zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Jméno
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Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von Jméno »

schotti hat geschrieben:Ich glaube, du hast den Beitrag der Themenstarterin falsch interpretiert. Es ging ihr gar nicht ums Auskotzen, sondern es ist sachliche Kritik.
Ich glaube, es könnte eher sein, dass du meinen Beitrag falsch interpretierst. Mit »auskotzen« meine ich nämlich diejenigen Foristen, die – oft nur für zwei, drei Beiträge – hier reinschneien und schreiben, alle Welt sei gegen sie und niemand verstehe, welch großartige Lehrperson sich in ihnen verberge. Dieses Erst-Auskotzen finde ich seitens der User menschlich, auf der Grundlage kann man aber nicht weiterhelfen. Deswegen plädiere ich dafür, nachzuhaken, um einen Gesamteindruck zu bekommen, den so ein Erstbeitrag (oft im Eifer des Gefechts geschrieben) nicht liefert. – Und dieses Nachhaken oder zumindest gewisse Aspekte davon versteht die Themenstarterin als unangemessene Kritik an Unbekannten. So zumindest hab ich sie verstanden.
…он је метафора, начин живота, угао гледања на ствари!

Knorgs
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Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von Knorgs »

Danke für deine Geschichte. Ich fand sie sehr spannend.
Ich habe das Ref auch eher mit Ach und Krach geschafft. Ich fiel schnell in eine Schublade und daher konnte ich zeigen was ich wollte, ich kam auf keinen grünen Zweig.
Habe mit der Zeit den Heiligen Gral (Beamtentum) erlangt und beruflich läuft es gut.
Daher denke ich auch, dass das Examen nicht unbedingt was über die Qualifikation aussagt.
Bei uns an der Schule arbeiten 2 Lehrerinnen, die das Ref auch nicht geschafft haben.
Finanziell ist es aber schon bitter. Statt A12 kriegen sie E10 für die gleiche Arbeit.

Maximer
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Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von Maximer »

Knorgs hat geschrieben: Bei uns an der Schule arbeiten 2 Lehrerinnen, die das Ref auch nicht geschafft haben.
Finanziell ist es aber schon bitter. Statt A12 kriegen sie E10 für die gleiche Arbeit.
Echt jetzt? Dachte das ist nicht möglich, weil nicht bestandenes Referendariat = staatlich attestierte Unfähigkeit zum Unterrichten (offiziell).

Bitter isses absolut!! Stell dir vor du arbeitest gut und gerne als Lehrer und dir wurde während deiner Ausbildung das Gegenteil bescheinigt. Würde ich psychisch glaub nicht durchstehen...

Maximer

maxdachs
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Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von maxdachs »

MarlboroMan84 hat geschrieben:Referendare die zweimal durchfallen, haben meiner Erfahrung nach häufig einen Mangel an Kritikfähigkeit in Kombination mit Beratungsresistenz und eine unterschiedliche Fremd- und Eigenwahrnehmung.

Das ist ein Extrem einer sehr verkürzten Wahrnehmung der Dinge. Das andere Extrem sind natürlich die (nicht selten durchgefallenen oder nur sehr knapp bestandenen) Ref-Hasser, die die Bewertung im Vorbereitungsdienst als reine Glücks-/oder Sympathiesache abtun. Beides hat mit der Realität natürlich nur bedingt zu tun, trotzdem ist das Referendariat meines Erachtens eine vollkommene Fehlkonstruktion. Vor allem wenn man bedenkt, wie viel Bedeutung diese ca. 18 Monate für die Zukunft von vielen Menschen haben, die je nachdem schon locker 4-5 Jahre erfolgreich in diesen Beruf investiert haben. Und auch wenn man bedenkt, wie viel im deutschen Schulsystem ohnehin grundsätzlich verkehrt läuft und für wie viel davon auch mehr oder weniger klar das Kultusministerium und die Schulämter verantwortlich sind.


Ich habe das Referendariat selber nur äußerst knapp bestanden (3,9) und schon recht früh ernsthaft ans Aufhören gedacht. Im Studium war ich teilweise ein richtiger Überflieger - zumindest im fachwissenschaftlichen Teil. Direkt vor dem Ref habe ich schon 9 Monate Vollzeit als Lehrer gearbeitet und bin zunächst entsprechend selbstbewusst ins Referendariat gestartet.
Und auch wenn ich sagen muss, dass ich das ganze Lehrerdasein und den Unterricht anfangs definitiv unterschätzt habe und dass das Referendariat mir dies (zum Glück) deutlich gemacht hat, so finde ich dennoch, dass im Ref ein extremes Ungleichgewicht herrscht zwischen dem idealisierten Vorzeigeunterricht, wie er dort vorausgesetzt wird, und a) den tatsächlichen Bedingungen im Unterricht und an den Schulen sowie b) der Ausbildungsleistung der Ausbilder, bzw. des Seminars im Ganzen.
Meine beiden Fachausbilder waren beide sehr nett und hilfsbereit und mochten mich und haben mich in meinem Berufswunsch gestärkt. Was ich im Ref gelernt habe, habe ich aber in erster Linie einem meiner Mentoren zu verdanken. Sonst hätte ich das Ref wohl nicht bestanden. Und auch wenn ich selber mit meinen Fachausbildern noch großes Glück hatte: es gibt sie wirklich, diese überheblichen Arschlöcher, die meinen, sie wären sowas wie die natural-born-teachers und jeder, der nicht so unterrichtet wie sie, unterrichte falsch. Ich kenne diese Leute zum Glück nur aus für mich mehr oder weniger irrelevanten Veranstaltungen, aber andere Referendare mussten in den sauren Apfel beißen. Die haben mir wirklich Leid getan, so dumme (im wahrsten Sinne des Wortes, die waren wirklich dumm!) Arschlöcher über sich ergehen lassen zu müssen.

