Dieses Recht machen die Störer der Klassenmehrheit streitig. Diese Erkenntnis kann als Regel (Quelle s. u.) formuliert werden:

1. Jeder Schüler hat das Recht, ungestört zu lernen.
2. Der Lehrer hat das Recht, ungestört zu unterrichten.
3. Jeder muss für die Rechte des anderen einstehen.


Diese Regeln sollten für die Klasse verbindlich vereinbart werden.

Neben den Regeln sollten auch die Sanktionen besprochen und festgelegt werden, die als Reaktion auf Regelverstöße ausgesprochen werden. Bei Regelverstößen durch einen Schüler ist ein Sanktionenkatalog „abzuarbeiten“, der mit pädagogischen Maßnahmen beginnt. Handelt es sich um einen chronischen (erziehungsresistenten) Störer, sind pädagogische Maßnahmen bis hin zu Ordnungsmaßnahmen notwendig zu ergreifen. Um der leistungsbereiten Klassenmehrheit zu ihrem Recht zu verhelfen, ist ein schnelles Durchlaufen der Sanktionskette sinnvoll (Ermahnung 1-3, Androhung des temporären Ausschlusses, Ausschluss für die Stunde). Doch Reden hilft meist nicht. Diskutieren ist absolut kontraproduktiv. Es gibt hier zwei sich ergänzende praxisnahe Verfahren: Das Trainingsraumprogramm (TRP, Stefan Balke, Uni Bielefeld) sowie das Double-Out-Programm von Vera Frey.

Ich habe mir angewöhnt, die Klassenmehrheit und ihre Rechte zu schützen und habe damit zwangsläufig mein Mitleidsempfinden für die Störer auf ein sachliches, pädagogisch vernünftiges Maß reduziert. Das Störerproblem ist nicht im Unterricht zu lösen. Man muß Klassenmehrheit und Störer trennen und die Störer separat "verarzten".


Mir hat der Ratgeber von Vera Frey

Mut zur Macht: Starke Schulen brauchen starke Lehrer – Praktischer Leitfaden zur Ausübung von Macht im pädagogischen Kontext“, Vera Frey, Schneider Verlag Hohengehren, ISBN: 3896769863
geholfen.

Ich möchte bemerken, dass hier Macht nicht als Herrschaftsinstrument gemeint ist, sondern als Erziehungs- und Führungsinstrument im Sinne der Ausübung von Handlungsmacht bzw. Organisationsmacht im pädagogischen Kontext (also sozialisierte Macht im Gegensatz zur personalisierten Macht, Max Weber).

Im Klappentext heißt es.
„Das steigende Stör- und Gewaltpotenzial an unseren Schulen erschweren zunehmend einen „guten Unterricht“.
......
Das Autorenteam dokumentiert schlüssig den unauflösbaren Zusammenhang zwischen „Erziehung und Erziehungsmacht“ sowie „Führung und Führungsmacht“. Es folgert zwingend: Der Einsatz von Macht im pädagogischen Kontext ist unabdingbar zur Erfüllung der Aufgaben des Erziehens und Lehrens. Der Lehrer besitzt diese Macht gegenüber Schülern, Eltern, dem Kollegium und der Schulleitung qua Kompetenz, Auftrag und Schulgesetz. Die Autoren erläutern die Wege, mit denen der notwendige „Mut zum Machtbewußtsein“ entwickelt wird. Letzterer ist die notwendige Voraussetzung für eine effektive „Machtausübung“ durch den Lehrer.

Das Autorenteam erklärt praxisnah die wirksamen Methoden und Taktiken des Lehrers zur Herstellung eines ungestörten Lernklimas während des Unterrichts. Es analysiert die Machtspiele der Schüler .... und beschreibt gleichzeitig effektive Reaktionstaktiken des Lehrers. Eine Vielzahl authentischer Beispiele aus dem Schulalltag illustriert die vorgeschlagenen Handlungstechniken. Die Autoren beschreiben weiterhin die Taktiken eines effektiven Zeit- und Energiespar-managements als wichtige Grundlagen für ein ressourcenschonendes Arbeiten des Lehrers. Ferner skizzieren sie präventive Maßnahmen zur Minimierung des Störpotenzials.
.... "

Das Buch wird übrigens empfohlen von der Zeitschrift „Die Deutsche Schule“ (http://www.dds-home.de/dds-das-kommende-heft.doc.)

Helene

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