Was einen guten - oder eben auch einfach einen akzeptablen - Lehrer ausmacht, ist einfach viel zu offen. Auch Leute, die auf den ersten Blick nicht auf Schüler losgelassen werden sollten, können ihre speziellen Qualitäten haben oder vielleicht auch einfach noch entwickeln. Um sowas zu erkennen, braucht es teilweise schon auch eine gewisse Offenheit, die im Schulsystem ja schon generell nicht sonderlich gefragt ist. Viele der Ausbilder haben als Lehrer halt einfach ihren Weg gefunden, dass es irgendwie "läuft" und haben dann nach 'ner Weile Lust auf mehr oder was anderes und wollen dann Ausbilder werden. Hier wird mit den Referendaren nicht selten ähnlich verfahren wie mit den Schülern. Dass Ausbilder in irgendeiner Weise übergriffig werden, passiert daher nicht selten.

Ich möchte dazu abschließend nur noch eines sagen: Wenn "unsere Vorgesetzten", von den Leuten im Kultusministerium bis runter zu den Ausbildern an den Seminaren, für ihre Position ähnlich auf Herz und Nieren geprüft würden wie das für die angehenden Lehrer standard ist, dann wäre unser Schulsystem vermutlich konkurrenzlos und mit Sicherheit würden auch weniger Referendare durchfallen. Und dann hätten wir in Hessen auch keinen "Minister Ahnungslos" an unserer Spitze stehen, der irgendwelche Ammenmärchen über angeblich nicht existierenden Unterrichtsausfall erzählt. Und die ganzen Lehrer, die dann zusätzlich ihr Ref bestehen würden, würden alle angestellt, damit es endlich mal vernünftige Klassengrößen und andere für wirklich gelingenden Unterricht unabdingbare Verbesserungen des Schulwesens gibt.

Knorgs
Beiträge: 9
Registriert: 11.05.2016, 6:51:22

Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von Knorgs »

Maximer hat geschrieben:
Echt jetzt? Dachte das ist nicht möglich, weil nicht bestandenes Referendariat = staatlich attestierte Unfähigkeit zum Unterrichten (offiziell).

Bitter isses absolut!! Stell dir vor du arbeitest gut und gerne als Lehrer und dir wurde während deiner Ausbildung das Gegenteil bescheinigt. Würde ich psychisch glaub nicht durchstehen...

Maximer
Würde auch an meinem Ego kratzen. Aber viele wissen nicht, was sie sonst beruflich machen sollen.
Durch den Lehrermangel haben sie dann auch kein Problem Angestelltenverträge zu bekommen.

Delilah
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Registriert: 21.11.2019, 20:34:32

Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von Delilah »

Ich denke es gibt einfach beides und auch die Graustufen dazwischen...

Referendare, die sich völlig falsch einschätzen und beratungsresistent sind, sowie Referendare, die ihr Ref mit anderen Ausbildern unter anderen Umständen (gut) hätten meistern können. Nun hatte ich das Glück, an einem Seminar zu sein, das ich stets als sehr um Fairness bemüht empfunden habe, dennoch mag ich nicht absprechen, dass das anderswo einfach nicht so ist. Und natürlich gab es auch bei uns FL, die dafür bekannt waren, dass sie ein wenig besser oder schlechter bewerten als der Durchschnitt. Solche Unterschiede mag ich erst recht nicht absprechen und das kann natürlich schon der Unterschied zwischen knapp bestanden und nicht bestanden sein.

Natürlich ist nicht jeder bei uns durchgewunken worden, aber bei den Wackelkandidaten (unabhängig davon ob sie knapp bestanden haben oder nicht) war uns doch allen klar, warum das so ist. Sei es, weil der Unterricht beim Seminarbesuch wirklich mangelhaft war oder weil die Betroffenen in den Seminaren kontinuierlich sehr "eigene" Ansichten äußerten, die mit dem, was sich das Seminar unter gutem Unterricht vorstellt, einfach nichts zu tun hatten.

Aber teilweise kommt auch einfach viel Pech zusammen, so kenne ich ReferendarInnen, die sicher bessere Leistungen hätten zeigen können, wenn nicht einiges in ihrer Ausbildung schief gelaufen wäre. Wer anfangs Monate z.B. keinerlei Feedback von seiner Mentorin erhält, hat einfach nicht die Entwicklungschancen wie ein Referendar, der von Anfang an gut beraten wurde - auch dann nicht, wenn nach Monaten ein Mentorenwechsel erfolgt, denn die Zeit fehlt einfach.

Free mind
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Registriert: 08.02.2020, 19:51:01

Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von Free mind »

Nein, zweimal durchgefallen heißt nicht gleich schlechter Lehrer. Man ist der Willkür der Seminarleiter ausgesetzt, viele von denen urteilen nämlich danach ob Ihnen die Nase gerade passt oder nicht. Man sollte das Seminar vollständig abschaffen und die Schulen als Dienststelle einsetzen, weil diese die geleistete Arbeit am besten beurteilen können im Gegensatz zu den Seminarleitern. Meiner Meinung sind diese Stellen eh reine ABM Maßnahmen und eigentlich nicht der Rede wert.

In anderen europäischen Ländern werden Lehrer direkt nach ihrem Studium in den Schulen eingesetzt mit sogar vollem Gehalt ohne Zwischenstelle in Form von Seminar.

Ich für meinen Teil werde Konsequenzen ziehen, ich habe genug Arbeits- und Berufserfahrung, so dass ich mich dieser Willkür nicht mehr aussetzen lassen muss. Ich kann auch in anderen Ländern Arbeit als Lehrerin finden.

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